Lieber Eckhard, zur Mauerthematik fand ich auf der Internetseite des DLF einen interessanten Hinweis auf eine - scheinbar neu eingerichtete - überaus lesenswerte und umfangreiche Dokumentation unter der Bezeichnung "Chronik des Mauerbaus". http://www.dradio.de/wir/kooperation/595133/
Unter anderem findet man hier Briefe und Dokumente, die man in dem Umfang und in der Form vorher nicht einsehen konnte. Anbei ein Beispiel vom 12. August 1961: "Befehl des Ministers des Innern, Karl Maron, zu den Aufgaben des Präsidiums der Volkspolizei Berlin zur verstärkten Sicherung der Grenze in Berlin, 12. August 1961"
Der Text ist abrufbar unter: http://www.chronik-der-mauer.de/index.php/de/Start/Detail/id/593839/page/2
Kerstin
Selbst "Hunger auf Durst" sollte uns nicht verleiten das Entschleunigungsprinzip ausgerechnet jetzt & hier 'einzupaken'. In diesem Sinne erwarte ich deine Antwort mit Geduld und Muße. Ich wollte mich sowieso noch umschauen bei
A - Weil man des Anblicks (des 'einzupackenden') überdrüssig ist, es einem nicht mehr ansteht, gefällt, passt oder gar zuwider geworden ist?
B – Weil es uns im Glauben bekräftigt, dass wir kreativer Natur sind?
So hat Andy Warhol das Sammeln zur Kunstform erhoben: Mehr als 30 Jahre seines Küstlerlebens (von 1974 bis zu seinem nicht-künstlichen Tod in 1987) sammelte er Gegenstände, die sich in seinem Küstleralltag wiederfanden und verpackte sie in Umzugskisten (die der Einfachheit halber direkt neben seinem Arbeitsbüro standen). War eine Kiste voll wurde sie kunstgerecht versiegelt und in sein Privatarchiv verschickt. Kunstvoll gelang es ihm so ganze 613 sogenannter "Time Capsules" zu füllen.
C - Oder ist es die Freude am 'auspacken'?
Wenn auch ein bischen spät?
(Übrigens: In einem wissenschaftlich großangelegtem Projekt wurden auch alle 613 "Time Capsules" der Reihe nach ausgepackt, katalogisiert & aufgearbeitet, so dass sie nun wertvoll 'ausgepackte' Ausstellungstücke sind.
D - Um etwas Wertvolles zu bewahren oder es hervorzuheben?
Ich denke dabei spontan an einen Sarg, Geschenkpapier, an Leichentücher, einen Briefumschlag, einen in Worte (ein)gepackten Gedanke, oder auch an die
E - Weil wir eine oder gar 'die' Antwort nicht finden können?
Zum Beispiel wird in manch einem Kommentar die Frage "Was ist Kunst" wieder 'ausgepackt'. Andy Warhol meinte zu diesem Thema in einem Interview (in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift "The Interview") "Everybody will be famous for 15 Minutes in ones life".
Wobei einige das künstlerische Talent haben, dass wenn sie zum Beispiel etwas 'einpacken' es mit so viel künstlerischer Begabung machen, dass sie immer wieder aufs neue gebeten werden dieses Kunststück zu wiederholen: Siehe Christo. Es ist dabei ganz im Sinne dieser Kunst, das der Preis solcer Künstwerke steigt. Auch das ist ein wahrhaftiges Kunststück, das nicht jedem gelingt. (So wie auch nicht jeder in eine Galerie gelangt ;-). Fazit: So hat diese Art der Kunst ein bekanntes Motto kunstvoll abgeändert: Geld stinkt nicht - Kunst kann... (Denn nur in der Kunst ist wirklich alles möglich). Interessantes Detail in diesem Zusammenhag: Andy Warhol hatte eine "Time Capsule" gleich selbst mit 17000 Ein-Dollar-Banknoten gefüllt.
F - Übrigens, ich mag "herumstehende" Bäume, ganz besonders wenn sie im Weg stehen ;-)
Lieber Eckhard, was wir in deinem Bild sehen, ist zunächst einmal eine Hülle, eine Bau-Plane oder eine Bau-Folie - der genaue Begriff dafür ist mir leider nicht geläufig -, jedenfalls eine ‚Haut‘, die etwas Darunterliegendes verbirgt oder schützt (was gegebenenfalls auch auf einen Teil der Umgebung des Objekts zutrifft), zumindest in diesem Fall. „In diesem Fall“ bedeutet, das wir wissen bzw. auf der Basis unserer Erfahrung und der Möglichkeit, Erkundigungen anzustellen, vermuten können, was hier real versteckt ist bzw. vor sich geht und dass wohl nichts Geheimnisvolleres geschehen wird, als dass die Außenfront des Doms restauriert und in dem Zusammenhang möglicherweise auch sandgestrahlt wird (wie ich das letztens an einer anderen verhüllten Stadtkirche erleben konnte), und dass dies gewisse Schutzmaßnahmen erfordert.
Diese wenigen Gedankengänge zeigen aber bereits, dass eine Hülle mehrere Funktionen haben kann. Sie kann schützen, das Innen und das Außen, sie kann verbergen, auch täuschen und ablenken
(wobei mir gerade das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern einfällt), einen Raum markieren, abgrenzen, zusammenhalten, einen Inhalt aufbewahren, bei einem Geschenk auch Vorfreude auf das Enthüllen versprechen ... Frau W.I. Kipedia erwähnt zudem, dass „nach der christlichen Religion Jesus im Fleische verhüllt als Gottes Sohn auf die Erde kam“. http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%BClle Auf diese These könnte man etwas später in der Besprechung noch einmal zurückkommen.
Die Option, etwas zu verhüllen, wird natürlich auch in der Kunst seit längerem genutzt, um einem Objekt beispielsweise eine neue oder andere Bedeutung zu geben oder auch, bei anderer Blickrichtung, und dann nicht selten einhergehend mit einer gewissen bewusst gewählten Sinnfreiheit, um einfach eine ästhetische Wirkung zu erzielen.
Christo Wladimirow Jawaschew, an den man beim Betrachten deiner Hommage interessanterweise zuerst denken wird, weil man neben der Wahrnehmung des verpackten Bauwerks auch das Einstelldatum als einen Hinweis auf Geburtstag und -jahr nehmen kann, war jedenfalls nicht der Erste, der mit dieser Technik arbeitete, auch wenn die Werke, die er schuf, aufgrund des meist monumentalen Charakters große Beachtung fanden und nach wie vor finden. Vor ihm befassten sich auch bereits die Surrealisten und hier insbesondere Man Ray mit der Thematik des Verhüllens. http://www.google.de/imgres?imgurl=http://farm4.static.flickr.com/3561/3769360137_0fa9a52023_o.jpg&imgrefurl=http://flickr.com/photos/de_buurman/3769360137/&usg=__wBr6Jl-T0oL8oSYdafTjr7i1joc=&h=680&w=1024&sz=453&hl=de&start=22&zoom=0&um=1&itbs=1&tbnid=_Ktz6RH3ITK-lM:&tbnh=100&tbnw=150&prev=/images%3Fq%3D%2522L%25E2%2580%2599%25C3%25A9nigme%2Bd%25E2%2580%2599Isidore%2BDucasse%2522%26start%3D20%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3DN%26rlz%3D1W1IRFA_en%26ndsp%3D20%26tbs%3Disch:1 „In seiner 1920 entstandenen und heute verlorenen Arbeit ‚L`Enigme d`Isidore Ducasse‘ präsentierte Man Ray ein mit Stoff und Bindfaden verschnürtes Paket auf einem Tisch. Dieses als ‚Rätsel des Isidore Ducasse‘ bezeichnete Werk war nicht nur eines der ersten surrealistischen Objekte überhaupt, sondern wohl auch eines der ersten Objekte des 20. Jahrhunderts, in denen die Verhüllung eine wesentliche Rolle spielte. Das Bündel hatte eine weiche, organische Form und ließ, obwohl sein wahrer Inhalt geheim gehalten wurde, leicht an die Verpackung eines Menschen denken.
Das im Titel bezeichnete ‚Geheimnis‘ wurde auch als das Geheimnis um den Menschen Ducasse verstanden, über dessen Identität und vor allem über dessen mysteriösen Tod nur sehr wenig bekannt ist. ‚Man Rays Objekt, dieses amorphe und verschnüre Tuchbündel, spielt zweifellos auf die Tatsache an, dass man von Lautreamont kein einziges authentisches Portrait und nur vage Beschreibungen seines Äußeren kennt.‘ Ein weiteres offenes Geheimnis stellte der Inhalt des verschnürten Paketes dar, bei dem es sich um eine Nähmaschine handelte.
Weiß man um die Bedeutung der Nähmaschine im Sprachgebrauch des Isidor Ducasse, liegt es auf der Hand, das ObjektMan Rays als die symbolische Verpackung einer Frau zu verstehen.Das organische Paket symbolisiert den mit Stoff verdeckten und verschnürten Körper eriner Frau, an dem Man Ray sadistische Phantasien auszuüben scheint.“ http://books.google.de/books?id=-TlTMG74KHYC&pg=PA89&lpg=PA89&dq=L'Enigme+d'Isidore+Ducasse&source=bl&ots=WU7HAnClXN&sig=e6O0bQbB5VBwIt50lJhdIdCb9J4&hl=de&ei=U1VxTJbGPJTz4gbDu5TeCA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CDAQ6AEwAg#v=onepage&q=L'Enigme%20d'Isidore%20Ducasse&f=false
Mit der „Verhüllten Dose“ schuf Christo eine (frühe) Arbeit, die der ‚verpackten Nähmaschine‘ Man Rays in der Art sehr ähnelt. http://www.nrw-museum.de/output/controller.aspx?cid=102&detail=2&detail2=269 „Bei Christo verändert die Verpackung nicht nur die Perspektive der Betrachtenden, sondern auch den wertlosen Gegenstand selbst, der, wie auch der Mitbegründer der Nouveau Réalistes, Pierre Restany 1963 feststellte, eine neue Objektpräsenz erhält (Restany, in: Domus, 402, 1963). Dabei nehmen von Beginn an auch der Prozess und Grad der Verpackung einen wesentlichen Stellenwert ein. Insofern markiert die vollständige Verhüllung einer Dose in Wrapped Can nur eine Möglichkeit und einen Zustand unter vielen und am Ende eines künstlerischen Arbeitsprozesses, der sich retrospektiv und nur unter Anleitung des Künstlers erschließen lässt.“ http://www.badische-zeitung.de/kultur-sonstige/christo-aktionskuenstler-visionaer-und-unternehmer--32139628.html
Wie sehr das bewusste Verhüllen als Form der Kunst, auch mit unterschiedlichem Grad der Bedeckung und Verpackung
, immer noch neue Impulse in der Auseinandersetzung mit einer Thematik geben, inwieweit es neue Interpretationsmöglichkeiten aufzeigen oder provozieren kann, vermag ich nicht einzuschätzen. Auch nicht, wo man die Definition „Hülle“ in diesem Zusammenhang beginnen und enden lässt. Auch Worte können bereits verhüllen oder entblößen; es muss möglicherweise nicht immer das Materielle, Gegenständliche sein ... und auch oder gerade auch in der fc lassen sich mit Bildern Aussagen ‚verpacken’ oder man ‚verhüllt’ sie subtil, indem man sie in eine entsprechende Sektion einstellt oder ihm Links und andere Aufnahmen als Beigaben in die Diskussion mitgibt.
So verhält es sich natürlich auch mit deinem Bild „Hommage à Christo“.
Ein Teil der verlinkten Aufnahmen deutet nicht mehr direkt auf den Künstler Christo Wladimirow Jawaschew hin, die Fotos zeigen in verschiedener Ausführung die Form eines Kreuzes, das man symbolhaft auch in der verhüllten Fassade erkennen kann, wenn man gedanklich beiseite lässt, dass sich hinter der Folie tatsächlich nur ein Bauwerk befindet, wenngleich es ein Haus Gottes ist. Somit wird die „Hommage à Christo“ auch eine Hommage an Christus, an das Christentum, wobei hier für mich, vergleichbar in gewisser Weise auch mit der Hommage an einen Künstler, vor allem das Inhaltliche, die Idee, die damit verbundene theologische, die christliche Ethik und deren Verinnerlichung bzw. die Möglichkeiten der Umsetzung im Vordergrund steht, nicht allein bzw. weniger ein Verehren einer Gestalt oder einer Person.
Wie stark der Aspekt der mit der christlichen Ethik verbundenen Werte in unserem Kulturkreis immer noch oder wieder die oder eine tragende Basis im Zusammenleben darstellt, welchen Stellenwert sie zukünftig einnehmen wird, auch einnehmen kann in immer stärker multikulturell geprägten Gesellschaften, ob etwas zerfällt oder gerade gestärkt sich wieder zusammenfügt, muss hinterfragt werden. Ereignisse, die dazu Anlass geben, finden sich täglich in den Medien.
Bilder wie deine sehr gut ‚komponierte’ Aufnahme „Verdrängen“ weisen darauf hin, dass bislang als wesentlich Aufgefasstes, heutzutage nicht selten von ganz anderen, völlig neu ausgerichteten Interessen und anderem Gedankengut geprägt sind, überlagert und in der Tat verdrängt werden. Die Gefahr, dass Menschlichkeit, Achtung usw. dabei auf der Strecke bleiben, dass Kälte und bloße Rationalität einziehen, ist nicht gering.
Auch oder gerade solche Utopien, wie beispielsweise der Aufbau eines sozialistischen Systems, das irgendwann im Kommunismus münden sollte, endete letztlich mit dem Eingesperrtsein der Menschen (Du gehst mit dem Hinweis auf den Mauerbau am 13. August 1961 auf diese Thematik ein), mit einer Verhüllungs- bzw. Verschleierungstaktik, die sogar in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Schluss keinen umfassenden Einblick zuließ. Dass mit dem Utopiegedanken auch immer eine neue Prägung des Menschen verbunden ist, zeigt sich in der Geschichte und dies ist nicht allein in sozialistisch-kommunistisch ausgerichteten Systemen so gewesen ... auch der Nationalsozialismus liegt nicht weit zurück. Das geschickte Verpacken des mit diesen Utopien eigentlich Verbundenen - wir sprachen dies auch unter meinem Bild „Träumen nach vorwärts“ an -, trug stark zum Gelingen, besser zum zeitweiligen, aber mit teilweise verheerenden Folgen verbundenen, Gelingen bei.
Wesentlich erscheint mir, dass man sich immer wieder darum bemüht, dasStattfindende zu erkennen und zu verstehen und sich nicht nur Illusionen, wie der einer verpackten Nähmaschine, hinzugeben und dieses neue Bild als das einzig reale, gegebene und unveränderbare hinzunehmen, und dass man nicht vergisst, auch nach den Wurzeln zu graben, die dabei manchmal verschüttet werden und die vom eigentlichen Wert und Halt im Zusammenhang einer Entwicklung, einer Bewegung berichten können.
ja, jetzt sieht sie aus wie eine Person mit zwei Füßen, wirkt schon monumental, am besten man lässt die Verkleidung, dann wird der Körper geschützt. Gert
Kerstin Stolzenburg 26/08/2010 16:56
Lieber Eckhard, zur Mauerthematik fand ich auf der Internetseite des DLF einen interessanten Hinweis auf eine - scheinbar neu eingerichtete - überaus lesenswerte und umfangreiche Dokumentation unter der Bezeichnung "Chronik des Mauerbaus". http://www.dradio.de/wir/kooperation/595133/Unter anderem findet man hier Briefe und Dokumente, die man in dem Umfang und in der Form vorher nicht einsehen konnte. Anbei ein Beispiel vom 12. August 1961: "Befehl des Ministers des Innern, Karl Maron, zu den Aufgaben des Präsidiums der Volkspolizei Berlin zur verstärkten Sicherung der Grenze in Berlin, 12. August 1961"
Der Text ist abrufbar unter:
http://www.chronik-der-mauer.de/index.php/de/Start/Detail/id/593839/page/2
Kerstin
Flighty Furrow 26/08/2010 12:33
.Hallo Eckhard!
Selbst "Hunger auf Durst" sollte uns nicht verleiten das Entschleunigungsprinzip ausgerechnet jetzt & hier 'einzupaken'. In diesem Sinne erwarte ich deine Antwort mit Geduld und Muße. Ich wollte mich sowieso noch umschauen bei
Bis dann, Eric.
Flighty Furrow 24/08/2010 19:24
.Hallo Eckhard, tatsächlich frage ich mich jetzt:
Warum, warum - packen wir ein?
A - Weil man des Anblicks (des 'einzupackenden') überdrüssig ist, es einem nicht mehr ansteht, gefällt, passt oder gar zuwider geworden ist?
B – Weil es uns im Glauben bekräftigt, dass wir kreativer Natur sind?
So hat Andy Warhol das Sammeln zur Kunstform erhoben: Mehr als 30 Jahre seines Küstlerlebens (von 1974 bis zu seinem nicht-künstlichen Tod in 1987) sammelte er Gegenstände, die sich in seinem Küstleralltag wiederfanden und verpackte sie in Umzugskisten (die der Einfachheit halber direkt neben seinem Arbeitsbüro standen). War eine Kiste voll wurde sie kunstgerecht versiegelt und in sein Privatarchiv verschickt. Kunstvoll gelang es ihm so ganze 613 sogenannter "Time Capsules" zu füllen.
C - Oder ist es die Freude am 'auspacken'?
Wenn auch ein bischen spät?
(Übrigens: In einem wissenschaftlich großangelegtem Projekt wurden auch alle 613 "Time Capsules" der Reihe nach ausgepackt, katalogisiert & aufgearbeitet, so dass sie nun wertvoll 'ausgepackte' Ausstellungstücke sind.
D - Um etwas Wertvolles zu bewahren oder es hervorzuheben?
Ich denke dabei spontan an einen Sarg, Geschenkpapier, an Leichentücher, einen Briefumschlag, einen in Worte (ein)gepackten Gedanke, oder auch an die
E - Weil wir eine oder gar 'die' Antwort nicht finden können?
Zum Beispiel wird in manch einem Kommentar die Frage "Was ist Kunst" wieder 'ausgepackt'. Andy Warhol meinte zu diesem Thema in einem Interview (in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift "The Interview") "Everybody will be famous for 15 Minutes in ones life".
Wobei einige das künstlerische Talent haben, dass wenn sie zum Beispiel etwas 'einpacken' es mit so viel künstlerischer Begabung machen, dass sie immer wieder aufs neue gebeten werden dieses Kunststück zu wiederholen: Siehe Christo. Es ist dabei ganz im Sinne dieser Kunst, das der Preis solcer Künstwerke steigt. Auch das ist ein wahrhaftiges Kunststück, das nicht jedem gelingt. (So wie auch nicht jeder in eine Galerie gelangt ;-). Fazit: So hat diese Art der Kunst ein bekanntes Motto kunstvoll abgeändert: Geld stinkt nicht - Kunst kann... (Denn nur in der Kunst ist wirklich alles möglich). Interessantes Detail in diesem Zusammenhag: Andy Warhol hatte eine "Time Capsule" gleich selbst mit 17000 Ein-Dollar-Banknoten gefüllt.
F - Übrigens, ich mag "herumstehende" Bäume, ganz besonders wenn sie im Weg stehen ;-)
Kerstin Stolzenburg 23/08/2010 13:24
Lieber Eckhard, was wir in deinem Bild sehen, ist zunächst einmal eine Hülle, eine Bau-Plane oder eine Bau-Folie - der genaue Begriff dafür ist mir leider nicht geläufig -, jedenfalls eine ‚Haut‘, die etwas Darunterliegendes verbirgt oder schützt (was gegebenenfalls auch auf einen Teil der Umgebung des Objekts zutrifft), zumindest in diesem Fall. „In diesem Fall“ bedeutet, das wir wissen bzw. auf der Basis unserer Erfahrung und der Möglichkeit, Erkundigungen anzustellen, vermuten können, was hier real versteckt ist bzw. vor sich geht und dass wohl nichts Geheimnisvolleres geschehen wird, als dass die Außenfront des Doms restauriert und in dem Zusammenhang möglicherweise auch sandgestrahlt wird (wie ich das letztens an einer anderen verhüllten Stadtkirche erleben konnte), und dass dies gewisse Schutzmaßnahmen erfordert.Diese wenigen Gedankengänge zeigen aber bereits, dass eine Hülle mehrere Funktionen haben kann. Sie kann schützen, das Innen und das Außen, sie kann verbergen, auch täuschen und ablenken (wobei mir gerade das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern einfällt), einen Raum markieren, abgrenzen, zusammenhalten, einen Inhalt aufbewahren, bei einem Geschenk auch Vorfreude auf das Enthüllen versprechen ... Frau W.I. Kipedia erwähnt zudem, dass „nach der christlichen Religion Jesus im Fleische verhüllt als Gottes Sohn auf die Erde kam“. http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%BClle Auf diese These könnte man etwas später in der Besprechung noch einmal zurückkommen.
Die Option, etwas zu verhüllen, wird natürlich auch in der Kunst seit längerem genutzt, um einem Objekt beispielsweise eine neue oder andere Bedeutung zu geben oder auch, bei anderer Blickrichtung, und dann nicht selten einhergehend mit einer gewissen bewusst gewählten Sinnfreiheit, um einfach eine ästhetische Wirkung zu erzielen.
Christo Wladimirow Jawaschew, an den man beim Betrachten deiner Hommage interessanterweise zuerst denken wird, weil man neben der Wahrnehmung des verpackten Bauwerks auch das Einstelldatum als einen Hinweis auf Geburtstag und -jahr nehmen kann, war jedenfalls nicht der Erste, der mit dieser Technik arbeitete, auch wenn die Werke, die er schuf, aufgrund des meist monumentalen Charakters große Beachtung fanden und nach wie vor finden. Vor ihm befassten sich auch bereits die Surrealisten und hier insbesondere Man Ray mit der Thematik des Verhüllens. http://www.google.de/imgres?imgurl=http://farm4.static.flickr.com/3561/3769360137_0fa9a52023_o.jpg&imgrefurl=http://flickr.com/photos/de_buurman/3769360137/&usg=__wBr6Jl-T0oL8oSYdafTjr7i1joc=&h=680&w=1024&sz=453&hl=de&start=22&zoom=0&um=1&itbs=1&tbnid=_Ktz6RH3ITK-lM:&tbnh=100&tbnw=150&prev=/images%3Fq%3D%2522L%25E2%2580%2599%25C3%25A9nigme%2Bd%25E2%2580%2599Isidore%2BDucasse%2522%26start%3D20%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3DN%26rlz%3D1W1IRFA_en%26ndsp%3D20%26tbs%3Disch:1 „In seiner 1920 entstandenen und heute verlorenen Arbeit ‚L`Enigme d`Isidore Ducasse‘ präsentierte Man Ray ein mit Stoff und Bindfaden verschnürtes Paket auf einem Tisch. Dieses als ‚Rätsel des Isidore Ducasse‘ bezeichnete Werk war nicht nur eines der ersten surrealistischen Objekte überhaupt, sondern wohl auch eines der ersten Objekte des 20. Jahrhunderts, in denen die Verhüllung eine wesentliche Rolle spielte. Das Bündel hatte eine weiche, organische Form und ließ, obwohl sein wahrer Inhalt geheim gehalten wurde, leicht an die Verpackung eines Menschen denken.
Das im Titel bezeichnete ‚Geheimnis‘ wurde auch als das Geheimnis um den Menschen Ducasse verstanden, über dessen Identität und vor allem über dessen mysteriösen Tod nur sehr wenig bekannt ist. ‚Man Rays Objekt, dieses amorphe und verschnüre Tuchbündel, spielt zweifellos auf die Tatsache an, dass man von Lautreamont kein einziges authentisches Portrait und nur vage Beschreibungen seines Äußeren kennt.‘ Ein weiteres offenes Geheimnis stellte der Inhalt des verschnürten Paketes dar, bei dem es sich um eine Nähmaschine handelte.
Weiß man um die Bedeutung der Nähmaschine im Sprachgebrauch des Isidor Ducasse, liegt es auf der Hand, das ObjektMan Rays als die symbolische Verpackung einer Frau zu verstehen.Das organische Paket symbolisiert den mit Stoff verdeckten und verschnürten Körper eriner Frau, an dem Man Ray sadistische Phantasien auszuüben scheint.“ http://books.google.de/books?id=-TlTMG74KHYC&pg=PA89&lpg=PA89&dq=L'Enigme+d'Isidore+Ducasse&source=bl&ots=WU7HAnClXN&sig=e6O0bQbB5VBwIt50lJhdIdCb9J4&hl=de&ei=U1VxTJbGPJTz4gbDu5TeCA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CDAQ6AEwAg#v=onepage&q=L'Enigme%20d'Isidore%20Ducasse&f=false
Mit der „Verhüllten Dose“ schuf Christo eine (frühe) Arbeit, die der ‚verpackten Nähmaschine‘ Man Rays in der Art sehr ähnelt. http://www.nrw-museum.de/output/controller.aspx?cid=102&detail=2&detail2=269 „Bei Christo verändert die Verpackung nicht nur die Perspektive der Betrachtenden, sondern auch den wertlosen Gegenstand selbst, der, wie auch der Mitbegründer der Nouveau Réalistes, Pierre Restany 1963 feststellte, eine neue Objektpräsenz erhält (Restany, in: Domus, 402, 1963). Dabei nehmen von Beginn an auch der Prozess und Grad der Verpackung einen wesentlichen Stellenwert ein. Insofern markiert die vollständige Verhüllung einer Dose in Wrapped Can nur eine Möglichkeit und einen Zustand unter vielen und am Ende eines künstlerischen Arbeitsprozesses, der sich retrospektiv und nur unter Anleitung des Künstlers erschließen lässt.“ http://www.badische-zeitung.de/kultur-sonstige/christo-aktionskuenstler-visionaer-und-unternehmer--32139628.html
Wie sehr das bewusste Verhüllen als Form der Kunst, auch mit unterschiedlichem Grad der Bedeckung und Verpackung , immer noch neue Impulse in der Auseinandersetzung mit einer Thematik geben, inwieweit es neue Interpretationsmöglichkeiten aufzeigen oder provozieren kann, vermag ich nicht einzuschätzen. Auch nicht, wo man die Definition „Hülle“ in diesem Zusammenhang beginnen und enden lässt. Auch Worte können bereits verhüllen oder entblößen; es muss möglicherweise nicht immer das Materielle, Gegenständliche sein ... und auch oder gerade auch in der fc lassen sich mit Bildern Aussagen ‚verpacken’ oder man ‚verhüllt’ sie subtil, indem man sie in eine entsprechende Sektion einstellt oder ihm Links und andere Aufnahmen als Beigaben in die Diskussion mitgibt.
So verhält es sich natürlich auch mit deinem Bild „Hommage à Christo“.
Ein Teil der verlinkten Aufnahmen deutet nicht mehr direkt auf den Künstler Christo Wladimirow Jawaschew hin, die Fotos zeigen in verschiedener Ausführung die Form eines Kreuzes, das man symbolhaft auch in der verhüllten Fassade erkennen kann, wenn man gedanklich beiseite lässt, dass sich hinter der Folie tatsächlich nur ein Bauwerk befindet, wenngleich es ein Haus Gottes ist. Somit wird die „Hommage à Christo“ auch eine Hommage an Christus, an das Christentum, wobei hier für mich, vergleichbar in gewisser Weise auch mit der Hommage an einen Künstler, vor allem das Inhaltliche, die Idee, die damit verbundene theologische, die christliche Ethik und deren Verinnerlichung bzw. die Möglichkeiten der Umsetzung im Vordergrund steht, nicht allein bzw. weniger ein Verehren einer Gestalt oder einer Person.
Wie stark der Aspekt der mit der christlichen Ethik verbundenen Werte in unserem Kulturkreis immer noch oder wieder die oder eine tragende Basis im Zusammenleben darstellt, welchen Stellenwert sie zukünftig einnehmen wird, auch einnehmen kann in immer stärker multikulturell geprägten Gesellschaften, ob etwas zerfällt oder gerade gestärkt sich wieder zusammenfügt, muss hinterfragt werden. Ereignisse, die dazu Anlass geben, finden sich täglich in den Medien.
Bilder wie deine sehr gut ‚komponierte’ Aufnahme „Verdrängen“ weisen darauf hin, dass bislang als wesentlich Aufgefasstes, heutzutage nicht selten von ganz anderen, völlig neu ausgerichteten Interessen und anderem Gedankengut geprägt sind, überlagert und in der Tat verdrängt werden. Die Gefahr, dass Menschlichkeit, Achtung usw. dabei auf der Strecke bleiben, dass Kälte und bloße Rationalität einziehen, ist nicht gering.
Auch oder gerade solche Utopien, wie beispielsweise der Aufbau eines sozialistischen Systems, das irgendwann im Kommunismus münden sollte, endete letztlich mit dem Eingesperrtsein der Menschen (Du gehst mit dem Hinweis auf den Mauerbau am 13. August 1961 auf diese Thematik ein), mit einer Verhüllungs- bzw. Verschleierungstaktik, die sogar in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Schluss keinen umfassenden Einblick zuließ. Dass mit dem Utopiegedanken auch immer eine neue Prägung des Menschen verbunden ist, zeigt sich in der Geschichte und dies ist nicht allein in sozialistisch-kommunistisch ausgerichteten Systemen so gewesen ... auch der Nationalsozialismus liegt nicht weit zurück. Das geschickte Verpacken des mit diesen Utopien eigentlich Verbundenen - wir sprachen dies auch unter meinem Bild „Träumen nach vorwärts“ an -, trug stark zum Gelingen, besser zum zeitweiligen, aber mit teilweise verheerenden Folgen verbundenen, Gelingen bei.
Wesentlich erscheint mir, dass man sich immer wieder darum bemüht, dasStattfindende zu erkennen und zu verstehen und sich nicht nur Illusionen, wie der einer verpackten Nähmaschine, hinzugeben und dieses neue Bild als das einzig reale, gegebene und unveränderbare hinzunehmen, und dass man nicht vergisst, auch nach den Wurzeln zu graben, die dabei manchmal verschüttet werden und die vom eigentlichen Wert und Halt im Zusammenhang einer Entwicklung, einer Bewegung berichten können.
Kerstin
† werner weis 19/08/2010 22:39
wenigstens nicht als Werbefläche für eine Versicherung
oder eine Bier-Sorte oder das Knäckebrot abends...
so ist es durchaus würdig und lockt das Auge - ja, da
begreife ich Christos Aktionen auch noch besser - gut!
Gert Rehn 17/08/2010 21:33
ja, jetzt sieht sie aus wie eine Person mit zwei Füßen, wirkt schon monumental, am besten man lässt die Verkleidung, dann wird der Körper geschützt. Gert