Schotter

Schotter

Animiert zu diesem Gemälde wurde ich aus dreierlei Gründen:

1.
In meinem Geburtsort bei Darmstadt stand dieses Schotterwerk der "Odenwälder Hartstein-Industrie", das durch einen nahegelegenen Basaltbruch mittels einer Lastenseilbahn ( ! )gespeist wurde. Die Bahn war selbst ein guter Kunde, denn guter Basaltschotter war begehrt. So konnte ich, meist in den Ferien, immer wieder schwere Schotterzüge beobachten, die meist mit zwei Dampflokomotiven aus dem Werk und über die Strecke in Richtung Darmstadt-Ost und weiter gebracht wurden. Die Steigungsverhältnisse waren gerade ab dem Schotterwerk nicht ganz ohne, und es war immer ein Gänsehaut erzeugendes Schauspiel, zwei tobende Dampfloks die schwere Fracht über die erste Steigung, durch die Bahnhofsgerade und weiter in die anschließende Steigung schleppen zu sehen. Lange konnte man dem Auspuffdonner der beiden Maschinen noch nachspüren, begleitet vom schaurig-schönen Tieftonpfiff wegen vieler unbeschrankter Bahnübergänge.

2.
Da diese Strecke im Einzugsbereich von Darmstadt lag, waren natürlich die Dampfloks des Bw Darmstadt zu sehen: 50er natürlich, 56er(ex prG8.1 mit Laufachse), 78er(ex pr T18) und 93er(ex pr T14.1), unter anderen. Und natürlich war sehr bald auch die Neubaulok der Baureihe 65 zu sehen, von denen Darmstadt um die sieben, acht Maschinen beheimatete und die für die Odenwaldstrecken wie maßgeschneidert waren. Durch ihre Höhe und die Witte-Windleitbleche waren es besonders imposante Loks.

Irgendwann in den Sechzigern tauchte ein besonderer Exot beim Bw Darmstadt auf:
50 3097.
Sie sah einer 52 ähnlicher als einer 50, hatte sie doch neben dem auffälligen Wannentender auch ein echtes 52er Führerhaus und die Stirnpartie war auch original 52(keine Kesselabstützung, andere Auftritte).

Wie ich beim obenstehenden Foto schon beschrieb, war dieses außergewöhnliche Exemplar ungewöhnlich langlebig, sie hauchte erst mit den letzten Loks des Bw Ulm im dortigen Bw im Jahr 1975 ihr langes Lokomotivleben aus.

3.
Seit frühester Kindheit war ich mit der Nebenbahn, die von Darmstadt Ost nach Groß-Zimmern führte, vertraut. Ich war zwar hier geboren, aufgewachsen bin ich aber an ganz verschiedenen Orten. Da aber die Großeltern beide an dieser Strecke wohnten, wurde für Besuche ganz selbstverständlich die Eisenbahn benutzt und diese, über die Jahre, vielen, vielen Reisen haben wohl unter anderem entscheidend dazu beigetragen, daß ich nun schon so lange mit dem Eisenbahnvirus infiziert bin.

Als ich in späteren Jahren wieder ernsthaft daranging, in Öl zu malen, stand bald für mich fest, daß ich eine Szene malen wollte, wie sie wohl immer wieder an der Strecke meiner Jugendzeit vorgekommen war:
Ein leerer Schotterzug wird gerade unter die Verladeanlage geschoben, während nebenan der Personenzug Darmstadt - Groß-Zimmern vorbeirollt.

Als Protagonisten hatte ich natürlich gleich die zwei markantesten Vertreter des Bw Darmstadt ins Auge gefaßt: 50 3097 und eine 65er!
Die 65 würde später als Lz zurückkehren und der 50er mit dem schweren Zug über die Steigung helfen!

* * * *

Als mir dann eine Aufnahme aus genau diesem Blickwinkel in die Hände fiel(allerdings mit 212 in türkis-beige) hatte ich eine Referenzvorlage für das Aussehen des Schotterwerks mit seinen komplizierten, ineinander verschachtelten Bauten und Anbauten. Es konnte losgehen!
Nach einigen vorausgegangen Skizzen betreffend die Loks und das Werk ist dann in wenigen Sitzungen dieses Ölgemälde
im Format 50 x 60 cm entstanden, das nach einer kleinen Ausstellung in meinem Geburtsort sofort einen Käufer fand.


Wie gut, daß ich die meisten meiner Gemälde fotografiert habe!

Nachsatz:
Weder das Schotterwerk noch die Bahnlinie bestehen heute mehr. An dieser Stelle gibt es ein ausgedehntes Neubaugebiet und nichts ist mehr so, wie es in den Jahren meiner frühen Erinnerung war.
Allerdings: Der Basaltbruch ist nach wie vor in Betrieb, und das Loch im Berg wird immer tiefer. Natürlich wird alles mit LKW abtransportiert...

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