Pelue


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Doppelschnorchel

oder so. Großbaustelle Aalborg im Norden Jütlands.
Da standen mehrere solcher Rollen an einem
provisorischen Parkplatz im besten Licht. Insofern
konnte ich nicht einfach so vorbeigehen.

Commenti 30

  • Pelue 14/04/2008 21:27

    Danke Rolf, Karin, Werner und Sigi! Ich schreib noch ne Antwort zum letzten statememt von Werner, brauche aber mehr Zeit dazu als ich gerade habe ;-)

    Martin
  • sibon 14/04/2008 20:27

    Das war ja eine sehr interessante Diskussion. Selten hier, aber lohnenswert. - Danach bin ich zum Bild zurückgekehrt und versuche nun mal meine Assoziation (in Kurzform) auszudrücken:
    Die Rundungen scheinen durch "die Beiden" (Schlauchenden) abgebrochen, als wenn sie einen (gemeinsamen) Zeitpunkt, Moment darstellen - gegenüber der Unendlichkeit der Spiralen oder des Kreises. - ... - Martin, deine Bilder haben in meinen Augen meist Tiefsinn... :-))
    LG Sigi
  • Werner Braun 14/04/2008 19:46

    @Martin:
    Dank für Deine ausführliche Replik. Schön, dass Dich mein Kommentar zu solcher hat hinreißen können. Ich wollte im Grunde allerdings nicht Dich als Bildautor mit meinem Kommentar anreden (obwohl ich Dich darin auch persönlich angesprochen habe, jedoch das mit eher allgemeinen Bezug auf Deinen Profiltext), ich wollte jene, die das Bild kommentieren, anregen, auch das auszusprechen bzw. niederzuschreiben, was sie darin lesen. Wenn Du Dich auf Deine eigenen Bilder beziehst, indem Du sagst, dass Du nur ungern das schreibst, was Du darin liest, dann tust Du sicher Recht daran. Müsste ich meine Bilder beschreiben, dann hätte ich besser gleich einen Text verfasst anstatt ein Bild zu fotografieren. Und als Autor liest Du Deine Bilder ohnehin nicht, Du schreibst sie (um die Metapher weiterzuspinnen).
    Ich denke wie Du, dass sich der Autor nicht unbedingt dessen bewusst wird, was er meint, wenn er fotografiert. Es gibt Themen, Konstellationen oder bestimmte Objekte, die ihm monate- oder jahrelang immer wieder beschäftigen. Und das Bild, nicht der Kommentar ist die Stellungnahme des Autors dazu (das heißt auch, dass sich der Autor zu dem Bild als ihm bestmöglichen Ausdruck bekennt). Aber ein Bildwerk hat zwei Lebensphasen: Die erste ist die Phase der Produktion, in dem es noch ganz seinem Autor gehört, wo er allein über sein Werden und Aussehen bestimmt. Die zweite Phase ist die der Rezension, die einsetzt, sobald das Bild in irgendeiner Form publiziert wird. Dann gibt es der Autor aus der Hand und die Betrachter beginnen, sich über das Bild zu äußern. Je intensiver und ja, auch je pluralistischer diese Rezension ist, desto mehr gewinnt das Bild an Wert, desto mehr wird an ihm erfahrbar, was der Autor - unbewusst wahrscheinlich - hineingelegt hat. Es sind also die Rezensenten aufgerufen, das Wachstum und den Wert des Bildes weiter zu fördern. In Wahrheit ist kein Bild Abbild der Wirklichkeit. Indem es den Ausschnitt einer dreidimensionalen Wirklichkeit schon des Zusammenhangs mit der Welt außerhalb des Sucherbilds beraubt und darüber hinaus diesem Ausschnitt auch eine Dimension nimmt, schafft es das Bild - mehr als die Wirklichkeit abzubilden - ein ganzes Spektrum von Möglichkeiten zu initialisieren. Das Bild ist also wie ein Puzzle-Teil, der zwar der Wirklichkeit entnommen ist, aber in viele andere Puzzles paralleler Möglichkeiten passt. Und selbst wenn der Autor eine oder einige dieser Möglichkeiten tatsächlich bei der Aufnahme im Sinn gehabt hätte, so bleiben viele andere, die darüber hinaus noch in dem Bild schlummern und die ein Rezensent vermögens anderer Zugänge zum Bild, anderer Lebenssituationen, anderer sozialer Lebensumstände, anderer Erfahrungen und anderer Bildung sichtbar machen könnte. Erst die Sichtbarmachung mehrerer oder vieler dieser Möglichkeiten ließe das Bild wachsen - und die Entdeckung der Gemeinsamkeit seiner Möglichkeiten machten es abstrakt im eigentlichen Sinn, nämlich entkleidet von speziellen Bedeutungen (wie etwa "Eiffelturm"), dafür aber als Abbild einer allgemeinen (oder universellen) Bedeutung, wie etwa "Einsamkeit", "Sehnsucht" oder anderer Abstrakta, die durchaus nicht eine hundertprozentige Wortentsprechung haben müssen. Denn auch deshalb ist ein Bild ein Bild und kein Wort.
    Ich wollte damit auch darauf hinweisen, dass sich möglicherweise hinter Deiner geäußerten Zufriedenheit mit einer Aufnahme, die Du als formal gelungen hältst, mehr verbirgt als die Freude an gelungenen Farbe/Form-Verhältnissen. Könnte sich dahinter nicht etwa die Erfahrung von Harmonie verbergen? Ästhetik ist doch sinnliche Erkenntnis, also Erkenntnis nicht auf dem Weg des Denkens wie in der Philosophie, sondern durch Sinneseindrücke, im Falle eines Bildes klarerweise durch visuelle Eindrücke. Harmonie weist immer auf Ordnung hin - und die Erfahrung von Ordnung gibt dem Menschen das Gefühl von Sicherheit, das wieder Zufriedenheit vermittelt. Verhält es sich mit abstrakter Malerei, der Du ja anhängst, nicht ebenso? Gibt man einem Kreis die Freiheit, das heißt, befreit man ihm davon, Abbild der Sonne, eines Balls, eines Kanaldeckels oder sonst eines runden Gegenstandes zu sein, so legt man in ihn auch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die alle am Ende vielleicht in die Erkenntnis von Geschlossenheit, von Unendlichkeit (Kreisumfang) oder auch anderer Abstrakta münden. Wenn Dich ein abstraktes Gemälde anspricht, dann nicht deshalb, weil es (gegenständlich) nichts darstellt, sondern weil es Vieles darstellen könnte, das alles etwas gemeinsam hat - ein universelles Grundmuster, das Du sinnlich (visuell in diesem Fall) erkennst. Man möge mir die Vereinfachungen verzeihen. Es geht natürlich nicht um bloß um einen Kreis, es geht um Farb- und Formkombinationen, um Nuancen und insgesamt um viel komplexere Strukturen, auf die einzugehen hier nicht der Platz ist. Mir scheint die Idee abstrakter Malerei zu sein, die Elemente, aus welchen sich ein Bild fügt (also Formen und Farben), davon zu befreien FÜR etwas (Konkretes) zu stehen. Sie dürfen nun für sich selbst stehen - weil sie so das Abstraktum, das ihnen (gleichsam wesenhaft) innewohnt, besser erfahrbar machen können. Und insofern das Abstraktum auch Teil ihres Wesens ist, stehen die Elemente in der abstrakten Malerei für sich selbst und nicht für irgendein konkretes Ding.
    L'art pour l'art meint, glaube ich, etwas anderes. Es geht um die Befreiung der Kunst von der Beeinflussung durch Auftraggeber. Nur der Künstler sollte, frei von allen von außen gesetzten manipulativen Maßnahmen, über sein Werk entscheiden. Und das Kunstwerk sollte nur um seiner selbst willen entstehen, nicht um eine, in einem anderen Rahmen vorgegebene Funktion zu erfüllen. Dass es sich deshalb auch seines Sinns entledigen darf, so versteckt dieser auch sein mag, scheint mir in dieser Forderung nicht enthalten. Andernfalls wäre das die Legitimation für jede Scharlatanerie. Indem Du Dich als Amateur deklarierst, also Fotografie zu Deinem Plaisir betreibst, ohne damit Deinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen, scheinen in Deinem Fall alle Vorausetzungen für l'art pour l'art ohnehin gegeben.
    Dass das Lesen eines Bildes mit dem Formalen anfängt, darin stimme ich Dir zu. Auch das Lesen eines Buches fängt damit an, dass wir die Form der Glyphen wahrnehmen und ihnen - wie wir es gelernt haben - einen Lautwert zuordnen. Aus einer Reihe dieser Lautwerte formen wir Wörter, die Wörter verbinden wir zu Text und diesem entnehmen wir Sinn. Analog dazu beschränken wir uns beim Bilderlesen meist darauf, die Form der Buchstaben zu bewundern.
    Ich habe doch hoffentlich nicht den Eindruck erweckt, ich wäre der Meinung, dass das Was-Gestalten das Wie-Gestalten ausschließen müsse. Wüsste ich, was ich gestalte, aber machte ich mir keine Gedanken darüber, wie ich es gestalte, so würde das Ergebnis dem ästhetischen Anspruch (nach sinnlicher Erkenntnis) nicht genügen können. Wäre andererseits nichts da, was ich gestalten wollte, was sollte dann bei noch so viel Bedacht auf die Form (sinnlich) erkennbar werden? Natürlich kann das Was des Gestaltens auch im Unbewussten liegen. Ich schätze, das äußert sich dann in einem gewissen Reiz, der den Auslösefinger jucken lässt und in dem Reflex, der einem den Sucher aufs Auge drückt. Ich denke, das haben wir alle schon erlebt. Aber weil der Sinn der Aufnahme nicht in unser Bewusstsein dringt, bedeutet das nicht, dass es ihn nicht gibt. Es ist aber immerhin möglich, dass wir ihn später über eine Rezension des Bildes plötzlich begreifen. Auch das habe ich schon erlebt. Man kann sich beim Fotografieren sowohl von einer konkreten Absicht leiten lassen als auch von Reizen und Impulsen. Beides ist sinngeleitet. Wir können also durchaus auch unserer Intuition vertrauen. Aber nur auszulösen, weil man schon einmal da ist, das ist wohl die "digitale Geschwätzigkeit", von welcher Du sprichst.
    Ich weiß (vielmehr: ich glaube zu wissen), was Walter Benjamin mit dem von Dir zitierten Satz gemeint hat, aber um nicht noch einen ganzen Diskussionsbereich aufzureißen, habe ich mich ausschließlich auf Dein Zitat bezogen (das ja auch nicht relativiert ist). Das Unvermögen der Fotografie, das hier behauptet wird, ist in Wahrheit ein Unvermögen der Fotografen, die sich allzu leicht und allzu gerne auf die technischen Möglichkeiten ihres Equipments einlassen und über die Faszination des Spielzeugs das sinnbehaftete Bild als Ergebnis vergessen. Auf einem anderen technischen Niveau trifft das für Benjamins Zeitgenossen genauso zu wie für uns. Ein solcher Umgang mit neuen technischen Möglichkeiten scheint ein zutiefst menschlicher Wesenszug zu sein, auch über die Zeiten hinweg. Das erklärt meiner Ansicht nach auch die Aktualität des Zitats.
    Was ich aber schon in meinem ersten Kommentar ansprechen wollte, ist unser Umgang mit den Bildern als Rezensenten. Meiner Beobachtung nach lassen wir sie in ihrer zweiten Lebensphase verkümmern, wir merken technische oder gestalterische Details an, aber nichts rührt an das Wesen des Bildes.

    @Karin:
    Tut mir leid, wenn ich Dich schon wieder erschreckt habe :-)

    lg Werner
  • KaPri 14/04/2008 0:22

    erstmal: ich freu mich, dass Werner "wieder da ist". seine anmerkungen les ich gerne, auch wenn mich ihre länge oft erst erschreckt... ;-)
    sowohl in seinen als auch in deinen ausführungen kann ich nachlesen, was mich selbst nur intuitiv dazu treibt, ein bild zu machen... und es so zu machen, wie ich es letztlich mache.
  • Rolf Endermann 13/04/2008 20:44

    Klasse Martin,mit dem normalen Blick kommt man hier nicht klar,man muß schon den doppelten haben und den hast Du hier mal wieder eindrucksvoll bewiesen.
    Ciao ROLF
  • Pelue 12/04/2008 23:56

    Nachtrag wegen einer QM-Frage zum Himmel: Der sah so abgerissen-scharfkantig aus. An dem Tag trübte es sich so allmählich ein, und die Schleier waren die ersten Vorboten.

    Martin
  • Pelue 12/04/2008 23:49

    Danke Euch für die Kommentare von heute!

    @Werner
    Für Deinen Text einen herzlichen Dank. Du sprichst sehr viel von dem an, was mich seit längerer Zeit bewegt, wenn ich mir über mein Selbstverständnis als Fotograf Gedanken mache. Ich will mal versuchen, der Reihe nach auf Deine Argumente einzugehen.

    1. Zu den Paaren
    Ich habe seit Jahren eine Dauerserie im Kopf, Thema: Paare, 2, Verdoppelung ... um diese Begriffe kreisen meine Ideen. Wenn ich etwas sehe, was dazu passt, fotografiere ich. Das können zwei Jets ein, das können 2 Bäume sein, das können aber auch so skurile Dinge sein wie dieses Doppelrohr hier. Frag mich nicht, warum mich das interessiert, ich weiß es nicht genau, mag allenfalls Vermutungen anstellen, die Deinen sehr ähnlich sind. Ich assoziiere manchmal spontan Menschliches, manchmal aber auch Yin & Yang, Harmonie, Disharmonie usw. - wie Du auch. Ich empfinde es als ungeheuer spannend, mich auf diese Weise vermeintlich banalen Motiven zu nähern.


    2. Zum Formalen und zum Lesen eines Bildes
    Liest man so ein Foto - um auf Deinen Anspruch zu reagieren - , entdeckt man mit einem Male, dass sich hinter Formalia Geschichten, Ideen, Aussagen verbergen (können), die sich allerdings erst auf den zweiten Blick (also fc-widrig) erschließen und die unterschiedliche Betrachter für sich durchaus unterschiedlich interpretieren können.

    Auf den ersten Blick ist das Foto hier banal, und deshalb verstehen auch viele Leute nicht, warum man "sowas" fotografiert. Der Witz liegt aber darin, dass da eben zwei Rohrenden zu sehen sind. Und damit kann man schon spekulieren: Liegen auf der Rolle 2 Schläuche, oder handelt es sich um Anfang und Ende eines einzigen Teils? Natürlich sind das erst einmal formale Aspekte, aber sie bringen Spannung in die Aufnahme. Genauso funktioniert das hier mit den anderen formalen Elementen: Der Blau-Orange-Kontrast ist ein klassischer, zudem ist Himmelblau ein Klischee, das immer anzieht. Die Nagelreihen sind sind genauso von Bedeutung, weil sie einen eleganten Schwung aufweisen, der für die Gestaltung der Aufnahme nicht ohne Bedeutung ist. Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang als störende Elemente auch die Klebstreifen. Die Diagionale hab ich nicht vergessen, sie war schließlich Anlass für die Wahl der Sektion. Ich mag diese Sektion sehr und nutze sie viel. Ich befördere damit zwar erst einmal die bloß formale Herangehensweise an eine Aufnahme, aber ich mach das oft genug mit einem Augenzwinkern. Ich nehme die Sektionen sowieso allenfalls nur halbernst.

    Das Lesen eines Bildes fängt also mit dem Formalen an. Das schult den Blick, macht sensibel, und wenn man ein gutes Foto gemacht hat, ist die Erschließung des Formalen dann einer der Schlüssel zur inhaltlichen Erschließung.

    "Was gestalte ich?" vs. "Wie gestalte ich?" ist ein Fragenpaar, das für mich keinen Ausschließlichkeitscharakter aufweist: Für mich ist Beides wichtig, manchmal habe ich Spaß an bloß Formalem, manchmal sehe ich eine Idee und frage mich, wie ich sie formal so ansprechend gestalten kann, dass ein Bild draus wird, bei dem das Publikum nicht gleich gähnt. Als Amateur bin ich übrigens oft genug schon zufrieden, wenn mir ein "Wie gestalte ich?-Foto" gelungen ist, und dann stehe ich auch zum l'art pour l'art. Manchmal liegt der Sinn eines Bildes darin, formal sehr ausgewogene Farben und Flächen ins Bild zu setzen - ohne weitere Bildaussage. Das macht schließlich eine der Ideen abstrakter Kunst aus.

    Sicher bedeutet das objektiv gesehen allerdings eine bestimmte Art und Weise der Auseinandersetzung mit der Realität. Es ist eine besondere Form ästhetischer Aneignung dessen, was uns umgibt. Reduktion & Klarheit, um Wesentliches zu erkennen und darzustellen, Weglassen allen formalen Ballasts ... dahinter verbirgt sich schließlich ne ganz Menge Theorie. Du wirst nicht überrascht sein, wenn ich Dir sage, dass mich die Art und Weise, in der die Bauhausschule gesehen und gestaltet hat, fasziniert. Ich bin zudem ein Anhänger abstrakter Malerei.

    3. Zu Benjamin
    Benjamin konnte ja nun nicht ahnen, in welcher Art und Weise sich die Fotoapparate-Technik weiter entwickelt. Interessanter Weise bekommt aber das Zitat auf meiner Profilseite angesichts der Entwicklumng digitaler Fotografie und digitaler Bildbearbeitung eine ungeheure Aktualität. Mit Geschwätzigkeit meine ich deshalb nicht generell das, was aus einer digitalen Kamera heraus kommt, sondern das, was sie AUCH anrichten kann: Die Produktion einer sinnlosen Bilderflut ohne Ende, einer Bilderflut, die uns letztlich abstumpfen lässt und das Bilderlesen damit unmöglich macht. Die Fotografie kann aber grundsätzlich sehr wohl menschliche Zusammenhänge fassen, auch die digitale. Das würde Benjamin auch nie bestreiten, es ging ihm ja nicht generell um jede Art der Fotografie. Er war schließlich einer, der von Fotografie begeistert war.

    Ich mag ungern unter ein Foto schreiben, wie ich es lese. Ich mag aber Titel, die Hinweise geben. Ich halte sie für sehr wichtig, gerade angesichts der Bilderflut. Sie regen nämlich zum Bilderlesen an, weil es die Bilder alleine kaum noch schaffen, sie brauchen einen KonTEXT ...

    Zum Schluss noch ein Hinweis zum Lesen (zumindest eine Teils) meiner Bilder: Mich interessiert das Ästhetische im Unästhetischen. Ich such mir oft Hässliches und versuche dann, Details zu sehen und zu "komponieren", die neue Welten schaffen. So eine Schlauchrolle wie hier ist hässlich und trivial, aber man kann durch Kameraposition, Licht und Wahl des Ausschnitts eine Bildwelt kreieren, die weit weg ist von dem, was ursprüngliches Objekt war. Man macht die Welt damit schöner als sie ist und zeigt damit, dass es einiger Kunstgriffe bedarf, um die Welt wieder schön zu machen. Man sagt also etwas aus über Hässlichkeit, indem man Schönes produziert. So einfach und so kompliziert ist das.

    Gruß von Martin
  • Werner Braun 12/04/2008 21:27

    Ich bin etwas sensibilisiert durch die Arbeit eines anderen fc-Users, der eine Kleinserie mit "Paaren" publiziert hat. Vermögens dieser Sensibilisierung stechen mir jetzt Bilder ins Auge, die Paare in vielen möglichen Formen und Situationen zeigen, meist ohne bewusste Absicht des Autors. Erstaunlich, wieviel man dabei entdeckt - selbst bei meinen eigenen Bildern. Mir scheint das ein Ansatz zu sein, Bilder zu lesen, allerdings nur einer von vielen. Paare können auftreten als Gegensätze ebenso wie als harmonisches Arrangement, sie können entgegengesetzte Dynamik entwickeln und dadurch insgesamt statisch-labil werden, sie können aber ebenso ihre Kraft und Richtung vereinen und sie solchermaßen verstärkt dem Betrachter aufzwingen. Sie können noch vieles mehr. Aber immer ist ein Bild, welches ein Paar zeigt, Abbild einer Beziehung. Es könnte (und der Konjunktiv ist hier wichtig) die Projektion einer menschlichen Beziehung sein, es könnte sich aber auch ein universelles Prinzip darin spiegeln. Drückt sich eine solche nicht etwa in Yin und Yang aus, in einem perfekten Gegensatzpaar, das sich zu einer vollkommenen, geschlossenen Einheit ergänzt?
    Aber was drückt sich aus in einem gleichgeschalteten Paar?
    Gemeinsam geschlungen um einen runden Kern winden sich die Partner nach außen, um endlich der gewickelten Wiederholung zu entrinnen. Gemeinsam gelingt es und nun richten sich zwei Schlauchenden gegen die Grenzenlosigkeit des Himmels, gegen die Freiheit. Oder nur einer Illusion entgegen? Denn grenzenlos ist nur der Himmel. Die Schläuche sind zu Ende, sobald die Grenzenlosigkeit sichtbar wird. Dramatisches Scheitern angesichts der Freiheit? Das wäre auch ein Ansatz des Bild-Lesens, wenn es nur ein einziges Schlauchende wäre. Aber inwiefern verändert es die Konstellation, da es sich um ein Schlauchpaar handelt?

    "Die Diagonale als gestalterisches Mittel", so ist doch wohl der Titel der Sektion. Das vermittelt den Eindruck, als wäre die Frage der Gestaltung und die dabei eingesetzten Mittel die zentrale Frage des Bildes ab dem Augenblick, an welchem die technischen Fragen von der Automatik der Kamera oder dem Vermögen ihres Operators gelöst sind. Aber sollte die zentrale Frage nicht eher lauten "Was gestalte ich?" statt "Wie gestalte ich?"?
    Nicht, dass ich die Frage des Wie-Gestaltens für obsolet hielte, aber in meinem Verständnis ist sie nicht aktuell - solange nicht die Frage des Was-Gestaltens bewusst oder unbewusst beantwortet ist. Die Form, die wir als Ergebnis der Gestaltung verstehen, ist tatsächlich eine wichtige Komponente des Bildermachens, aber sie ist Katalysator des Inhalts und würde ohne dessen Vorhandensein ins Leere katalysieren.
    Wie beziehen sich die beiden Schlauchenden aufeinander? Und welcher Situation gleichen sie in dieser Beziehung? Das sind die Fragen, die sich mir angesichts dieses Bildes stellen (und die noch nicht beantwortet sind). Und dabei sind die Farbgestaltung, die Aufteilung, welche fast die ganze obere Bildhälfte dem Himmel einräumt, der Anschnitt der Schlauchtrommel unten, das Halbrund der Holzscheibe alles wichtige Komponenten, die beitragen zur Beantwortung der eben gestellten Kernfragen des Bildes, aber manieristischer Klimbim, wenn diese Fragen (oder andere) nicht gestellt werden.
    Reduzierte ich den Inhalt auf den Informationsgehalt über das Dargestellte (Sie sehen hier eine Schlauchtrommel!), so wäre die Bildaussage banal. Umgekehrt: Gerade weil ein banales Objekt dargestellt ist, so drängt sich die Frage nach dem Sinn des Bildes auf, den zu erkennen im Abbild einer Schlauchtrommel sich der Betrachter weigert. Aber erschöpft sich dann in der bloßen Tatsache, dass es sich hier um eine diagonale Komposition handelt oder um eine gelungene Farbzusammenstellung oder um eine perfekte Umsetzung des goldenen Schnitts das, was das Bild hergibt?

    Versuche ich, Martin, dem Motto gerecht zu werden, welches Du, indem Du Walter Benjamin zitierst, an den Beginn Deines Profils stellst, so müsste ich diese Frage mit "Nein" beantworten. "Komposition aus Blau und Orange" oder auch "Diagonale als Gestaltungsmittel" sind nur Medien, die einen Gehalt befördern. Kümmern wir uns nicht um den Gehalt, so befördern sie nichts - und Du hättest Recht mit der "digitalen Geschwätzigkeit", leere Worte für Bilder, deren Sinn sich in ihrer Gestaltung erschöpft. Warum beginnen wir nicht, Bilder zu lesen - und das, was wir gelesen haben, darunter zu schreiben? Denn ich glaube nicht, dass die Fotografie "nicht einen der menschlichen Zusammenhänge fassen kann, in denen sie auftritt". Das mag heute - noch mehr als zu Walter Benjamins Zeiten - zutreffen auf gewerbsmäßige Zweige der Fotografie, welche die Werbung illustieren. Aber es lässt sich nicht verallgemeinern - und letztlich liegt es an uns, wie sehr wir uns auf die Bilder, die wir sehen einlassen, wie sehr wir bereit sind, sie nicht nur unter ihrem gestalterischen Aspekt zu betrachten, sondern sie auch zu lesen.
    Das vermisse ich und das wollte ich wieder einmal anregen, und das hier vorgestellte Bild - aber nicht nur dieses - scheint mir als Ort dafür geeignet.

    lg Werner
  • Sabine Lommatzsch 12/04/2008 13:21

    Wunderbare Farben, aufstrebendes Ensemble.
    Macht gute Laune!
    Danke.
    Viele Grüße
    Sabine
  • Volker Dehn 12/04/2008 10:15

    Erst der orangene Handschuh, jetz dieses tolle Bild der orangenen Rollen.
    Bei Dir macht die Farbe orange Spass ;-)
    VG Volker
  • Werner Sperl 12/04/2008 6:50

    Klasse, so was mag ich!
  • Pelue 11/04/2008 23:45

    Danke für's Schreiben & Anschauen!

    Martin
  • Karl-Heinz Omet 11/04/2008 23:20

    toll mit Blau und Orange :-)
    LG
    Karl-Heinz
  • Volker - H 11/04/2008 21:47

    Himmelwärts.
  • Peter M Heinrichs 11/04/2008 21:04

    Schnitt und Farbkombi sind sehr gut und ich mag die vielen gleichlaufenden Bögen. Besonders die beiden Nagelreihen sind prima.
    lg
    Peter

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