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Das Kornsandverbrechen !

Das Kornsandverbrechen !

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Frank Mühlberg


Premium (World), Frankfurt am Main

Das Kornsandverbrechen !

Als Kornsandverbrechen wird die Ermordung von fünf politisch missliebigen männlichen Zivilisten und einer als vermeintlichen Jüdin verfolgten Frau aus Nierstein und Oppenheim am 21. März 1945 während des Zweiten Weltkriegs durch Wehrmachts- und NSDAP-Personal auf dem Kornsand bezeichnet, der auf der Nierstein und Oppenheim gegenüberliegenden rechten Rheinseite liegt. Die Tat ereignete sich nach dem fluchtartigen Rückzug deutscher Truppen mit der Rheinfähre auf den Kornsand von dem nur kurzzeitig eingerichteten und gehaltenen linksrheinischen Brückenkopf Oppenheim auf die andere Rheinseite vor den von Westen anrückenden Amerikanern. Die amerikanischen Panzer waren zur Tatzeit schon auf den Weinbergen über Oppenheim sichtbar. Die Tat führte der Wehrmachtsleutnant Hans Kaiser auf Geheiß ebenfalls evakuierter Niersteiner NSDAP-Funktionäre durch.

Mit der Straßenbahn und zu Fuß erreichten die sechs Personen am 21. März 1945 gegen 11:00 Uhr die Fähre am Kornsand und wollten zurück nach Nierstein fahren. Das war aber Zivilpersonen zu diesem Zeitpunkt wegen der militärischen Lage schon verboten. Als die Gruppe dort auf der Fähre wartete, nachdem sie vorher versucht hatte, mit einem kleinen Kahn auf eigene Faust nach Nierstein zu gelangen, nahm der dort befindliche Niersteiner Leutnant und NSDAP-Funktionär Heinrich Funk sie dort wahr. Der ebenfalls über den Rhein geflüchtete NSDAP-Ortsgruppenleiter Bittel hatte vorher die Gruppe auf der Landstraße von Darmstadt nach Kornsand gesehen, als er dort mit einem PKW entlang fuhr, und Funk von der baldigen Ankunft dieser Personen unterrichtet. Funk nahm die Gruppe fest, da die Personen nicht nachweisen konnte, dass sie zu Recht auf freiem Fuße waren, und weil er verhindern wollte, dass sie in die Freiheit entkommen konnten, die mit dem Einmarsch der Amerikaner in Nierstein herrschen würde. Bei der Festnahme wurde Ludwig Elbling übersehen, der sich an der Fähre so zu schaffen machte, als ob er zum Fährpersonal gehörte. Die Fähre fuhr danach noch einmal nach Nierstein und Ludwig Elbling konnte so auf die andere Rheinseite flüchten, wo die Amerikaner gerade ankamen. Etwa um 15 Uhr wurde die Fähre gesprengt. Funk übergab die Festgenommenen an den früheren Leiter des NSDAP-Schulungslagers Oppenheim, Alfred Schniering, der mit einer der letzten Fährfahrten auf dem Kornsand eingetroffen war. Funk gab gegenüber Schniering, den er als eine Art Vorgesetzter ansah, an, dass es sich bei den Festgenommenen um die „größten Verbrecher von Nierstein“ handele. Schniering beanspruchte – obwohl Zivilist –die Rolle eines militärischen Führers auf dem Kornsand, als der Militärkommandant abwesend war. Schniering behauptete dabei, der Beauftragte des Gauleiters und Reichsverteidigungskommissars des Wehrkreises XII Jakob Sprenger (Politiker) zu sein. Er maßte sich dann an, die Festgenommenen ohne ein „gerichtliches oder standrechtliches Verfahren“ zu bestrafen. Er vernahm die fünf Festgenommenen bzw. ließ sie vernehmen. Dabei wurden sie brutal misshandelt. Anschließend „verurteilte“ Schniering sie zum Tode. Kurz danach traf Schniering an der Fährstelle den beim Volkssturm eingesetzten Oppenheimer Bürger und Uhrmachermeister Rudolf Gruber an, der noch einmal nach Oppenheim wollte. Gruber hatte seinen Volkssturm-Rucksack in Oppenheim vergessen und wollte ihn nach Kornsand holen. Schniering unterstellte ihm Fahnenflucht und verurteilte ihn ebenfalls zum Tode

Schniering ließ die zum Tode Bestimmten auf einen Acker in die Nähe der Flakstellung am Kornsand bringen und zwang sie, sich ihre Gräber selbst zu schaufeln. Dann versuchte er, eine Person zu finden, die das Urteil vollstrecken würde. Alle anwesenden Volkssturmmänner und Soldaten weigerten sich, die Hinrichtung zu vollziehen. Nur Hans Kaiser, ein junger Leutnant, der bei der Flak in Kornsand eingesetzt war, war bereit, die sechs Personen zu töten. Angeblich hatte Kaiser mit den Worten zugestimmt: „Wenn die anderen zu feige sind, dann mache ich das“. Die Gruppe wurde auf einen Acker geführt. Kaiser tötete jede Person mit einem Genickschuß seiner Pistole. Anschließend wurden die Opfer in die Gräber gelegt

Zum Gedenken an die Opfer wurde im Jahr 1954 auf dem Kornsand ein Gedenkstein errichtet. Auf ihm steht geschrieben:

Im Anblick ihrer Heimat wurden hier schuldlos erschossen:
Eberhardt, Georg aus Nierstein
Eller, Cerry aus Nierstein
Eller, Johann aus Nierstein
Lerch, Nikolaus aus Nierstein
Schuch, Jakob aus Nierstein
Gruber, Rudolf aus Oppenheim

Den Toten zum Gedächtnis!
Den Lebenden zur Mahnung!
Damit, was hier geschah,
sich nie wiederhole.

Fähre am Kornsand
Fähre am Kornsand
Frank Mühlberg
Einfahrt zum Gedenkstein
Einfahrt zum Gedenkstein
Frank Mühlberg
Hinrichtungsplatz
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Frank Mühlberg

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