Jahrhundertschritt
Wolfgang Mattheuer, Der Jahrhundertschritt
Menschen glauben an "erfundene Ordnungen" (Harari), die sie selbst erdacht haben.
Für diesen Umstand ist nicht zuletzt das 20. Jahrhundert ein Beispiel, das durch die Skulptur von Mattheuer symbolisiert wird.
Das 21. Jahrhundert aber erfordert einen anderen "Jahrhundertschritt" im Hinblick darauf, dass die Lebensgrundlagen der Menschheit insgesamt durch unser bisheriges Verhalten bedroht werden.
„Der Jahrhundertschritt ist eine Bronzeplastik, die von Wolfgang Mattheuer 1984 geschaffen wurde. Sie gilt als eines der bedeutendsten Kunstwerke der DDR zu Zeiten der Deutschen Teilung und ist eine Parabel auf die Zerrissenheit des 20. Jahrhunderts.
In den 1980er Jahren sollte Mattheuer die rückblickend für sein gesamtes Werk bedeutsamste Parabel entwickeln, seine eigene mythologische Figur – den Jahrhundertschritt. Tatsächlich ist diese auseinanderreißende Gestalt in ihrer dialektischen Grundidee bereits in den frühesten Bildern Mattheuers angelegt. Im Bild Aggression (1981) taucht diese unheilvolle Gestalt nun das erste Mal im malerischen Werk auf: Sie besteht lediglich aus den Extremitäten – ein zum Hitlergruß gestreckter Arm findet sein Gegengewicht im bestiefelten, rot markierten Bein, der andere, linke Arm ist zur kommunistischen Faust geballt, das rechte Bein stapft nackt und weit ausholend nach vorn. In der Mitte der Figur ist jedoch kein Rumpf, kein Kopf zu sehen, sondern nur diffuser Nebel. Es folgen Bilder mit den Titeln Alptraum (1982) und Verlorene Mitte (1982). Mattheuer schreibt über diese Figur: „Ein nacktes Bein, weit ausgreifend. Ein Stiefelbein, ein schwarzer Arm mit Heil-Geste aus körperloser Mitte schießend und eine Faust am erhobenen zweiten Arm machen aus vier Extremitäten eine rasende Figur. (…) Was ist das? Hilfloses Wüten? (…) Chaos? Auferstehung? Kriegsrecht? Verlust der Mitte!“
Im Garten seines Reichenbacher Hauses arbeitet Mattheuer an der plastischen Umsetzung der Figur, die von Anfang an geplant war. 1984 ist das 2,5 m hohe Gipsmodell fertig – es folgen Abgüsse in Eisen und Bronze und schließlich ein 5 m hohes Exemplar, welches sich heute im Museum Barberini befindet.“ (Wikipedia)
Maud Morell 01/07/2022 15:21
Manchmal geht es mir auch so wie dem Zauberlehrling.Ich habe aber ein Zauberbuch.
In dem steht, ich soll es mal mit einer ENTSCHULDIGUNG
versuchen.
LG von Maud
Günter de Graph 18/03/2022 17:39
Dein ausführlicher Begleittext hat mir geholfen diese Skulpturzumindest etwas zu verstehen.
Da hat denke ich mal hat jede/r ihren/seinen eigenen Plan um mit
den jeweiligen Umständen einigermaßen klarzukommen.
Ich glaube wir sind hauptsächlich hier um zu lernen, insbesondere
den Hass zu überwinden.
Ich weiß das ist besonders zu Kriegszeiten die Herausforderung.
Irgendwo ist ja auf Erden immer Krieg und wenn es nur der mit dem
Nachbarn ist.
Dir ein schönes Wochenende. Günter
visionsandpictures 13/02/2022 17:06
Sehr beeindruckend und nachdenklich stimmend. Wenn ich es richtig sehe, ist im Zentrum der Skulptur ein eregierter Phallus zu sehen, wenn auch nur angedeutet, offenbar unterworfen den anderen Kräften. Etwas zum Nachdenken.† werner weis 10/02/2022 9:48
bedrohlichmassiv
-
der hat leider negative Kraft
Markus Novak 07/11/2021 0:40
Jetzt schaue ich mir das Bild schon eine gefühlte Ewigkeit an. Mit dem Titel kann ich was anfangen und dazu gibt es bestimmt auch hunderte Beispiele aus der Politik in denen die Probleme von heute auf den Sünden der Vergangenheit basieren.Aber noch realer und unmittelbarer kennt vermutlich ein jeder Mensch solche Probleme, die auf falschen, vielleicht sogar bequemen Entscheidungen aus der Vergangenheit resultieren.
Nur die Bearbeitung deines Bildes wirkt erstmals auf mich unfertig oder nachlässig, was mich sehr wundert....
Herzliche Grüße von markus
gabi44 14/10/2021 14:42
Wie hat A. Einstein einmal gesagt? "Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher. - Zitat Ende.Und so schreiten wir fort und fort, laufen den Rattenfängern weiterhin
hinterher und versuchen dabei, den eigenen Kopf hochzuhalten oder
auch leerzuhalten, weil man mit ihrem Inhalt nicht mehr klar kommt.
Wieviele Widerständler hat es schon gegeben - ihr Leben gegebn im
Kampf gegen das Unsägliche - vergebens.
Aber soll man sich an das Vergebliche klammern wie ein Mandra -
nein - wir würden unseren eigenen Untergang vorwegnehmen und
niemandem wäre damit geholfen. Es sind kleine Schritte in die richtige
Richtung, die ich sehr wohl wahrnehme - sie gehören zu uns als
humanitären Menschen - dem kann man sich nicht entziehen und
das ist gut so.
Ich stand vor Monaten mit Freunden vor dieser Skulptur. Neben uns
standen Touristen; sie lobten die kunstvolle Darstellung der Figur, lobten den Standort und redeten etc. Den Sinn der Figur hatten
sie aber nicht verstanden.
Mir gefällt der Vorschlag von Michael Jo: Nicht bei einem edlen Museum, nein, in einer Gegend, die den Niedergang unseres Ökowesens mit der Figur symbolhaft vernetzen würde.
Danke, Eckhard, daß Du Fotos einstellst, die sich jeglicher Beliebigkeit
entziehen und solch eine Diskussion erst möglich machen.
lg gabi 44
l
Maud Morell 19/09/2021 18:45
Ein interessantes Thema, das mich an meineSchulzeit erinnert.
LG von Maud
jule43 12/09/2021 17:41
So mächtig ist ein Zauberlehrling ??Wie mag da nur der Meister aussehen??
Ganz ehrlich , dass darf ich mir nicht vorstellen
Das macht mir Angst
LG Jule
Kerstin Stolzenburg 06/09/2021 12:03
Mit dem Bild, das einen Menschen als bildnerisches Gleichnis für gesellschaftliche Entwicklungen darstellt, die nie ohne Widersprüche verlaufen, triffst Du einen Punkt, der auch mich immer wieder beschäftigt, weil diese Zerrissenheit, die hier dargestellt wird, ja nicht nur Gemeinschaft und Politik berühren, sondern eben jeden Menschen an sich und in sich und in seinem Bezug zur Natur, zu anderen Menschen, zu religiösen Themen usw..Alles, was wir tun und was wir sind, beinhaltet an sich schon eine gewisse Janusköpfigkeit, weil Entwicklungen, Gedanken, Befindlichkeiten, Erfordernisse usw. immer mit einem Kontext verknüpft sind, in dem sie so oder so gesehen und eingeordnet werden können, solange es dafür eine Freiheit gibt. Ausnahmen liegen vielleicht im Radikalen, in Dogmen, in Diktaturen, die sowohl die Blickrichtung als auch die Gangart vorschreiben ... aber auch nur auf den ersten Blick, denn auch in vermeintlich starr ausgerichteten Systemen herrscht eine innere Bewegung, die auf Dialektik basiert und in denen solche 'nackten, weit ausgreifenden Beinen' existieren, die den Fortschritt suchen und neue Räume erobern wollen. Ansonsten jedoch brauchen wir uns nur allein schon die unterschiedlichen Vorstellungen der Menschen vor Augen halten, wenn es um ganz banale Dinge im Alltag geht, um einschätzen zu können, wie schwierig es ist, einheitliche Schritte gemeinsam zu gehen.
Der dargestellte "Jahrhundertschritt" erscheint einem hilflos, planlos, hirnlos ... In der Skulptur droht der nahezu gesichtslose Kopf fast vollständig in einem aufgerissenen Rumpf zu versinken. Hier fehlt eine Mitte, die einerseits alles zusammenhält, die aber auch in der Lage ist, alle Gliedmaßen vernünftig auszurichten und zu bewegen. Für Mattheuer selbst war die Figur allerdings nicht eindeutig, "... wie das Jahrhundert nicht eindeutig war. Es war zerrissen.“ Den Kopf bis zur Unsichtbarkeit und Undefinierbarkeit eingezogen in eine graue Körpermasse, kann hinter den Bewegungen auch keine eigene Idee mehr stecken. Der Blick voraus, ein bisschen Weitsicht oder auch ein Blick zurück, ist nicht mehr möglich. Dieser 'Mensch', dieses Gebilde, das Konstrukt ... wird bewegt, wird gelebt, lebt nicht mehr selbstbestimmt. Ein echter Jahrhundertschritt, wie wir ihn vielleicht gerade jetzt so dringend brauchen, um das Klima zu retten, um wegzukommen von einer fossilbasierten, hin zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten Wirtschaftsweise, die zudem neue Arbeitsplätze generiert, um internationale Beziehungen zu stabilisieren und nicht weiter zu belasten, um ärmere Länder zu unterstützen, damit sie auf eigenen Beinen stehen können, um Kriegsherde in der Welt zu befrieden usw., setzt aber den Kopf und eine Mitte voraus ... er setzt kluge, empathische, tolerierende, respektierende Menschen voraus.
Können wir das? Schaffen wir einen vernünftigen Schritt aus diesem Spannungsverhältnis heraus? Oder werden wir scheitern?
Mattheuer selbst meinte einmal, dass seine Bilder keine schwarzen Träume seien, sondern Frage-Bilder, realistische Zeitbilder eines Machers, der miterlebt, der mitverändern will und der sieht, dass im Räderwerk letztlich nichts zu verändern ist...
Das klingt nicht nach Hoffnung. Kann man dem etwas entgegensetzen?
LG. Kerstin
Gert II. 05/09/2021 22:16
Gelassenheit ist angesagt. Da bleiben die Arme unten und der Mensch geht lässig seines Weges. Aufregung schadet nur. LG GertAnnamaria Regia 02/09/2021 17:33
schönes Bild ist besonders,tolle Arbeit am Foto.
Grüße Annamaria
† gre. 31/08/2021 19:44
Eckhard ich sage nur"wahnsinnig und erschreckend"
ich habe deine Worte, die vielen Kommentare und Gedanken dazu gelesen....
LG gre.
Christoph Beranek 29/08/2021 13:11
Ein Mensch der verzweifelt versucht eine Orientierung zu finden und sich an unheilvolle Symbole des 20.Jahrhunderts klammert. Ein Irrläufer, der nach Heilsbringern sucht, die ihn aufrichten, einen Weg aufzeigen, ihm sedierende Medikamente verabreichen, die seine Wahrnehmung noch weiter einschränkt. Sich nur nicht mit eigenen Gedankengängen, Zweifeln, eigenen Leerstellen des Wissens belasten, das ist nicht nur anstrengend, sondern kann auch angstauslösend sein. Die Souffleure dieser Spezies haben sich überall postiert und verbreiten mal bestimmt, mal säuselnd empathisch, ihre Wahrheiten. Nun wird verkündet, dass die batteriebetriebenen Elektroautos das Klima retten werden, die Sprache durch das " wohlklingende " Gendern zu mehr Gerechtigkeit für die Frauen führt. Und in Brandenburg amüsiert sich Elon Musk über die Einwände der lokalen Bevölkerung, dass seine Tesla Fabrik gigantische Mengen an Grundwasser verbraucht mit der Aussage, dass seine Fabrik doch nicht in der Wüste steht.Bleibt zu hoffen, dass uns neben der biologischen Artenvielfalt auch die Vielfalt der Meinungen und Ideen erhalten bleibt.
Eine perspektiv gelungene Arbeit, die viele Gedanken und Emotionen auslöst.
LG Christoph
Michael Jo. 27/08/2021 17:41
ein Zauberlehrling ... :ob der eine Idee hätte,
wie uns Menschleins Hilfe aus dem aktuellen Tief
unserer Zeitrechnung (weltweit) zuteil werden könnte ???
Ein " Zauberlehrling ", der diesmal nicht die Hirne
Millionen Bürger mit seinem faulen Kleister verkleben würde ..,
die Legende vom Flötenspieler von Hameln neu erfindet ... ,
ein Revolutionär gar, der 'mal nicht im blutgetränkten Chaos
der Guillotinen versinkt .. und hernach als Reaktionär
geschmäht wird ... ,
oder ein ' Heilsbringer ' wie so oft erhofft ... : so ein fürsorglicher
Menschenversteher und Wohltäter :
ein " Heiland-4-Punkt-Null " sozusagen, der uns endlich
klipp & klar sagt, wo wir auch 2000-einundzwanzig getrost
unser X-chen machen könn(t)en mit Plusgarantie sozusagen
und mit anschliessender Gratis-Drittimpfung und PCR-Test ...,
einer der absolut richtige Prognosen für den Aktienkurs
der VauWes' geben kann .. und die Lottozahlen vorhersagt ..
und ....
Mich würde ' interessieren ' , welch noble HERRschaften
(die weiteren Genderpeople inklusive !) bei der Skuplturen-
Enthüllung dabei waren .. ( ja klar doch: interessiert natürlich
nicht .. * gg * !) und welch warme Worte da gesprochen
wurden .. und wer den Caterer auswählte und ...
Mir gefällt diese Idee des Künstlers;
den Zahn der Zeit klar getroffen !
Hätte allerdings auch irgendwo auf einem Dürreacker
platziert werden können,
mit Blickrichtung Sonnenuntergang vielleicht ..
und inmitten einer Baustelle aus noch nicht vollendeten
Windkraft-Türmen ..,
so diese Zeitmarke zwotausendeinundzwanzig festmachend .. !
https://www.film-rezensionen.de/2019/08/und-der-zukunft-zugewandt/
LG., Michael
manfred.art 23/08/2021 14:14
lieber eckhard, man muss sie mögen oder auch nicht, in dieser skulptur befindet sich nicht sichtbares und kraftvolles, so meine ersten gedanken! was mir sehr gefaellt ist deine fotografie, die spannung!!! toll gemacht! herzlichst manfred