(4) Eriocrania semipurpurella oder sangii aus der Familie der Trugmotten (Eriocraniidae)
Was nach dem Fund eines kleinen Juwels alles passiert ...
(1) "Wieder einer der nicht bestimmbaren Kleinschmetterlinge ..." dachte ich - und nahm den wohl knapp einen Zentimeter langen Zwerg mal auf.
Vielleicht läßt sich da doch was feststellen ...
(2) Das sah in der Seitenansicht schon besser aus. Irgendwo hatte ich schonmal einen solchen Kleinschmetterling in meinen Büchern gesehen - und mir wegen der faszinierenden Farben immer gewünscht, ihn in natura sehen zu dürfen. Jetzt war es so weit!
(3) Auf dem Birkenblatt sah er wirklich nobel aus!
Abb. 2 und 3 sind zwei von ganz wenigen Fotos ohne Blitz, die scharf geworden sind (allerdings wegen der höheren ISO stark rauschen!) - die Bilder in "natürlichem Licht" habe ich erst nach den folgenden (z.T. "Sicherheits"-) Aufnahmen mit Blitz gemacht (Abb. 4 bis 6).
(4) Ein wirkliches Juwel! Im Kamerablitz leuchten die blauen und goldenen Farben begeisternd ...
(5) Die detailreichste Aufnahme des kleinen Schmuckstückes - jede einzelne Schuppe kann man erkennen. Allerdings um den Preis des "natürlichen" Lichtes. Im Sonnenlicht wird der Schmetterling sicher auch ähnlich glänzen und für Art- und Geschlechtsgenossen erkennbar sein.
(6) Alle sechs Sekunden eine Blitzaufnahme - da sieht man, wie unterschiedlich derselbe Falter aus verschiedenen Blick- und Blitz-Winkeln aussieht ... Er blieb brav für die Fotos auf seinem Birkenblatt sitzen, war offenbar frisch geschlüpft und noch langsam; zudem war es nicht besonders warm und etwas windig.
(7) Oberseite und
(8) Unterseite zweier Blattminen an Hängebirke (Betula pendula = alba), die ich "nebenbei" am selben Ort aufnahm. Erst beim Nachsehen zuhause bemerkte ich, daß es durchaus die Minen der Raupen des kleinen Juwels sein könnten, die dort minierten oder miniert hatten.
Zur Artbestimmung (bitte wieder um Korrektur, wenn meine "Nachlese" fehlerhaft sein sollte!):
Von den zehn Arten der Trugmotten Deutschlands blieben zuletzt die zwei im Titel genannten übrig:
Eriocrania semipurpurella und sangii, die man sicher nur mit Hilfe der Genitaluntersuchung der Falter (oder aber anhand der Räupchen in den Blattminen!) unterscheiden kann. Daher werden wir am Wochenende nochmal auf die Suche nach Faltern und Minen gehen; das Wetter soll schön bleiben! E. semipurpurella hat weißliche, E. sangii grau-grüne Raupen. Beide minieren in Birken und hinterlassen schlangenförmige Kotfäden, die hier nicht besonders gut sichtbar, aber auf anderen (unscharfen) Fotos zu sehen sind.
Wegen der Nähe der Birkenminen und des Aufenthaltes des Falterchens auf diesem Baum ("sitzt gern auf der Nahrungspflanze ...") plädiere ich für die beiden genannten Arten, von denen semipurpurella die häufigere (und wohl etwas größere) ist. Fang und Messen unterblieben hier; der Kleine flog nach den vielen Fotos dann doch schnell weg.
Hab schon jetzt ein schlechtes Gewissen, Blattminen zum Untersuchen mitzunehmen * ...
Ein wichtiges Kriterium für die Bestimmung ist die Fühlerlänge: deshalb fallen die anderen Arten wegen kürzerer Fühler weg ** - einschließlich der häufigen, als dritte Art evtl. in Frage kommenden Dyseriocrania subpurpurella = fastuosella, die allerdings wesentlich längere Fühler hat. Und sie miniert in Stieleichenblättern, die es allerdings auch in der nächsten Umgebung gibt.
Die restlichen Arten kommen hier nicht vor oder sehen auch makroskopisch anders aus ...
*Dr. Martin Hering, der bekannteste Minenexperte, hat mit seinen Veröffentlichungen (1937, ein Band - und 1957, zwei Bände) ausführliche Bestimmungstabellen herausgegeben. Und ich besitze glücklicherweise eins seiner Minen-Herbarien (Abb. 9 und 10 sowie folgende), aus denen ich Auszüge zeige, die die einige der Trugmotten betreffen. Siehe auch Abb. 11 bis 20 mit neuem Text sowie frühere fc-Aufnahmen des Ordners "Blattminen"!!
**insbesondere E. cicatriella = purpurella = rubroaurella = haworthi oder E. sparmanella, die ebenfalls relativ kurze Fühler haben (s. u.a. auch im lepiforum!)
Fund und Fotos des Falters und der Birkenblätter am Fundort: Neukappl-Binkenhof/Oberpfalz, Bayern - 22.4.2024.
26.4.2024 f
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