zunächst einmal ist das Bild als Komposition aus bemalter Glasscheibe und Betonwand, aus Vorder- und Hintergrund, ein inhaltlich sehr interessantes und fotografisch eindrucksvoll umgesetztes Kunstwerk, das mir schon aus diesem Grund sehr gefällt, mich aufgrund der Kunstform, des angedeuteten Malstils, der gewiss irgendwo zwischen Expressionismus, Abstrakter Malerei, Dada, ein wenig Surrealismus und wieder Abstraktem Expressionismus liegt, allerdings auch permanent schwanken lässt. Irgendwie kann ich mich nicht recht entscheiden, will es vielleicht auch nicht, da das Bild ja auch eigenständig wirken darf, mehrere Betrachtungsebenen enthält, und tendiere doch vielleicht am ehesten zum Action Painting, zumindest was den vordergründig erkennbaren Stil betrifft.
Kandinsky, vielleicht Miro, auch ein wenig Chagall sehe ich hier natürlich auch. Trotzdem war mein allererster Eindruck, noch bevor ich deine Antworten auf die Anmerkungen der Fotofreunde las, der von einem Jackson Pollock und der von ihm angewandten Dripping-Technik ;-). Es gibt einige Bilder von ihm, die diesem hier erstaunlich ähnlich sind.
Gerade das eigentlich so Gegensätzliche, das in diesem Bild mit Vorder- und Hintergrund auf einer Ebene vereint scheint, spiegelt in meiner Vorstellung sehr schön das Widersprüchliche, auch das Miteinander von Körper und Seele, das Pollock in seinen Bildern u.a. darstellen wollte. Die von Dir unter dem Hauptbild verlinkten Aufnahmen, aber auch die Einstellzeit des Bildes, die mit etwas Phantasie und Rechnerei links und rechts des Doppelpunktes jeweils Zehn ergibt und somit wie eine Spiegelung bzw. auch wie zwei gleichstarke Partner oder Gegner wirkt, ließen sich für eine Untermauerung dieser These heranziehen.
Aber natürlich kann man es auch ganz anders sehen. Ich kann das Bild mühelos aus einem anderen Blickwinkel betrachten und dann ist es nicht nur ein interessantes, sondern zugleich und vor allem ein berührendes und recht romantisches Bild, trotz oder sogar aufgrund der nicht gleich deutlich werdenden abstrakten Darstellung des Gemeinten. Ich mache in dem hoffnungsvollen jungen Grün in der Tat eine Kuh oder zwei Kühe aus, die dort umherspringen und sich, aus der Enge des Stalls und des Winters befreit, das junge Jahr und eine beginnende herrliche Zeit vor Augen, des Lebens erfreuen. Das kann man nun natürlich auch symbolisch sehen. Dazu passt ganz wunderbar das Gedicht von Max Dauthendey. Zusammen ergibt das eine sehr anrührende Komposition. Ich habe, durch sie inspiriert, in den letzten Tagen zwischendurch immer wieder einmal in der Lyrik Dauthendeys gelesen, die in ihrer Farbigkeit und Wortästhetik ein großer Genuss ist und die ich bislang gar nicht kannte! „Mit der farbigen Bildersprache der frühen Werke setzte Dauthendey sich vom Naturalismus ab und ging mit seiner Sprachdynamik und teilweise radikalen Abstraktion der späteren Werke auch über die impressionistischen Gestaltungsmittel hinaus, so dass er als einer der Vorläufer des literarischen Expressionismus gelten kann.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Dauthendey Auf der nachfolgend verlinkten Internetseite kann man auch ausgiebig in seinen Werken stöbern. http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=19&autorid=118
Den Inhalt expressionistischer und vor allem stark abstrahierender Bilder exakt deuten zu wollen, ihn ins Gegenständliche zurückzuholen, ist grundsätzlich und je nach Entwicklungsrichtung in diesem Bereich gewiss sehr schwierig bis fast unmöglich und widerspräche vielleicht auch ein wenig der Auffassung, die man mit diesen Kunstrichtungen verbindet.
Die Entstehung der sogenannten Abstrakten Malerei schreibt man bekanntlich Kandinsky zu - auch wenn es noch andere Maler gegeben haben mag, die sich parallel oder sogar etwas früher mit entsprechenden Ideen auseinandersetzten, so auch Adolf Hölzel - wie im Link nachzulesen ist, malte er sein erstes abstraktes Bild vier Jahre vor Kandinsky -, insofern ist dein Bild natürlich auch eine wunderbare Hommage an Kandinsky und seine Verdienste.
Aus der Abstrakten Malerei bildeten sich bald zwei Hauptströmungen heraus: zum einen die vom Expressionismus kommende, überwiegend emotional geprägte und später gestische 'Freie Malerei', bei der die völlige Ablösung vom Gegenständlichen angestrebt wurde; zeitgleich entwickelte sich eine vom Kubismus beeinflusste, eher intellektuelle, geometrisierende Abstrakte Kunst, eine Tendenz, die sich später zur "Post-Painterly Abstraction" weiterentwickelte. Dort entstanden geometrische Formen, oft ohne jede persönliche Handschrift des Malers. Die Farbfeldmalerei, für die dein verlinktes Foto „Virens (5)“ u.a. steht, folgte in dieser Entwicklung.
Gemeinsam war beiden Strömungen jedoch gerade die Überwindung einer wirklichkeitsbezogenen Darstellung. Sichtbar gemacht werden sollte vor allem die Innenwelt, das eigentlich Nichtsichtbare. Dabei wurden die Mittel der Umsetzung wichtig; Farben, Formen und Linien, Struktur und Komposition traten in den Vordergrund. Expressionistische Malerei ist ja zuallererst einmal Ausdruckskunst. Es wurden Gefühle und Gedanken gezeigt, ungestört von Norm und Regeln gegenständlicher Darstellung. Paul Klee sagte einmal zum Expressionismus: „Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“. Es ging um das Innere, um die Seele, um das Ausdrücken subjektiver Auffassungen und Eindrücke oder auch um das Innere des Gegenstandes.
„Die Künstler in dieser Zeit sind nach innen gerichtet. Ihr Leben ist ein Kampf mit dem Irrsinn. Sie sind zerrissen, zerstückt, zerhackt, falls es ihnen nicht glückt, für einen Moment in ihrem Werke das Gleichgewicht, die Balance, die Notwendigkeit und Harmonie zu finden. Die Künstler in dieser Zeit schmücken nicht Jagdzimmer aus wie in der Renaissance. Sie erzählen nicht Märchen wie im Rokoko, es fehlt ihnen sogar der Anlass zur Vergöttlichung, wie die Gotik und die frühe Renaissance ihn fanden. Die stärkste Verwandtschaft haben ihre Werke noch mit den Angstmasken der primitiven Urvölker, den Pest- und Schreckensmasken der Peruaner, Australier und Neger. Die Künstler in dieser Zeit sind der Welt gegenüber Asketen ihrer Geistigkeit. Sie führen ein tief verschollenes Dasein. Sie sind Vorläufer, Propheten einer neuen Zeit. Ihre Werke tönen in einer nur erst ihnen bekannten Sprache. Sie stehen im Gegensatz zur Gesellschaft wie die Ketzer des Mittelalters. Ihre Werke philosophieren, politisieren, prophezeien zugleich. Sie sind Vorläufer einer ganzen Epoche, einer neuen Gesamtkultur. Man versteht sie schwer und nur dann, wenn man die innere Basis ändert, wenn man bereit ist, zu brechen mit der Tradition eines Jahrtausends. Man versteht sie nicht, wenn man an Gott glaubt statt an das Chaos. Die Künstler in dieser Zeit wenden sich gegen sich selbst und gegen die Kunst. Auch die letzte, bisher unerschüttertste Basis wird ihnen Problem. Wie können sie noch nützlich sein, oder versöhnlich, oder beschreibend oder entgegenkommend? Sie lösen sich ab von der Erscheinungswelt, in der sie nur Zufall, Unordnung, Disharmonie wahrnehmen. Sie verzichten freiwillig auf die Darstellung von Naturalien, die ihnen von allem Verzerrten das Verzerrteste scheinen. Sie suchen das Wesentliche, Geistige, noch nicht Profanierte, den Hintergrund der Erscheinungswelt, um dies, ihr neues Thema, in klaren, unmissverständlichen Formen, Flächen und Gewichten abzuwägen, zu ordnen, zu harmonisieren. Sie werden Schöpfer neuer Naturwesen, die kein Gleichnis haben in der bekannten Welt. Sie schaffen Bilder, die keine Naturnachahmung mehr sind, sondern eine Vermehrung der Natur um neue, bisher unbekannte Erscheinungsformen und Geheimnisse. Das ist der sieghafte Jubel dieser Künstler, Existenzen zu schaffen, die man Bilder nennt, die aber neben einer Rose, einem Menschen, einem Abendrot, einem Kristall gleichwertigen Bestand haben.
Das Geheimnis der Kubisten ist der Versuch, die Konvention der Leinwandfläche zu brechen, sie setzten auf die Leinwandfläche eine und mehrere imaginäre Flächen, die sie als Basis nahmen. Das ganze Geheimnis Kandinskys ist, daß er als der Erste und radikaler als die Kubisten alles Gegenständliche als unrein ablehnte und auf die wahre Form, den Klang der Dinge, ihre Essenz, ihre Wesenskurve zurückging. In Picasso, dem Faun, und in Kandinsky, dem Mönch, hat unsere Zeit ihre stärksten künstlerischen Nenner gefunden. Bei Picasso die Finsternis, das Grauen und die Qual der Zeit, ihre Askese, ihre infernalische Fratze, ihr tiefes Leiden, ihr Stöhnen und Grollen, ihre Hölle und namenlose Trauer, ihr Leichengesicht und den schwarzen Schmerz. Bei Kandinsky ihr Jubel, ihr Festtaumel, ihr Himmelssturm, ihre Erzengelfuge, ihre bunten Donquichoterien, ihre blauroten Marseillaisen, ihr Untergang gesegnet, ihr Aufschwung ein Cherubinenflug von gelb-blauen Fanfaren ins Unendliche gerufen.“ (Quelle: Hugo Ball: „Schriften zum Theater, zur Kunst und Philosophie“) http://www.textlog.de/39028.html
Und so kann man die Kuh oder die Kühe - ich könnte neben den schwarzweißen auch eine Herde grüner Kühe am oberen Bildrand ausmachen -, die sich - eben im Frühling - gerade auf dem Almauftrieb befinden, als Kuh oder Kühe sehen, aber eben vielleicht auch etwas Anderes in ihnen entdecken. Die Kuh ist in der Kunst allerdings an sich schon einmal ein schönes Thema. ;-)
Kühe bzw. ihre Vorfahren und Verwandten zählen bekanntlich zu den frühesten Motiven in der Kunst überhaupt und sind deshalb gewiss auch symbolisch für einen Frühling, für einen Beginn in diesem Bereich des kreativen Schaffens aufzufassen. Du hattest diesbezüglich bereits einen schönen Link angeboten. Hier kommt ein weiterer: http://www.onlinekunst.de/rinder/01_eingang.html Die Bilderfolge auf der Internetseite belässt es aber nicht bei diesem Frühling. Sie zeigt eine Entwicklung auf, eine Veränderung im Hinblick auf angewandte Techniken und Strukturen, ein Variieren hinsichtlich der Bildinhalte, der Aussagen, Wünsche und Vorstellungen, die man zu ganz verschiedenen Zeiten in ganz unterschiedlicher Weise mit ihnen verband. Gezeigt werden Szenen des Dankes für eine geglückte Jagd, mystische Vorstellungen, die Anrufung übernatürlicher Kräfte und Zauber, die Übertragung menschlicher Konturen auf das Vor-Bild - hier auf das eines wilden, unbezähmbaren Bisons - http://www.onlinekunst.de/rinder/400_portrait_frueh.jpg , Tiere als Sinnbild religiöser Darstellungen bis hin zu kritischen Beurteilungen gesellschaftlich-moralischer Themen, wie man sie hinsichtlich artgerechter Tierhaltung und -transporte oder dem Rinderwahn, seinen Auslösern und seinen Folgen diskutierte.
Die angesprochenen Entwicklungen kann man auch auf die Kunst übertragen, die das zur Diskussion gestellte Bild darstellen will.
Der im übertragenen Sinne, in Form krankhafter psychischer Beeinträchtigungen und seelischer Störungen beim Menschen einerseits, aber auch bewusst herbeigeführte Sinneserweiterungen und hatten und haben auf eine Vielzahl von Künstlern eine anziehende Ausstrahlung, von der man sich für die eigenen Arbeiten neue Impulse und Ausdrucksformen erhoffte. Erst kürzlich diskutierten wir unter meinem Bild „Das Innere der Sicht“ die Thematik des Surrealismus; aber auch die Künstler des Expressionismus nutzten die Impulse, die das Irre bzw. das, was man mit diesem Begriff im Allgemeinen verband, bot, um die auf dieser Basis entstandenen Ideen umzusetzen. Dies fand natürlich nicht nur in der Bildenden Kunst statt, die man bei solchen Überlegungen meist primär im Auge hat, sondern auch in musikalischer und literarischer Form. Ein Beispiel wäre vielleicht auch Georg Heims Werk „Der Irre“: http://www.grin.com/e-book/71064/die-darstellung-und-darstellungsperspektivitaet-des-wahnsinns-in-georg Dies aber nur am Rande, da auch das eine Entwicklungsform darstellt, die in das Stadium des Expressionismus, wie er hier in fotografischer Auffassung gezeigt wird, durchaus mit hineinspielen könnte.
Ganz gleich jedoch, für welchen Maler und für welchen Malstil man sich in diesem Kontext nun entscheidet, wesentlich ist wohl, dass es möglich und von Kandinsky beispielsweise sogar gewollt ist, in diesem scheinbaren Chaos aus Farben und Formen, Linien und Flächen Zeichen und Strukturen zu erkennen, die aus dem wilden Durcheinander das zunächst auf einen einstürmt, bei genauerem Betrachten doch eine gewisse Ordnung entstehen lassen. „In seiner theoretischen Schrift stellt Kandinsky den Kosmos als Einheit aus vielen kleineren Bausteinen dar, die durch eine Weltenseele miteinander verbunden sind. Der Punkt ist die innerlich und äußerlich knappste Form und Urelement der Grafik, da er das erste Zusammentreffen von Werkstoff auf Arbeitsmaterial darstellt. Wird der Punkt bewegt, wird er zur Linie. Aus der Anordnung von Punkten und Linien zueinander folgt eine Änderung der Bildspannung (Kandinsky verwendet Bewegung synonym zu Spannung), was ein bestimmtes Gefühl evoziert, z.B. bei der krummen Linie Angespanntheit durch die spitze, scharfe Form, die auch einen hohen Ton versinnbildlicht. Kandinskys Bestreben zur Synästhesie wird darin deutlich. Formen stellen gleichzeitig Klänge dar, die durch die bestimmte Verwendung von Farben unterstrichen werden.“ http://www.portalkunstgeschichte.de/kunstgeschehen/?id=2918&PHPSESSID=qkwqhwgw
Kunstwerke allein optisch auf sich wirken zu lassen, wird also zwar zu einem ästhetischen Genuss führen können und auch zu einem subjektiven Empfinden; oft kann man Bildintentionen, wenn der Künstler solche hatte, jedoch erst erkennen und für sich nutzbar machen, wenn man sich mit der Zeitgebundenheit seiner Schaffensperiode auseinandersetzt und auch theoretische Überlegungen und Entwicklungen, wie Kandinsky sie beispielsweise hatte, in die Bildbetrachtungen mit einbringt. Wie Kandinsky sah auch Hölzel beispielsweise die Notwendigkeit der Strukturierung in der Kunst und entwickelte daraus eine Lehre, die er seinen Schülern vermittelte. Er war auf der Suche nach verlorengegangenen Gestaltungs- und Harmoniegesetzen: "Alle künstlerische Arbeit ist das Erschaffen und Wiederausgleichen von Gegensätzen. Das Endziel ist Harmonie." http://www.erich-seidel.de/hintergrund3.html „Von enormer Bedeutung auf die Architektur des Bildes ist deshalb der goldene Schnitt. Goerringer, der Erfinder des 'Goldenen Zirkels' 1860 -1893 sagt von ihm: 'Das ist die Sprache, in der die Jahrtausende zueinander reden'. Die höchsten Schöpfungen der Kunst verlieren niemals ihre Wirkung auf das Auge, weil in ihrer "Schönheit" immer dieses große kosmische Gesetz wirksam ist, das, meist unbewusst, in jedem Menschen lebt, sein Schönheitsempfinden leitet und deshalb auch bis ins Alltagsleben hinüberspielt. Der ebenmäßig gebaute menschliche Körper in allen seinen Teilen bis ins kleinste, das Tier und die Pflanze sind nach den Maßen des goldenen Schnittes erschaffen. Der Mensch empfindet sich als Maß aller Dinge, deshalb befriedigt es ihn, wenn er seine eigenen Maße in der Umwelt wiederfindet, er nennt sie schön.“
Damit könnte man auch noch einmal einen Blick auf die Zahlensymbolik der Einstellzeit des Bildes werfen. Links und rechts neben dem Doppelpunkt erscheint die Zahl Zehn, rechts nach Addition von zwei mal Fünf. Die Zehn ist die Zahl der Ordnung, der Vollkommenheit, das Ziel: sie endete die Reihe der einstelligen Zahlen, heiligte die Fünfzahl des menschlichen Mikrokosmos durch Verdoppelung (lat. V + V = X; das grch. X als Teil des Christusmonogramms XP galt als Machtsymbol). In der Zehn verbindet sich die Dreizahl Gottes mit der Siebenzahl des Menschen (der aus vier leiblichen Elementen und drei Seelenkräften besteht) usw.. http://u0028844496.user.hosting-agency.de/malexwiki/index.php/Zahlensymbolik
Zahlensymbolik und Goldener Schnitt spielten auch im Werk Bachs eine große Rolle. http://www.berchtesgaden-evangelisch.de/verwaltung/uploads/kimu/20090719_h-moll-messe3.pdfhttp://www.musikgeschichte.at/grassl-vonvorneherein.pdf
Die Stücke dieses genialen Musikers scheinen in ihrer Art perfekt und zeichenhaft durchkomponiert zu sein. Aber auch bei Bach, wie beispielsweise bei Pollock, Kandinsky und Hölzel im Bereich der Bildenden Kunst oder Dauthendey in der Literatur lassen sich diesbezüglich Erkenntnisse und Entwicklungen nachweisen, die sie mit der Zeit gewinnen konnten, die anderen Künstlern, wie Hermann Stenner beispielsweise, leider nicht vergönnt waren, die jedoch all diese Kunstrichtungen, auch in ihrer für sie typischen Eigenständigkeit wiederum einen. Gerade die sechs Brandenburgischen Konzerte könnte man sinnbildlich - mit Blick auf den Titel deines Bildes - noch im Frühling der Schaffenszeit Bachs ansiedeln. Als Laie betrachtet, haben sie wohl weder als Einzelkonzerte direkt miteinander zu tun, noch dürfte der Komponist das Akustische hier bereits in intensiver Form mit Zahlen versinnbildlicht und mathematisch unterlegt haben wie einige seiner späteren Werke.
Schüler von Hölzel war Emil Nolde, der mit Schmidt-Rottluff in der Künstlergruppe "Brücke" wirkte. Und Schmidt-R. wohnte in Chemnitz- Rabenstein, dann in Rottluff. Es war eine neue sicht auf die Welt, weg vom Akademismus. Der betrachter wollte auch seine eigene Phantasie einbringen, nicht nur antizipieren.
Deshalb stelle ich dies Motiv hier ein, seine Geschichte steht dabei, lieber Eckhard. vG Gert
Hallo, huppla, hoppla, nee, Haplologie. Ach so haplogisch!
Hap von Happen und Logisch von Logos, das Wort.
Happen nach Worten - oder so ähnlich funktionieren doch die 'Tags' die wir hier zu sehen bekommen.
Und da sind wir dann auch wort(logisch)wörtlich beim Thema:
Das Bild ein 'Happen' aus einer Bushaltestelle.
Happen wiederum ist Englisch, ein Verb, und lässt sich mit geschehen übersetzen. Oder 'happening' also ein Kustgeschehen bei dem die Hauptdarstellerin fehlt – nämlich die Kuh.
(Sie wurde wahrscheinlich, die Römer kennend, weggehappt – ganz nach den Gesetzen der Hapolologie).
Was unklar bleibt wieso die Scheibe einer Betonwand verdammt ähnlich aussieht.
Auch etwas problematisch, da ist das Wort 'Riot' - mir ist eher spaßig - ich hoffe das ist OK?
Lieber Eckhard, ich bin noch etwas sprachlos. Mir ist so eine ... (na ja, ich will nicht unhöflich sein) in das Auto gefahren und hat es ziemlich kaputt gemacht. Danke Dir; Dein Bild mit Titel und Gedicht hat mir das ärgerliche Ereignis etwas nachvollziehbarer gemacht. Nun breitet sich ein großer Strom von Verständnis über mich aus! :-) oder doch besser :-(
Gruß KD
Lieber Eckhard, ich habe meine Kandinsky-Kuh-Blindheit schon dem langen Winter zugeschrieben aber nun doch in einer Deiner Anmerkungen entdeckt, daß sie Deiner Spontanität entsprungen sind; welch ein Glück! Selbstzweifel hatten mich bereits erfaßt!
Als abstraktes Plakat finde ich es gut gelungen und Panda, Blauwal und Qualle sehe ich nun auch!
Die Farben empfinde ich zumindest als visuellen Genuß gegenüber meinem immer noch weißen Vorgartenblick! Aber Schnee ist ja wohl auch eine Kunst und wie Du schon sagst: Kunst ist eben vieldeutig! Dir aber nun einen eindeutigen erholsamen Nachmittag; ganz lieben Gruß von Liesel
Kerstin Stolzenburg 14/03/2010 14:29
Lieber Eckhard,zunächst einmal ist das Bild als Komposition aus bemalter Glasscheibe und Betonwand, aus Vorder- und Hintergrund, ein inhaltlich sehr interessantes und fotografisch eindrucksvoll umgesetztes Kunstwerk, das mir schon aus diesem Grund sehr gefällt, mich aufgrund der Kunstform, des angedeuteten Malstils, der gewiss irgendwo zwischen Expressionismus, Abstrakter Malerei, Dada, ein wenig Surrealismus und wieder Abstraktem Expressionismus liegt, allerdings auch permanent schwanken lässt. Irgendwie kann ich mich nicht recht entscheiden, will es vielleicht auch nicht, da das Bild ja auch eigenständig wirken darf, mehrere Betrachtungsebenen enthält, und tendiere doch vielleicht am ehesten zum Action Painting, zumindest was den vordergründig erkennbaren Stil betrifft.
Kandinsky, vielleicht Miro, auch ein wenig Chagall sehe ich hier natürlich auch. Trotzdem war mein allererster Eindruck, noch bevor ich deine Antworten auf die Anmerkungen der Fotofreunde las, der von einem Jackson Pollock und der von ihm angewandten Dripping-Technik ;-). Es gibt einige Bilder von ihm, die diesem hier erstaunlich ähnlich sind.
Gerade das eigentlich so Gegensätzliche, das in diesem Bild mit Vorder- und Hintergrund auf einer Ebene vereint scheint, spiegelt in meiner Vorstellung sehr schön das Widersprüchliche, auch das Miteinander von Körper und Seele, das Pollock in seinen Bildern u.a. darstellen wollte. Die von Dir unter dem Hauptbild verlinkten Aufnahmen, aber auch die Einstellzeit des Bildes, die mit etwas Phantasie und Rechnerei links und rechts des Doppelpunktes jeweils Zehn ergibt und somit wie eine Spiegelung bzw. auch wie zwei gleichstarke Partner oder Gegner wirkt, ließen sich für eine Untermauerung dieser These heranziehen.
Aber natürlich kann man es auch ganz anders sehen. Ich kann das Bild mühelos aus einem anderen Blickwinkel betrachten und dann ist es nicht nur ein interessantes, sondern zugleich und vor allem ein berührendes und recht romantisches Bild, trotz oder sogar aufgrund der nicht gleich deutlich werdenden abstrakten Darstellung des Gemeinten. Ich mache in dem hoffnungsvollen jungen Grün in der Tat eine Kuh oder zwei Kühe aus, die dort umherspringen und sich, aus der Enge des Stalls und des Winters befreit, das junge Jahr und eine beginnende herrliche Zeit vor Augen, des Lebens erfreuen. Das kann man nun natürlich auch symbolisch sehen. Dazu passt ganz wunderbar das Gedicht von Max Dauthendey. Zusammen ergibt das eine sehr anrührende Komposition. Ich habe, durch sie inspiriert, in den letzten Tagen zwischendurch immer wieder einmal in der Lyrik Dauthendeys gelesen, die in ihrer Farbigkeit und Wortästhetik ein großer Genuss ist und die ich bislang gar nicht kannte! „Mit der farbigen Bildersprache der frühen Werke setzte Dauthendey sich vom Naturalismus ab und ging mit seiner Sprachdynamik und teilweise radikalen Abstraktion der späteren Werke auch über die impressionistischen Gestaltungsmittel hinaus, so dass er als einer der Vorläufer des literarischen Expressionismus gelten kann.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Dauthendey Auf der nachfolgend verlinkten Internetseite kann man auch ausgiebig in seinen Werken stöbern. http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=19&autorid=118
Den Inhalt expressionistischer und vor allem stark abstrahierender Bilder exakt deuten zu wollen, ihn ins Gegenständliche zurückzuholen, ist grundsätzlich und je nach Entwicklungsrichtung in diesem Bereich gewiss sehr schwierig bis fast unmöglich und widerspräche vielleicht auch ein wenig der Auffassung, die man mit diesen Kunstrichtungen verbindet.
Die Entstehung der sogenannten Abstrakten Malerei schreibt man bekanntlich Kandinsky zu - auch wenn es noch andere Maler gegeben haben mag, die sich parallel oder sogar etwas früher mit entsprechenden Ideen auseinandersetzten, so auch Adolf Hölzel - wie im Link nachzulesen ist, malte er sein erstes abstraktes Bild vier Jahre vor Kandinsky -, insofern ist dein Bild natürlich auch eine wunderbare Hommage an Kandinsky und seine Verdienste.
Aus der Abstrakten Malerei bildeten sich bald zwei Hauptströmungen heraus: zum einen die vom Expressionismus kommende, überwiegend emotional geprägte und später gestische 'Freie Malerei', bei der die völlige Ablösung vom Gegenständlichen angestrebt wurde; zeitgleich entwickelte sich eine vom Kubismus beeinflusste, eher intellektuelle, geometrisierende Abstrakte Kunst, eine Tendenz, die sich später zur "Post-Painterly Abstraction" weiterentwickelte. Dort entstanden geometrische Formen, oft ohne jede persönliche Handschrift des Malers. Die Farbfeldmalerei, für die dein verlinktes Foto „Virens (5)“ u.a. steht, folgte in dieser Entwicklung.
Gemeinsam war beiden Strömungen jedoch gerade die Überwindung einer wirklichkeitsbezogenen Darstellung. Sichtbar gemacht werden sollte vor allem die Innenwelt, das eigentlich Nichtsichtbare. Dabei wurden die Mittel der Umsetzung wichtig; Farben, Formen und Linien, Struktur und Komposition traten in den Vordergrund. Expressionistische Malerei ist ja zuallererst einmal Ausdruckskunst. Es wurden Gefühle und Gedanken gezeigt, ungestört von Norm und Regeln gegenständlicher Darstellung. Paul Klee sagte einmal zum Expressionismus: „Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“. Es ging um das Innere, um die Seele, um das Ausdrücken subjektiver Auffassungen und Eindrücke oder auch um das Innere des Gegenstandes.
„Die Künstler in dieser Zeit sind nach innen gerichtet. Ihr Leben ist ein Kampf mit dem Irrsinn. Sie sind zerrissen, zerstückt, zerhackt, falls es ihnen nicht glückt, für einen Moment in ihrem Werke das Gleichgewicht, die Balance, die Notwendigkeit und Harmonie zu finden. Die Künstler in dieser Zeit schmücken nicht Jagdzimmer aus wie in der Renaissance. Sie erzählen nicht Märchen wie im Rokoko, es fehlt ihnen sogar der Anlass zur Vergöttlichung, wie die Gotik und die frühe Renaissance ihn fanden. Die stärkste Verwandtschaft haben ihre Werke noch mit den Angstmasken der primitiven Urvölker, den Pest- und Schreckensmasken der Peruaner, Australier und Neger. Die Künstler in dieser Zeit sind der Welt gegenüber Asketen ihrer Geistigkeit. Sie führen ein tief verschollenes Dasein. Sie sind Vorläufer, Propheten einer neuen Zeit. Ihre Werke tönen in einer nur erst ihnen bekannten Sprache. Sie stehen im Gegensatz zur Gesellschaft wie die Ketzer des Mittelalters. Ihre Werke philosophieren, politisieren, prophezeien zugleich. Sie sind Vorläufer einer ganzen Epoche, einer neuen Gesamtkultur. Man versteht sie schwer und nur dann, wenn man die innere Basis ändert, wenn man bereit ist, zu brechen mit der Tradition eines Jahrtausends. Man versteht sie nicht, wenn man an Gott glaubt statt an das Chaos. Die Künstler in dieser Zeit wenden sich gegen sich selbst und gegen die Kunst. Auch die letzte, bisher unerschüttertste Basis wird ihnen Problem. Wie können sie noch nützlich sein, oder versöhnlich, oder beschreibend oder entgegenkommend? Sie lösen sich ab von der Erscheinungswelt, in der sie nur Zufall, Unordnung, Disharmonie wahrnehmen. Sie verzichten freiwillig auf die Darstellung von Naturalien, die ihnen von allem Verzerrten das Verzerrteste scheinen. Sie suchen das Wesentliche, Geistige, noch nicht Profanierte, den Hintergrund der Erscheinungswelt, um dies, ihr neues Thema, in klaren, unmissverständlichen Formen, Flächen und Gewichten abzuwägen, zu ordnen, zu harmonisieren. Sie werden Schöpfer neuer Naturwesen, die kein Gleichnis haben in der bekannten Welt. Sie schaffen Bilder, die keine Naturnachahmung mehr sind, sondern eine Vermehrung der Natur um neue, bisher unbekannte Erscheinungsformen und Geheimnisse. Das ist der sieghafte Jubel dieser Künstler, Existenzen zu schaffen, die man Bilder nennt, die aber neben einer Rose, einem Menschen, einem Abendrot, einem Kristall gleichwertigen Bestand haben.
Das Geheimnis der Kubisten ist der Versuch, die Konvention der Leinwandfläche zu brechen, sie setzten auf die Leinwandfläche eine und mehrere imaginäre Flächen, die sie als Basis nahmen. Das ganze Geheimnis Kandinskys ist, daß er als der Erste und radikaler als die Kubisten alles Gegenständliche als unrein ablehnte und auf die wahre Form, den Klang der Dinge, ihre Essenz, ihre Wesenskurve zurückging. In Picasso, dem Faun, und in Kandinsky, dem Mönch, hat unsere Zeit ihre stärksten künstlerischen Nenner gefunden. Bei Picasso die Finsternis, das Grauen und die Qual der Zeit, ihre Askese, ihre infernalische Fratze, ihr tiefes Leiden, ihr Stöhnen und Grollen, ihre Hölle und namenlose Trauer, ihr Leichengesicht und den schwarzen Schmerz. Bei Kandinsky ihr Jubel, ihr Festtaumel, ihr Himmelssturm, ihre Erzengelfuge, ihre bunten Donquichoterien, ihre blauroten Marseillaisen, ihr Untergang gesegnet, ihr Aufschwung ein Cherubinenflug von gelb-blauen Fanfaren ins Unendliche gerufen.“ (Quelle: Hugo Ball: „Schriften zum Theater, zur Kunst und Philosophie“) http://www.textlog.de/39028.html
Und so kann man die Kuh oder die Kühe - ich könnte neben den schwarzweißen auch eine Herde grüner Kühe am oberen Bildrand ausmachen -, die sich - eben im Frühling - gerade auf dem Almauftrieb befinden, als Kuh oder Kühe sehen, aber eben vielleicht auch etwas Anderes in ihnen entdecken. Die Kuh ist in der Kunst allerdings an sich schon einmal ein schönes Thema. ;-)
Kühe bzw. ihre Vorfahren und Verwandten zählen bekanntlich zu den frühesten Motiven in der Kunst überhaupt und sind deshalb gewiss auch symbolisch für einen Frühling, für einen Beginn in diesem Bereich des kreativen Schaffens aufzufassen. Du hattest diesbezüglich bereits einen schönen Link angeboten. Hier kommt ein weiterer: http://www.onlinekunst.de/rinder/01_eingang.html Die Bilderfolge auf der Internetseite belässt es aber nicht bei diesem Frühling. Sie zeigt eine Entwicklung auf, eine Veränderung im Hinblick auf angewandte Techniken und Strukturen, ein Variieren hinsichtlich der Bildinhalte, der Aussagen, Wünsche und Vorstellungen, die man zu ganz verschiedenen Zeiten in ganz unterschiedlicher Weise mit ihnen verband. Gezeigt werden Szenen des Dankes für eine geglückte Jagd, mystische Vorstellungen, die Anrufung übernatürlicher Kräfte und Zauber, die Übertragung menschlicher Konturen auf das Vor-Bild - hier auf das eines wilden, unbezähmbaren Bisons - http://www.onlinekunst.de/rinder/400_portrait_frueh.jpg , Tiere als Sinnbild religiöser Darstellungen bis hin zu kritischen Beurteilungen gesellschaftlich-moralischer Themen, wie man sie hinsichtlich artgerechter Tierhaltung und -transporte oder dem Rinderwahn, seinen Auslösern und seinen Folgen diskutierte.
Die angesprochenen Entwicklungen kann man auch auf die Kunst übertragen, die das zur Diskussion gestellte Bild darstellen will.
Der im übertragenen Sinne, in Form krankhafter psychischer Beeinträchtigungen und seelischer Störungen beim Menschen einerseits, aber auch bewusst herbeigeführte Sinneserweiterungen und hatten und haben auf eine Vielzahl von Künstlern eine anziehende Ausstrahlung, von der man sich für die eigenen Arbeiten neue Impulse und Ausdrucksformen erhoffte. Erst kürzlich diskutierten wir unter meinem Bild „Das Innere der Sicht“ die Thematik des Surrealismus; aber auch die Künstler des Expressionismus nutzten die Impulse, die das Irre bzw. das, was man mit diesem Begriff im Allgemeinen verband, bot, um die auf dieser Basis entstandenen Ideen umzusetzen. Dies fand natürlich nicht nur in der Bildenden Kunst statt, die man bei solchen Überlegungen meist primär im Auge hat, sondern auch in musikalischer und literarischer Form. Ein Beispiel wäre vielleicht auch Georg Heims Werk „Der Irre“: http://www.grin.com/e-book/71064/die-darstellung-und-darstellungsperspektivitaet-des-wahnsinns-in-georg Dies aber nur am Rande, da auch das eine Entwicklungsform darstellt, die in das Stadium des Expressionismus, wie er hier in fotografischer Auffassung gezeigt wird, durchaus mit hineinspielen könnte.
Ganz gleich jedoch, für welchen Maler und für welchen Malstil man sich in diesem Kontext nun entscheidet, wesentlich ist wohl, dass es möglich und von Kandinsky beispielsweise sogar gewollt ist, in diesem scheinbaren Chaos aus Farben und Formen, Linien und Flächen Zeichen und Strukturen zu erkennen, die aus dem wilden Durcheinander das zunächst auf einen einstürmt, bei genauerem Betrachten doch eine gewisse Ordnung entstehen lassen. „In seiner theoretischen Schrift stellt Kandinsky den Kosmos als Einheit aus vielen kleineren Bausteinen dar, die durch eine Weltenseele miteinander verbunden sind. Der Punkt ist die innerlich und äußerlich knappste Form und Urelement der Grafik, da er das erste Zusammentreffen von Werkstoff auf Arbeitsmaterial darstellt. Wird der Punkt bewegt, wird er zur Linie. Aus der Anordnung von Punkten und Linien zueinander folgt eine Änderung der Bildspannung (Kandinsky verwendet Bewegung synonym zu Spannung), was ein bestimmtes Gefühl evoziert, z.B. bei der krummen Linie Angespanntheit durch die spitze, scharfe Form, die auch einen hohen Ton versinnbildlicht. Kandinskys Bestreben zur Synästhesie wird darin deutlich. Formen stellen gleichzeitig Klänge dar, die durch die bestimmte Verwendung von Farben unterstrichen werden.“ http://www.portalkunstgeschichte.de/kunstgeschehen/?id=2918&PHPSESSID=qkwqhwgw
Kunstwerke allein optisch auf sich wirken zu lassen, wird also zwar zu einem ästhetischen Genuss führen können und auch zu einem subjektiven Empfinden; oft kann man Bildintentionen, wenn der Künstler solche hatte, jedoch erst erkennen und für sich nutzbar machen, wenn man sich mit der Zeitgebundenheit seiner Schaffensperiode auseinandersetzt und auch theoretische Überlegungen und Entwicklungen, wie Kandinsky sie beispielsweise hatte, in die Bildbetrachtungen mit einbringt. Wie Kandinsky sah auch Hölzel beispielsweise die Notwendigkeit der Strukturierung in der Kunst und entwickelte daraus eine Lehre, die er seinen Schülern vermittelte. Er war auf der Suche nach verlorengegangenen Gestaltungs- und Harmoniegesetzen: "Alle künstlerische Arbeit ist das Erschaffen und Wiederausgleichen von Gegensätzen. Das Endziel ist Harmonie." http://www.erich-seidel.de/hintergrund3.html „Von enormer Bedeutung auf die Architektur des Bildes ist deshalb der goldene Schnitt. Goerringer, der Erfinder des 'Goldenen Zirkels' 1860 -1893 sagt von ihm: 'Das ist die Sprache, in der die Jahrtausende zueinander reden'. Die höchsten Schöpfungen der Kunst verlieren niemals ihre Wirkung auf das Auge, weil in ihrer "Schönheit" immer dieses große kosmische Gesetz wirksam ist, das, meist unbewusst, in jedem Menschen lebt, sein Schönheitsempfinden leitet und deshalb auch bis ins Alltagsleben hinüberspielt. Der ebenmäßig gebaute menschliche Körper in allen seinen Teilen bis ins kleinste, das Tier und die Pflanze sind nach den Maßen des goldenen Schnittes erschaffen. Der Mensch empfindet sich als Maß aller Dinge, deshalb befriedigt es ihn, wenn er seine eigenen Maße in der Umwelt wiederfindet, er nennt sie schön.“
Damit könnte man auch noch einmal einen Blick auf die Zahlensymbolik der Einstellzeit des Bildes werfen. Links und rechts neben dem Doppelpunkt erscheint die Zahl Zehn, rechts nach Addition von zwei mal Fünf. Die Zehn ist die Zahl der Ordnung, der Vollkommenheit, das Ziel: sie endete die Reihe der einstelligen Zahlen, heiligte die Fünfzahl des menschlichen Mikrokosmos durch Verdoppelung (lat. V + V = X; das grch. X als Teil des Christusmonogramms XP galt als Machtsymbol). In der Zehn verbindet sich die Dreizahl Gottes mit der Siebenzahl des Menschen (der aus vier leiblichen Elementen und drei Seelenkräften besteht) usw.. http://u0028844496.user.hosting-agency.de/malexwiki/index.php/Zahlensymbolik
Zahlensymbolik und Goldener Schnitt spielten auch im Werk Bachs eine große Rolle. http://www.berchtesgaden-evangelisch.de/verwaltung/uploads/kimu/20090719_h-moll-messe3.pdf http://www.musikgeschichte.at/grassl-vonvorneherein.pdf Die Stücke dieses genialen Musikers scheinen in ihrer Art perfekt und zeichenhaft durchkomponiert zu sein. Aber auch bei Bach, wie beispielsweise bei Pollock, Kandinsky und Hölzel im Bereich der Bildenden Kunst oder Dauthendey in der Literatur lassen sich diesbezüglich Erkenntnisse und Entwicklungen nachweisen, die sie mit der Zeit gewinnen konnten, die anderen Künstlern, wie Hermann Stenner beispielsweise, leider nicht vergönnt waren, die jedoch all diese Kunstrichtungen, auch in ihrer für sie typischen Eigenständigkeit wiederum einen. Gerade die sechs Brandenburgischen Konzerte könnte man sinnbildlich - mit Blick auf den Titel deines Bildes - noch im Frühling der Schaffenszeit Bachs ansiedeln. Als Laie betrachtet, haben sie wohl weder als Einzelkonzerte direkt miteinander zu tun, noch dürfte der Komponist das Akustische hier bereits in intensiver Form mit Zahlen versinnbildlicht und mathematisch unterlegt haben wie einige seiner späteren Werke.
Kerstin
Gert Rehn 13/03/2010 21:27
Schüler von Hölzel war Emil Nolde, der mit Schmidt-Rottluff in der Künstlergruppe "Brücke" wirkte. Und Schmidt-R. wohnte in Chemnitz- Rabenstein, dann in Rottluff. Es war eine neue sicht auf die Welt, weg vom Akademismus. Der betrachter wollte auch seine eigene Phantasie einbringen, nicht nur antizipieren.Deshalb stelle ich dies Motiv hier ein, seine Geschichte steht dabei, lieber Eckhard. vG Gert
Adrian K 13/03/2010 17:03
Der Tubist spielt das Ochsenkarren-Thema ,http://www.opusklassiek.nl/schilderijen_ed_wennink/moesorgski_schilderijententoonstelling/afbeeldingen/bydlo.jpg
,aber natürlich führen nicht alle Wege nach Rom..., passend zu Deiner Bushaltestelle ;-)
Übrigens, mitte-links sind die Augen der Kuh zu sehen ;-), die ist also doch da...
Gruß, Adrian
Flighty Furrow 12/03/2010 17:58
.Hallo, huppla, hoppla, nee, Haplologie. Ach so haplogisch!
Hap von Happen und Logisch von Logos, das Wort.
Happen nach Worten - oder so ähnlich funktionieren doch die 'Tags' die wir hier zu sehen bekommen.
Und da sind wir dann auch wort(logisch)wörtlich beim Thema:
Das Bild ein 'Happen' aus einer Bushaltestelle.
Happen wiederum ist Englisch, ein Verb, und lässt sich mit geschehen übersetzen. Oder 'happening' also ein Kustgeschehen bei dem die Hauptdarstellerin fehlt – nämlich die Kuh.
(Sie wurde wahrscheinlich, die Römer kennend, weggehappt – ganz nach den Gesetzen der Hapolologie).
Was unklar bleibt wieso die Scheibe einer Betonwand verdammt ähnlich aussieht.
Auch etwas problematisch, da ist das Wort 'Riot' - mir ist eher spaßig - ich hoffe das ist OK?
Adrian K 12/03/2010 12:32
Im Norden:Viele Wolken sorgen zeitweise für Regen. Tagsüber bis 3 Grad und in der Nacht -1 Grad. Der Wind weht frisch aus Westnordwest.
Im Westen:
Ein flächendeckendes Wolkenband am Himmel. Tagsüber bis 5 Grad, in der Nacht -2 Grad. Schwacher Wind aus West.
Im Osten:
Zeitweise regnet es aus dunklen Wolken. Während des Tages bis zu 4 Grad, in der Nacht 0 Grad. Der Wind weht mäßig aus Westnordwest.
Im Süden:
Es bleibt trocken trotz einiger Wolken am Himmel. Während des Tages bis zu 1 Grad, in der Nacht 0 Grad. Der Wind weht schwach aus West.
Lieber Eckhard, es ist noch schweinekalt...
Aber immerhin zeigst Du uns schon eine , zum melken bereite Magd ;-)
Ansonsten passt zu Deiner Pictures at an Exhibition:
http://www2.herforder-kunstverein.de/var/herforder-kunstverein/storage/images/media/bilder/chagall_grossplakat/2385-1-ger-DE/chagall_grossplakat.jpg
oder:
http://images04.olx.pl/ui/4/69/03/62946603_1-Zdjecie-Kupie-konie-i-wszelkiego-rodzaju-bydlo.jpg
http://www.youtube.com/watch?v=3QwTFYVt644&feature=related
;-)
Grüße, Adrian
Karl-Dieter Frost 10/03/2010 22:39
Lieber Eckhard, ich bin noch etwas sprachlos. Mir ist so eine ... (na ja, ich will nicht unhöflich sein) in das Auto gefahren und hat es ziemlich kaputt gemacht. Danke Dir; Dein Bild mit Titel und Gedicht hat mir das ärgerliche Ereignis etwas nachvollziehbarer gemacht. Nun breitet sich ein großer Strom von Verständnis über mich aus! :-) oder doch besser :-(Gruß KD
† liesel47 09/03/2010 16:46
Lieber Eckhard, ich habe meine Kandinsky-Kuh-Blindheit schon dem langen Winter zugeschrieben aber nun doch in einer Deiner Anmerkungen entdeckt, daß sie Deiner Spontanität entsprungen sind; welch ein Glück! Selbstzweifel hatten mich bereits erfaßt!Als abstraktes Plakat finde ich es gut gelungen und Panda, Blauwal und Qualle sehe ich nun auch!
Die Farben empfinde ich zumindest als visuellen Genuß gegenüber meinem immer noch weißen Vorgartenblick! Aber Schnee ist ja wohl auch eine Kunst und wie Du schon sagst: Kunst ist eben vieldeutig! Dir aber nun einen eindeutigen erholsamen Nachmittag; ganz lieben Gruß von Liesel