Danke Papa

Danke Papa

...Du warst ein wunderbarer Mensch.

Großzügig, voll von Energie, manchmal zickig, impulsiv, mit Ideen, überraschend, beruhigend, lustig, verständnisvoll, gelassen, entspannt, junggeblieben, ordentlich, nachdenklich, belesen, und so Vieles mehr...

Etwas mehr als ein Jahr nach Deinem überraschenden plötzlichen Tod haben Mama und ich ganz langsam unseren Weg zurück ins Leben gefunden.
Wir haben aber auch gemerkt, daß es nie wieder dasselbe sein wird.
Es gibt kaum noch Selbstverständliches, wir planen ncht mehr für längere Zeit, höchstens noch ein paar Monate.
Unser Urvertrauen ins Leben haben wir mit Dir verloren.
Wie ein Zug, aus dem man plötzlich aussteigen mußte und den man neben dem neuen Zug in dem man dann sitzt fahren sieht.
Und wir wollten unbedingt wieder zurück...

Vieles hat sich komplett verändert ohne Dich und wir haben uns auch verändert.
Wir denken oft an Dich. Was Du zu manchem sagen würdest, was Dein Rat an uns wäre.
Aber da ist nichts mehr und in solchen Momenten kommt es uns vor wie gestern als Du allein und ohne Ankündigung gegangen bist.
Ein bißchen hilft uns, das Du es selbst nicht gemerkt hast, mitten aus dem Leben gerissen.
Und vorher noch den Rasen gemäht. So warst Du auch: Ordentlich, genau und sorgsam.
So schlimm es auch für uns ist, wir gönnen es Dir, wenn es schon sein mußte.
Aber so früh, Mitte 60 ist doch kein Alter.
An diesem Tag ist für viele Menschen die Welt auch kurz stehen geblieben: Deine Kollegen,
die Kinder, die Du morgens noch zur Schule gefahren hattest, die Freunde, Verwandte.
Mama und ich fühlen uns als Übriggebliebene.
Und deswegen wird es Dich, solange wie wir leben auch geben, mit uns, bei uns.

Dieses Bild von Dir und der Nordsee steht in unser beider Wohnungen.
Es zeigt Dich, wie Du dort immer warst: in Dir ruhend, entspannt und fähig zum Genuß.
Wie sehr ich Dich vermisse weiß ich jetzt erst.
Wir würden so gerne mal wieder mit Dir lachen.
Wenn ich in meinem Auto fahre, bist Du dabei, schließlich hast Du es für mich gefunden
und daß es Dir auch gefallen hat, machte mich stolz.
Es war Luxus sich auf Deine Zuverlässigkeit verlassen zu können,
das was unmöglich schien hast Du in Ordnung gebracht ohne darüber zu sprechen.

Ich weiß nicht wo das letzte Jahr geblieben ist, als wäre es nicht uns passiert.
Ich habe lange gebraucht, um wirklich zu begreifen, daß Du nicht wieder kommst und manchmal passiert es heute noch,
das ich denke, ich besuch euch wie meist am Wochenende.
Und dann kommt die Leere.
Die Lücke ist nicht zu schließen und wir wollten das auch nie.
Für die schönen Jahre ist das der Preis.

Ich hoffe, daß Du eins weißt:
Das was Du mir hinterlassen hast, trage ich mit mir, wo auch immer ich sein werde.

Deine Energie, mit 60 Jahren noch den Reisebusführerschein zu machen und jeden Tag mit Freude um 5:00 aufzustehen,
um zu fahren, das warst Du auch.
Das Autofahren lieben wir beide.
Deine Lebensfreude ist für mich Ansporn und Vorbild zugleich.
Ich glaube, das die letzten 5 Jahre für Dich die schönsten waren.
Weg von all dem Stress und etwas zu tun, das Spaß und auch glücklich macht.

In all der Trauer macht es mich glücklich und ich bin dankbar und froh daß wir drei noch zusammen über Dein neues Fahrrad gesprochen haben und daß Du es Dir auch bestellt hast, das war ein wunderbarer Tag damals.
Und heute fahre ich es und Du bist dabei.

Ich betrachte meinen Zug und kann sagen, daß ich langsam beginne, mich darin wohl zu fühlen.
Er ist der einzige, der mir zur Verfügung steht, also mache ich es wie Du: So ist die Situation und ich versuche eine Lösung zu finden.
Es wird noch lange dauern und mir nicht immer gefallen, aber ich bin auf dem Weg.
Den alten Zug, mein altes Leben sehe ich immer noch aber irgendwann werde ich die Weiche stellen und ihn davon fahren und auch loslassen.
Dich nicht.

Ich wünsch Dir was, Papa.
Sonne, Strand, Wellen, Küstennebel, einen Strandkorb, Sonnenuntergänge und Frieden.
Grüß Oma, all unsere Tiere und hab eine gute Zeit bis wir uns wiedersehen.
Ich werde meine Lebensreise fortsetzen und hoffe irgendwann wieder über Dein Lachen zu lachen.
Und bis dahin, hab Dank für so Vieles und sei Dir sicher daß Du immer bei uns bist und wir Dich nicht vergessen.
Deine Art der Begleitung war so subtil, daß sie im Leben nicht aufgefallen ist, jetzt umso mehr.

Ich weiß, daß ich alleine gehen können muß und ich will es.
Meine, manchmal zitternden Beine tragen mich und ich werde nach einem Jahr Stillstand wieder gehen auch wenn es manchmal weh tut.
Ich gehe nicht weg von Dir aber wieder hin zu mir.
Weil ich mit den Erinnerungen an Dich leben kann und mit mir leben können muß.
Weil meine Erinnerung an Dich dazu geführt hat, daß ich mich traue, Neues zu wagen,
weil ich nicht mehr diesselbe bin wie letztes Jahr.
Und Du fehlst mir.

Manche sagen:
Für die, die gegangen sind, ist ein Jahr des menschlichen Lebens nur ein Augenblick.
Dann bis nachher.

Deine Tochter...