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Depressionen sieht man nicht

Depressionen sieht man nicht

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Miriam Pollmann


Premium (Basic), Siegburg

Depressionen sieht man nicht

Dieses Bild soll nicht erschrecken. Dieses Bild soll eine Lanze brechen. Es soll einladen zum Gespräch, damit Barrieren abgebaut werden.
Keine Tabus mehr an Stellen, an denen das Tabu tödlich sein kann - lasst uns mit einander ins Gespräch kommen und achtsam sein für das Wesentliche, das uns sonst so gerne entgeht, weil unsere Zeit und manchmal auch unsere Gesellschaft zuweilen zu schnellebig und oberflächlich geworden sind.

Ich danke einem lieben Menschen für folgenden Text und dem Fotografen für die bildliche Umsetzung:

"An meiner Depression war niemand Schuld.
Aber meine Depression war Schuld, dass ich beinahe viele Menschen in meinem Umfeld unglücklich gemacht hätte.

Natürlich habe ich das so nicht gesehen. Nein, falsch: Ich wollte das so nicht sehen.
Dass ich aber dennoch irgendwie wusste, dass es Menschen gibt, die leiden würden, wenn ich ginge, verrät spätestens die Tatsache, dass ich meine Depressionen stets für mich behalten habe. Niemand sollte wissen, dass das Leben mir gerade keinen Spaß machte.

Wie sollte man auch erklären, was man sich selbst nicht erklären konnte? Oder wie soll man erklären, dass man diesen Zustand, sich zu isolieren und sich elend zu fühlen... dass man diesen Zustand vielleicht sogar gerade genießt?

Ich glaube, jeder von ihr Betroffene hat seine eigene Depression. Wie bei allen psychischen und nicht anders als bei den meisten körperlichen Erkrankungen gibt es kein Mittelchen, das jedem hilft. Und manchmal will man auch einfach keine Hilfe.

Ich glaube auch, dass Depressionen nach wie vor eine unterschätzte Krankheit sind, gerade weil man sie nicht sieht, weil die Betroffenen sie verstecken. Und warum verstecken wir unsere Depression? Weil sie nach wie vor ein Tabuthema ist. Ein Ding, über das sich niemand zu sprechen traut, weil niemand weiß, wie er damit umzugehen hat.

Wie aber lernt man Umgang mit unbekannten Dingen? Wie sollen wir Verständnis für Dinge zeigen können, die uns niemand erklärt? Und drehen wir uns nicht im Kreis, wenn wir alle immer nur darüber schweigen?

Meine Depression hat mich lange Zeit begleitet.
Zur Zeit hält sie sich dezent zurück und lässt mich das Leben genießen, und ja: Das Leben ist verdammt schön!

Aber es wird auch immer wieder Momente für mich geben, in denen ich das nicht so sehe - wenn ich mich für eine Weile mit der Depression an einen Tisch setzen muss und meinen Umgang mit ihr finden muss. Wenn ich kurzzeitig mal wieder nicht sehen will oder kann, wie schön das Leben ist. Momente, in denen ich mir selbst wieder verraten muss, dass ich mich mag und mir wichtig bin.

Sicherheit im Umgang miteinander können wir Menschen - Betroffene wie Angehörige oder Dritte - nur bekommen, wenn wir vorurteilsfrei und offen miteinander umgehen. Und wenn wir uns trauen dürfen zu sprechen.

Und Depressionen sind darin nichts Anderes als jede andere Erkrankung auch. Der Umgang mit ihnen, ihre Behandlung und ihr Ausgang ist nichts Anderes als jede andere Erkrankung auch. Und wie bei jeder anderen Erkrankung auch stellt sich vor allem keine Schuldfrage. Nie."

Commenti 23

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  • Martin B aus E 19/04/2020 8:36

    Hallo Miriam,ich bin grade beim rumklicken förmlich über dein Bild gestolpert.
    Sehr eindrucksvolles Bild ,noch mehr aber der Text.
    Wir hatten im Bekanntenkreis ein junges Mädchen das leider nicht den Weg heraus aus ihrer Depression gefunden hat.
    Erst nach Ihrem Weggang wurde uns bewußt wie sehr sie gelitten haben muss um den letzten Schritt zu gehen.
    Ich wünsch dir alles gute und das immer jemand da ist der dich auffängt  ,wenn dich die Krankheit zu überfallen droht.
    Liebe Grüße
    Martin
    • Miriam Pollmann 19/04/2020 10:28

      Lieber Martin,
      Da musst Du aber ganz schön gewühlt haben, dass Du dieses recht "alte" Bild gefunden hast... Langeweile in Zeiten von Corona?
      Es tut mir leid um das Mädchen in Deinem Umfeld.
      Weißt Du, diese Corona-Zeiten bringen viele Menschen an ihre Grenzen. Auch Menschen, die normalerweise stabil sind, finden sich derzeit orientierungslos wieder. Ich spüre ganz viel Angst. Wenn ich heute in den Spiegel schaue und u.a. eine große Narbe an meinem Hals sehe, fühle ich mich jedes Mal an damals erinnert, als ich nicht mehr leben wollte - und durch die Seiten, die sich in uns Menschen in dieser Krise zeigen, hat sich mein Freundes"kreis" und mein soziales Umfeld ausgedünnt - es zeigen sich unterschiedliche Werte, so dass man sehen wird, ob man überhaupt noch einmal gemeinsamer Wege geht. Das tut weh und macht traurig - trotzdem denke ich jeden Tag: Hey, das Leben ist schön! Und was haben wir - trotz aller Sorgen und finanziellen Ängste - für ein Glück, in einem Land wie diesem zu leben?
      Ich engagiere mich sozial und versuche so, anderen zu helfen, die nicht so stabil stehen... und freue mich darüberhinaus über drei Menschen, bei denen ich dann auftanken darf.
      Komm gut durch diese Zeit!
      Herzliche Grüße,
      Miriam
  • Dirk-OliverSchröder 23/09/2018 11:26

    Schweres Thema, sehr gut und eindrucksvoll umgesetzt! Es freut mich, wenn es Dir jetzt gut geht und Du mit dem Thema auch bildlich umgehen kannst und auch  andere Menschen dafür interessierst.
    LG Dirk
  • Tanzbär62 05/07/2018 8:22

    Als Kind einer Zeit, in der man den Begriff "mobbing" noch nicht kannte, kenne ich das Gefühl, irgendwie nicht dazu zu gehören... Tolle bildliche Umsetzung; man spürt förmlich den inneren Konflikt.
  • Claudia Paetz 04/05/2018 9:44

    Hallo Miriam ... meinen großen Respekt vor Deinem mutigen und engagierten Umgang mit (D)einem großen LebensThema auch in diesem Forum ... und auch die fotografische Umsetzung verdient mein Kompliment!
    Einen lieben Gruß Dir von claudia
  • Detlev D. 14/12/2017 16:47

    Vielleicht eine rein technische Bemerkung: die Pistole ist nicht gespannt, das ist am Schlaghammer zu erkennen. Ansonsten gefällt mir die Idee mit Bürste und Pistole.

    LG Detlev
    • Miriam Pollmann 14/12/2017 16:55

      Vielen Dank, Detlev... und die Bürste ist nicht für jedermann als Bürste erkennbar, sondern wurde schon für einen Fön oder einen Dildo gehalten... ;-)
      Ich persönlich habe mich einfach nur sehr gefreut, dass Rainer diese Idee mit mir umgesetzt hat - und es war für uns beide nicht einfach. Ich war ein wenig zittrig mit der Pistole in meiner Hand, Tränen in den Augen und einem Weingefühl im Bauch...
      Wenn wir das nächste Mal mit Waffen spielen, achten wir vielleicht auch auf die Technik ;-)
  • Tiefdunkelblau 05/12/2017 8:51

    Oh, gleich so konsequent. Aber ja, das Leben kann manchmal schon ganz schön nerven und wenn das anhält...
    Eindrucksvolles Bild!
    Karl
  • Fotoarbeiter 30/11/2017 17:27

    Tolle Umsetzung. Aber die Geschichte dahinter ist noch viel beeindruckender!
  • ulrich.martin.photo 08/11/2017 17:48

    Ich kann mich allen meinen Vorrednern nur anschliessen - offene und ehrliche Worte über Dich, die Respekt verdienen !!
    LG Uli
  • FotoJAG 04/11/2017 12:20

    Ein starkes Stück mutig und brillant umgesetzt.Als Pharmakologe kann ich nur hoffen, dass man Depression weiter grundlegend erforscht und irgend wann mal richtig versteht, anstatt daran rumzudoktern. Beim Magengeschwür hat man auch lang an den Stress als Ursache geglaubt, bis der Heliobacter gefunden wurde. Warum ist der eine Mensch überhaupt traumatisierbar und der andere nicht? Mich würde es nicht wundern, wenn es auf molekularer Ebene noch einige große Überraschungen zu entdecken gibt.
    • Miriam Pollmann 04/11/2017 13:11

      Hallo JAG,
      vielen Dank für Dein Lob.
      Ich habe dazu meine ganz persönliche Meinung entwickelt - ich glaube, wir alle sind "traumatisierbar". Wir gehen nur anders damit um, und nicht jeden trifft das Schicksal in gleicher Weise. Und vor allem beschäftigen sich einige nicht mehr mit sich selbst, achten nicht auf die Zeichen ihres Körpers - und übersehen oftmals sich selbst vor lauter Gehabe, allen Rollen, Pflichten und Bedürfnissen der Umgebung gerecht zu werden... Burnout ist doch auch so ein Ding, entstanden durch mangelnde Achtsamkeit - und belächelt von denen, die es noch nicht getroffen hat...
  • Porträt 1 02/11/2017 21:18

    das Bild hat mich erschreckt....
    Der Text darunter ermutigt mich, das Gespräch immer wieder zu beginnen, wo sich Gelegenheiten ergeben!
    miteinander reden lohnt sich immer!
    :)
    • Miriam Pollmann 03/11/2017 16:30

      Ja, das tut es... und lesen lohnt oft auch ;-)
      Im Ernst: Reden lohnt immer, aber zuhören ist mindestens genauso wichtig in unserer Zeit.
      Dankeschön für Dein Feedback :-)
  • Kai W.. 02/11/2017 19:31

    Hallo Miriam,
    erst mal mein Glückwunsch zu deinem gelungenem Foto zu diesem sehr ernsten Thema, oder dieser ernsten Krankheit.
    Ich kann sagen, dass Depressionen so gut wie nie ohne ärztliche Hilfe geheilt werden können. Deshalb sollte sich keiner scheuen, ärztliche Hilfe zu holen. Ich spreche selbst aus eigener Erfahrung, denn im engsten Familienkreis haben wir einen Jungen, der unter Depressionen litt. Man konnte reden und reden, hatte anschließend das Gefühl es hat geholfen, stundenlang haben wir mit dem Jungen geredet und nach einer Stunde fing alles wieder von vorne an. Man sprach förmlich vor eine Wand. Der auslöser dieser Depressionen war Mobbing in der Schule von einigen Mitschülern. Sein starkes Elternhaus hat es aber tatsächlich geschafft mit Ihm diese Depressionen ohne ärztliche Hilfe zu bewältigen, aber das hat Jahre gedauert. Einer der Anführer musste die Realschule später verlassen und nach und nach haben sich viele Mitschüler bei ihm entschuldigt für ihr Vehalten und was sie ihrem Freund angetan haben. Es ist unfassbar wie viel Kraft die Eltern für diesen Jungen aufgebracht haben und heute ist er selbst Vater von einem kleinen süßen Sohn. Ich persönlich kann jedem nur den Rat geben, holt euch Hilfe bei den Eltern oder einem Arzt.Da braucht sich keiner zu genieren oder es ihm peinlich zu sein.

    Ganz liebe Grüße
    Kai
    • Miriam Pollmann 03/11/2017 16:25

      Lieber Kai,
      Vielen lieben Dank für Deine Geschichte. Psychische Erkrankungen sind für Angehörige besonders schwer zu erfassen - denn es gibt eben kein Patentrezept. Jeder Betroffene sollte sich trauen dürfen, Hilfe zu holen und niemand sollte sich schämen müssen, deswegen zu einem Arzt zu gehen, in eine Klinik oder Selbsthilfegruppe oder was auch immer einem hilft. Dennoch:
      Das Umfeld kann stärken und ermutigen, aber den Schritt in eine Richtung - diesen Schritt muss jeder selbst gehen.
      Dieser Junge aus Eurer Familie ist bestimmt ein ganz toller Papa :-)
      Liebe Grüße,
      Miriam
  • Stefan Schwetje 02/11/2017 19:27

    Kompliment, zu diesem Text gehört Mut und ein erster Schritt, ein erster Schritt der nie einfach ist und oft lange, ja zu lange, hinausgezögert wird !!!
    Aber wer gibt schon gerne zu "anders" zu sein ??? Wer gesteht gerne Fehler oder Schwächen ein - müssen wir doch immer Perfekt sein oder erscheinen !!!
    Mal schwach zu sein, mal zu zeigen das es einem nicht gut geht - haben wir das verlernt, oder passt es nicht in die Hochtechnologische Welt ???
    Danke für diese deine offenen Worte !!!
    LG Stefan
    • Miriam Pollmann 03/11/2017 16:37

      Hey Stefan,
      Lieben Dank und nichts zu danken.
      Zum Thema "anders sein": Es gibt doch da diesen Spruch... Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche.
      Deshalb mochte ich Querdenker schon immer irgendwie ;-)