Ritorna alla lista
Hildegard, Werner und Bruno

Hildegard, Werner und Bruno

3.980 6

Claudia Sölter


Premium (Basic), Frankfurt am Main

Hildegard, Werner und Bruno

Schon kurz nach dem Aufstehen beim Zähneputzen ahnt Hildegard, dass an diesem Tage etwas passieren wird – ihr Magengefühl ist so flau (und es liegt dieses Mal sicher nicht an dem fiesen Mettbrötchen, das sie sich wirklich jeden Morgen reinpfeift). Nach dem Frühstück hat sie es daher heute besonders eilig, sich – wie jeden Tag – das Fernglas zu schnappen und nacheinander aus allen Fenstern des Hauses die umliegenden Felder und Wiesen zu kontrollieren. Man muss dazu wissen, dass vor zwei Wochen bereits auf diesem einen, bestimmten, Weg ein Wanderer sein Unwesen trieb, in dem er ihn benutzte. „Nicht mit uns!“ denkt sich Hildegard und ist heute besonders aufmerksam. Nach Westen, Norden und Osten: Keine besonderen Vorkommnisse! Doch, halt! Da ist doch schon wieder jemand unterwegs auf ihrem Grundstück. Ohne Erlaubnis und ganz sicher nur Dunkles im Hirn.
„Wääärrrrrnääääärrrr! Da! Guck! Was habe ich Dir gesagt? Die Sonne scheint zwar, aber es ist Unheil unterwegs. Fahr‘ gucken! Schnell!“
Werner kennt das schon, hat den Schlüssel zu seinem verschrammelten, alten, Jeep immer für immense Notfälle am Mann und setzt sich in Bewegung. „Eigentlich habe ich auf dem Hof ja noch etwas Anderes zu tun, aber wer – mit unbändiger Lust auf Unversehrtheit – widerspricht schon meiner Hildegard?“ Die, die es vielleicht schon einmal versucht haben, hat er nie kennengelernt.
Und so tuckert er den „long and winding road“ hoch und stellt sich innerlich auf Überlebenskampf ein ... Adrenalin, und wie die ganzen Viecher so heißen, wisst Ihr?!

„Oh, die Sonne scheint! Was für ein wunderbarer Tag die umliegenden Felder und Wiesen abzufahren und nach potentiellen Motiven zu suchen. Da geht doch dieser eine Weg ab von der Straße zum EDEKA. Der sieht doch interessant aus und oben scheint eine Hütte zu sein. Hoffentlich ist da kein Verbotsschild. Ah, nee, super! 1. Gang und dann mal hoch da! Coole Hütte! Muss ich mir merken. Warte, kommt man da noch nen büschen näher ran, ohne irgendeine Futterwiese zu betreten? Kann ich da hinten heute Nacht das Auto abstellen, so dass noch ein Auto oder Trecker vorbei kommt?!“

Öff-öff-öff-öff-öff ... da knattert es auf dem Wege.
Werner nähert sich in seiner Rostlaube und mit einer Tonne Adrenalin im Gepäck ... mindestens. Er muss sich überwinden, doch zumindest mal vorab zu fragen, was ich denn da mache – halb freundlich, halb aggro. Ich kläre auf (Sternenfotografie, Standortsuche, kein Verbotsschild und erhöhte Sensibilisierung wegen des Betretungsverbotes von Futterwiesen ... und so), biete freundlich an, meinen kleinen Scheißer zur Seite zu fahren und schwärme trällernd von dem Motiv mit der Hütte. Vermutlich haben meine Augen geleuchtet und Werner entdeckt an sich selbst, dass er eigentlich ein ganz Lieber ist. Nun fängt er seinerseits an, zu schwärmen ... von seinen Viechern (nein, nicht von den Adrenalin-Viechern, denn die haben keine vier Beine und ganz bestimmt keine weiche Schnauzen).
„Bruno“, sacht er „hört auf seinen Namen. Bruuuunoooo, ei‘, komm‘!“ Es erhebt sich etwas, was man auch für einen Erdhaufen hätte halten können. Bruno ist ein stattlicher Bulle ... mit Nuckelschutz (NUCKELSCHUTZ!).
Denn Bruno ist zwar erwachsen, lutscht aber gerne noch an Mamas Milchbar.
Mir fällt mein fast 90-jähriger Nachbar ein, der – immer gut beschäftigt durch gezielte Anweisungen seiner Frau – irgendwann zu mir sagte: „Ich wär‘ so gerne Macho geworden.“
Leider haben wir immer nur kurz Zeit, miteinander zu sprechen.

Daheim fragt Hildegard ihren Werner:
„Uuuund?“
„Da war eine junge Frau, die findet unsere Hütte so schön.“
(Anmerkung der Autorin: Ob er das wirklich so gesagt hat, weiß sie nicht, aber sie ist die Autorin dieser Geschichte … remember!).
Hildegard beginnt, die Hütte auf Hochglanz zu putzen und Werner lässt sie in dem Glauben!


Stapel | Montage | Panorama
(STACKED | COMPOSITION | PANORAMA)

Boden (08.07.2024)
Kamera: Canon EOS 77D
ISO 400 • n=f/5,6 • 4“
Ausschnitt aus Panorama • 1 Reihe • 4x2 Aufnahmen („focus stack“) • Hochformat
Objektiv: Sigma Art 24–35mm f/2,0 @ 35mm

Himmel (09.07.2024)
Kamera: Canon EOS 5D Mark III
ISO 3200 • n=f/4,0• 16x23“ • gestapelt
Panorama • 1 Reihe • 3 Bilder (Stapel) • Hochformat
Objektiv: Samyang 14mm T3.1 (VDSLR)

Bearbeitung:
DSS • PTGui • Photoshop

Commenti 6

  • frankriedel2 19/08/2024 7:50

    Sehr gut gemacht,eine Freude das Bild zu sehen.V.G. Frank
  • -ansichtssache- 17/08/2024 19:42

    Was für eine wunderbare Geschichte zu dem wundervollen Bild. Du schreibst so lebendig,  dass man die Charaktere wahrhaftig vor sich sieht. Vielen Dank für dieses  'Gesamtkunstwerk' aus Geschriebenem und  Fotografiertem!!
    LG Danny
    • Claudia Sölter 17/08/2024 20:51

      Sehr gerne!
      :-)
      Und es ist mir natürlich ein Bedürfnis, sonst wären die Geschichten alle nicht so lang.
      Danke schön!
      :-)
  • Heiko Schulz 17/08/2024 10:15

    Es ist wieder unglaublich schön und unterhaltsam, deine Geschichte zu lesen und zu schmunzeln und zu überlegen, dass es sich wohl genauso zugetragen haben muss. :-)))
    Da gerät deine wunderbare Fotoarbeit fast (aber nur fast) in den Hintergrund. Vielen Dank, dass du dir für uns alle die Nächte um die Ohren schlägst und solche Milchstraßenfotos zeigst.
    LG Heiko
    • Claudia Sölter 17/08/2024 20:50

      Tatsächlich, ja!
      Das nächste Dorf war gefühlt 5km wech, aber es hat keine 5 Minuten gedauert, bis der Jeep den Weg hoch kam.
      Er MUSS eine Frau haben, die Hildegard heißt und die die Gegend im Blick hat.
      Oder er ist selbst der Schlingel.
      Anekdote am Rande:
      Die hessisch-thüringische Grenze ist an Dippach (Hessen) ganz nah dran.
      Die haben da bestimmt ALLE Ferngläser (und manche von ihnen können sicherlich – aus alter "Tradition" – verheerend gut damit umgehen).
      ;-))))
      Danke schön!
  • reibol 17/08/2024 10:13

    Sehr schön die Landschaft in diesem Milchstraßenbild mit einbezogen.
    VG Reinhold