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Mittelalterlich...

Mittelalterlich...

2.019 5

Kurt Hurrle


Premium (Basic), Rosbach

Mittelalterlich...

...muten die Arbeistbedingungen im Gerber- und Färberviertel der Medina von Marrakesch an und sind es Grunde auch. Als Schutzmaßnahmen für die Arbeiter sind lediglich Gummistiefel und Handschuhe dazugekommen.
Schutzmaßnahmen vor den Ausdünstungen und Dämpfen, Schwermetallen und anderen Gitstoffen: Fehlanzeige.
Umweltschutzmaßnahmen vor auslaufenden und versickernden Schadstoffen: Fehlanzeige.
Doch was auf den ersten Blick und nach unserem westeuropäischen Verständnis so unerträglich wirkt, hat auch eine ganz andere Seite.

Die Gerbereinen werden im Rahmen einer Kooperative mit den Viehzüchtern, die die Felle liefern, den Lederverabeitern und den Verkäufern betrieben und stellen für die Familien einer solchen Kooperative eine unverzichtbare Lebensgrundlage an. Die Arbeiter in den Gerbbottichen sind i.d.R. junge Männer, die diese Arbeit nur für eine begrenzte Zeit ausüben, um dann wieder andere Aufgaben in der Kooperative wahrzunehmen. Damit sollen dauerhafte gesundheitliche Schäden vermieden oder zumindest vermindert werden.

Die Schließung der Gerbereien (das gilt auch für die Färbereien) würde den Menschen der Kooperativen (nicht nur den Gerbern) die Lebensgrundlage und jegliche Perspektive entziehen. Die Lücke würde sehr schnell durch industrielle Billigproduktion oder durch Ausbeutung von Menschen speziell in Südostasien geschlossen. Gewonnen wäre nichts, die betroffenen Menschen wären von bitterster Armut betroffen und von staatlicher Unterstützung abhängig, so die denn überhaupt zur Verfügung stünde.

Armut ist schlimm. Diese Arbeitsbedingungen sind auch schlimm. Verbesserung kann nur durch Aufklärung und stetige Verbesserung der Schutzmaßnahmen erfolgen.

Die Entziehung der Lebensgrundlage aber wäre menschenverachtend und menschenunwürdig, selbst wenn es gut gemeint wäre.

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