Der Laierkastenmann
Drehorgeln wurden in Europa von Straßenmusikern und Gauklern, aber auch von Bänkel- und Moritatensängern nachweislich seit Beginn des 18. Jahrhunderts als Instrument benutzt. Eine Blütezeit erlebte die Drehorgel als Bettelinstrument in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Es diente dem staatlich unterstützten Broterwerb: Kaiserin Maria Theresia soll die erste gewesen sein, die Kriegsinvaliden nach dem Siebenjährigen Krieg Lizenzen erteilte, um „mit einer Drehorgel Erwerb zu suchen“. Im Jahr 1838 gab es in Wien etwa 800 dieser sogenannten Werkelmänner (Werkel = kleines Orgelwerk).
Preußen machte es später den Österreichern nach. Mit der Einführung der Gewerbefreiheit wurden Drehorgelspieler ab 1810 als Gewerbetreibende eingestuft und Bewilligungen erteilt. Allerdings hatten sehr viele Leierkastenmänner keine eigene Drehorgel, sondern mieteten das relativ teure Instrument bei Herstellern oder Verleihern zu einem festen Tagessatz. In Berlin galten außerdem bestimmte ordnungspolizeiliche Regeln, und manchmal mussten sogar Eignungsprüfungen abgelegt werden.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vergrößerte sich die Zahl der Drehorgelspieler stetig. Berlin entwickelte sich in dieser Zeit zu einer der Hochburgen des Drehorgelbaus in Deutschland, und bis zu 3000 Drehorgelspieler zogen durch die Berliner Straßen und Hinterhöfe. Wenn der Leierkastenmann auf dem Hinterhof mit seiner Drehorgelmusik angefangen hatte, öffneten etliche Bewohner erst einmal ihr Fenster, um Musik und Gesang besser hören zu können. Am Ende des Vortrags wurden oftmals sorgfältig in Papier eingewickelte Groschen (10-Pfennig-Münzen) auf den Hof geworfen.
GoPicturesBerlin 01/09/2015 9:54
Ein sehr gutes Streetfoto. Die Tonung gefällt mir. Die Hauptperson schön herausgearbeitet. V.Gr.Volker