Lieber Eckhard, nun ist das Bild, ohne es gleich ausdeuten zu wollen, zunächst einmal vor allem eine äußerst ästhetische Aufnahme eines gepflasterten Vorplatzes einer Kirche. Du gibst in der Beschreibung an, dass dort gerade eine Trauung stattfand und verstreute Rosenblätter auf Pflastersteinen werden beim Betrachter wohl immer auch ganz automatisch entsprechende Assoziationen auslösen. Dass ich dieses Foto sehr schön finde, hat natürlich mit den wunderbaren Farben der Blütenblätter und deren Formen zu tun, besonders jedoch mit diesem einmalig schönen Licht auf der scheinbar recht glatten Oberfläche der Steine. An diesem Ort hätte ich ganz gewiss auch nicht vorbeigehen können, ohne die Kamera hervorzuholen und ein Erinnerungsfoto zu machen ;-).
Dass Du deine Bildtitel mit Bedacht wählst, ist uns inzwischen natürlich bekannt; mit diesem ist Dir das ebenfalls wieder gut gelungen. Er sorgt, neben den verlinkten Bildern, für eine Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten, soweit ich das momentan überschauen kann. Ich will also versuchen, mich zumindest denen, die ich im Augenblick erkennen kann, ein wenig zu nähern.
Und das ausgehend zunächst von deiner fc-Übersichtsseite und den aktuellen Fotografien dort. Wir sehen u. a. alle Vorschaubilder der Serie „Hieros gamos“ nebeneinander, sozusagen ganzheitlich ;-). Du fügtest den Bildern zusätzlich den Begriff „Fragmente“ hinzu. Und wir sprachen unter anderem auch über Polarität und Dualismus und von einem Ganzen in diesem Kontext. In meiner Phantasie erscheint mir nun das nach einer Hochzeit entstandene Foto „Ganzheitlich oder: Am Ziel der Träume“ wie eine logische Fortsetzung der Serie - es steht ja auch direkt im Anschluss - oder wie ihre Vollendung, nachdem das unter „Hieros gamos. Fragmente (6)“ angesprochene Beinahe-Bild „Hieros gamos (7)“ leider nicht erscheinen durfte und somit Legende bleiben muss. Beide Teile des Titels würden jedenfalls hervorragend zu dieser Vorstellung passen bzw. würde die Serie wunderbar in ihm aufgehen, wenn man zudem vielleicht auch ihren fragmentarischen Charakter letztlich gedanklich überwinden wollte.
Nun könnte man mit seinen Überlegungen auch noch einen Moment bei der erwähnten Hochzeit selbst bleiben, denn sie steht ja sinnbildlich für etwas Ganzheitliches, etwas aus einer Liebe Entstandenes, letztlich eben für den Ehebund, den zwei Menschen miteinander eingehen und für die Entscheidung, das Leben miteinander zu teilen. Im Überschwang der Gefühle ist es natürlich gut vorstellbar, dass an einem solchen Tag davon gesprochen wird, am Ziel der Träume angekommen zu sein. Eine Eheschließung ist ja auch nach außen hin eine sichtbare Besiegelung der Liebe. Was da so romantisch klingt, sollte aber zugleich auch bewusst machen, dass das erreichte Ziel, in diesem Fall also die Heirat, zugleich ein Auftakt für Neues ist und sein muss.
Die Unterschrift unter einem Ehevertrag bedeutet ja nicht automatisch ewige Liebe. Der „Wind Of Change“ weht eigentlich unaufhörlich und man wird diese sensible Pflanze hüten und pflegen müssen, damit sie dauerhaft Blüten treibt und die „Schere“ gar nicht erst eine Angriffsfläche bekommt ... na ja, das ist ja alles bekannt ;-)). Ich wollte nur darauf hinaus, dass die Ziellinie eben immer zugleich auch den Beginn neuer Entwicklungen markiert.
Das wird übrigens auch im Verbund der Steine deutlich. Sie scheinen von einem Punkt oder von einem Bereich ausgehend nach außen zu streben, wobei immer neue Steine integriert werden, die das Gefüge füllen und erweitern. Dass dabei die Rosenblätter weniger werden, möchte ich gar nicht symbolisch betrachten; eine so gesehene, vielleicht eher negative Entwicklung muss nicht sein und passt auch nicht zu diesem schönen Licht, das man ja auch symbolisch sehen könnte. Das Pflastersteingefüge im Bild als eine Art Mauer aufzufassen, wäre in diesem Fall bei positiver Sicht der Dinge sogar etwas Erstrebenswertes, etwas stetig Aus- und Aufbaubares, das nicht die Funktion des Einmauerns, sondern eher die eines tragendes Fundaments einnimmt.
Was meint denn Frau W.I.Kipedia zur Gesamtheit? Nun, sie gibt als Definition für den Begriff folgende Formulierug an: „Ganzheit ist die auf die Vielfalt angewandte Einheit, und die Teile sind die Vielfalt selbst, die von der Einheit totalisiert ist. Einheit in diesem Sinne ist entweder Mitanwesenheit (Nachbarschaft, Nähe, Interaktion, Funktionszusammenhang) oder homologe Einheit (Gleichheit, Ähnlichkeit). Einheit kann aber auch in einer zeitlichen Entwicklung als Kontinuität im Verschiedenen erkannt werden: In
verwandelt sich die Raupe zum Schmetterling. Dabei ist die Ganzheit eine Einheit im Werden. In diesem Sinne kann Heraklits panta rhei (gr. „alles fließt“) als Hinweis auf die Einheit im ständigen Wandel verstanden werden.“
Das passt natürlich alles recht gut auf eine Nahbeziehung zwischen zwei Menschen. Sie sind ja zunächst auch verschiedene Individuen mit ganz unterschiedlichem Charakter, Ansprüchen, Vorstellungen usw. und bringen sinnbildlich gesehen ihre ganz persönlichen Pflastersteine in diesen Bund ein und verbinden sie zu einer Gesamtheit.
Nun ist nach langer Vorrede aber auch klar, dass hier nicht allein übers Heiraten gesprochen werden soll ;-). Dies ist ja eigentlich nur der Türöffner für das Verständnis des Bildes. Man kann das alles zugleich wunderbar symbolisch sehen und beispielsweise auf verschiedene historische Ereignisse übertragen, die mit dem 9. November zusammenhängen. Man nennt diesen Tag auch den „Schicksalstag der Deutschen“, da er gleich mehrere einschneidende Geschehnisse von großer Tragweite in sich vereint. http://de.wikipedia.org/wiki/9._November_(Deutschland) „Als besonders gravierend für die zeitgenössische öffentliche Diskussion in der rückwirkenden Betrachtung gelten dabei - beginnend in der jüngeren Vergangenheit - die Jahrestage des Mauerfalls 1989, des Beginns der Novemberpogrome 1938, des Hitler-Ludendorff-Putsches 1923 und der Novemberrevolution 1918 in der damaligen Reichshauptstadt Berlin. Diese historischen ‚Schlaglichter’ des deutschen Nationalstaats seit 1871 in je unterschiedlichem Kontext bilden in der Zusammenschau und der Rezeption im Verhältnis zueinander inhaltlich und ideologisch gegensätzliche und polarisierende Höhepunkte der historisch-politischen Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands, insbesondere derjenigen des 20. Jahrhunderts.“
Damit stellt sich vor dem inneren Auge wieder ein Bild mit Pflastersteinen ein, ein Deutschlandbild als Gefüge aus politischen, gesellschaftlichen und historischen Mosaiksteinen im Kontext der Zeit, ganzheitlich und doch stark differenziert in sich selbst. Jede der Veränderungen trug in historischem Bezug den „Wind of Change“ in sich, Wechseljahre, Überlagerungen des Alten durch Neues, das nicht immer zum Besseren führte, von dem wir jedoch zumindest, was den aktuellen Kontext betrifft, hoffen, dass es sich so entwickeln möge. Gewiss waren viele Menschen an der Schwelle zu jeder neuen Epoche der Überzeugung, wenngleich dies nie die ganzheitliche Meinung des Volkes spiegelte, im übertragenen Sinne auch am Ziel der Träume angekommen zu sein, auch wenn dies nicht selten ein
war, das sich entweder nicht verwirklichen ließ oder grauenvolle Folgen hatte.
Das verlinkte zwanzigjährige Landmädel, das mir persönlich ein wenig wie eine heftig douglasierte Fastdreißigerin vorkommt ;-), spielt dabei vielleicht sogar eine Doppelrolle. Einerseits assoziiert man mit ihrem 20. Geburtstag vor allem den (Geburts-)Tag des Mauerfalls und zwanzig Jahre Wiedervereinigung, andererseits könnte es symbolisch auch für dieses ganze (deutsche) 20. Jahrhundert stehen, in dem gerade in den 20er Jahren mit der Novemberrevolution und der Ausrufung der Weimarer Republik am 9. November 1918 gravierende Veränderungen im Land geschahen, deren Entwicklung letztlich im Nationalsozialismus mit all seinen Schrecken und Grausamkeiten mündeten, in die auch andere Nationalitäten einbezogen wurden (was den Verband der Pflastersteine wiederum erweiterte und was man heute nach Überwindung dieser Zeit und nach der späteren Überwindung der Teilung Deutschlands sogar, nicht ohne kritische Betrachtung, aber natürlich nicht negativ gesehen, auf Europa bzw. die Globalisierung übertragen könnte).
Nun, möge der symbolische Sieg des Kastanienherzes über die Schere ein dauerhafter, ganzheitlicher sein, auf allen Ebenen, der sich eben nicht nur aus gewissen Interessen einzelner Gruppierungen und aus der Überlegenheit Einzelner, sondern vor allem aus dem Inneren und dem was man eigentlich unter Menschsein und Menschlichkeit versteht, speist. Das wäre ein Ziel der Träume, dem man sich mit seinem Denken und Handeln bedenkenlos anschließen könnte.
Damit noch ein paar Gedanken zur Einstellzeit des Bildes. Auch das können zunächst nur Fragmente sein, da grundsätzlich sehr viel möglich ist, ich für den historischen Bezug jedoch keinen schlüssigen Gesamtbezug sehe.
6:33
1. Nach Summierung der Zahlen links und rechts des Doppelpunktes (je 6) ließe sich hier wiederum die Kreuzfigur finden, die auch bei „Hieros gamos“ bereits thematisiert wurde und die mir beispielsweise auf die zuerst genannte Interpretationsebene anwendbar erscheint.
2. Die Quersumme ergibt „12“ und das lässt mich neben ihrer tieferen Symbolik auch an einen, wenn auch auf einer wahren Geschichte basierenden, so doch recht eigenwilligen Film denken, den ich kürzlich in Bezug auf den Fall der Mauer, Stasi-Aktivitäten und die Versuche späterer Aufarbeitung sah: „12 heißt: Ich liebe dich“. Die Zahl 12 war hier also ein Code für die Anzahl der Buchstaben aus dem Satz „Ich liebe dich.“
3. Die 12 ist allerdings auch grundsätzlich „eine der bedeutendsten Zahlen, förmlich ein Leitmotiv der Bibel, eine Idealzahl ... Es ist ferner die Zahl der Stunden des Tages oder der Nacht, der Monate des Jahres, der Tierkreiszeichen. Als Symbol der universalen Kirche erscheint die Zwölf auch als zweimal sechs (sechs Juden, sechs Heiden) ... Während der Nacht sang man zwölf Psalmen ... die himmlische Stadt Jerusalem ist ganz von der Zwölfzahl bestimmt. Zwölf mal Zwölftausend ist die Zahl der Auserwählten und damit der Gesamtheit der Heiligen.“ http://www.kunstdirekt.net/Symbole/symbolzahlen.htm
4. Die Zahl „6“ und gegenüberstehend zweimal „3“, mit denen man neben der bekannten Symbolik auch das Hexagramm abbilden kann, wenn man sich zwei Dreiecke versetzt übereinander gelegt vorstellt. Der Stern mit sechs Strahlen ist nicht zuletzt auch das Symbol des Judentums, womit die „33“ als 1933 (Machtergreifung durch die Nationalsozialisten) auch in Bezug auf den 9. November (Einstelldatum des Bildes) symbolisch zu sehen wäre.
5. Die „33“ als Zahl der Lebensjahre Jesu ... und, worauf mich die Rosenblätter und der Bezug zu Italien brachten ... Dantes „Göttliche Komödie“, in der die Zahl „33“ auch eine nicht unwesentliche Rolle spielt sowie seiner feierlichen Wiederbegegnung mit der in einer Wolke von Blumen herabschwebenden Beatrice ...
Abschließend der Blick auf ein Buch von Thomas Rosenlöcher, sein 'Dresdner Tagebuch' aus der Wendezeit. Es trägt den schönen wie zum Bild passenden Titel "Die verkauften Pflastersteine" ;-). Und wie man es bereits vermuten wird, so ist es auch mir damals zu Ohren gekommen, wurde das schöne Kopfsteinpflaster zu DDR-Zeiten in ostdeutschen Städten "entnommen", um gegen Devisen in den Westen zu gelangen und dort schöne Plätze zu schmücken ;-). So wird auch manch ein Ostdeutscher gedacht haben:
"Ach, wäre ich ein Pflasterstein,
Ich könnte längst im Westen sein."
Heute kann man es gesamtheitlich sehen. Die Pflastersteine sind ja zumindest in Deutschland geblieben.
Man könnte nun noch eine Weile weiterdenken und käme wohl auf weitere mögliche Bezugspunkte einer ganzheitlichen bildtheoretischen Betrachtung ... .
Lieber Eckhrard, nicht die Menschen auf der Straße haben die Diktatur zu Fall gebracht (DDR, Polen, Ungarn, etc), sondern die Diktatur hatte keine Existenzgrundlage mehr! Aber die schöne Variante hat was.Sicherlich war die Perestroika der Anfang vom Ende und Gorbatchov wurde dafür im eigenen Lande auf die Abschussliste gesetzt. Mit seiner Politik ging doch schließlich die UDSSR zu Bruch.
Den Papst habe ich „eingebaut“ weil ich mit Rom nichts anfangen konnte ;-)
Die Worte hatte er bereits 1979 in Warschau ausgesprochen, damit hat er auf die „falsche Religion“ (sprich: gotloser Sozialismus ) gezielt. Und der Glaube kann bekanntlich Berge versetzen.
Ach ja, dein Bild hat etwas vom "Rundem Tisch", auch wenn dieser in der DDR rechteckig war ;-) http://de.wikipedia.org/wiki/Runder_Tisch#DDR_1989.2F1990
Gruß, Adrian
....ein schönes Erinnerungsfoto für eine Hochzeit die ich in dieser Kirche mal miterlebt habe....als Rombesucher...es hat niemanden gestört...und es war wunderschön....an diesem Tag war ich am Trevi...10.10.09 ...LG Benita
Lieber Eckhard, das Bild als solches ist von beeindruckender Schönheit! Manche der roten Blütenblätter haben sogar die Form von Herzen.
Die ausführliche Besprechung kommt nach dem eingehenderen Befassen mit dem Bild.
Kerstin
Nun, lieber Eckhard, es wurden Blumen verstreut, Sektkorken knallten, Jubel wurde laut.
Die Blütenreste deuten darauf hin, dass die Feier jetzt vorbei ist.
In gewisser Weise stimmt das wohl auch, 20 Jahre später, in denen viel passierte und in denen es auch viele Schwierigkeiten zu meistern galt und noch zu meistern gilt.
Dennoch, es hat sich viel getan, und das Positive überwiegt doch, so dass uns am heutigen Tag ruhig
ein wenig feierlich zumute sein darf.
Kerstin Stolzenburg 12/11/2009 6:58
Lieber Eckhard, nun ist das Bild, ohne es gleich ausdeuten zu wollen, zunächst einmal vor allem eine äußerst ästhetische Aufnahme eines gepflasterten Vorplatzes einer Kirche. Du gibst in der Beschreibung an, dass dort gerade eine Trauung stattfand und verstreute Rosenblätter auf Pflastersteinen werden beim Betrachter wohl immer auch ganz automatisch entsprechende Assoziationen auslösen. Dass ich dieses Foto sehr schön finde, hat natürlich mit den wunderbaren Farben der Blütenblätter und deren Formen zu tun, besonders jedoch mit diesem einmalig schönen Licht auf der scheinbar recht glatten Oberfläche der Steine. An diesem Ort hätte ich ganz gewiss auch nicht vorbeigehen können, ohne die Kamera hervorzuholen und ein Erinnerungsfoto zu machen ;-).Dass Du deine Bildtitel mit Bedacht wählst, ist uns inzwischen natürlich bekannt; mit diesem ist Dir das ebenfalls wieder gut gelungen. Er sorgt, neben den verlinkten Bildern, für eine Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten, soweit ich das momentan überschauen kann. Ich will also versuchen, mich zumindest denen, die ich im Augenblick erkennen kann, ein wenig zu nähern.
Und das ausgehend zunächst von deiner fc-Übersichtsseite und den aktuellen Fotografien dort. Wir sehen u. a. alle Vorschaubilder der Serie „Hieros gamos“ nebeneinander, sozusagen ganzheitlich ;-). Du fügtest den Bildern zusätzlich den Begriff „Fragmente“ hinzu. Und wir sprachen unter anderem auch über Polarität und Dualismus und von einem Ganzen in diesem Kontext. In meiner Phantasie erscheint mir nun das nach einer Hochzeit entstandene Foto „Ganzheitlich oder: Am Ziel der Träume“ wie eine logische Fortsetzung der Serie - es steht ja auch direkt im Anschluss - oder wie ihre Vollendung, nachdem das unter „Hieros gamos. Fragmente (6)“ angesprochene Beinahe-Bild „Hieros gamos (7)“ leider nicht erscheinen durfte und somit Legende bleiben muss. Beide Teile des Titels würden jedenfalls hervorragend zu dieser Vorstellung passen bzw. würde die Serie wunderbar in ihm aufgehen, wenn man zudem vielleicht auch ihren fragmentarischen Charakter letztlich gedanklich überwinden wollte.
Nun könnte man mit seinen Überlegungen auch noch einen Moment bei der erwähnten Hochzeit selbst bleiben, denn sie steht ja sinnbildlich für etwas Ganzheitliches, etwas aus einer Liebe Entstandenes, letztlich eben für den Ehebund, den zwei Menschen miteinander eingehen und für die Entscheidung, das Leben miteinander zu teilen. Im Überschwang der Gefühle ist es natürlich gut vorstellbar, dass an einem solchen Tag davon gesprochen wird, am Ziel der Träume angekommen zu sein. Eine Eheschließung ist ja auch nach außen hin eine sichtbare Besiegelung der Liebe. Was da so romantisch klingt, sollte aber zugleich auch bewusst machen, dass das erreichte Ziel, in diesem Fall also die Heirat, zugleich ein Auftakt für Neues ist und sein muss. Die Unterschrift unter einem Ehevertrag bedeutet ja nicht automatisch ewige Liebe. Der „Wind Of Change“ weht eigentlich unaufhörlich und man wird diese sensible Pflanze hüten und pflegen müssen, damit sie dauerhaft Blüten treibt und die „Schere“ gar nicht erst eine Angriffsfläche bekommt ... na ja, das ist ja alles bekannt ;-)). Ich wollte nur darauf hinaus, dass die Ziellinie eben immer zugleich auch den Beginn neuer Entwicklungen markiert.
Das wird übrigens auch im Verbund der Steine deutlich. Sie scheinen von einem Punkt oder von einem Bereich ausgehend nach außen zu streben, wobei immer neue Steine integriert werden, die das Gefüge füllen und erweitern. Dass dabei die Rosenblätter weniger werden, möchte ich gar nicht symbolisch betrachten; eine so gesehene, vielleicht eher negative Entwicklung muss nicht sein und passt auch nicht zu diesem schönen Licht, das man ja auch symbolisch sehen könnte. Das Pflastersteingefüge im Bild als eine Art Mauer aufzufassen, wäre in diesem Fall bei positiver Sicht der Dinge sogar etwas Erstrebenswertes, etwas stetig Aus- und Aufbaubares, das nicht die Funktion des Einmauerns, sondern eher die eines tragendes Fundaments einnimmt.
Was meint denn Frau W.I.Kipedia zur Gesamtheit? Nun, sie gibt als Definition für den Begriff folgende Formulierug an: „Ganzheit ist die auf die Vielfalt angewandte Einheit, und die Teile sind die Vielfalt selbst, die von der Einheit totalisiert ist. Einheit in diesem Sinne ist entweder Mitanwesenheit (Nachbarschaft, Nähe, Interaktion, Funktionszusammenhang) oder homologe Einheit (Gleichheit, Ähnlichkeit). Einheit kann aber auch in einer zeitlichen Entwicklung als Kontinuität im Verschiedenen erkannt werden: In verwandelt sich die Raupe zum Schmetterling. Dabei ist die Ganzheit eine Einheit im Werden. In diesem Sinne kann Heraklits panta rhei (gr. „alles fließt“) als Hinweis auf die Einheit im ständigen Wandel verstanden werden.“
Das passt natürlich alles recht gut auf eine Nahbeziehung zwischen zwei Menschen. Sie sind ja zunächst auch verschiedene Individuen mit ganz unterschiedlichem Charakter, Ansprüchen, Vorstellungen usw. und bringen sinnbildlich gesehen ihre ganz persönlichen Pflastersteine in diesen Bund ein und verbinden sie zu einer Gesamtheit.
Nun ist nach langer Vorrede aber auch klar, dass hier nicht allein übers Heiraten gesprochen werden soll ;-). Dies ist ja eigentlich nur der Türöffner für das Verständnis des Bildes. Man kann das alles zugleich wunderbar symbolisch sehen und beispielsweise auf verschiedene historische Ereignisse übertragen, die mit dem 9. November zusammenhängen. Man nennt diesen Tag auch den „Schicksalstag der Deutschen“, da er gleich mehrere einschneidende Geschehnisse von großer Tragweite in sich vereint. http://de.wikipedia.org/wiki/9._November_(Deutschland) „Als besonders gravierend für die zeitgenössische öffentliche Diskussion in der rückwirkenden Betrachtung gelten dabei - beginnend in der jüngeren Vergangenheit - die Jahrestage des Mauerfalls 1989, des Beginns der Novemberpogrome 1938, des Hitler-Ludendorff-Putsches 1923 und der Novemberrevolution 1918 in der damaligen Reichshauptstadt Berlin. Diese historischen ‚Schlaglichter’ des deutschen Nationalstaats seit 1871 in je unterschiedlichem Kontext bilden in der Zusammenschau und der Rezeption im Verhältnis zueinander inhaltlich und ideologisch gegensätzliche und polarisierende Höhepunkte der historisch-politischen Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands, insbesondere derjenigen des 20. Jahrhunderts.“
Damit stellt sich vor dem inneren Auge wieder ein Bild mit Pflastersteinen ein, ein Deutschlandbild als Gefüge aus politischen, gesellschaftlichen und historischen Mosaiksteinen im Kontext der Zeit, ganzheitlich und doch stark differenziert in sich selbst. Jede der Veränderungen trug in historischem Bezug den „Wind of Change“ in sich, Wechseljahre, Überlagerungen des Alten durch Neues, das nicht immer zum Besseren führte, von dem wir jedoch zumindest, was den aktuellen Kontext betrifft, hoffen, dass es sich so entwickeln möge. Gewiss waren viele Menschen an der Schwelle zu jeder neuen Epoche der Überzeugung, wenngleich dies nie die ganzheitliche Meinung des Volkes spiegelte, im übertragenen Sinne auch am Ziel der Träume angekommen zu sein, auch wenn dies nicht selten ein war, das sich entweder nicht verwirklichen ließ oder grauenvolle Folgen hatte.
Das verlinkte zwanzigjährige Landmädel, das mir persönlich ein wenig wie eine heftig douglasierte Fastdreißigerin vorkommt ;-), spielt dabei vielleicht sogar eine Doppelrolle. Einerseits assoziiert man mit ihrem 20. Geburtstag vor allem den (Geburts-)Tag des Mauerfalls und zwanzig Jahre Wiedervereinigung, andererseits könnte es symbolisch auch für dieses ganze (deutsche) 20. Jahrhundert stehen, in dem gerade in den 20er Jahren mit der Novemberrevolution und der Ausrufung der Weimarer Republik am 9. November 1918 gravierende Veränderungen im Land geschahen, deren Entwicklung letztlich im Nationalsozialismus mit all seinen Schrecken und Grausamkeiten mündeten, in die auch andere Nationalitäten einbezogen wurden (was den Verband der Pflastersteine wiederum erweiterte und was man heute nach Überwindung dieser Zeit und nach der späteren Überwindung der Teilung Deutschlands sogar, nicht ohne kritische Betrachtung, aber natürlich nicht negativ gesehen, auf Europa bzw. die Globalisierung übertragen könnte).
Nun, möge der symbolische Sieg des Kastanienherzes über die Schere ein dauerhafter, ganzheitlicher sein, auf allen Ebenen, der sich eben nicht nur aus gewissen Interessen einzelner Gruppierungen und aus der Überlegenheit Einzelner, sondern vor allem aus dem Inneren und dem was man eigentlich unter Menschsein und Menschlichkeit versteht, speist. Das wäre ein Ziel der Träume, dem man sich mit seinem Denken und Handeln bedenkenlos anschließen könnte.
Damit noch ein paar Gedanken zur Einstellzeit des Bildes. Auch das können zunächst nur Fragmente sein, da grundsätzlich sehr viel möglich ist, ich für den historischen Bezug jedoch keinen schlüssigen Gesamtbezug sehe.
6:33
1. Nach Summierung der Zahlen links und rechts des Doppelpunktes (je 6) ließe sich hier wiederum die Kreuzfigur finden, die auch bei „Hieros gamos“ bereits thematisiert wurde und die mir beispielsweise auf die zuerst genannte Interpretationsebene anwendbar erscheint.
2. Die Quersumme ergibt „12“ und das lässt mich neben ihrer tieferen Symbolik auch an einen, wenn auch auf einer wahren Geschichte basierenden, so doch recht eigenwilligen Film denken, den ich kürzlich in Bezug auf den Fall der Mauer, Stasi-Aktivitäten und die Versuche späterer Aufarbeitung sah: „12 heißt: Ich liebe dich“. Die Zahl 12 war hier also ein Code für die Anzahl der Buchstaben aus dem Satz „Ich liebe dich.“
3. Die 12 ist allerdings auch grundsätzlich „eine der bedeutendsten Zahlen, förmlich ein Leitmotiv der Bibel, eine Idealzahl ... Es ist ferner die Zahl der Stunden des Tages oder der Nacht, der Monate des Jahres, der Tierkreiszeichen. Als Symbol der universalen Kirche erscheint die Zwölf auch als zweimal sechs (sechs Juden, sechs Heiden) ... Während der Nacht sang man zwölf Psalmen ... die himmlische Stadt Jerusalem ist ganz von der Zwölfzahl bestimmt. Zwölf mal Zwölftausend ist die Zahl der Auserwählten und damit der Gesamtheit der Heiligen.“ http://www.kunstdirekt.net/Symbole/symbolzahlen.htm
4. Die Zahl „6“ und gegenüberstehend zweimal „3“, mit denen man neben der bekannten Symbolik auch das Hexagramm abbilden kann, wenn man sich zwei Dreiecke versetzt übereinander gelegt vorstellt. Der Stern mit sechs Strahlen ist nicht zuletzt auch das Symbol des Judentums, womit die „33“ als 1933 (Machtergreifung durch die Nationalsozialisten) auch in Bezug auf den 9. November (Einstelldatum des Bildes) symbolisch zu sehen wäre.
5. Die „33“ als Zahl der Lebensjahre Jesu ... und, worauf mich die Rosenblätter und der Bezug zu Italien brachten ... Dantes „Göttliche Komödie“, in der die Zahl „33“ auch eine nicht unwesentliche Rolle spielt sowie seiner feierlichen Wiederbegegnung mit der in einer Wolke von Blumen herabschwebenden Beatrice ...
Abschließend der Blick auf ein Buch von Thomas Rosenlöcher, sein 'Dresdner Tagebuch' aus der Wendezeit. Es trägt den schönen wie zum Bild passenden Titel "Die verkauften Pflastersteine" ;-). Und wie man es bereits vermuten wird, so ist es auch mir damals zu Ohren gekommen, wurde das schöne Kopfsteinpflaster zu DDR-Zeiten in ostdeutschen Städten "entnommen", um gegen Devisen in den Westen zu gelangen und dort schöne Plätze zu schmücken ;-). So wird auch manch ein Ostdeutscher gedacht haben:
"Ach, wäre ich ein Pflasterstein,
Ich könnte längst im Westen sein."
Heute kann man es gesamtheitlich sehen. Die Pflastersteine sind ja zumindest in Deutschland geblieben.
Man könnte nun noch eine Weile weiterdenken und käme wohl auf weitere mögliche Bezugspunkte einer ganzheitlichen bildtheoretischen Betrachtung ... .
Kerstin
Ernst P. 11/11/2009 20:50
Kreatives Foto.Gruß Ernst P.
Adrian K 10/11/2009 23:44
Lieber Eckhrard, nicht die Menschen auf der Straße haben die Diktatur zu Fall gebracht (DDR, Polen, Ungarn, etc), sondern die Diktatur hatte keine Existenzgrundlage mehr! Aber die schöne Variante hat was.Sicherlich war die Perestroika der Anfang vom Ende und Gorbatchov wurde dafür im eigenen Lande auf die Abschussliste gesetzt. Mit seiner Politik ging doch schließlich die UDSSR zu Bruch.Den Papst habe ich „eingebaut“ weil ich mit Rom nichts anfangen konnte ;-)
Die Worte hatte er bereits 1979 in Warschau ausgesprochen, damit hat er auf die „falsche Religion“ (sprich: gotloser Sozialismus ) gezielt. Und der Glaube kann bekanntlich Berge versetzen.
Ach ja, dein Bild hat etwas vom "Rundem Tisch", auch wenn dieser in der DDR rechteckig war ;-)
http://de.wikipedia.org/wiki/Runder_Tisch#DDR_1989.2F1990
Gruß, Adrian
Benita Sittner 10/11/2009 17:15
....ein schönes Erinnerungsfoto für eine Hochzeit die ich in dieser Kirche mal miterlebt habe....als Rombesucher...es hat niemanden gestört...und es war wunderschön....an diesem Tag war ich am Trevi...10.10.09 ...LG BenitaAdrian K 10/11/2009 10:40
Tatsächlich wurde damals viel am Tisch entschiedenDas Volk hatte danach auch
Der Papst hatte natürlich sein Segen gegeben und zuvor schon ausgesprochen:
„Auf dass der Heilige Geist auf die Erde komme und das Land, dieses Land, erneuere”
Und dann wurde alles gemeinsamer
Grüße , Adrian
† werner weis 09/11/2009 20:27
neben Rosenblättern und Reis leuchten hier und da unbekannte Teile
sie leuchten freundlich
sie werden ihren Sinn haben
die hier feierten, sie feierten glücklich
das Pflaster ist bedeutend und dabei doch eigentlich schlicht
nach dieser Feier hat es Majestät
Kerstin Stolzenburg 09/11/2009 18:15
Lieber Eckhard, das Bild als solches ist von beeindruckender Schönheit! Manche der roten Blütenblätter haben sogar die Form von Herzen. Die ausführliche Besprechung kommt nach dem eingehenderen Befassen mit dem Bild.Kerstin
Carsten Mundt 09/11/2009 9:04
Nun, lieber Eckhard, es wurden Blumen verstreut, Sektkorken knallten, Jubel wurde laut.Die Blütenreste deuten darauf hin, dass die Feier jetzt vorbei ist.
In gewisser Weise stimmt das wohl auch, 20 Jahre später, in denen viel passierte und in denen es auch viele Schwierigkeiten zu meistern galt und noch zu meistern gilt.
Dennoch, es hat sich viel getan, und das Positive überwiegt doch, so dass uns am heutigen Tag ruhig
ein wenig feierlich zumute sein darf.
lg Carsten