lieber Eckhard, so ist es.
ich war anfangs befremdet oder auch entgeistert, sowohl was unser Libeskindmonument als auch das Holocaustmahnmal anbelangt, durch das ich mittlerweile viele male gegangen bin, diese gedenkstätten als "spiel- und Fangerlesplätze" zweckentfremdet zu sehen - aber das konnte einfach nicht anders kommen . wenn man jugendliche dorthin läßt, ist das eine ideale gelegenheit ,ihren bewegungsdrang auszutoben....sonst müßte man sie fernhalten, an die kette legen.....daß man vor allem den kleineren den ernst, die würde dieser stätten nicht klarmachen kann, liegt für mich auch auf der hand.
ich habe meinen entrüstungsstandpunkt aufgegeben und kann mittlerweile lächeln über die wilden jagden und den spaß, den die dort haben
tod und leben..... in extremster form hier zusammengebracht
auf diesem bild
die steinblöcke als symbol und mahnmal der vernichtung - der unbekümmert darüberhüpfende , unschuldige steppke als symbol des fortgangs des lebens....
der lauf der welt
ein großartiges, erschütterndes, aber letzlich auch froh stimmendes bild!
ps: auch wir hier in Regensburg haben ein steinmonument , geschaffen von Daniel Libeskind, das die umrisse der zerstörten synagoge nachbildet. dort sitzen, essen, hüpfen junge und alte...zuerst sehr gewöhnungsbedürftig! doch Libeskind hat das so gewollt: als ort der begegnung, des lebens
....und wenn man das in Berlin anders haben wollte, hätte man das monument anders konstruieren müssen.
es lädt jugendliche geradezu ein
lg Acca
Danke für das Bild, lieber Eckhard. Du hast hier was thematisiert, was mir bei der Begehung des Mahnmals ebenfalls durch den Kopf gegangen ist.
Ich habe das Gefühl, dass das Thema für die heutige Generation immer abstrakter wird - so nach dem Motto "da haben wir doch nichts mehr mit zu tun"... Ich denke, dass die Menschen dann verloren sind, wenn sie aus der Vergangenheit nicht lernen können. Und genau darum ist ein Mahnmal (über die Form kann man sicher streiten) von immenser Bedeutung.
Dein Bild steht selbstverständlich auch für andere aktuelle Gräueltaten, die "niemand" mitbekommen wollte - von daher ist es (das Bild) ebenso hochaktuell.
LG, Stefan
P.S.: Schön, dass Du Dir immer die Gedanken auch zum exakten Einstellen des Bildes machst!
... Lieber Eckhard, nicht nur im dritten Reich! (zur Antwort an Christian) Da Du auch das Janusköpfige des Gedenktages ansprichst, obwohl diese beiden Regime nicht direkt vergleichbar sind, sowie ein Bild verlinkt hast, das den Fall der Mauer symbolisiert, sollte man an dieser Stelle auch auf die schrecklichen und menschenverachtenden Praktiken des Stasi-Apparates hinweisen, deren inoffizielle Mitarbeiter auch nicht selten Familienangehörige und Ehepartner waren. Erst diese Woche sah ich dies wieder in einer interessanten Dokumentation über das Frauengefängnis Hoheneck, bei der auch eine Frau berichtete, dass sie und ihr Mann vom eigenen Schwager verraten wurden, als sie Republikflucht begehen wollten.
Man merkt aber schon beim Schreiben, dass man nicht beide, auf dieses eine Datum fallende Ereignisse in einem Text zusammenbringen kann. Beide sind, für sich genommen, zu mächtig. Deshalb soll meine kleine Besprechung zunächst einmal nur einen Bezug zum Holocaust haben.
„Daß der Junge von der Grundlage des Holocaust-Denkmals nicht viel wissen kann, ergibt sich bereits daraus, daß er so unbefangen über die Stelen hüpft.“ Lieber Eckhard, das sehe ich etwas anders. Das springende Kind im Bild ist in einem Alter, in dem es durchaus bereits wissen könnte, dass es sich hier um ein Mahnmal handelt und worauf es sich grundsätzlich bezieht (auch, wenn es noch nicht alle grauenhaften Einzelheiten zu kennen braucht), denn der Junge muss entweder in der Nähe wohnen oder mit den Eltern zur Besichtigung des Stelenfeldes gekommen sein; allein dürfte er jedenfalls nicht aus einer anderen Gegend der Stadt oder der Republik extra dorthin gefahren sein. In beiden Fällen müsste er sich selbst, wenn er nicht das geistige Potenzial des Tieres besitzt, das als Mütze symbolisch auf seinen Ohren sitzt, zumindest die Frage gestellt haben, was das für eigenartige Betonblöcke sind und wofür sie gemacht wurden ... und hätte vermutlich in kindlicher Neugier danach gefragt und eine Antwort erhalten.
Schlimm fände ich allerdings, wenn der Junge, wie ich vermute, in der Nachbarschaft lebte, wüsste, dass das ein Denkmal ist und trotzdem auf ihm herumhüpfen würde, diese Geschehnisse ausblendend, ignorierend … gewohnheitsmäßig bereits, weil es die Freunde eben auch alle tun und weil es cool ist. Verdrängung, Gleichgültigkeit und Pietätlosigkeit können in diesem Alter bereits ihren Anfang nehmen, auch wenn das Kind selbst keine Schuld an den verübten Massenmorden trägt. „Das haben wir nicht gewußt“ bekäme dann noch einmal eine ganz andere Qualität.
Tja, aber wen juckt's eigentlich?
Dass diese Schutzbehauptung der Menschen („Das haben wir nicht gewußt“), die während der NS-Zeit lebten, nicht glaubhaft ist und nicht zutreffen kann, zeigt nicht zuletzt die historische Aufarbeitung.
Dass dieser Satz aber auch heute noch von Besuchern der Gedenkstätte im KZ Buchenwald geäußert wird, ist in Anbetracht der Informationsmöglichkeiten kaum zu glauben. Und doch scheinen die Kenntnisse um die grauenvollen Ereignisse noch nicht alle Menschen in unserem Land erreicht zu haben oder sie erreichen sie nicht mehr. Sehr nachdenklich macht diesbezüglich auch folgender Artikel. http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=pb&dig=2011/02/05/a0041&cHash=05b3b2d922 Liegt es letztlich vielleicht auch an der Art, wie das Wissen um diese Zeit, um diese Verbrechen und um das Verhalten der Bevölkerung vermittelt wurde? Zumindest war nach diesem Bericht der heutzutage wohl wichtigste und meistgenutzte Medienbereich, das Fernsehen, nicht besonders stark an der Informationsbereitstellung beteiligt: „Im deutschen Film und Fernsehen war die Schoah kaum je ein Thema. Und die immense Aufklärung, die Claude Lanzmanns in zwölfjähriger Arbeit entstandenes Oral-History-Dokumentarwerk "Shoah" 1985 anbot, hat hierzulande bis heute immer noch so gut wie niemand wahrgenommen.“— Das sollte allerdings nicht als Erklärung dienen; jeder hatte immer die Möglichkeit, sich selbst zu informieren ... in den KZ-Gedenkstätten, in Büchern, in Museen usw.. — „Doch das größte Problem skizziert zuletzt die Beiträgerin Susanne Popp: Dort, wo die historischen Grundlagen vermittelt werden müssten - in der Schule - wird nach wie vor mit Büchern gearbeitet, die den Holocaust vollkommen unzulänglich erklären, wenn nicht gar verharmlosen.“
Eine repräsentative, im Mai 1997 vom Emnid-Institut durchgeführte standardisierte
Befragung von 2197 Personen, deren Ergebnisse Anfang 2000 von Alphons Silbermann und Manfred Stoffers in der Studie „Auschwitz: Nie davon gehört?“ veröffentlicht wurden, zeigte jedenfalls einen ernüchternden Wissensstand diesbezüglich in der Bevölkerung. „Dass unter allen Befragten 5,8 % nichts mit dem Begriff ’Auschwitz’ verbinden können, mag nicht sonderlich dramatisch klingen; hochgerechnet auf die deutsche Gesamtbevölkerung wären dies laut Silbermann und Stoffers aber etwa drei Millionen Menschen ab 14 Jahren.“ Vor allem bei Jugendlichen scheinen heute große Wissenslücken vorhanden zu sein; zumindest wurde festgestellt, dass 23 % der 14-17jährigen ohne Antwortvorgabe nicht wissen, „wer oder was Auschwitz ist“.
Darüber muss man sich doch sehr wundern, weil die historischen Ereignisse nach 1933 und die Verbrechen des NS-Regimes doch eigentlich zum Unterrichtsstoff im Geschichtsunter-richt der allgemeinbildenden Schulen zählen, die jeder junge Mensch pflichtgemäß besuchen muss.
Aber es gibt auch Studien, die vielleicht hoffnungsvoller stimmen mögen, allerdings kann gerade hier wohl nicht mit Gewissheit gesagt werden, ob die Ergebnisse repräsentativ sind.
Wie so Vieles, was in der heutigen schnelllebigen Zeit in der Oberflächlichkeit untergeht, drohen auch so einschneidende, furchtbare Ereignisse unserer Geschichte, wie sie mit deinem Bild angesprochen werden, im Gedächtnis der Menschen zu verblassen. Die Stelenspringer, die seit der Entstehung des Mahnmals leider zum festen Repertoire der Anlage gehören und unter denen vermutlich nur ein kleiner Teil Knaben mit Bärenohren zu finden ist, könnten dies deutlich machen.
Wie wird man diese Menschen zukünftig erreichen wollen? Und wollen sie erreicht werden?
der 9. November ist ein geschichtsträchtiger Tag, besonders für unser Land; und fast immer negativ befrachtet.
Zu dieser Gedenkstätte will ich nichts mehr sagen, ich war nie dort, aber ich hatte früh Zweifel am Erfolg der gewünschten Wirkung, wenn ich das Stelenfeld in den Medien sah.
Zum Foto gab es für mich spontan nur eine Aussage : das Wissen um die Geschehnisse muß von allen dafür zuständigen Institutionen, einschl. der eigenen Familie, an die heranwachsenden Generationen und an schon heute nicht mehr ausreichend informierte Erwachsene weitergegeben werden, wahrheitsgemäß, schonungslos, ehrlich.
Lieber Eckhard, die Unfassbarkeit der damaligen Verbrechen, die mit der Progomnacht begann, ist durch nichts zu überbieten und verdient und erfordert stete Erinnerung. Es kann aber nicht sein, dass aus der damaligen Verantwortung nur die Deutschen Lehren zu ziehen haben. Dies wird zwar gern eingefordert, doch das eigene Handeln befreundeter und weniger befreundeter „Globalplayer“ lässt nicht wirklich erkennen, dass man diesem hehren Anspruch wesentlich näher gekommen ist. Es kann auch die Schwere des Unrechts nicht immer nur an der Anzahl der Nullen bewertet werden, die die Zahl der geschundenen Menschen beziffert. Tod, Folter, Leid, Elend, Verletzung der Würde, Beraubung der Gegenwart und der Zukunft … und, und, und sind in jedem Einzelfall eine Tragik! Aber weltweit können wir ja leider nicht mal von Einzelfällen reden. Wir sehen täglich massenhaftes Unrecht um uns herum. Viele Regierungen/Völker stehen noch heute nicht zu ihren Taten von damals und sie und andere finden heute wieder/noch ihre „guten“ Begründungen für „notwendige“ Grausamkeiten. Vieles findet auch im Verborgenen statt. Uns fällt doch ohnehin nur auf die Füße, was sich gerade im Fokus der Medien befindet – und das ist leider oft genug auch mit wirtschaftlichem Interesse gepaart.
Sind wir nun heute besser im nicht Wegsehen geworden?! Ich zweifle – leider auch an mir!
Gruß KD
Accabadora 15/11/2011 14:56
lieber Eckhard, so ist es.ich war anfangs befremdet oder auch entgeistert, sowohl was unser Libeskindmonument als auch das Holocaustmahnmal anbelangt, durch das ich mittlerweile viele male gegangen bin, diese gedenkstätten als "spiel- und Fangerlesplätze" zweckentfremdet zu sehen - aber das konnte einfach nicht anders kommen . wenn man jugendliche dorthin läßt, ist das eine ideale gelegenheit ,ihren bewegungsdrang auszutoben....sonst müßte man sie fernhalten, an die kette legen.....daß man vor allem den kleineren den ernst, die würde dieser stätten nicht klarmachen kann, liegt für mich auch auf der hand.
ich habe meinen entrüstungsstandpunkt aufgegeben und kann mittlerweile lächeln über die wilden jagden und den spaß, den die dort haben
lg
Accabadora 14/11/2011 14:18
tod und leben..... in extremster form hier zusammengebrachtauf diesem bild
die steinblöcke als symbol und mahnmal der vernichtung - der unbekümmert darüberhüpfende , unschuldige steppke als symbol des fortgangs des lebens....
der lauf der welt
ein großartiges, erschütterndes, aber letzlich auch froh stimmendes bild!
ps: auch wir hier in Regensburg haben ein steinmonument , geschaffen von Daniel Libeskind, das die umrisse der zerstörten synagoge nachbildet. dort sitzen, essen, hüpfen junge und alte...zuerst sehr gewöhnungsbedürftig! doch Libeskind hat das so gewollt: als ort der begegnung, des lebens
....und wenn man das in Berlin anders haben wollte, hätte man das monument anders konstruieren müssen.
es lädt jugendliche geradezu ein
lg Acca
Stefan Adam 13/11/2011 10:08
Danke für das Bild, lieber Eckhard. Du hast hier was thematisiert, was mir bei der Begehung des Mahnmals ebenfalls durch den Kopf gegangen ist.Ich habe das Gefühl, dass das Thema für die heutige Generation immer abstrakter wird - so nach dem Motto "da haben wir doch nichts mehr mit zu tun"... Ich denke, dass die Menschen dann verloren sind, wenn sie aus der Vergangenheit nicht lernen können. Und genau darum ist ein Mahnmal (über die Form kann man sicher streiten) von immenser Bedeutung.
Dein Bild steht selbstverständlich auch für andere aktuelle Gräueltaten, die "niemand" mitbekommen wollte - von daher ist es (das Bild) ebenso hochaktuell.
LG, Stefan
P.S.: Schön, dass Du Dir immer die Gedanken auch zum exakten Einstellen des Bildes machst!
Kerstin Stolzenburg 12/11/2011 19:37
... Lieber Eckhard, nicht nur im dritten Reich! (zur Antwort an Christian) Da Du auch das Janusköpfige des Gedenktages ansprichst, obwohl diese beiden Regime nicht direkt vergleichbar sind, sowie ein Bild verlinkt hast, das den Fall der Mauer symbolisiert, sollte man an dieser Stelle auch auf die schrecklichen und menschenverachtenden Praktiken des Stasi-Apparates hinweisen, deren inoffizielle Mitarbeiter auch nicht selten Familienangehörige und Ehepartner waren. Erst diese Woche sah ich dies wieder in einer interessanten Dokumentation über das Frauengefängnis Hoheneck, bei der auch eine Frau berichtete, dass sie und ihr Mann vom eigenen Schwager verraten wurden, als sie Republikflucht begehen wollten.http://www.hoheneck.com/
Man merkt aber schon beim Schreiben, dass man nicht beide, auf dieses eine Datum fallende Ereignisse in einem Text zusammenbringen kann. Beide sind, für sich genommen, zu mächtig. Deshalb soll meine kleine Besprechung zunächst einmal nur einen Bezug zum Holocaust haben.
„Daß der Junge von der Grundlage des Holocaust-Denkmals nicht viel wissen kann, ergibt sich bereits daraus, daß er so unbefangen über die Stelen hüpft.“ Lieber Eckhard, das sehe ich etwas anders. Das springende Kind im Bild ist in einem Alter, in dem es durchaus bereits wissen könnte, dass es sich hier um ein Mahnmal handelt und worauf es sich grundsätzlich bezieht (auch, wenn es noch nicht alle grauenhaften Einzelheiten zu kennen braucht), denn der Junge muss entweder in der Nähe wohnen oder mit den Eltern zur Besichtigung des Stelenfeldes gekommen sein; allein dürfte er jedenfalls nicht aus einer anderen Gegend der Stadt oder der Republik extra dorthin gefahren sein. In beiden Fällen müsste er sich selbst, wenn er nicht das geistige Potenzial des Tieres besitzt, das als Mütze symbolisch auf seinen Ohren sitzt, zumindest die Frage gestellt haben, was das für eigenartige Betonblöcke sind und wofür sie gemacht wurden ... und hätte vermutlich in kindlicher Neugier danach gefragt und eine Antwort erhalten.
Schlimm fände ich allerdings, wenn der Junge, wie ich vermute, in der Nachbarschaft lebte, wüsste, dass das ein Denkmal ist und trotzdem auf ihm herumhüpfen würde, diese Geschehnisse ausblendend, ignorierend … gewohnheitsmäßig bereits, weil es die Freunde eben auch alle tun und weil es cool ist. Verdrängung, Gleichgültigkeit und Pietätlosigkeit können in diesem Alter bereits ihren Anfang nehmen, auch wenn das Kind selbst keine Schuld an den verübten Massenmorden trägt. „Das haben wir nicht gewußt“ bekäme dann noch einmal eine ganz andere Qualität.
Tja, aber wen juckt's eigentlich?
Dass diese Schutzbehauptung der Menschen („Das haben wir nicht gewußt“), die während der NS-Zeit lebten, nicht glaubhaft ist und nicht zutreffen kann, zeigt nicht zuletzt die historische Aufarbeitung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Holocaustkenntnis_von_Zeitzeugen http://www.welt.de/kultur/article1647653/Wie_die_Deutschen_den_Holocaust_verdraengten.html
Dass dieser Satz aber auch heute noch von Besuchern der Gedenkstätte im KZ Buchenwald geäußert wird, ist in Anbetracht der Informationsmöglichkeiten kaum zu glauben. Und doch scheinen die Kenntnisse um die grauenvollen Ereignisse noch nicht alle Menschen in unserem Land erreicht zu haben oder sie erreichen sie nicht mehr. Sehr nachdenklich macht diesbezüglich auch folgender Artikel. http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=pb&dig=2011/02/05/a0041&cHash=05b3b2d922 Liegt es letztlich vielleicht auch an der Art, wie das Wissen um diese Zeit, um diese Verbrechen und um das Verhalten der Bevölkerung vermittelt wurde? Zumindest war nach diesem Bericht der heutzutage wohl wichtigste und meistgenutzte Medienbereich, das Fernsehen, nicht besonders stark an der Informationsbereitstellung beteiligt: „Im deutschen Film und Fernsehen war die Schoah kaum je ein Thema. Und die immense Aufklärung, die Claude Lanzmanns in zwölfjähriger Arbeit entstandenes Oral-History-Dokumentarwerk "Shoah" 1985 anbot, hat hierzulande bis heute immer noch so gut wie niemand wahrgenommen.“— Das sollte allerdings nicht als Erklärung dienen; jeder hatte immer die Möglichkeit, sich selbst zu informieren ... in den KZ-Gedenkstätten, in Büchern, in Museen usw.. — „Doch das größte Problem skizziert zuletzt die Beiträgerin Susanne Popp: Dort, wo die historischen Grundlagen vermittelt werden müssten - in der Schule - wird nach wie vor mit Büchern gearbeitet, die den Holocaust vollkommen unzulänglich erklären, wenn nicht gar verharmlosen.“
Eine repräsentative, im Mai 1997 vom Emnid-Institut durchgeführte standardisierte
Befragung von 2197 Personen, deren Ergebnisse Anfang 2000 von Alphons Silbermann und Manfred Stoffers in der Studie „Auschwitz: Nie davon gehört?“ veröffentlicht wurden, zeigte jedenfalls einen ernüchternden Wissensstand diesbezüglich in der Bevölkerung. „Dass unter allen Befragten 5,8 % nichts mit dem Begriff ’Auschwitz’ verbinden können, mag nicht sonderlich dramatisch klingen; hochgerechnet auf die deutsche Gesamtbevölkerung wären dies laut Silbermann und Stoffers aber etwa drei Millionen Menschen ab 14 Jahren.“ Vor allem bei Jugendlichen scheinen heute große Wissenslücken vorhanden zu sein; zumindest wurde festgestellt, dass 23 % der 14-17jährigen ohne Antwortvorgabe nicht wissen, „wer oder was Auschwitz ist“.
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=%E2%80%9Eauschwitz%3A%20nie%20davon%20geh%C3%B6rt%3F%E2%80%9C&source=web&cd=3&sqi=2&ved=0CC8QFjAC&url=http%3A%2F%2Fhsozkult.geschichte.hu-ber-lin.de%2Frezensionen%2F215.pdf&ei=oHq9TpvYGJDAswbh7tGJAw&usg=AFQjCNEII8aK7RhPfFubiXgjb-qucu-HqQ
Darüber muss man sich doch sehr wundern, weil die historischen Ereignisse nach 1933 und die Verbrechen des NS-Regimes doch eigentlich zum Unterrichtsstoff im Geschichtsunter-richt der allgemeinbildenden Schulen zählen, die jeder junge Mensch pflichtgemäß besuchen muss.
http://www.lehrer-online.de/auschwitz-erinnern.php
Aber es gibt auch Studien, die vielleicht hoffnungsvoller stimmen mögen, allerdings kann gerade hier wohl nicht mit Gewissheit gesagt werden, ob die Ergebnisse repräsentativ sind.
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=was%20wissen%20deutsche%20sch%C3%BCler&source=web&cd=1&sqi=2&ved=0CCgQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.presse.uni-oldenburg.de%2Feinblicke%2F36%2Fweismann.pdf&ei=JX29Tp2AC8fKsgaBq6y-Aw&usg=AFQjCNFAz97oAewLWt_xkq7ycCLbZJFXWw
Wie so Vieles, was in der heutigen schnelllebigen Zeit in der Oberflächlichkeit untergeht, drohen auch so einschneidende, furchtbare Ereignisse unserer Geschichte, wie sie mit deinem Bild angesprochen werden, im Gedächtnis der Menschen zu verblassen. Die Stelenspringer, die seit der Entstehung des Mahnmals leider zum festen Repertoire der Anlage gehören und unter denen vermutlich nur ein kleiner Teil Knaben mit Bärenohren zu finden ist, könnten dies deutlich machen.
Wie wird man diese Menschen zukünftig erreichen wollen? Und wollen sie erreicht werden?
Kerstin
Runzelkorn 10/11/2011 18:25
Nachtrag: Manches Wissen war lebensgefährlich.Und die Mörder waren pingelige Buchhalter:
† Trude S. 10/11/2011 13:29
der 9. November ist ein geschichtsträchtiger Tag, besonders für unser Land; und fast immer negativ befrachtet.Zu dieser Gedenkstätte will ich nichts mehr sagen, ich war nie dort, aber ich hatte früh Zweifel am Erfolg der gewünschten Wirkung, wenn ich das Stelenfeld in den Medien sah.
Zum Foto gab es für mich spontan nur eine Aussage : das Wissen um die Geschehnisse muß von allen dafür zuständigen Institutionen, einschl. der eigenen Familie, an die heranwachsenden Generationen und an schon heute nicht mehr ausreichend informierte Erwachsene weitergegeben werden, wahrheitsgemäß, schonungslos, ehrlich.
Karl-Dieter Frost 09/11/2011 21:45
Lieber Eckhard, die Unfassbarkeit der damaligen Verbrechen, die mit der Progomnacht begann, ist durch nichts zu überbieten und verdient und erfordert stete Erinnerung. Es kann aber nicht sein, dass aus der damaligen Verantwortung nur die Deutschen Lehren zu ziehen haben. Dies wird zwar gern eingefordert, doch das eigene Handeln befreundeter und weniger befreundeter „Globalplayer“ lässt nicht wirklich erkennen, dass man diesem hehren Anspruch wesentlich näher gekommen ist. Es kann auch die Schwere des Unrechts nicht immer nur an der Anzahl der Nullen bewertet werden, die die Zahl der geschundenen Menschen beziffert. Tod, Folter, Leid, Elend, Verletzung der Würde, Beraubung der Gegenwart und der Zukunft … und, und, und sind in jedem Einzelfall eine Tragik! Aber weltweit können wir ja leider nicht mal von Einzelfällen reden. Wir sehen täglich massenhaftes Unrecht um uns herum. Viele Regierungen/Völker stehen noch heute nicht zu ihren Taten von damals und sie und andere finden heute wieder/noch ihre „guten“ Begründungen für „notwendige“ Grausamkeiten. Vieles findet auch im Verborgenen statt. Uns fällt doch ohnehin nur auf die Füße, was sich gerade im Fokus der Medien befindet – und das ist leider oft genug auch mit wirtschaftlichem Interesse gepaart.Sind wir nun heute besser im nicht Wegsehen geworden?! Ich zweifle – leider auch an mir!
Gruß KD