Lehmwespe (Symmorphus) mit Ölkäfer-Larven (Meloe)(8935)
Der Ölkäfer Meloe proscarabaeus gehört noch zu den häufigeren seiner Familie, obwohl auch er inzwischen als gefährdet gilt, denn sein Lebensraum schrumpft zusehends. Er benötigt auf der einen Seite blühende Wiesen und Heiden, auf der anderen Seite offene Sandstellen. Wo er noch auftritt, kann er lokal eine recht große Population halten. Der komplexe Entwicklungsweg ist jedoch störanfällig, so dass Verluste nur schwer kompensiert werden können.
Die am Boden laufenden, flugunfähigen Käfer sind praktisch immer am Fressen, ein Grashalm ist innerhalb einer Minute verschwunden. Die Energie benötigt das Weibchen aber auch: Im Laufe einer Saison legt es bis zu 50.000 Eier ab, die ein Drittel bis knapp die Hälfte des Körpergewichts ausmachen und den Hinterleib stark anschwellen lassen (Physogastrie).
Die larvale Entwicklung verläuft als Hypermetamorphose, d.h. einzelne Larvenstadien unterscheiden sich z.T. grundlegend in Körperbau, Beweglichkeit und Nahrungsaufnahme. Das erste Larvenstadium wird als Triungulinus-Larve oder Dreiklauer (Primärlarve, L1) bezeichnet und ist höchstens 2 mm groß (tatsächlich trägt der Tarsus jedoch nur eine Klaue und zwei krallenartige Borsten). Nach dem Schlüpfen im Boden, wo die Eier überwintert haben, klettert sie auf blühende Pflanzen und wartet dort auf Bienen. Ist eine gelandet, klammert sie sich im Haarkleid ihres Opfers fest und lässt sich in deren Bau tragen. Dort muss sie auf ein Wirtsei gelangen; fällt sie daneben, stirbt sie. Hat sie das Ei gefressen, häutet sie sich zu der madenartigen, stummelfüßigen und blinden Sekundärlarve (L2), die nunmehr die Nahrungsvorräte der Wirtsbiene frisst. Während dessen häutet sie sich dreimal bis zur L5, verlässt den Bienenbau und häutet sich im Boden sodann zur sog. Scheinpuppe, die aber tatsächlich des 6. Larvenstadium ist, keine Nahrung mehr zu sich nimmt und überwintert. Im folgenden Frühjahr häutet sie sich zur Tertiärlarve (L7), die den Larvenstadien L2-5 ähnelt; ob diese Nahrung zu sich nimmt, ist nicht ganz klar. Danach erfolgt – ebenfalls im Boden – die Verpuppung, ab Ende März schlüpfen schließlich die Imagines.
Die Triungulinus-Larve ist zwingend auf das „richtige“ Insekt angewiesen. Dabei scheinen die meisten solitären Wildbienen als Wirt geeignet, die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) jedenfalls nicht – in deren Bienenstöcken sterben die Ölkäfer-Larven. Geeignet als „Überträger“ sind ebenfalls Kuckucksbienen, die in die Nester der Wildbienen eindringen, aber auch andere Parasiten wie die Schwebfliegen der Gattung Volucella. Werden Bienen-Männchen von den Triungulinen besetzt, gehen diese wahrscheinlich mit der Kopulation auf die Weibchen über.
Andere Insekten kommen nicht als Wirt in Betracht, auch Wespen wie die Lehmwespe Symmorphus sind keine Option – die Larven sterben binnen kürzester Zeit im Wespennest. Die extrem hohe Irrtumswahrscheinlichkeit erklärt auch die riesige Anzahl der Eier, von denen nur die wenigstens ans Ziel gelangen.
sissi9607 24/10/2020 20:02
Vielen Dank für diese interessanten Ausführungen.Sissi