@Eckhard: Lieber Eckhard, Deine Frage „Passt der Titel zum Bild?“ ist berechtigt. Ich habe in der Tat lange, jedoch erfolglos, überlegt, ob der jetzt vergebene Begriff „Entscheidungen“, der, wie Du sinngemäß ausdrückst, zu uferlosen Diskussionen führen könnte, was mir natürlich bewusst ist, nicht auch anders, vielleicht enger zu fassen wäre. Als ich am Kurhaus stand und die beiden Mädchen für einen Moment beobachtete, trat genau diese Pause beim Spiel ein, die den Eindruck vermittelte, dass sie nun entscheiden wollten, ob sie weiter herumtollen oder sich lieber eine andere Beschäftigung suchen sollten.
Dieses Innehalten, das kurze Beratschlagen, der Augenblick zwischen Altem und Neuem brachte mich auf diese grundsätzliche Bildidee der „Entscheidungen“.
Wie das Licht oder die Kreuze, beispielsweise, worüber wir schon oft sprachen, ist natürlich auch die Thematik „Entscheidungen“ ein Bereich, der einen Menschen immer wieder einmal in unterschiedlichster Weise und verschiedener Stärke tangiert.
„Ein Bild sehen heißt nicht, es verstehen.“ Was unsere eigenen Bilder betrifft, die wir hier einstellen, sehen wir sie selbstverständlich nicht mit dem Bewusstsein bzw. mit dem Unterbewusstsein des Fotografen. Wir können uns ihnen nur annähern, manchmal sogar nur gemeinsam, was jedoch auch sehr schön sein kann. Wenn ein Foto eine Kommunikation auslöst, hat es eine Art Seele, wie Helene einmal schrieb, dann spricht es (auch die "Sprache" des Fotografen).
Ich denke, dass wir mit dem Prozess des Verstehens in diesem Zusammenhang nicht immer ganz am Anfang stehen. Aufgrund vieler bereits geführter Diskussionen, des gedanklichen Austauschs, des Hintergrundes, den man mit der Kommunikation geschaffen hat, bekommt man auch einen kleinen Einblick in die Sichtweise des Fotografen, des anderen Menschen.
Auf dieser Basis sind auch dessen Bilder oft bereits nicht mehr „fremd“, wenn man sie zum ersten Mal sieht (Es sei denn, er würde etwas völlig anderes machen ;-)).
Ein schönes Beispiel dafür sind Deine Bilder "Auch ein Herbstbild (5)" und "Virens (5)". Das Quadrat, das Du als Format sonst selten nutzt, hat meine Überlegungen bei "Virens (5)" sofort auf ein mögliches Kunstwerk gelenkt, weil es mich an das "künstlerische" Farbflächen-Herbstbild erinnerte. Du hast Deine Gedanken damit also in gewisser Weise wiederholt in die Bildgestaltung eingebracht; als Betrachter kann man die Parallelen finden.
Und doch hat man auch nach einer Besprechung sicher längst nicht alles zu diesem Bild gesagt. In der Wissenschaft wäre die Herangehensweise deutlich weiter gefasst, was in diesem Rahmen hier gar nicht möglich ist. Was wir hier also als kongenial bezeichnen, ist eine bestmögliche Annäherung an das Bild eines Fotofreundes.
"Die süße Szene mit einem Kind" hatte ich übrigens heute für kurze Zeit eingestellt; sie aber wieder herausgenommen, weil sie mir dann doch für meine Begriffe zu süß erschien, als sie hier erschien. - Aber nun ist sie ja doch zu sehen ;-))Die Szene mit dem Spiel hast Du sehr schön beschrieben, lieber Eckhard; das waren auch meine Gedanken dazu.
@Daniel: Ich denke, dass auch erwachsene Menschen oft das von Dir angesprochene Bauchgefühl nutzen. Vielleicht tun sie dies gar nicht immer bewusst. Das Unterbewusstsein steuert und beeinflusst unser tägliches Leben weit mehr, als es das rationale Denken kann. Kleinkinder verfügen natürlich noch nicht über die Möglichkeit des ausgeprägten logischen Denkens. Ich könnte mir vorstellen, dass sie allein bereits aus diesem Grund mehr auf der Basis von Sinneseindrücken und Empfindungen agieren.
Gruß. Kerstin
@Peter Kr.: Lieber Peter, welche Art der Entscheidungsfindung in stärkerem Maße bevorzugt wird, die Logik oder das Intuitive, hängt sicherlich auch von ihrer Bedeutung und Tragweite ab. Wenn ich mich beruflich neu orientieren wollte und mich entscheiden müsste, würde ich mich wahrscheinlich eher von meinem Bewusstsein lenken lassen, als von intuitivem Denken.
Fotorealismus: Ja; die Bearbeitung dahingehend war zwar nicht direkt angestrebt, passte aber, meiner Meinung nach, in der Tat ganz gut zum Motiv.
Liebe Grüße. Kerstin
sehr gelungene aufnahme, die sehr viel raum
für interpretationen in viele richtungen zuläßt !
die sehr langen anmerkungen sind äußerst
interessant... es ist ein großer erfolg, das mit
einem bild zu erreichen ;-)) kompliment !
lg, nora
Von dieser Art Wissenschaft leben wir ja auch, lieber Carsten. Und wenn nur jeder mitteilte, was ihm so in den Kopf kommt; wen interessiert's? Es ist ja auch sehr spannend, sich gemeinsam um die Wahrheit eines Bildes zu bemühen. - Farbwörter: Eines der großen Themen, die im Rahmen der Diskussion um die sprachliche Relativität abgehandelt wurden. Im Deutschen fehlten zum Beispiel früher die Wörter für "orange", "lila" oder "violett". Man behalf sich mit Syntagmen oder Kompositionen.
Es war übrigens anlässlich des letzten von Dir eingestellten Bildes, lieber Eckhard, als ich darauf stiess, dass machen Völkern ein Wort für die Farben Blau und Grün fehlt. Oder besser gesagt, dass sie nur ein Wort für diese Farben haben, weil sie nicht zwischen diesen unterscheiden.
Bewohner anderer Erdteile, sofern sie noch traditionell leben, und sie sind ja gerade alle fleissig dabei, den traditionellen Lebensweg zu verlassen, um den Lebensstil der westlichen Welt zu adaptieren, haben andere Denkmuster.
Unser Denken ist nun mal eher analytisch-logisch.
Und man kommt hier mit einer anderen Denkweise nicht weit.
Schon in der Schule, als im Deutschunterricht "Interpretationen" geschrieben werden mussten, die sich durchaus nicht nur auf Texte, sonder auch auf Bilder bezogen, stellte sich mir oft die Frage, warum man es nicht dabei bewenden lassen konnte, dass es einfach "nur" gefällt.
Verlangt war aber stets die Sinnsuche und die Intention des Autors, bzw. Malers.
Hat man das einmal eingebläut bekommen, ist es nicht ganz einfach, sich auf eine andere Sichtweise einzulassen.
Die Absicht, ein Bild kongenial zu verstehen, kommt aus der Kunstwissenschaft, die wie alle Geisteswissenschaften eine hermeneutische Wissenschaft ist. Womit gesagt ist, dass das Interesse ein sinnerschließendes ist. Es geht darum, das zu erkennen, was gewesen ist und wie es gewesen ist. Und was die literarischen, bildhaften und plastischen Kunstwerke betrifft, zu erschließen, was sich der Autor im Rahmen seiner Zeit dabei gedacht hat. Es ist also jenes Interesse am Objektiven, das gemeinsam die Geisteswissenschaften wie die Naturwissenschaften speist.
Um die großen Künstler pflegt sich dann eine Forschungstradition zu bilden, in der sich der Prozess der Objektivierung des Wissens von ihnen in einer Forschungsdiskussion niederschlägt. An ihr, mit ihr, in ihr kann dieser Prozess verfolgt werden. Das ist bei den ganz Großen ihrer Zunft beziehungsweise denjenigen, die das gestellschaftliche Interesse zu ihnen macht, nicht immer ganz leicht, weil sich auch in der Forschung selbst Schulen und Traditionen bilden können, die selbst wieder zeit- und gesellschaftsbedingt sind.
Passt der Titel zum Bild? Was zu sehen ist, sind zwei bürgerlich angezogene Mädchen, die sogar Zwillinge sein könnten, die in der Art der Kinder um die dort ebenfalls sichtbaren Fahnenmasten herumtollen, vermutlich einmal links und einmal rechts, einmal nach vorne und einmal zurück. Eines der Mädchen schaut nach oben; man geht sicher nicht fehl anzunehmen, dass es da eine Fahne oder vielleicht einen Vogel gesehen hat. Oder ein Flugzeug. Was Kinder halt so interessiert. Die beiden werden dieses Spiel vielleicht noch eine Weile in der beschriebenen Weise fortsetzen und dann zu ihren Eltern zurückkehren.
Das lebensweltliche und lebensgeschichtliche Problem, eine Entscheidung zu fällen und ihre Konsequenzen zu leben, ist geradezu uferlos. Insoweit könnte man unter viele Motive diese Unterschrift setzen und hätte dann die gleiche Diskussion.
Die beiden Mädchen spielen. Das Spiel bildet den Ernst des Lebens ab beziehungsweise präfiguriert ihn. Das Spiel mit dem Links und dem Rechts und dem Vor und Zurück und dem Blick nach oben und dem Blick auf die Mitspielerin, das Festhalten an der einen Fahnenstange und das Loslassen der anderen, das wird, sinnbildlich gesehen, auch im späteren Leben vorkommen. Im Spiel, wie hier, ist es folgenlos. Im Leben nicht. Jeder Schritt setzt einen Ort, einen Standpunkt, der die noch kommenden Möglichkeiten einschränkt. Da hört das Spiel auf, und das Leben beginnt.
Sicher Kerstin, persönlich warte ich auch nicht auf das Vögelchen sondern ich habe wieder versucht zu lernen, mehr auf mein Bauchgefühl zu verlassen. Denn dies ist einer der Urinstinkte die wir auf dem Weg der Evolution verlernt haben. Heutzutage sind es meistens nur noch Kleinkinder die viel auf Ihr Bauchgefühl hören.
GL Daniel
...tja, da steht mn dann vor einer Auswahl - oft sind es nur Nuancen, die sie voneinander unterscheiden, Nuancen, die sich aber durchaus unterschiedlich auswirken können - eine Entscheidung zu fällen ist nicht leicht, will reiflich überlegt sein. Welche Kriterien bei der Entscheidungsfindung zugrunde liegen, lassen sich oft rational nicht erfassen - oft ist auch nicht das Wiisen vorhanden, um eine exakte Abwägung vorzunehmen, die Wahl erfolgt oft intuitiv, aus dem Bauch heraus und wie es mit einer anders gefällten Entscheidung dann verlaufen wäre, das lässt sich nicht mehr wirklich nachvollziehen
...die Bearbeitung ist interessant - erinnert mich an die Bilder des Fotorealismus aus den 60er und 70er Jahren
Liebe Grüße
Peter
@Stefan Obernosterer: "Wer die Wahl hat, hat die Qual", sagt eine bekannte Redewendung. Viele Alternativen zu haben, macht Entscheidungen auch nicht leichter ;-) Wenn man nicht die Möglichkeit hat, sich vorab damit zu befassen, kann man leicht die falsche Wahl treffen.
LG. Kerstin
@Irmtraud Wächter: Liebe Irmtraud, danke. Die Bildbearbeitung, ich schrieb es auch in der Antwort an Sabine (SEAR), sollte neben dem künstlerischen Effekt auch zur Verallgemeinerung der Bildaussage beitragen.
Liebe Grüße. Kerstin
@Daniel Borberg: Lieber Daniel, mit dem Vögelchen ist es ja nicht so einfach; ausgerechnet bei sehr wichtigen Entscheidungen im Leben will es sich einfach nicht einstellen. Aber, wollten wir das denn überhaupt. Ich denke, eines der schönsten, wenn auch zugleich manchmal schwierigsten, Dinge ist, selbstbestimmt wählen zu können.
Grüße. Kerstin
Kerstin Stolzenburg 28/04/2008 23:42
@Alexandra P., Nora F., Adrena Lin:Habt vielen Dank für das Lob!
LG. Kerstin
Kerstin Stolzenburg 28/04/2008 23:34
@Eckhard: Lieber Eckhard, Deine Frage „Passt der Titel zum Bild?“ ist berechtigt. Ich habe in der Tat lange, jedoch erfolglos, überlegt, ob der jetzt vergebene Begriff „Entscheidungen“, der, wie Du sinngemäß ausdrückst, zu uferlosen Diskussionen führen könnte, was mir natürlich bewusst ist, nicht auch anders, vielleicht enger zu fassen wäre. Als ich am Kurhaus stand und die beiden Mädchen für einen Moment beobachtete, trat genau diese Pause beim Spiel ein, die den Eindruck vermittelte, dass sie nun entscheiden wollten, ob sie weiter herumtollen oder sich lieber eine andere Beschäftigung suchen sollten.Dieses Innehalten, das kurze Beratschlagen, der Augenblick zwischen Altem und Neuem brachte mich auf diese grundsätzliche Bildidee der „Entscheidungen“.
Wie das Licht oder die Kreuze, beispielsweise, worüber wir schon oft sprachen, ist natürlich auch die Thematik „Entscheidungen“ ein Bereich, der einen Menschen immer wieder einmal in unterschiedlichster Weise und verschiedener Stärke tangiert.
„Ein Bild sehen heißt nicht, es verstehen.“ Was unsere eigenen Bilder betrifft, die wir hier einstellen, sehen wir sie selbstverständlich nicht mit dem Bewusstsein bzw. mit dem Unterbewusstsein des Fotografen. Wir können uns ihnen nur annähern, manchmal sogar nur gemeinsam, was jedoch auch sehr schön sein kann. Wenn ein Foto eine Kommunikation auslöst, hat es eine Art Seele, wie Helene einmal schrieb, dann spricht es (auch die "Sprache" des Fotografen).
Ich denke, dass wir mit dem Prozess des Verstehens in diesem Zusammenhang nicht immer ganz am Anfang stehen. Aufgrund vieler bereits geführter Diskussionen, des gedanklichen Austauschs, des Hintergrundes, den man mit der Kommunikation geschaffen hat, bekommt man auch einen kleinen Einblick in die Sichtweise des Fotografen, des anderen Menschen.
Auf dieser Basis sind auch dessen Bilder oft bereits nicht mehr „fremd“, wenn man sie zum ersten Mal sieht (Es sei denn, er würde etwas völlig anderes machen ;-)).
Ein schönes Beispiel dafür sind Deine Bilder "Auch ein Herbstbild (5)" und "Virens (5)". Das Quadrat, das Du als Format sonst selten nutzt, hat meine Überlegungen bei "Virens (5)" sofort auf ein mögliches Kunstwerk gelenkt, weil es mich an das "künstlerische" Farbflächen-Herbstbild erinnerte. Du hast Deine Gedanken damit also in gewisser Weise wiederholt in die Bildgestaltung eingebracht; als Betrachter kann man die Parallelen finden.
Und doch hat man auch nach einer Besprechung sicher längst nicht alles zu diesem Bild gesagt. In der Wissenschaft wäre die Herangehensweise deutlich weiter gefasst, was in diesem Rahmen hier gar nicht möglich ist. Was wir hier also als kongenial bezeichnen, ist eine bestmögliche Annäherung an das Bild eines Fotofreundes.
"Die süße Szene mit einem Kind" hatte ich übrigens heute für kurze Zeit eingestellt; sie aber wieder herausgenommen, weil sie mir dann doch für meine Begriffe zu süß erschien, als sie hier erschien. - Aber nun ist sie ja doch zu sehen ;-))Die Szene mit dem Spiel hast Du sehr schön beschrieben, lieber Eckhard; das waren auch meine Gedanken dazu.
Kerstin
Kerstin Stolzenburg 28/04/2008 23:18
@Daniel: Ich denke, dass auch erwachsene Menschen oft das von Dir angesprochene Bauchgefühl nutzen. Vielleicht tun sie dies gar nicht immer bewusst. Das Unterbewusstsein steuert und beeinflusst unser tägliches Leben weit mehr, als es das rationale Denken kann. Kleinkinder verfügen natürlich noch nicht über die Möglichkeit des ausgeprägten logischen Denkens. Ich könnte mir vorstellen, dass sie allein bereits aus diesem Grund mehr auf der Basis von Sinneseindrücken und Empfindungen agieren.Gruß. Kerstin
Kerstin Stolzenburg 28/04/2008 23:16
@Peter Kr.: Lieber Peter, welche Art der Entscheidungsfindung in stärkerem Maße bevorzugt wird, die Logik oder das Intuitive, hängt sicherlich auch von ihrer Bedeutung und Tragweite ab. Wenn ich mich beruflich neu orientieren wollte und mich entscheiden müsste, würde ich mich wahrscheinlich eher von meinem Bewusstsein lenken lassen, als von intuitivem Denken.Fotorealismus: Ja; die Bearbeitung dahingehend war zwar nicht direkt angestrebt, passte aber, meiner Meinung nach, in der Tat ganz gut zum Motiv.
Liebe Grüße. Kerstin
Adrena Lin 28/04/2008 20:55
Ein selten ausdrucksstarkes Bild......Es lässt viel Raum für Assoziationen und Gefühle.....Ich schaue es lange an und lasse wirken....Andrea
Nora F. 28/04/2008 20:49
sehr gelungene aufnahme, die sehr viel raumfür interpretationen in viele richtungen zuläßt !
die sehr langen anmerkungen sind äußerst
interessant... es ist ein großer erfolg, das mit
einem bild zu erreichen ;-)) kompliment !
lg, nora
E. W. R. 28/04/2008 20:48
Von dieser Art Wissenschaft leben wir ja auch, lieber Carsten. Und wenn nur jeder mitteilte, was ihm so in den Kopf kommt; wen interessiert's? Es ist ja auch sehr spannend, sich gemeinsam um die Wahrheit eines Bildes zu bemühen. - Farbwörter: Eines der großen Themen, die im Rahmen der Diskussion um die sprachliche Relativität abgehandelt wurden. Im Deutschen fehlten zum Beispiel früher die Wörter für "orange", "lila" oder "violett". Man behalf sich mit Syntagmen oder Kompositionen.Carsten Mundt 28/04/2008 20:37
Es war übrigens anlässlich des letzten von Dir eingestellten Bildes, lieber Eckhard, als ich darauf stiess, dass machen Völkern ein Wort für die Farben Blau und Grün fehlt. Oder besser gesagt, dass sie nur ein Wort für diese Farben haben, weil sie nicht zwischen diesen unterscheiden.Bewohner anderer Erdteile, sofern sie noch traditionell leben, und sie sind ja gerade alle fleissig dabei, den traditionellen Lebensweg zu verlassen, um den Lebensstil der westlichen Welt zu adaptieren, haben andere Denkmuster.
Unser Denken ist nun mal eher analytisch-logisch.
Und man kommt hier mit einer anderen Denkweise nicht weit.
Schon in der Schule, als im Deutschunterricht "Interpretationen" geschrieben werden mussten, die sich durchaus nicht nur auf Texte, sonder auch auf Bilder bezogen, stellte sich mir oft die Frage, warum man es nicht dabei bewenden lassen konnte, dass es einfach "nur" gefällt.
Verlangt war aber stets die Sinnsuche und die Intention des Autors, bzw. Malers.
Hat man das einmal eingebläut bekommen, ist es nicht ganz einfach, sich auf eine andere Sichtweise einzulassen.
Alexandra P. 28/04/2008 20:34
Grandiose Aufnahme. Klasse Bearbeitung und Szene.Wie ein Gemälde kommt das rüber. Sehr fein....
LG Alexandra
E. W. R. 28/04/2008 20:19
Die Absicht, ein Bild kongenial zu verstehen, kommt aus der Kunstwissenschaft, die wie alle Geisteswissenschaften eine hermeneutische Wissenschaft ist. Womit gesagt ist, dass das Interesse ein sinnerschließendes ist. Es geht darum, das zu erkennen, was gewesen ist und wie es gewesen ist. Und was die literarischen, bildhaften und plastischen Kunstwerke betrifft, zu erschließen, was sich der Autor im Rahmen seiner Zeit dabei gedacht hat. Es ist also jenes Interesse am Objektiven, das gemeinsam die Geisteswissenschaften wie die Naturwissenschaften speist.Um die großen Künstler pflegt sich dann eine Forschungstradition zu bilden, in der sich der Prozess der Objektivierung des Wissens von ihnen in einer Forschungsdiskussion niederschlägt. An ihr, mit ihr, in ihr kann dieser Prozess verfolgt werden. Das ist bei den ganz Großen ihrer Zunft beziehungsweise denjenigen, die das gestellschaftliche Interesse zu ihnen macht, nicht immer ganz leicht, weil sich auch in der Forschung selbst Schulen und Traditionen bilden können, die selbst wieder zeit- und gesellschaftsbedingt sind.
Passt der Titel zum Bild? Was zu sehen ist, sind zwei bürgerlich angezogene Mädchen, die sogar Zwillinge sein könnten, die in der Art der Kinder um die dort ebenfalls sichtbaren Fahnenmasten herumtollen, vermutlich einmal links und einmal rechts, einmal nach vorne und einmal zurück. Eines der Mädchen schaut nach oben; man geht sicher nicht fehl anzunehmen, dass es da eine Fahne oder vielleicht einen Vogel gesehen hat. Oder ein Flugzeug. Was Kinder halt so interessiert. Die beiden werden dieses Spiel vielleicht noch eine Weile in der beschriebenen Weise fortsetzen und dann zu ihren Eltern zurückkehren.
Das lebensweltliche und lebensgeschichtliche Problem, eine Entscheidung zu fällen und ihre Konsequenzen zu leben, ist geradezu uferlos. Insoweit könnte man unter viele Motive diese Unterschrift setzen und hätte dann die gleiche Diskussion.
Die beiden Mädchen spielen. Das Spiel bildet den Ernst des Lebens ab beziehungsweise präfiguriert ihn. Das Spiel mit dem Links und dem Rechts und dem Vor und Zurück und dem Blick nach oben und dem Blick auf die Mitspielerin, das Festhalten an der einen Fahnenstange und das Loslassen der anderen, das wird, sinnbildlich gesehen, auch im späteren Leben vorkommen. Im Spiel, wie hier, ist es folgenlos. Im Leben nicht. Jeder Schritt setzt einen Ort, einen Standpunkt, der die noch kommenden Möglichkeiten einschränkt. Da hört das Spiel auf, und das Leben beginnt.
Daniel Borberg 28/04/2008 19:48
Sicher Kerstin, persönlich warte ich auch nicht auf das Vögelchen sondern ich habe wieder versucht zu lernen, mehr auf mein Bauchgefühl zu verlassen. Denn dies ist einer der Urinstinkte die wir auf dem Weg der Evolution verlernt haben. Heutzutage sind es meistens nur noch Kleinkinder die viel auf Ihr Bauchgefühl hören.GL Daniel
Peter Kr. 28/04/2008 19:48
...tja, da steht mn dann vor einer Auswahl - oft sind es nur Nuancen, die sie voneinander unterscheiden, Nuancen, die sich aber durchaus unterschiedlich auswirken können - eine Entscheidung zu fällen ist nicht leicht, will reiflich überlegt sein. Welche Kriterien bei der Entscheidungsfindung zugrunde liegen, lassen sich oft rational nicht erfassen - oft ist auch nicht das Wiisen vorhanden, um eine exakte Abwägung vorzunehmen, die Wahl erfolgt oft intuitiv, aus dem Bauch heraus und wie es mit einer anders gefällten Entscheidung dann verlaufen wäre, das lässt sich nicht mehr wirklich nachvollziehen...die Bearbeitung ist interessant - erinnert mich an die Bilder des Fotorealismus aus den 60er und 70er Jahren
Liebe Grüße
Peter
Kerstin Stolzenburg 28/04/2008 19:30
@Stefan Obernosterer: "Wer die Wahl hat, hat die Qual", sagt eine bekannte Redewendung. Viele Alternativen zu haben, macht Entscheidungen auch nicht leichter ;-) Wenn man nicht die Möglichkeit hat, sich vorab damit zu befassen, kann man leicht die falsche Wahl treffen.LG. Kerstin
Kerstin Stolzenburg 28/04/2008 19:24
@Irmtraud Wächter: Liebe Irmtraud, danke. Die Bildbearbeitung, ich schrieb es auch in der Antwort an Sabine (SEAR), sollte neben dem künstlerischen Effekt auch zur Verallgemeinerung der Bildaussage beitragen.Liebe Grüße. Kerstin
Kerstin Stolzenburg 28/04/2008 19:19
@Daniel Borberg: Lieber Daniel, mit dem Vögelchen ist es ja nicht so einfach; ausgerechnet bei sehr wichtigen Entscheidungen im Leben will es sich einfach nicht einstellen. Aber, wollten wir das denn überhaupt. Ich denke, eines der schönsten, wenn auch zugleich manchmal schwierigsten, Dinge ist, selbstbestimmt wählen zu können.Grüße. Kerstin