(8) Auflösung des letzten Wochenendrätsels: Die BOCKS-RIEMENZUNGE (HIMANTOGLOSSUM HIRCINUM))
Das Rätselfoto vom 8.5.2020 zeigt eine Lippe der schönen Orchidee, die mit unserem Fund vom 6.5.2020 im Oberpfälzer Jura dem östlichsten Vorkommen Deutschlands und damit Bayerns entspricht.
Über ihre Entdeckung haben wir uns so gefreut, daß ich eine kleine fc-Serie daraus gemacht habe.
Schließlich mußten wir -zig Jahre warten, bis uns die ganz oben auf der Wunschliste stehende Pflanze endlich begegnet ist - nicht unschuldig daran war eine nette Anwohnerin, die uns darauf hinwies. Sicher waren wir schon oft an dem Schatz vorbeigegangen, ohne ihn zu bemerken. Vor etwa 30 Jahren habe ich die Riemenzunge schon mehrfach in der Eifel erfolglos gesucht.
Erst nach etwa acht Jahren blüht die Pflanze zum ersten Mal, nachdem sie vorher ihre Blätter für die Speicherung von Nährstoffen in der orchideentypischen Knolle gebraucht hat.
Das Blattwerk ist zur Blütezeit oft schon fast vertrocknet. Die Rosetten sind in dieser Umgebung zu etwa einem Dutzend zu finden. Nun wissen wir endlich, um was für eine Art es sich handelt ...
Die Bocksriemenzunge breitet sich offenbar trotz ihrer Seltenheit bei ganz speziellen Boden- und Klimaansprüchen langsam aus, wobei ihr die allgemeine Erwärmung wohl zugute kommt. Im Mittelmeergebiet ist sie - wie viele Orchideenarten - häufiger, aber auch dort habe ich sie nie gesehen.
Den ihr den Namen gebenden "Duft" nach Ziegenbock konnte ich nicht feststellen; für Christa stank sie merklich nach Ziegenstall, ich habe den Geruch eher als angenehm und süßlich - etwa der Hyazinthe vergleichbar - empfunden. Da sieht man mal wieder, wie unterschiedlich der Geruchssinn funktioniert.
Abb. 2, 3 und 4 zeigen die erste gefundene Pflanze am Funddatum (6.5.20), dann drei und wieder vier Tage später (9., 13.5.20). Zuletzt war sie - unten beginnend - fast voll erblüht.
Im Text zu einigen der Fotos gehe ich noch auf die RESUPINATION ein, die Drehung der ganzen Orchideenblüten während der Entwicklung. Und auf die Drehung der Lippe, die bei der Gattung Himantoglossum stets (von der Blüte aus gesehen) nach links gerichtet ist ...
Schließlich zeige ich (nächste Woche) noch einige Bilder der Orchidee aus älteren Büchern, die ich beim Nachlesen über die interessante Art gefunden habe.
Foto vom 9.5.2020, den genauen Ort teile ich aus Schutzgründen nicht mit. Es gibt immer wieder Idioten, die die Orchidee ausgraben - in keinem Garten werden die Umweltbedingungen so sein, daß die Pflanzen überleben, so speziell sind ihre Ansprüche. Sie wissen schon am ehesten selbst, wo sie sich ansiedeln ...
Dieser Blütenstand ist - aus was für Gründen auch immer - verunstaltet. Er wirkt leicht geknickt; vielleicht hat jemand oder ein Tier früher draufgetreten.
Die Orchideen-Lippe zeigt vor dem Aufblühen nach oben. In diesem Blütenstand hier haben es viele selbst aufgeblühte noch nicht oder nicht mehr geschafft, sich richtig zu orientieren. Das Drehen der Blüten nennt man RESUPINATION; die gibt es bei den verschiedensten Pflanzenfamilien, auch bei Blättern. Die Entstehung ist wohl kompliziert und hat mit dem Wuchsstoff Auxin zu tun, der ein Wachstum von Teilen bewirkt und in verschiedenen Teilen der Pflanze freigesetzt wird - und damit ein Längenwachstum oder eben die Drehung verursacht. Ob die Auxin-Ausschüttung licht-, schwerkraft- oder sonstwie bedingt ist, weiß ich nicht. Die Experimente der Wissenschaftler versuchen wohl noch, ein allgemeingültiges Gesetz hierzu zu finden. Man vermutet, daß die Evolution so mit der nach unten weisenden Lippe eine Landestelle für Insekten geschaffen hat. Warum die Blüte dann nicht einfach ein nach unten weisendes Teil hat größer werden lassen - sondern sich den komplizierten Mechanismus der Drehung hat einfallen lassen, weiß ich auch nicht ...
SCHÜTZT DIE ORCHIDEEN durch großräumigen Landschaftsschutz!!!
15.5.2020
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