da hast Du ganz ausführlich bereits das geschrieben, was mir zu der Kürbisserie noch im Kopf herumspukte.
Das "Obszöne" musste ich natürlich mit einem Schmunzeln versehen, da, wie Du richtigerweise feststelltest, die Ansichten über schickliches und normgerechtes Verhalten sich nicht nur kulturell und epochal unterscheiden, sondern sogar im Freundes- und Bekanntenkreis jeder eine andere Toleranzschwelle hat.
Darauf dass sich die Ansichten mit der Zeit ändern, ging Eckhard ja bereits in seiner kurzen Antwort an mich ein, Du erwähnst das Christentum und die heilige Mutter Kirche, die ja den Platz der alten Götter und Göttinen für sich beansprucht und daher nicht neben sich dulden kann.
Nun könnte man auch das verlinkte Bild " .. dir zu Füßen" daherhingehend deuten, dass hier die Unterdrückung der Frau und des Weiblichen zum Ausdruck kommt, allerdings spricht ein anderes Bild dagegen:
Allerdings könnte man, ausgehend von diesen Bildern, auf andere, freizügigere Darstellungen schliessen.
An Busen, nackte Frauen und Männer in Zeitschriften, Film und Fernsehen haben wir uns in Europa mittlerweile gewöhnt, und auch die härtere Gangart, so dem Hörensagen nach, wird unter Schülern per Handy ausgetauscht und wäre, sofern man es denn wollte, auch im Netz überall verfügbar.
Worauf ich damit aber eigentlich hinaus will, ist, dass das Hohelied sich einer blumigen Sprache bedient, wie das oft auch bei anderen Texten der Fall ist. Man weiß, was gemeint ist, eben ohne dass es in irgend einer Weise obszön oder gar pornografisch wirkt.
Auf die allzu offene Beschreibung wird verzichtet, stattdessen wird die Fantasie angeregt, was eine größere (Eigen-) Leistung ist, als die bildliche Darstellung.
Man könnte dieses fantastische, blumige, eben auch die Kürbisse übertragen, schliesslich sind es eben nur Feldfrüchte, und was man darin zu sehen glaubt, findet eben nur im Kopf des Betrachters statt.
Mir fällt da gerade auch das Kamasutra ein, das ich allerdings nicht gelesen habe, aber
"Das Kamasutra ist, ähnlich wie Über den Umgang mit Menschen von Freiherr von Knigge, im höfischen Umfeld entstanden. Anders als zu Knigges Zeiten in Europa galt damals in Indien das Individuum wenig und die Religion alles. Deshalb ist das Kamasutra nicht nur eine parodistische Beschreibung von Anstandsregeln und wie man seine Sexualität ausleben kann, ohne in schlechten Ruf zu geraten, sondern auch ein Aufbegehren gegen die totale Reglementierung jedes noch so kleinen Details des menschlichen Lebens durch die vielen uralten Schriften, die gesetzgebenden Charakter hatten."
die Thematik hat mich noch nicht ganz erreicht
mir genügt es aber auch, das Foto als Foto zu betrachten
und eventuell noch seinen Platz in der Serie zu bedenken, denn
insbesondere bei dieser Aufnahme siegt das Ästhetische dann doch wieder
ein Bild ohne problematische Widersprüche
eine Ansicht und Einsicht der Harmonie von Farben, Formen, Belebtem und Unbelebtem miteinander
ein beseeltes Detail der Natur, das die Betrachter besonnen werden lässt
Lieber Eckhard, nachdem deine Kürbis-Serie mit einem wunderschönen und symbolhaften Bild begann, in dem man zwei Schwäne in zugewandter und romantisch anmutender Haltung erkennen konnte, zeigt das zweite Bild und zeigen auch die nachfolgenden Aufnahmen "Hierogamos (3) und (5)" recht freigeistige Auffassungen (im Sinne von positiv, vorurteilsfrei und freigesinnt vielleicht) der Gestalt der Feldfrüchte. Es wird bereits ohne Bezugnahme zum Titel oder zum Text des Hoheliedes deutlich, dass hier nicht allein die Abbildung des bloßen Seins in herbstlicher Schönheit und die Möglichkeit des Kreierens einer leckeren Kürbissuppe im Zentrum der Überlegungen steht, wobei das allerdings auch sehr schön sein kann. Zudem fehlt auch das Maskenhafte der Halloween-Gestalten, was wiederum einen direkten Bezug zu diesen Festlichkeiten nicht naheliegend erscheinen lässt. Jedes einzelne Bild ist jedoch eine überaus gelungene Aufnahme einer Kürbisfrucht und zudem eine Darstellung einer jeweils neuen, manchmal sogar recht unbekannten Kürbisart. Die kleinen gelben Früchte in diesem Bild hatte ich beispielsweise vorher noch nie bewusst wahrgenommen
;-). In den Kontext des Hieros gamos und des Hoheliedes gestellt, werden aus den schönen und teilweise sehr poetischen nun zudem auch interessante Aufnahmen.
Gestern fragte ich mich für einen Moment, warum zu diesen Bildern, vor allem zu den letzten, im Vergleich zu anderen Aufnahmen in deinem Portfolio nur relativ zurückhaltend Anmerkungen geschrieben werden. Das Hohelied Salomos ist ja in der Bibel zu finden und müsste zumindest jedem Christen in seiner bildhaften und phantasievollen Sprache irgendwann einmal begegnet sein. http://www.bibel-online.net/buch/22.hohelied/1.html Zudem hatten wir es unter
bereits einmal angesprochen. Zum „Hieros gamos“ bzw. der Hierogamie gibt z.B. Wikipedia rasch Auskunft und den vielen Kennern des Romans „Sakrileg. The Da Vinci Code“ von Dan Brown ist die „Heilige Hochzeit“ dort auch bereits begegnet. Das wird es also nicht sein. Bleibt vielleicht die Darstellung selbst. Und da freue mich über die (schmunzelnde) Anmerkung von Carsten als Denkansatz, der von „obszöner Darstellung der Feldfrüchte“ spricht. Ob man diesbezüglich vielleicht bei dem einen oder anderen Betrachter tatsächlich eine Hemmschwelle vermuten darf? Zumindest könnte man eine solche theoretische Überlegung auch als Diskussionsansatz bezüglich des Bildinhalts dieser Serie nutzen.
Die Definition des Begriffes Obszönität ist ja nichts für alle Zeiten Feststehendes, sondern stets auch von den jeweiligen gesellschaftlichen Befindlichkeiten, Normen und Moralvorstellungen abhängig.
Wenn hier jedoch die Bilder mit einem solchen historischen Kontext verknüpft werden, haben die Aufnahmen rein gar nichts Obszönes oder gar Voyeristisches an sich, ganz im Gegenteil, sie haben einen direkten Bezug zu den Abläufen in der Natur und sind von einer großen Sinnlichkeit und voller Phantasie und Poesie, die man aber vielleicht nur nachempfinden kann, wenn man sich die alten Mythen und Riten vor Augen führt, sich löst von dem, was heute an Vorstellungen teilweise als normal gelten soll und gar als toll empfundenoder nicht selten in erniedrigender Weise in den Medien gezeigt wird, und auch das kritisch betrachtet, was nicht zuletzt im Christentum beispielsweise aus den Mythen gemacht bzw. von ihnen übriggelassen wurde.
Ohne auf wissenschaftliche Exaktheit vertrauen zu können, bietet das Internet bezüglich früher Auffassungen vom Leben, vom Umgang mit Fruchtbarkeitsriten als völlig normalem Vorgang und entsprechender Kultvorstellungen jedoch zunächst einmal einen ganz guten Überblick. Nachfolgend exemplarisch ein Beispiel.
„Die bis zu 30000 Jahre alten Venusfiguren (siehe auch http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.de/fileadmin/images/News/Artikel_in_der_Weltwoche.pdf ), die in großer Zahl gefunden wurden, verweisen in direkter Linie auf eine Vielzahl von Göttinnen der späteren Kulturen ... Diese Damen hatten meistens einen bestimmten Liebhaber. Den Liebesakt nennt die Wissenschaft ‚Hieros gamos’, heilige Hochzeit. Die heilige Hochzeit wurde im Jahresrhythmus in den jeweiligen Tempeln vollzogen, vorzugsweise im Frühling, meist stellvertretend durch die höchste Priesterin.
Die Vegetation, das werdende und vergehende Leben wurde vom Liebhaber der Göttin verkörpert, während sie der unverändert gleichbleibende Urgrund des Lebens ist, in deren Schoß die Vegetation zurückkehrt, um wiedergeboren zu werden. Periodisch kehrte der ... in den Schoß der Göttin zurück [wie ich mir das bildhaft in ähnlicher Form auch bei dieser Aufnahme vorstellen könnte]. Der Liebesakt war Beischlaf, Sterben und Zeugung neuen Lebens in einem. Der Mann starb in den Leib der Lebensmutter hinein, der Tod war nur eine Zwischenphase des sich stets erneuernden Lebens. Die historische ‚Grosse Mutter‘ der Antike wird auch ‚die Verschlingende‘ genannt. Mutter Erde verschlingt ihre Kinder und gebiert sie auch wieder.
Der Archetyp der Liebesgöttin entspricht auf der triebhaften Ebene der machtvollen Verwandlungskraft des Lebens, sowie allen Prozessen, die durch das Prinzip der Anziehung zwischen Mann und Frau entstehen. Auf der spirituellen Ebene wirkt der Archetyp durch kreative Prozesse, die durch intensive und sinnliche Anziehung neue Ideen und Werke schaffen. Kreisläufe und Zyklen bestimmten diese Gedankenwelten. Ca. um 2000 vor Christus vollzog sich der Wandel zu heutigen Ideologien ... Kirchenvater Augustinus schrieb über den Tod Christi im Gleichnis der Heiligen Hochzeit: ‚ ... er gelangte bis zum Bette des Kreuzes und hat, indem er hinaufstieg, die Ehe bestätigt ...‘ C.G. Jung bemerkte zu diesem Text: ‚... der Gefühlsstrom des antiken Hieros gamos hat sich hier in sein Gegenteil verwandelt. An Stelle der Lust tritt die Qual und an Stelle der Muttergeliebten der Marterpfahl ...‘.“ http://www.ullilust.de/fruehling/mythologie.htm
Im Vorwort des Buches „Hieros Gamos“ von Hendrik Blome wird auf diese Aspekte folgendermaßen eingegangen: „Die großen antiken Kulturen des Mittelmeeres und des Ostens haben die Erotik und Sexualität von jeher in den Mittelpunkt des Lebens und ihrer Religionen gestellt. Das hat das Christentum, abgesehen von einigen ketzerischen Ausnahmen die bis heute von Amtskirchen bekämpft werden, nie fertiggebracht. Sexuelle Mystik wird von ihnen in Europa seit über 1000 Jahren verfolgt und unterdrückt, mindestens aber mit Schuld und Sühne in Verbindung gebracht. Erst recht von all jenen Vertretern dieser Gesetz- und moralgebenden Institutionen, die selbst der körperlichen Lust nicht entsagen wollten und auch heute noch wollen.
Im Altertum war Liebe immer eine Kunst, die es zu pflegen und zu üben galt. Eine Kunst die ganz natürlich und offen in der Antike und im frühen Mittelalter in der Literatur, in Bildern und Skulpturen zum Ausdruck kam und weitergegeben wurde.
Doch, Zensur ist so alt wie die Literatur überhaupt. Ein Grossteil antiker und frühchristlicher Literatur fiel dem Diokletian-Edikt von 303 n. Chr. zum Opfer und landete schon damals in organisierten Bücherverbrennungen. Ähnlich wie bei der Verfolgung Andersgläubiger wandte die Kirche bei unerwünschtem Gedankengut, insbesondere einer positiven Beschreibung der körperlichen Lust und einer gleichberechtigten Stellung der Frau, die gleichen Unterdrückungsmethoden an wie die, unter denen sie in ihrer Frühzeit selbst zu leiden hatte.
Die offizielle Aufhebung der Inquisition durch Papst Paul VI. im Jahre 1967, bedeutet kein Ende der Zensur und des Kampfes. Die einflussreiche kirchliche Geheimgesellschaft Opus Dei führt den Index in der Tradition des Index Librorum Prohibitorum weiter. Auf diesem Index stehen neben antiken Werken und den Apokryphen auch die Werke von Immanuel Kant, Gottfried Lessing, Heinrich Heine und Arthur Schnitzler. Das Buch ‚Der Name der Rose’, von Umberto Eco fehlt ebenso wenig, wie Dan Browns ‚Sakrileg’ und McGowan’s ‚Magdalena Evangelium’.
Arthur Schnitzler hat mit seinem Roman ‚Traumnovelle’ wohl erstmalig das Große Ritual , ein Hieros Gamos, als Bestandteil sexualmagischer Praktiken einer geheimen Gesellschaft literarisch verarbeitet und sein Buch wurde von Stanley Kubrik mit dem Film ‚Eyes Wide Shut’ szenisch umgesetzt. Arthur Schnitzler wurde angefeindet und verfolgt, Stanley Kubriks Film kam in den USA nur zensiert in die Kinos.
Durch Literatur hervorgerufene sinnliche Erregung ist ästhetische Erfahrung ‚par excellence’, die einzig und allein im Kopf entsteht. Zur Freiheit des Geistes gehört auch die Freiheit sinnlicher Gedanken.“ http://www.hierosgamos.de/40673.html?*session*id*key*=*session*id*val*
Was ich in dieser Serie auch zu erkennen meine, sind Polarität, Gegensätze
und der Versuch zur Überwindung dieser beispielsweise durch den Hieros gamos. Und ganz besonders in diesem Bild scheint mir die Umsetzung diesbezüglich sinnbildlich sehr gelungen.
„In der Mystik wird sich der Mensch der Einheit seines Wesens mit Gott bewusst. Schon bei Plotin schaute die 'Vernunft' die Einheit des Unterschiedenen. 'Der schauende wird eine mit dem Geschauten, jenseits der Zweiheit des Denkenden und Gedachten' (zit. nach Karl Jaspers). Der Zen-Buddhismus hat dafür den Begriff 'Satori' (Erleuchtung). Wir wissen auch, dass Hegel sagte: 'Die Identität zwischen Denken und Sein ist das Absolute', d. h. Gott gelangt im Menschen zum Bewusstsein seiner selbst, und der Mensch wird zum Gott durch die Erkenntnis. Gott offenbart sich, lebt und denkt im und durch den Menschen. 'Mysterium magnum', 'Hieros gamos', 'mysterium coniunctionis", 'unio mystica' oder 'the bliss of union' in Ekstase und Vision führen zum 'Deus factus sum'. http://www.muellerscience.com/SPEZIALITAETEN/Philosophie/Zweiheiten.htm
Soweit ein paar zusätzliche Denkansätze meinerseits zu dieser interessanten Thematik.
Wie schade, lieber Eckhard, ich hoffte schon, meine Kürbisse könnten noch in Folge 4 etwas lernen :) - Aber zumindest kann man wohl in diesem Falle der Geschäftsleitung nicht die Schuld für die fragmentale Darbietung der Serie anlasten! :-))
Aber ich verstehe schon, auch die Symbolik muss sich gesellschaftlichen Gesetzmäßgkeiten und Grenzen unterwerfen. - Und manchmal sagt eben doch eine Bildlücke oder ein ungesprochenes Wort mehr! (Oder war Salomo da gesprächiger?) ;-)
Gruß KD
Da fiele mir bildlich manches zu ein - was ich dann doch lieber in den zauberhaften Versen des Hoheliedes verhallen lassen will. Die Bildgebung läßt der Phantasie freien Raum - somit hast Du beides meisterlich verknüpft!
Gruß KD
Dass zu "Halloween", welches, wie ich neulich las, bereits von ca. 30% der Deutschen gefeiert wird, Kürbisse auftauchen würden, ist eigentlich nicht überraschend, lieber Eckhard.
Überraschend ist da eher die Verbindung mit dem
"Hohen Lied" und die durchwegs obszöne Darstellung der Feldfrüchte :)
Nun gut, Halloween mag man ja kritisieren als zu amerikanisches Fest, obwohl die Ursprünge keltisch-irisch, und somit europäisch sind. Freilich ist es kein Fruchtbarkeitsfest, wie Beltane, aber es geht um die Berührung und eine "Bruchstelle" zwischen zwei Welten, dem Irdischen und, im weitesten Sinne, dem Jenseits und dem Göttlichen, wie es auch bei der Hierogamie der Fall ist.
Erst neulich lief auf Arte (glaube ich, oder war es der ZDF Dokukanal.. wie auch immer) ein Bericht über das Totenbuch der alten Agypter, und es wurde die These vertreten, dass dieses Vorbild für das AT sein könne und dass Isis als Vorgängerin der Verehrung des Weiblichen und Jungfräulichen in den Religionen, und somit letztlich auch für den Marienkult, anzusehen sei.
Woher natürlich die alten Ägypter ihre Vorstellungen hatten ..
Vermutlich sind das Vorstellungen, die der Mensch schon seit Urzeiten mit sich trägt, wenn man denn alte Felszeichnungen entsprechend deuten kann.
Aber irgendwie ist es doch beruhigend, dass auch die heutige Welt noch voller Phallus- und Fruchtbarkeitssymbole steckt, die die Fantasie anregen können.
Carsten Mundt 03/11/2009 13:46
Liebe Kerstin,da hast Du ganz ausführlich bereits das geschrieben, was mir zu der Kürbisserie noch im Kopf herumspukte.
Das "Obszöne" musste ich natürlich mit einem Schmunzeln versehen, da, wie Du richtigerweise feststelltest, die Ansichten über schickliches und normgerechtes Verhalten sich nicht nur kulturell und epochal unterscheiden, sondern sogar im Freundes- und Bekanntenkreis jeder eine andere Toleranzschwelle hat.
Darauf dass sich die Ansichten mit der Zeit ändern, ging Eckhard ja bereits in seiner kurzen Antwort an mich ein, Du erwähnst das Christentum und die heilige Mutter Kirche, die ja den Platz der alten Götter und Göttinen für sich beansprucht und daher nicht neben sich dulden kann.
Nun könnte man auch das verlinkte Bild " .. dir zu Füßen" daherhingehend deuten, dass hier die Unterdrückung der Frau und des Weiblichen zum Ausdruck kommt, allerdings spricht ein anderes Bild dagegen:
Allerdings könnte man, ausgehend von diesen Bildern, auf andere, freizügigere Darstellungen schliessen.
An Busen, nackte Frauen und Männer in Zeitschriften, Film und Fernsehen haben wir uns in Europa mittlerweile gewöhnt, und auch die härtere Gangart, so dem Hörensagen nach, wird unter Schülern per Handy ausgetauscht und wäre, sofern man es denn wollte, auch im Netz überall verfügbar.
Worauf ich damit aber eigentlich hinaus will, ist, dass das Hohelied sich einer blumigen Sprache bedient, wie das oft auch bei anderen Texten der Fall ist. Man weiß, was gemeint ist, eben ohne dass es in irgend einer Weise obszön oder gar pornografisch wirkt.
Auf die allzu offene Beschreibung wird verzichtet, stattdessen wird die Fantasie angeregt, was eine größere (Eigen-) Leistung ist, als die bildliche Darstellung.
Man könnte dieses fantastische, blumige, eben auch die Kürbisse übertragen, schliesslich sind es eben nur Feldfrüchte, und was man darin zu sehen glaubt, findet eben nur im Kopf des Betrachters statt.
Mir fällt da gerade auch das Kamasutra ein, das ich allerdings nicht gelesen habe, aber
"Das Kamasutra ist, ähnlich wie Über den Umgang mit Menschen von Freiherr von Knigge, im höfischen Umfeld entstanden. Anders als zu Knigges Zeiten in Europa galt damals in Indien das Individuum wenig und die Religion alles. Deshalb ist das Kamasutra nicht nur eine parodistische Beschreibung von Anstandsregeln und wie man seine Sexualität ausleben kann, ohne in schlechten Ruf zu geraten, sondern auch ein Aufbegehren gegen die totale Reglementierung jedes noch so kleinen Details des menschlichen Lebens durch die vielen uralten Schriften, die gesetzgebenden Charakter hatten."
http://de.wikipedia.org/wiki/Kamasutra
Ein Werk, das in keinem deutschen Bücherregal fehlen sollte...
http://www.youtube.com/watch?v=NEZtmUxCTO4
† werner weis 03/11/2009 11:15
die Thematik hat mich noch nicht ganz erreicht
mir genügt es aber auch, das Foto als Foto zu betrachten
und eventuell noch seinen Platz in der Serie zu bedenken, denn
insbesondere bei dieser Aufnahme siegt das Ästhetische dann doch wieder
ein Bild ohne problematische Widersprüche
eine Ansicht und Einsicht der Harmonie von Farben, Formen, Belebtem und Unbelebtem miteinander
ein beseeltes Detail der Natur, das die Betrachter besonnen werden lässt
Kerstin Stolzenburg 03/11/2009 10:37
Lieber Eckhard, nachdem deine Kürbis-Serie mit einem wunderschönen und symbolhaften Bild begann, in dem man zwei Schwäne in zugewandter und romantisch anmutender Haltung erkennen konnte, zeigt das zweite Bild und zeigen auch die nachfolgenden Aufnahmen "Hierogamos (3) und (5)" recht freigeistige Auffassungen (im Sinne von positiv, vorurteilsfrei und freigesinnt vielleicht) der Gestalt der Feldfrüchte. Es wird bereits ohne Bezugnahme zum Titel oder zum Text des Hoheliedes deutlich, dass hier nicht allein die Abbildung des bloßen Seins in herbstlicher Schönheit und die Möglichkeit des Kreierens einer leckeren Kürbissuppe im Zentrum der Überlegungen steht, wobei das allerdings auch sehr schön sein kann. Zudem fehlt auch das Maskenhafte der Halloween-Gestalten, was wiederum einen direkten Bezug zu diesen Festlichkeiten nicht naheliegend erscheinen lässt. Jedes einzelne Bild ist jedoch eine überaus gelungene Aufnahme einer Kürbisfrucht und zudem eine Darstellung einer jeweils neuen, manchmal sogar recht unbekannten Kürbisart. Die kleinen gelben Früchte in diesem Bild hatte ich beispielsweise vorher noch nie bewusst wahrgenommen;-). In den Kontext des Hieros gamos und des Hoheliedes gestellt, werden aus den schönen und teilweise sehr poetischen nun zudem auch interessante Aufnahmen.
Gestern fragte ich mich für einen Moment, warum zu diesen Bildern, vor allem zu den letzten, im Vergleich zu anderen Aufnahmen in deinem Portfolio nur relativ zurückhaltend Anmerkungen geschrieben werden. Das Hohelied Salomos ist ja in der Bibel zu finden und müsste zumindest jedem Christen in seiner bildhaften und phantasievollen Sprache irgendwann einmal begegnet sein. http://www.bibel-online.net/buch/22.hohelied/1.html Zudem hatten wir es unter bereits einmal angesprochen. Zum „Hieros gamos“ bzw. der Hierogamie gibt z.B. Wikipedia rasch Auskunft und den vielen Kennern des Romans „Sakrileg. The Da Vinci Code“ von Dan Brown ist die „Heilige Hochzeit“ dort auch bereits begegnet. Das wird es also nicht sein. Bleibt vielleicht die Darstellung selbst. Und da freue mich über die (schmunzelnde) Anmerkung von Carsten als Denkansatz, der von „obszöner Darstellung der Feldfrüchte“ spricht. Ob man diesbezüglich vielleicht bei dem einen oder anderen Betrachter tatsächlich eine Hemmschwelle vermuten darf? Zumindest könnte man eine solche theoretische Überlegung auch als Diskussionsansatz bezüglich des Bildinhalts dieser Serie nutzen.
Die Definition des Begriffes Obszönität ist ja nichts für alle Zeiten Feststehendes, sondern stets auch von den jeweiligen gesellschaftlichen Befindlichkeiten, Normen und Moralvorstellungen abhängig. Wenn hier jedoch die Bilder mit einem solchen historischen Kontext verknüpft werden, haben die Aufnahmen rein gar nichts Obszönes oder gar Voyeristisches an sich, ganz im Gegenteil, sie haben einen direkten Bezug zu den Abläufen in der Natur und sind von einer großen Sinnlichkeit und voller Phantasie und Poesie, die man aber vielleicht nur nachempfinden kann, wenn man sich die alten Mythen und Riten vor Augen führt, sich löst von dem, was heute an Vorstellungen teilweise als normal gelten soll und gar als toll empfundenoder nicht selten in erniedrigender Weise in den Medien gezeigt wird, und auch das kritisch betrachtet, was nicht zuletzt im Christentum beispielsweise aus den Mythen gemacht bzw. von ihnen übriggelassen wurde.
Ohne auf wissenschaftliche Exaktheit vertrauen zu können, bietet das Internet bezüglich früher Auffassungen vom Leben, vom Umgang mit Fruchtbarkeitsriten als völlig normalem Vorgang und entsprechender Kultvorstellungen jedoch zunächst einmal einen ganz guten Überblick. Nachfolgend exemplarisch ein Beispiel.
„Die bis zu 30000 Jahre alten Venusfiguren (siehe auch http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.de/fileadmin/images/News/Artikel_in_der_Weltwoche.pdf ), die in großer Zahl gefunden wurden, verweisen in direkter Linie auf eine Vielzahl von Göttinnen der späteren Kulturen ... Diese Damen hatten meistens einen bestimmten Liebhaber. Den Liebesakt nennt die Wissenschaft ‚Hieros gamos’, heilige Hochzeit. Die heilige Hochzeit wurde im Jahresrhythmus in den jeweiligen Tempeln vollzogen, vorzugsweise im Frühling, meist stellvertretend durch die höchste Priesterin.
Die Vegetation, das werdende und vergehende Leben wurde vom Liebhaber der Göttin verkörpert, während sie der unverändert gleichbleibende Urgrund des Lebens ist, in deren Schoß die Vegetation zurückkehrt, um wiedergeboren zu werden. Periodisch kehrte der ... in den Schoß der Göttin zurück [wie ich mir das bildhaft in ähnlicher Form auch bei dieser Aufnahme vorstellen könnte]. Der Liebesakt war Beischlaf, Sterben und Zeugung neuen Lebens in einem. Der Mann starb in den Leib der Lebensmutter hinein, der Tod war nur eine Zwischenphase des sich stets erneuernden Lebens. Die historische ‚Grosse Mutter‘ der Antike wird auch ‚die Verschlingende‘ genannt. Mutter Erde verschlingt ihre Kinder und gebiert sie auch wieder.
Der Archetyp der Liebesgöttin entspricht auf der triebhaften Ebene der machtvollen Verwandlungskraft des Lebens, sowie allen Prozessen, die durch das Prinzip der Anziehung zwischen Mann und Frau entstehen. Auf der spirituellen Ebene wirkt der Archetyp durch kreative Prozesse, die durch intensive und sinnliche Anziehung neue Ideen und Werke schaffen. Kreisläufe und Zyklen bestimmten diese Gedankenwelten. Ca. um 2000 vor Christus vollzog sich der Wandel zu heutigen Ideologien ... Kirchenvater Augustinus schrieb über den Tod Christi im Gleichnis der Heiligen Hochzeit: ‚ ... er gelangte bis zum Bette des Kreuzes und hat, indem er hinaufstieg, die Ehe bestätigt ...‘ C.G. Jung bemerkte zu diesem Text: ‚... der Gefühlsstrom des antiken Hieros gamos hat sich hier in sein Gegenteil verwandelt. An Stelle der Lust tritt die Qual und an Stelle der Muttergeliebten der Marterpfahl ...‘.“ http://www.ullilust.de/fruehling/mythologie.htm
Im Vorwort des Buches „Hieros Gamos“ von Hendrik Blome wird auf diese Aspekte folgendermaßen eingegangen: „Die großen antiken Kulturen des Mittelmeeres und des Ostens haben die Erotik und Sexualität von jeher in den Mittelpunkt des Lebens und ihrer Religionen gestellt. Das hat das Christentum, abgesehen von einigen ketzerischen Ausnahmen die bis heute von Amtskirchen bekämpft werden, nie fertiggebracht. Sexuelle Mystik wird von ihnen in Europa seit über 1000 Jahren verfolgt und unterdrückt, mindestens aber mit Schuld und Sühne in Verbindung gebracht. Erst recht von all jenen Vertretern dieser Gesetz- und moralgebenden Institutionen, die selbst der körperlichen Lust nicht entsagen wollten und auch heute noch wollen.
Im Altertum war Liebe immer eine Kunst, die es zu pflegen und zu üben galt. Eine Kunst die ganz natürlich und offen in der Antike und im frühen Mittelalter in der Literatur, in Bildern und Skulpturen zum Ausdruck kam und weitergegeben wurde.
Doch, Zensur ist so alt wie die Literatur überhaupt. Ein Grossteil antiker und frühchristlicher Literatur fiel dem Diokletian-Edikt von 303 n. Chr. zum Opfer und landete schon damals in organisierten Bücherverbrennungen. Ähnlich wie bei der Verfolgung Andersgläubiger wandte die Kirche bei unerwünschtem Gedankengut, insbesondere einer positiven Beschreibung der körperlichen Lust und einer gleichberechtigten Stellung der Frau, die gleichen Unterdrückungsmethoden an wie die, unter denen sie in ihrer Frühzeit selbst zu leiden hatte.
Die offizielle Aufhebung der Inquisition durch Papst Paul VI. im Jahre 1967, bedeutet kein Ende der Zensur und des Kampfes. Die einflussreiche kirchliche Geheimgesellschaft Opus Dei führt den Index in der Tradition des Index Librorum Prohibitorum weiter. Auf diesem Index stehen neben antiken Werken und den Apokryphen auch die Werke von Immanuel Kant, Gottfried Lessing, Heinrich Heine und Arthur Schnitzler. Das Buch ‚Der Name der Rose’, von Umberto Eco fehlt ebenso wenig, wie Dan Browns ‚Sakrileg’ und McGowan’s ‚Magdalena Evangelium’.
Arthur Schnitzler hat mit seinem Roman ‚Traumnovelle’ wohl erstmalig das Große Ritual , ein Hieros Gamos, als Bestandteil sexualmagischer Praktiken einer geheimen Gesellschaft literarisch verarbeitet und sein Buch wurde von Stanley Kubrik mit dem Film ‚Eyes Wide Shut’ szenisch umgesetzt. Arthur Schnitzler wurde angefeindet und verfolgt, Stanley Kubriks Film kam in den USA nur zensiert in die Kinos.
Durch Literatur hervorgerufene sinnliche Erregung ist ästhetische Erfahrung ‚par excellence’, die einzig und allein im Kopf entsteht. Zur Freiheit des Geistes gehört auch die Freiheit sinnlicher Gedanken.“ http://www.hierosgamos.de/40673.html?*session*id*key*=*session*id*val*
Was ich in dieser Serie auch zu erkennen meine, sind Polarität, Gegensätze und der Versuch zur Überwindung dieser beispielsweise durch den Hieros gamos. Und ganz besonders in diesem Bild scheint mir die Umsetzung diesbezüglich sinnbildlich sehr gelungen.
„In der Mystik wird sich der Mensch der Einheit seines Wesens mit Gott bewusst. Schon bei Plotin schaute die 'Vernunft' die Einheit des Unterschiedenen. 'Der schauende wird eine mit dem Geschauten, jenseits der Zweiheit des Denkenden und Gedachten' (zit. nach Karl Jaspers). Der Zen-Buddhismus hat dafür den Begriff 'Satori' (Erleuchtung). Wir wissen auch, dass Hegel sagte: 'Die Identität zwischen Denken und Sein ist das Absolute', d. h. Gott gelangt im Menschen zum Bewusstsein seiner selbst, und der Mensch wird zum Gott durch die Erkenntnis. Gott offenbart sich, lebt und denkt im und durch den Menschen. 'Mysterium magnum', 'Hieros gamos', 'mysterium coniunctionis", 'unio mystica' oder 'the bliss of union' in Ekstase und Vision führen zum 'Deus factus sum'. http://www.muellerscience.com/SPEZIALITAETEN/Philosophie/Zweiheiten.htm
Soweit ein paar zusätzliche Denkansätze meinerseits zu dieser interessanten Thematik.
Kerstin
Karl-Dieter Frost 02/11/2009 22:51
Wie schade, lieber Eckhard, ich hoffte schon, meine Kürbisse könnten noch in Folge 4 etwas lernen :) - Aber zumindest kann man wohl in diesem Falle der Geschäftsleitung nicht die Schuld für die fragmentale Darbietung der Serie anlasten! :-))Aber ich verstehe schon, auch die Symbolik muss sich gesellschaftlichen Gesetzmäßgkeiten und Grenzen unterwerfen. - Und manchmal sagt eben doch eine Bildlücke oder ein ungesprochenes Wort mehr! (Oder war Salomo da gesprächiger?) ;-)
Gruß KD
Karl-Dieter Frost 02/11/2009 20:13
Da fiele mir bildlich manches zu ein - was ich dann doch lieber in den zauberhaften Versen des Hoheliedes verhallen lassen will. Die Bildgebung läßt der Phantasie freien Raum - somit hast Du beides meisterlich verknüpft!Gruß KD
Carsten Mundt 02/11/2009 11:30
Dass zu "Halloween", welches, wie ich neulich las, bereits von ca. 30% der Deutschen gefeiert wird, Kürbisse auftauchen würden, ist eigentlich nicht überraschend, lieber Eckhard.Überraschend ist da eher die Verbindung mit dem
"Hohen Lied" und die durchwegs obszöne Darstellung der Feldfrüchte :)
Nun gut, Halloween mag man ja kritisieren als zu amerikanisches Fest, obwohl die Ursprünge keltisch-irisch, und somit europäisch sind. Freilich ist es kein Fruchtbarkeitsfest, wie Beltane, aber es geht um die Berührung und eine "Bruchstelle" zwischen zwei Welten, dem Irdischen und, im weitesten Sinne, dem Jenseits und dem Göttlichen, wie es auch bei der Hierogamie der Fall ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hierogamie
Erst neulich lief auf Arte (glaube ich, oder war es der ZDF Dokukanal.. wie auch immer) ein Bericht über das Totenbuch der alten Agypter, und es wurde die These vertreten, dass dieses Vorbild für das AT sein könne und dass Isis als Vorgängerin der Verehrung des Weiblichen und Jungfräulichen in den Religionen, und somit letztlich auch für den Marienkult, anzusehen sei.
Woher natürlich die alten Ägypter ihre Vorstellungen hatten ..
Vermutlich sind das Vorstellungen, die der Mensch schon seit Urzeiten mit sich trägt, wenn man denn alte Felszeichnungen entsprechend deuten kann.
Aber irgendwie ist es doch beruhigend, dass auch die heutige Welt noch voller Phallus- und Fruchtbarkeitssymbole steckt, die die Fantasie anregen können.
lg Carsten