(XIII) Dreiflügelige Große Heidelibelle (Sympetrum striolatum), weiblich
Nachdem Andreas auch fehlerhafte Libellenflügel eingestellt hat (danke, Andreas!), zeige ich Euch diese zwei Aufnahmen noch:
Der rechte Hinterflügel ist überhaupt nicht angelegt, der rechte Vorderflügel etwas kürzer und schmaler als der linke.
So scheint es sich um eine kombinierte Hemmungsmißbildung beider rechten Flügel zu einer bestimmten Entwicklungsphase zu handeln - ähnlich wie bei den Menschen mit einem Conterganschaden. Ein "Unfall" durch Vogelangriff oder ähnliches fällt damit weg. Einen dadurch ganz verschwundenen Flügel habe ich auch noch nicht gesehen. Wie bei den Schmetterlingen fehlt dann immer nur ein Teil davon.
Bei genau senkrecht ins Bild gesetztem Hinterleib (habe drei ähnliche der vielen genau von oben aufgenommenen Bilder verglichen) findet sich eine leichte Rechtsverbiegung der ganzen Libelle - vergleichbar einer Seitwärtsverbiegung der Wirbelsäule (linkskonvexe Skoliose) beim Menschen.
Der rechte einzige Flügel wird dabei zur Erhaltung der Flugfähigkeit etwa in der Mitte der beiden links vorhandenen Flügel gehalten, um das Gleichgewicht zu halten; vielleicht ist auch dadurch die leichte Rechtsverbiegung des Tieres entstanden: entweder durch Überwiegen der Betätigung der linken Seite (vgl. die manchmal deutliche Umfangsvermehrung des führenden Armes der Tennisspieler) oder durch eine angeborene Minderausbildung der rechten Seite durch Entwicklungsverminderung derselben im entsprechenden Keimstadium (Hemiatrophie mit kompensatorischer Hypertrophie der gesunden Seite) - oder beides. Genau wie beim Menschen!
Nun habe ich zuerst beim Auffinden der Libelle gedacht, sie sei gerade geschlüpft - und habe unter anderem deshalb (um die Veränderungen zu dokumentieren) so viele Aufnahmen gemacht. Am Anfang habe ich in der Aufregung gar nicht gesehen, daß ein Flügel fehlte.
Offenbar ist aber das relativ (gerade für eine Heidelibelle auffällige) "zahme" Sitzenbleiben - auch bei Nässe und fehlender Sonne - Folge der schon länger bestehenden Behinderung, die wohl doch stärker ausgeprägt ist, als man meinen könnte. Das Tier konnte ich mehrfach anstupsen, bevor es (für mich ohne Auffälligkeiten im Flug) davonflog.
Beim Vergleichen der immerhin 259 Fotos und 3 Filmstreifen (die ich in Erwartung eines Jungfernfluges) von diesem Tier aufgenommen habe, ist aber weder eine Farb-, noch eine Formveränderung der Libelle passiert, sodaß sie wohl doch schon etwas älter war. Dazu passen auch das Aufnahmedatum (26.6.2011 in Hilden) bei der Flugzeit der Art ab Mai und die dunkle Erwachsenenfärbung.
Beim näheren Betrachten und Nachdenken über die Angelegenheit weiß ich jetzt endlich auch, warum ich trotz mehrfachen genauen Absuchens der Umgebung keine Larvenhülle (Exuvie) gefunden habe - es war eben kein Schlupf gewesen. Und an der Exuvie müßte man dann gesehen haben, daß mit den beiden rechtsseitigen Flügelanlagen etwas nicht in Ordnung war . . .
Wieder ein Beispiel, wie man erstens mit einem Behalten von vielen, eigentlich überflüssigen Fotos eines Tieres zum späteren Ansehen - und natürlich zweitens durch zwanghaft anmutende "Pisseligkeit" - einige Fragen beantworten kann. Auch wenn sich der Lauf der Welt dadurch nicht ändert - hochinteressant ist das Thema schon. Und schön sinn se auch, de Viecher - bald fliejen se wieder . . .
P.S.: Das Foto ist extra "hart" bearbeitet, um die Details besser sichtbar zu machen.
Haron Jones 12/02/2014 14:55
Wunderbar sind alle Deine Libellenfotos !!Schärfe und Details sind fantastisch und auch die Infos dazu sehr interessant.
LG Claudia