Niemals würde ich in diesem Fall nach Afrika fliegen
Soll er doch da ohne Kittel bei den Damen leben .
Ich würde mich in Ruhe in der leeren Wohnung- mit neuen Schloss an der Haustür einrichten und mir erst einmal ein paar schnuckIelige Briefträger usw. einladen
Und würde mir denken Super.
I want to be free and Independent
Wow! Karl. Was für eine super Geschichte. Ich bin total geplättet. Nicht friesch aufgebügelt, sondern geplättet. Was für eine Schreibe! Erinnert mich an jemanden. Sobald es mir einfällt, schreib ich's dir. Also später. Vielleicht bist du das dann auch und schreibst hier inkognito. Das wäre ein Ding.
Beeindruckte Grüße, Maria.
Deine, Marias und meine - sind allesamt erfundene Geschichten. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und Anwesenden gleich gar, sind Zufall ...
Also gut, obs deine ist, hast du nicht explizit erwähnt. Das kann also durchaus ein knallharter Tatsachenbericht sein, Maria hat es mindestens in einem posting erwähnt und ich habs gleich mit dazugeschrieben ...
... im ersten flüchtigen Moment, weil ich die Überschrift nur überflogen hatte, dachte ich doch:
Wow! Diese erfundene Geschichte zum Bild von Karl H ist ja auch nicht von schlechten Eltern und las sie mit Begeisterung..
Ich kam also im ersten Moment nicht drauf, dass es keine erfundene Geschichte ist, weil hier ja sonst nur selbst erfundenene Geschichten stehen ...
Aber warum nicht mal eine gefundene Geschichte, die auch zum Bilde passt?
Wolfgang Hildesheimer:
Der hellgraue Frühjahrsmantel
Vor zwei Monaten - wir saßen gerade beim Frühstück - kam ein Brief von meinem Vetter Eduard. Mein Vetter Eduard hatte an einem Frühlingsabend vor zwölf Jahren das Haus verlassen, um, wie er behauptete, einen Brief in den Kasten zu stecken, und war nicht zurückgekehrt. Seitdem hatte niemand etwas von ihm gehört. Der Brief kam aus Sydney in Australien. Ich öffnete ihn und las:
Lieber Paul!
Könntest du mir meinen hellgrauen Frühjahrsmantel nachschicken? Ich kann ihn nämlich brauchen, da es hier oft empfindlich kalt ist, vor allem nachts. In der linken Tasche ist ein »Taschenbuch für Pilzsammler«. Das kannst du herausnehmen und behalten. Essbare Pilze gibt es hier nämlich nicht. Im Voraus vielen Dank.
Herzlichst dein Eduard
Ich sagte zu meiner Frau: »Ich habe einen Brief von meinem Vetter Eduard aus Australien bekommen.«
Sie war gerade dabei, den Tauchsieder in die Blumenvase zu stecken, um Eier darin zu kochen, und fragte: »So? Was schreibt er?«
»Dass er seinen hellgrauen Mantel braucht und dass es in Australien keine essbaren Pilze gibt.« - »Dann soll er doch etwas anderes essen«, sagte sie. - »Da hast du recht«, sagte ich.
Später kam der Klavierstimmer. Er war ein etwas schüchterner und zerstreuter, Mann, ein wenig weltfremd sogar, aber er war sehr nett, und natürlich sehr musikalisch. Er stimmte nicht nur Klaviere, sondern reparierte auch Saiteninstrumente und erteilte Blockflötenunterricht. Er hieß Kolhaas. Als ich vom Tisch aufstand, hörte ich ihn schon im Nebenzimmer Akkorde anschlagen.
In der Garderobe sah ich den hellgrauen Mantel hängen. Meine Frau hatte ihn also schon vom Speicher geholt. Das wunderte mich, denn gewöhnlich tut meine Frau die Dinge erst dann, wenn es gleichgültig geworden ist, ob sie getan sind oder nicht. Ich packte den Mantel sorgfältig ein, trug das Paket zur Post und schickte es ab. Erst dann fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, das Pilzbuch heraus¬zunehmen. Aber ich bin kein Pilzsammler.
Ich ging noch ein wenig spazieren, und als ich nach Hause kam, irrten der Klavierstimmer und meine Frau in der Wohnung umher und schauten in die Schränke und unter die Tische.
»Kann ich helfen?«, fragte ich.
»Wir suchen Herrn Kolhaas' Mantel«, sagte meine Frau.
»Ach so«, sagte ich, meines Irrtums bewusst, »den habe ich soeben nach Australien geschickt.« - »Warum nach Australien?«, fragte meine Frau. - »Aus Versehen«, sagte ich. - »Dann will ich nicht weiter stören«, sagte Herr Kolhaas, etwas betreten, wenn auch nicht besonders erstaunt, und wollte sich entschuldigen, aber ich sagte: »Warten Sie, Sie
können dafür den Mantel von meinem Vetter bekommen.«
Ich ging auf den Speicher und fand dort in einem verstaubten Koffer den hellgrauen Mantel meines Vetters. Er war etwas zerknittert - schließlich hatte er zwölf Jahre im Koffer gelegen - aber sonst in gutem Zustand.
Meine Frau bügelte ihn noch ein wenig auf, während ich mit Herrn Kolhaas ein Glas Sherry trank und er mir von einigen Klavieren erzählte, die er gestimmt hatte. Dann zog er ihn an, verabschiedete sich und ging.
Wenige Tage später erhielten wir ein Paket. Darin waren Steinpilze, etwa ein Kilo. Auf den Pilzen lagen zwei Briefe. Ich öffnete den ersten und las:
Lieber Herr Holle, (so heiße ich)
da Sie so liebenswürdig waren, mir ein »Taschenbuch für Pilzsammler« in die Tasche zu stecken, möchte ich Ihnen als Dank das Resultat meiner ersten Pilzsuche zuschicken und hoffe, dass es Ihnen schmecken wird. Außerdem fand ich in der anderen Tasche einen Brief, den Sie mir wohl irrtümlich mitgegeben haben. Ich schicke ihn hiermit zurück.
Ergebenst Ihr A. M. Kolhaas
Der Brief, um den es sich hier handelte, war also wohl der, den mein Vetter damals in den Kasten stecken wollte. Offenbar hatte er ihn dann mitsamt dem Mantel zu Hause vergessen. Er war an Herrn Bernhard Haase gerichtet, der, wie ich mich erinnerte, ein Freund meines Vetters gewesen war. Ich öffnete den Umschlag. Eine Theaterkarte und ein Zettel fielen heraus. Auf dem Zettel stand:
Lieber Bernhard!
Ich schicke dir eine Karte zu »Tannhäuser« nächsten Montag, von der ich keinen Gebrauch machen werde, da ich verreisen möchte, um ein wenig auszuspannen. Vielleicht hast du Lust, hinzugehen. Die Schmidt-Hohlweg singt die Elisabeth. du schwärmst doch immer so von ihrem hohen Gis.
Herzliche Grüße, Dein Eduard
Zum Mittagessen gab es Steinpilze. »Die Pilze habe ich hier auf dem Tisch gefunden. Wo kommen sie eigentlich her?«, fragte meine Frau. - »Herr Kolhaas hat sie geschickt.« - »Wie nett von ihm. Es wäre doch gar nicht nötig gewesen.«
»Nötig nicht«, sagte ich, »aber er ist eben sehr nett.«
»Hoffentlich sind sie nicht giftig. - Übrigens habe ich auch eine Theaterkarte gefunden. Was wird denn gespielt?«
»Die Karte, die du gefunden hast«, sagte ich, »ist zu einer Aufführung von ‚Tannhäuser’, aber die war vor zwölf Jahren!« - »Na ja«, sagte meine Frau, »zu ‚Tannhäuser’ hätte ich ohnehin keine große Lust gehabt.«
Heute Morgen kam wieder ein Brief von Eduard mit der Bitte, ihm eine Tenorblockflöte zu schicken. Er habe nämlich in dem Mantel (der übrigens seltsamerweise länger geworden sei, es sei denn, er selbst sei kürzer geworden) ein Buch zur Erlernung des Blockflötenspiels gefunden und gedenke, davon Gebrauch zu machen. Aber Blockflöten seien in Australien nicht erhältlich.
»Wieder ein Brief von Eduard«, sagte ich zu meiner Frau. Sie war gerade dabei, die Kaffeemühle auseinanderzunehmen, und fragte: »Was schreibt er?« - »Dass es in Australien keine Blockflöten gibt.« - »Dann soll er doch ein anderes Instrument spielen«, sagte sie.
»Das finde ich auch«, meinte ich.
Meine Frau ist von erfrischender, entwaffnender Sachlichkeit. Ihre Repliken sind zwar nüchtern, aber erschöpfend.
jule43 08/08/2016 21:36
Niemals würde ich in diesem Fall nach Afrika fliegenSoll er doch da ohne Kittel bei den Damen leben .
Ich würde mich in Ruhe in der leeren Wohnung- mit neuen Schloss an der Haustür einrichten und mir erst einmal ein paar schnuckIelige Briefträger usw. einladen
Und würde mir denken Super.
I want to be free and Independent
LG Jule
Klacky Goes South 08/08/2016 17:52
Ja, genau, immer gut überlegen und nicht übereilt daherreden.Bis später!
Maria Kaldewey 08/08/2016 16:59
Wow! Karl. Was für eine super Geschichte. Ich bin total geplättet. Nicht friesch aufgebügelt, sondern geplättet. Was für eine Schreibe! Erinnert mich an jemanden. Sobald es mir einfällt, schreib ich's dir. Also später. Vielleicht bist du das dann auch und schreibst hier inkognito. Das wäre ein Ding.Beeindruckte Grüße, Maria.
BridaC 07/08/2016 21:27
Dann verstehn wir uns ja .... für späterKlacky Goes South 07/08/2016 21:25
Das dachte ich mir schon.BridaC 07/08/2016 21:21
Nein ....später vielleicht ;-)
Klacky Goes South 07/08/2016 19:00
Am Ende willste noch behaupten, ich hätte den Kittel dort aufgehängt und so.BridaC 07/08/2016 18:58
Deine, Marias und meine - sind allesamt erfundene Geschichten. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und Anwesenden gleich gar, sind Zufall ...Also gut, obs deine ist, hast du nicht explizit erwähnt. Das kann also durchaus ein knallharter Tatsachenbericht sein, Maria hat es mindestens in einem posting erwähnt und ich habs gleich mit dazugeschrieben ...
Klacky Goes South 07/08/2016 18:53
Erfundene?Wo sind erfundene???
BridaC 07/08/2016 18:44
... ich konnte in meiner Lesegier nicht bis "später" warten ... es wurde ein "gleich" und "sofort"BridaC 07/08/2016 18:43
... im ersten flüchtigen Moment, weil ich die Überschrift nur überflogen hatte, dachte ich doch:Wow! Diese erfundene Geschichte zum Bild von Karl H ist ja auch nicht von schlechten Eltern und las sie mit Begeisterung..
Ich kam also im ersten Moment nicht drauf, dass es keine erfundene Geschichte ist, weil hier ja sonst nur selbst erfundenene Geschichten stehen ...
Aber warum nicht mal eine gefundene Geschichte, die auch zum Bilde passt?
Klacky Goes South 07/08/2016 17:35
Mann, das will in Ruhe gelesen werden.Bis später!
Karl H 07/08/2016 17:12
Wolfgang Hildesheimer:Der hellgraue Frühjahrsmantel
Vor zwei Monaten - wir saßen gerade beim Frühstück - kam ein Brief von meinem Vetter Eduard. Mein Vetter Eduard hatte an einem Frühlingsabend vor zwölf Jahren das Haus verlassen, um, wie er behauptete, einen Brief in den Kasten zu stecken, und war nicht zurückgekehrt. Seitdem hatte niemand etwas von ihm gehört. Der Brief kam aus Sydney in Australien. Ich öffnete ihn und las:
Lieber Paul!
Könntest du mir meinen hellgrauen Frühjahrsmantel nachschicken? Ich kann ihn nämlich brauchen, da es hier oft empfindlich kalt ist, vor allem nachts. In der linken Tasche ist ein »Taschenbuch für Pilzsammler«. Das kannst du herausnehmen und behalten. Essbare Pilze gibt es hier nämlich nicht. Im Voraus vielen Dank.
Herzlichst dein Eduard
Ich sagte zu meiner Frau: »Ich habe einen Brief von meinem Vetter Eduard aus Australien bekommen.«
Sie war gerade dabei, den Tauchsieder in die Blumenvase zu stecken, um Eier darin zu kochen, und fragte: »So? Was schreibt er?«
»Dass er seinen hellgrauen Mantel braucht und dass es in Australien keine essbaren Pilze gibt.« - »Dann soll er doch etwas anderes essen«, sagte sie. - »Da hast du recht«, sagte ich.
Später kam der Klavierstimmer. Er war ein etwas schüchterner und zerstreuter, Mann, ein wenig weltfremd sogar, aber er war sehr nett, und natürlich sehr musikalisch. Er stimmte nicht nur Klaviere, sondern reparierte auch Saiteninstrumente und erteilte Blockflötenunterricht. Er hieß Kolhaas. Als ich vom Tisch aufstand, hörte ich ihn schon im Nebenzimmer Akkorde anschlagen.
In der Garderobe sah ich den hellgrauen Mantel hängen. Meine Frau hatte ihn also schon vom Speicher geholt. Das wunderte mich, denn gewöhnlich tut meine Frau die Dinge erst dann, wenn es gleichgültig geworden ist, ob sie getan sind oder nicht. Ich packte den Mantel sorgfältig ein, trug das Paket zur Post und schickte es ab. Erst dann fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, das Pilzbuch heraus¬zunehmen. Aber ich bin kein Pilzsammler.
Ich ging noch ein wenig spazieren, und als ich nach Hause kam, irrten der Klavierstimmer und meine Frau in der Wohnung umher und schauten in die Schränke und unter die Tische.
»Kann ich helfen?«, fragte ich.
»Wir suchen Herrn Kolhaas' Mantel«, sagte meine Frau.
»Ach so«, sagte ich, meines Irrtums bewusst, »den habe ich soeben nach Australien geschickt.« - »Warum nach Australien?«, fragte meine Frau. - »Aus Versehen«, sagte ich. - »Dann will ich nicht weiter stören«, sagte Herr Kolhaas, etwas betreten, wenn auch nicht besonders erstaunt, und wollte sich entschuldigen, aber ich sagte: »Warten Sie, Sie
können dafür den Mantel von meinem Vetter bekommen.«
Ich ging auf den Speicher und fand dort in einem verstaubten Koffer den hellgrauen Mantel meines Vetters. Er war etwas zerknittert - schließlich hatte er zwölf Jahre im Koffer gelegen - aber sonst in gutem Zustand.
Meine Frau bügelte ihn noch ein wenig auf, während ich mit Herrn Kolhaas ein Glas Sherry trank und er mir von einigen Klavieren erzählte, die er gestimmt hatte. Dann zog er ihn an, verabschiedete sich und ging.
Wenige Tage später erhielten wir ein Paket. Darin waren Steinpilze, etwa ein Kilo. Auf den Pilzen lagen zwei Briefe. Ich öffnete den ersten und las:
Lieber Herr Holle, (so heiße ich)
da Sie so liebenswürdig waren, mir ein »Taschenbuch für Pilzsammler« in die Tasche zu stecken, möchte ich Ihnen als Dank das Resultat meiner ersten Pilzsuche zuschicken und hoffe, dass es Ihnen schmecken wird. Außerdem fand ich in der anderen Tasche einen Brief, den Sie mir wohl irrtümlich mitgegeben haben. Ich schicke ihn hiermit zurück.
Ergebenst Ihr A. M. Kolhaas
Der Brief, um den es sich hier handelte, war also wohl der, den mein Vetter damals in den Kasten stecken wollte. Offenbar hatte er ihn dann mitsamt dem Mantel zu Hause vergessen. Er war an Herrn Bernhard Haase gerichtet, der, wie ich mich erinnerte, ein Freund meines Vetters gewesen war. Ich öffnete den Umschlag. Eine Theaterkarte und ein Zettel fielen heraus. Auf dem Zettel stand:
Lieber Bernhard!
Ich schicke dir eine Karte zu »Tannhäuser« nächsten Montag, von der ich keinen Gebrauch machen werde, da ich verreisen möchte, um ein wenig auszuspannen. Vielleicht hast du Lust, hinzugehen. Die Schmidt-Hohlweg singt die Elisabeth. du schwärmst doch immer so von ihrem hohen Gis.
Herzliche Grüße, Dein Eduard
Zum Mittagessen gab es Steinpilze. »Die Pilze habe ich hier auf dem Tisch gefunden. Wo kommen sie eigentlich her?«, fragte meine Frau. - »Herr Kolhaas hat sie geschickt.« - »Wie nett von ihm. Es wäre doch gar nicht nötig gewesen.«
»Nötig nicht«, sagte ich, »aber er ist eben sehr nett.«
»Hoffentlich sind sie nicht giftig. - Übrigens habe ich auch eine Theaterkarte gefunden. Was wird denn gespielt?«
»Die Karte, die du gefunden hast«, sagte ich, »ist zu einer Aufführung von ‚Tannhäuser’, aber die war vor zwölf Jahren!« - »Na ja«, sagte meine Frau, »zu ‚Tannhäuser’ hätte ich ohnehin keine große Lust gehabt.«
Heute Morgen kam wieder ein Brief von Eduard mit der Bitte, ihm eine Tenorblockflöte zu schicken. Er habe nämlich in dem Mantel (der übrigens seltsamerweise länger geworden sei, es sei denn, er selbst sei kürzer geworden) ein Buch zur Erlernung des Blockflötenspiels gefunden und gedenke, davon Gebrauch zu machen. Aber Blockflöten seien in Australien nicht erhältlich.
»Wieder ein Brief von Eduard«, sagte ich zu meiner Frau. Sie war gerade dabei, die Kaffeemühle auseinanderzunehmen, und fragte: »Was schreibt er?« - »Dass es in Australien keine Blockflöten gibt.« - »Dann soll er doch ein anderes Instrument spielen«, sagte sie.
»Das finde ich auch«, meinte ich.
Meine Frau ist von erfrischender, entwaffnender Sachlichkeit. Ihre Repliken sind zwar nüchtern, aber erschöpfend.
Heide G. 07/08/2016 10:33
ich finde auch, alles ist wahr.Was? Na alles -wosai 07/08/2016 10:04
Das Bild ist echt super. Den Text lese ich dann später mal. Ährlich. :-)