Wie eine schöne Diva zur häßlichen Schlampe wird ( 2 )
Einen ganz anderen Beitrag hatte ich euch für Freitag versprochen den ich leider aus zwei Gründen abgesetzt habe.
- Einmal weil das Foto nicht so wie ich es mir wünschte hinzubekommen ist.
- Es fehlte mir auch an Zeit für die dazugehörige Geschichte.
Wer sonst - als wir bei der DR, haben es gelernt aus Sch........ sozusagen Bonbons zu machen.
Ganz so hart ist das jetzt nicht gemeint, ich werde einfach über die verdreckte Lok von meinem letzten Foto ein wenig weiter berichten.
Von Diensten, die sich oft im Dunkeln der Eisenbahnfreunde abspielten.
Hierbei spreche ich von den meist irrsinnigen
Heizlokdiensten einst stolzer Schnellzugloks, welche so zu Huren gemacht wurden.
Um zu verstehen, warum so ein gutes Stück schöner Technik schließlich so aussehen kann daß sich Anja zu dem Satz hinreißen läßt: "Hat mal wer einen dicken Wasserschlauch? So schöne Technik und so dreckelig. Nenenenenene", muß man etwas tiefer einzudringen in die Welt der
Deutschen Reichsbahn.
Man stelle sich vor, einer baut ein Haus mit Heizung, doch den Heizkessel dafür gibt es nicht. Die Firma nennt sich Deutsche Reichsbahn, welche ja noch Dampfloks genug besitzt, sogar zum Erwärmen von Gebäuden im Winter.
Die fleißigen Arbeiter sollen ja bei ihrer Arbeit und den dazu gehörigen Pausen im Betriebs- Wagen- Werk (Bww) Saalfeld natürlich nicht mit klammen Fingern
oder kalten Füßen herumlaufen.
Für die dunkle Jahreszeit, die uns mitunter den Frost servierte, wurde eine Heizlok gestellt - Ein Dienst,
der in Sonderschichten abgewickelt wurde.
Wie bei jeder Medaille, so gab es auch hier zwei Seiten, Geld verdienen konnte da leicht sein oder auch nicht. Es hing schlicht vom Wetter ab, wie sich eine Schicht so hinzog.
Spaß und Frust konnten sich dabei abwechseln wie beim Lotteriespiel.
Mein Foto erhebt nicht den Anspruch ein Starfoto zu sein, historisch ist es jedoch allemal.
Legt es doch Zeugnis davon ab, mit was da überhaupt versucht wurde Dampf zu erzeugen.
Der Blick über den Tender und die Lok in der herrlich Morgensonne läßt es deutlich erkennen.
All die vielen Ausdrücke reichen nicht, um das Zeug zu benennen; Dreck, viel mehr war es nicht, mit dem der so angenehm warme weiße Dampf im wahrsten Sinne des Wortes „gezaubert“ werden sollte. Wir sprachen von
„Kunstdampf“ (auch „Schmiergeldampf“), der mit den „Zauberstab“ Hilfsbläser mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg zustande kam.
Lokmänner wissen, daß während der Fahrt ein ganz anderer Teufel in der Rauchkammer steckt, um für eine gute Feueranfachung zu sorgen als nur der Bläser.
Kaum zu glauben, daß man im Stand Dampfmangel bekommen
konnte, doch das war ohne weiteres drin. Bedingt durch die ständige Schmirgelei verschlackte das Feuer, die Schürgeräte mußten dann für die nötige Fitness sorgen.
Ein Studio zur Körper Ertüchtigung wurde überflüssig, hat es damals noch gar nicht gegeben. Kraftanstrengung gab es zur genüge in so einer Heizlokschicht.
Immerhin waren wir zwei auf der Mühle, konnten uns gegenseitig ablösen im Kampf gegen die Tücken, - die, die Umstände so mit sich brachten.
Die Frage nach den dicken Wasserschlauch zwecks Reinigung der Lok erübrigt sich dann. Keine Zeit zum putzend und Lust dazu gleich gar nicht.
Wer sollte uns schon groß sehen bei der kurzen Fahrt vom Bw ins Bww und zurück, die über das Lokumlaufgleis 7 führte.
Dort vorbei wo der meist fotografierte Wasserkran von Bahnhof Saalfeld stand, eine Stelle die faßt jeder Eisenbahnfreund inzwischen kennt.
Bei allen Unannehmlichkeiten die einfach da waren, denke ich doch zu einigen schönen Fotos, bei der gerade aufgehenden Morgensonne an diesen Tag gekommen zu seien.
Kotrast - so sah es auf dem Tender einer Lady im Zugdienst aus.
Fortsetzung folgt.
Ralf
Klaus Brechbilder 28/10/2007 17:03
hallo ralf,na n'büschen putzen hättet ihr schon können, wo doch der betriebssport gratis war ;-))
im ernst: danke für solche bilddokumente und die geschichten dazu !
heute wird dampflok meist mit bratwurst assoziert :-(
gruß
klaus
Anja Pfeifer 28/10/2007 3:18
Hallo Ralf,Ich finde es wie immer erstaunlich, wie Du es schaffst, sogar zu einem auf den ersten Blick unspektakulärem Photo eine Geschichte zu erzählen, der einen tiefen Einblich in eine - für mich als Wessi - komplett unbekannte Welt darstellt. Und was ich besonders mag - auch wenn es oft sicher nicht einfach war - Du sprichst immer sehr liebevoll von dieser Zeit, auch wenn Du kritisierst ...
Mach weiter - es ist der interessanteste Geschichtsunterricht, den ich bisher hatte :-)
LG Anja
Ralf Göhl 27/10/2007 11:16
Danke schon mal für die Anmerkungen, bei denen ich feststellen konnte das ein großes Interesse vorhanden ist. Über Dinge zu berichten die kaum mal zur Sprache kamen.Dies wiederum gibt mir Mut in der Richtung
- FREITAGS -
weiter zu machen.
Soviel kann ich jetzt bereits versprechen, es wird Hoch interessant und keineswegs langweilig werden.
Im Übrigen, bis jetzt hat noch keiner gemerkt das die Identität dieser schlampigen Lok, also Loknummer dazu das Aufnahmedatum von mir noch nicht genannt wurde.
Überraschung, - die an Freitag zum Vorschein kommen werden ;-)
Ralf
markus.barth 26/10/2007 21:34
dank solcher erzählungen erfährt man mehr über den bahnalltag als in allen hochglanzmagazinen. danke.Steffen°Conrad 26/10/2007 19:23
Oh ja- Blumenerde, Brikettreste, etwas Steinkohle, da wurde verbrannt was auf Strecke wohl kaum ging,Und fürs "rumstehen" vor den zu Heizenden Objekten-
klar das man dann nicht noch putzen geht, wär keinem Heizhaustrimmer eingefallen, nur bei der Armee waren sie sö blöd...
Vg conni
Ralf Göhl 26/10/2007 18:36
Tom Du hast schon recht, um so erfreulicher wenn ein sogenannter Schrotthaufen wieder zum Leben erweckt wird.Natürlich nur mit riesigen Aufwand und vielen Teilen anderer Loks die den Weg des alten Eisens inzwischen gegangen sind.
Beide von Dir aufgeführten Loks kenne ich gut, wobei ich vor den Nördlingern mit ihrer 01 066 den Hut gezogen hatte, was die Leute da alles auf die Beine gestellt haben.
Was jetzt die Bezeichnung (Hure) anbetrifft das sehen Eisenbahner nicht so verbissen, - Umgangssprche.
Hierbei handelte es sich um Loks an denen keiner so richtig etwas machte auf Grund ihres Einsatzes.
Abgesehen was die Sicherheit angeht, da gab es keine Abstriche.
VG Ralf
Klaus Kieslich 26/10/2007 18:23
Wenn ich mir die Tenderladung ansehe fällt mir wieder der Begriff Blumenerde für die Braunkohlenbriketts ein !Gruß Klaus
Thomas Reitzel 26/10/2007 17:52
Ja, Du beschreibst es wieder sehr anschaulich, die weniger glamouröse Seite des Daseins einer Dampflok!Ich glaube, so ganz klar ist es keinem Außenstehenden, was Heizlokdienste bedeuteten!
Und: Auch wenn manche Lady dabei zur Hure gemacht wurde(so krass würde ich es nicht bezeichnen), so hat doch manche Dampflok, die der Star von Museumsbahnen ist, dadurch überlebt - z.B. 01 519, die ja nach ihrem Heizlokdasein, und dem, was da noch von ihr übrig war, fast völlig neu aufgebaut wurde!
Mit 01 066 war es wohl dasselbe.
VG Tom