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Rebecca

Mein damaliger Lehrer Dr. Rolf Siebke,
ein Claudius-Forscher vor dem Herrn,

er ging in den großen Schulpausen
immer mal wieder zum Grab von

Matthias Claudius und klopfte mit
seinem kleinen Holz-Lineal gegen

das Metall-Kreuz "tong-tong-tong",
um dann immer lauter, so dass

Matthias im Grab es hörte (aber
auch aus anderen Gründen) des-

sen Gedichte zu rezitieren - und er
ließ sich 1966, als er 45 wurde,

seine Haare so lang wie die von
Matthias Claudius wachsen - es

rezitierte sich
so besser

UND ALS ICH 2007
56 GEWORDEN WAR,

DA STAND ICH SELBER
AN DIESER STELLE

UND ICH FÜHLTE MICH
DA SO ÄHNLICH WIE ROLF

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1. Der Winter ist ein rechter Mann,
Kernfest und auf die Dauer;
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an
Und scheut nicht süß noch sauer.

2. Aus Blumen und aus Vogelsang
Weiß er sich nichts zu machen,
Haßt warmen Trank und warmen Klang
Und alle warmen Sachen.

3. Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
Und Teich und Seen krachen,
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
Dann will er tot sich lachen.

4. Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus
Beim Nordpol an dem Strande,
Doch hat er auch ein Sommerhaus
Im lieben Schweizerlande.

5. Da ist er denn bald dort, bald hier,
Gut Regiment zu führen,
Und wenn er durchzieht, stehen wir
Und seh'n ihn an und frieren.

Commenti 6

  • † werner weis 09/07/2010 7:23


    aus dem Hamburger Abendblatt:


    Von Dr. Rolf Siebke, meinem Deutschlehrer, habe ich wahrscheinlich am meisten gelernt. Heute weiß ich das, damals am Matthias-Claudius-Gymnasium (MCG) habe ich es nicht einmal geahnt.

    Ich fand Siebke nur verschroben, gelegentlich auch erdrückend. Vor allem 1968: Nach einer "Ehrenrunde" saß ich endlich in der elften Klasse, das Abitur in Sichtweite, und Siebke quälte uns. Er verstieg sich zu der Behauptung, dass es in Kriegsgefangenschaft vorteilhaft sei, "etwas im Kopf" zu haben, dann sei das alles nicht so langweilig.

    Und deshalb riet er uns, Gedichte im Kopf zu haben, die man jederzeit aufsagen könne. Natürlich beließ er es nicht bei den theoretischen Anmerkungen, er machte in jeder Stunde den Praxistest: Siebke kam herein, setzte sich, holte seinen kleinen roten Lehrerkalender heraus, blickte sich um, schmiss sich halb über den Tisch, zeigte auf einen Schüler und brüllte dessen Namen. Der Delinquent musste nach vorne und ein Gedicht aufsagen.

    Ich war damals ziemlich gut in Mathe, konnte mich auf Englisch verständigen und mir auf Französisch ein Schlafzimmer bestellen, aber ich hasste es, vor die Klasse zu treten und ein Gedicht aufzusagen. Deshalb habe ich versucht, Siebke auszutricksen. Ich wusste, dass er Bertolt Brecht nicht ausstehen konnte. Klar, dass ich drei Gedichte von Brecht auswählte.

    Ich hatte fast das ganze Schuljahr geschafft, ohne meine Gedichte vortragen zu müssen. Doch eines Morgens passierte es: Siebke hatte seinen Kalender aufgeschlagen, blickte hoch und starrte mich an. In diesem Moment wurde es laut, es kam von draußen. Wir blickten aus dem Fenster und sahen eine Horde von vielleicht 30 jungen Männern und Frauen. Sie hielten Spruchbänder hoch und skandierten: "Kommt raus, wir befreien euch!" Die Studentenrevolte hatte das MCG erreicht. Siebke verzichtete auf Brecht und entließ uns auf den Pausenhof, in die Freiheit. Die Studenten sprühten dann noch einen Spruch an die Mauer vom Fahrradunterstand: "MCG = Mein cleines Gefängnis".

    An dieser Stelle erinnern sich Abendblatt-Redakteure regelmäßig an beeindruckende Erlebnisse in ihrer Schulzeit.

    Andreas Göhring, Redaktion Harburg, besuchte von 1962 bis 1971 das Matthias-Claudius-Gymnasium in Wandsbek.
  • † werner weis 09/07/2010 7:17


    vor fünf Wochen meldete die wunderbare Postille
    "Wandsbeker Bote" - ja, es gibt sie bis heute -

    dass mein Lehrer nun (alt, würdig-alt) verstorben sei
  • Wolfgang Weninger 10/12/2007 12:42

    die ganze Familie unter blauen Kreuzen vereint ... sieht richtig schlicht aus
    Servus, Wolfgang
  • Adrena Lin 07/12/2007 7:32

    Gefällt mir sehr !!!!!!
    Bin begeistert !
    Lieben Gruß
    Andrea
  • Bernd Osthoff 06/12/2007 20:56

    ...von mir bekommst Du ein AAA+++

    mehr geht in meiner Sprache nicht.

    Das hat Tiefe, die mich schreiblos macht.

    Stille.

    und einen lieben, herzlichen Gutenabendgruss
    BO
  • Willi Thiel 06/12/2007 20:30

    kein amen
    das hier ist besser
    obwohl ich kein kind von trauer bin
    vg willi