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10.823 18

Wolfgang Brandmeier


Premium (Pro), aus der Nähe Heidelberg's ...

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... des Steinbruchs … des Wahnsinns … aber auch das gehört zur Naturfotografie !

Der Wecker klingelt kurz nach 4.00 Uhr in der Früh, kurz den inneren Schweinehund überwinden, aufstehen, ein schnelles Müsli einwerfen, Morgenritual im Bad im Zeitraffer abspulen, ab in die Tarnklamotten und schon geht es los !
Ein Foto-Kumpel holt mich mit seinem Auto Auto ab … heute werden insgesamt 300 Km und 3 Stunden Fahrzeit eingeplant … im Morgengrauen ist das Zielgebiet bei dem Steinbruch der Wanderfalken erreicht … aus dem Kofferraum ein gefühlt, 50kg schwerer Rucksack, irgendwie auf den Rücken gehieft … dies wird erschwert da wir Kleidung in Schichten tragen, welche uns wie „Michelinmännchen“ aufpoppen lassen !
Wir laufen Richtung Steinbruch, aufmunitioniert wie zwei Einzelkämpfer, auf dem Weg zur Front … es erfolgt ein stellenweise sehr beschwerlicher Aufstieg bis zur Abbruchkante des Steinbruchs … der Begriff, Abbruchkante, geht mir beim Ansitz öfters durch den Kopf ! … zum Höhe-Test werfe ich einen großen Stein, über die Kante ….. lange herrscht Totenstille …. dann erfolgt der unüberhörbare Einschlag des Steins, eine gewisse Ehrfurcht über die Dimension des Steinbruchs zeigt sich indem mir ein kalter Schauer den Rücken herunter läuft. Wir vertrauen mal darauf daß die verwitterten Sträucher mit Ihren Wurzeln dem losen Untergrund aus Erde und Geröll genug Halt geben, an der Stelle wo wir unsere Tarnung aufbauen.
Nachdem das Tarnzelt aufgestellt ist, heißt es WARTEN ! … Nach ca. 15-20 Minuten stellt sich lockerer Flockenwirbel ein, genau wie vom Wetteramt angekündigt … soweit alles perfekt nach Plan!! … der kräftige Südwind weht stellenweise die Schneeflocken durch das Tarnnetz ins Innere des Tarnzelts … alles egal … das Kopfkino hat sich schon automatisch aktiviert und blendet alles unangenehme aus!
Meine Gedanken driften ab, bin bereits im „Wanderfalken-Rausch“ bei der Felskante in ca. 70 Meter Entfernung, auf welcher man durch Kotspuren und Federn von Beutezügen den Lieblingsplatz der Falken ausmachen kann. Das Schneetreiben wird zunehmens dichter und in meinen Gedanken spielen sich Bilder, wie in einem Film ab. Eine schönere Szenerie, wie die schroffe Felswand in kühlen Farben und dem Flockenwirbel, könnte kein Drehbuch besser schreiben …
… weiter geht das Kopfkino …
Ich sehe wie das Weibchen sehnsüchtig mit so genanntem „Lahnen“ das Männchen rufend, nach Futter anbettelt. Nach 10 Minuten kommt er in meiner Fantasie, mit einem erbeuteten Buntspecht durch das Schneetreiben angeflogen und übergibt Ihr das Brautgeschenk ! Zum umherwirbelnden Schnee, gesellen sich noch bunte Federn des gerade gerupften Spechts … inmitten dieses Festmahls bietet sich die Dame, animiert durch jetzt einen wohl gefüllten Magen, mit erhöhtem Hinterteil und zur Seite gerichteten Schwanz zum Liebesakt an … der Terzel lässt sich nicht zweimal bitten, nutzt die Gunst der Stunde und „springt auf“ um den Höhepunkt dieser Balz, gebührend mit einer Kopula zu beenden !
Eine eisig ins Tarnzelt wehende Böe, beendet dann meinen Traum vom perfekten Bild …
… die Realität nimmt wieder Ihren Lauf ! …
das Warten geht weiter, meine Augen sehen leider etwas anderes wie mein zuvor abgespultes Gedankengut … das wird sich auch in den nächsten 6 Stunden des Hoffens nicht ändern … das komplette Equipment ist mittlerweile komplett nass und dementsprechend schwerer … die Gesässknochen und mein Rücken sind mittlerweile keine Freunde mehr mit dem kleinen Klapphockerchen und signalisieren so langsam auch, dass es Zeit ist, um für diesen Tag „die Segel zu streichen“ … unbändige Freude empfinden wir jetzt nicht gerade beim Zusammenpacken des Equipments …
aber solche Rückschläge kommen in der Naturfotografie leider immer wieder vor, und man lernt irgendwie damit umzugehen …
wichtiger ist aber, dass keinem der beiden Wanderfalken etwas zugestoßen ist … auch das amtlich schnellste Tier auf unserem Planeten hat z.B. keinerlei Gegenwehr zu leisten, wenn im Schutze der Dunkelheit ein übermächtiger Uhu, lautlos angeflogen kommt und einen Wanderfalken wie eine reife Kirsche „pflückt“ und mit Ihm in die dunkle Nacht verschwindet … passiert leider immer wieder, da sich beide Vögel oftmals dasselbe Habitat teilen …
nichts desto Trotz, werde ich nicht das letzte Mal bei diesen wunderbaren Tieren gewesen sein … beim nächsten Ansitz ist dieser Rückschlag wieder vergessen und es werden die Karten zwischen Fotograf und Wanderfalken wieder neu gemischt !

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Wolfgang Brandmeier

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