Corona-Nächte #31

Corona-Nächte #31

St. Pauli ist ein Stadtteil, der eigentlich immer lebt. Hier trifft man auf einheimische Partygänger aus ganz Hamburg und dem nahen Umland, chronische Kneipengänger aus direkter Nachbarschaft allen Alters, Individualtouristen und Reisegruppen. Restaurants, Discotheken, die Rotlicht-Szene - überall treffen sich Menschen, um zu feiern, Spaß zu haben oder einfach nur, um nicht allein zu sein.
Nun jedoch ist St. Pauli wie unter Narkose. Es ist alles verrammelt und abgeklemmt, nur vereinzelt leuchtet eine Neonröhre und auf den Straßen sieht man fast nur patrouillierende Polizisten.
Hier wird für mich in besonderer Weise sichtbar, welch tiefgreifenden Veränderungen die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat.
Nur um die äußeren Veränderungen in unserem Leben zu dokumentieren, geht es mir bei meinem Projekt. St. Pauli ist dafür besser geeignet als jeder andere Stadtteil und dient so eigentlich nur als Mittel zum Zweck.
Andererseits ist es eine einmalige Gelegenheit, dieses Viertel einmal in Ruhe fotografisch zu erkunden.
Umso länger ich mich mit dem Thema befasse, umso größer werden die Fragen, die sich mir stellen.
Was ist mit all den Menschen, die dort arbeiten, sich eine Existenz aufgebaut haben?
Wie lange werden diese Menschen durchhalten?
Werden die Menschen nicht "verlernen", unbeschwert zu feiern - werden sie wiederkommen?
Wie deutlich werden die Bremsspuren aus der Perspektive von 10 Jahren sein und wie werden sie aussehen?
Schwer vorstellbar, dass unser Leben schnell in die gewohnten Bahnen zurückfinden würde, selbst wenn der Sieg über das Virus schnell gelingen würde.