Lichtbild...

Lichtbild...

Dieses Bild erinnert mich daran, dass ich kein Fotograf werden wollte, sondern Lichtbildner
Ich lernte dann einen Lichtbildner kennen - und schätzen. Es war der Naumburger Fritz Hege, der damals schon mehrere Bildbände heraus gebracht hatte. Darunter "Die Bildfenster des Doms zu Erfurt". Ich wurde Mitglied des Fotoclubs, den er leitete und befreundete mich mit ihm.
Er hatte ein kleines Studio in der Fußgängerzone und wohnte in einem der ältesten historischen Häuser am Markt.
Er war ein eigenwilliger Mann, der nicht nur in der Fotografie ein "Künstler" war, sondern auch dem Klischee' neue Nahrung gab - dass Künstler gar nicht - oder nur sehr schwer von ihrer Kunst leben können." Es war gut für mich, - einen Künstler kennengelernt zu haben, der in dieser Situation
nicht aufgab und andererseits nicht mein Vorbild werden konnte, weil ich sooo auch nicht leben wollte. Trotzdem kamen wir uns näher und ich durfte u.a. sein Geschäft 14 Tage führen, als er den oben genannten Dom in Erfurt fotografierte.
Ich schätzte ihn sehr und er bewunderte meine Leidenschaft, nach einem 12-Stunden-Tag als Heizer,
die Freizeit nur für die Fotografie zu nutzen. Wenn ich mit ihm meine Bilder diskutierte, war er von meinen BIldern sehr angetan und lobte sie. Wenn wir uns im Fotoclub wieder sahen und mit ca, 15 Fotofreunden die gleichen Bilder diskutierten, kritisierte er meine Fotos ungemein hart, so dass mich Fotofreunded fragten, warum ich mir das gefallen lasse. Ich sagte: "um dazu zu lernen!"
Nach einem der Fotoabende blieb ich zurück und bat ihn, mir den Grund zu nennen, warum ich von ihm die härteste Kritik erfahre - während er bei anderen nachsichtig ist...
Er sah mich an und sagte" Sie wollen doch ein sehr guter Fotograf werden - und wie ich sehe, haben sie das Zeug dazu. Dann müssen sie aber jede noch so harte Kritik hinnehmen, die Ihnen weiter hilft. Und wenn sie nun meinen, ich bevorzuge die schwachen Club-Mitglieder, dann ist dem nicht so. Aber mir ist die Zeit zu schade, mich über schwache Leistungen aufzuregen. Wenn sie aber nun glauben, dass ich ihre Autorität untergrabe, werde ich das künftig vor Dritten unterlassen."
Ich lag zu Hause noch lange wach und dachte über das Gesagte nach.
Ich verlebte zwei Winter in Naumburg/Saale und habe bei Fritz Hege viel gelernt. Ich war nun 25 geworden, blieb aus Respekt vor seiner Person beim "Sie" und verabschiedete mich schweren Herzens von Hege, als mich die Ostsee-Saison rief.
25 Jahre später besuchte ich ihn - aus Österreich kommend - in seiner Wohnung. Ein uralter Mann mit schnee-weissem Haar, dünner Gestalt - saß fast bewegungslos in einem Sessel versinkend - vor mir. Seine Frau wandte sich mit sehr lauter Stimme ihrem Mann zu und sagte; Es ist Herr Ender - erkennst Du ihn? Er nickte und versuchte zu lächeln. Sie drehte sich zu mir und sagte:" Er hat Demenz - er bekommt nicht mehr viel mit... beugte sich über ihn und wischte ihm die Mundwinkel ab.
Erst im Hausflur dieses über 500 Jahre alten Bürgerhauses am Naumburger Markt kam ich wieder zu mir, so ergriffen hatte mich sein Anblick gemacht - der Anblick des einst so großen Fritz HEGE.