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Der 14. Juni 1940...

Der 14. Juni 1940...

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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

Der 14. Juni 1940...

... Zeitzeugenbericht !

Wir halten auf einer großen Bahnstation. Auf dem Gebäude des Bahnhofs prangt eine Aufschrift, der Name des Ortes: Auschwitz. Jemand erklärt, es sei Oswiecim. Irgend so ein kleines Nest. Wir denken nicht länger drüber nach. Plötzlich werden die Türen unseres Waggons aufgerissen. Irgendjemand draußen schreit entsetzlich: „Alle raus! Los, verfluchte Banditen“
Unsere Begleiter helfen uns auf ihre Art, aus dem Waggon auszusteigen. Sie schlagen uns mit den Karabinerkolben auf den Rücken. Einer nach dem anderen springen wir aus dem hohen Waggon, direkt auf die SS-Männer zu, die ein Spalier bilden; das zieht sich in Richtung eines hohen Zaunes hin, der ein großes Gebäude umgibt. Unter dem entsetzlichen Gebrüll der SS-Männer stürzen wir, geschlagen und gestoßen, wie eine Herde verrückt gewordener Schafe in das offene Tor hinein.
Auf dem Platz vor dem Gebäude wurde wieder ein schwer passierbares Spalier gebildet, das sich diesmal nicht aus SS-Männern zusammensetzte, sondern aus finsteren großen Kerlen, die sonderbarerweise mit etwas angezogen sind, was täuschend an gestreifte Pyjamas erinnert. Jeder von ihnen hält einen großen Stock in der Hand und winkt damit unermüdlich nach rechts und nach links. Ich kriege etwas an der Hand ab, aber der Mantel, den ich in der Hand hielt, minderte zum Glück ein wenig den Schlag.
Zum Glück dauerte das Schlagen nicht länger, da man begann, uns in Reihen aufzustellen. Die „Gestreiften“ stellten sich in einer Reihe zusammen mit uns auf.
Wir bemerkten, dass auf ihren Hosen und auf ihren Jacken schwarze oder grüne Winkel aufgenäht waren und darunter die Nummern von 1 bis 30. Die Nummer 1 hatte ein Breitschultriger und Dunkelhäutiger mit dem Gesicht eines Räubers. Jetzt gab er mit einer scharfen lauten Stimme den Befehl: „Das Ganze stillgestanden! Mützen ab! Augen rechts!“
Plötzlich begab er sich mit elastischem Schritt zu der Gruppe von SS-Männern, die etwas abseits stand. In kurzer Entfernung vor ihnen nahm er Haltung an, schlug laut die Absätze zusammen, nahm mit einer blitzartigen Bewegung die Mütze ab und kauderwelschte etwas schnell auf Deutsch, was wir natürlich nicht verstanden.
Einer der SS-Männer antwortete ihm etwas langsam durch die Zähne, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen, wobei er auf ein benachbartes Gebäude zeigte. Sobald er geendet hatte, schlug der „Gestreifte“ erneut die Hacken zusammen, setzte seine blaue Mütze wieder auf und begab sich an seine vorherige Stelle zurück. Erneut fiel ein Kommando, dann lief der Rest der „Gestreiften“ auseinander und stellte uns nach einer Weile in Reihen in der Nähe des Gebäudes auf.
Durch eine schmale Tür ließ man uns in Gruppen hinein, indem man uns zu den Treppen, die in die Keller führten, schickte. Nachdem wir weitere Räume des Kellers passiert hatten, wurden wir sämtlicher persönlicher Sachen beraubt, einschließlich der Behaarung, welche man uns vor einem Bad in eisigem Wasser vom Kopf und von allen möglichen Stellen entfernte.
Anstelle der abgenommenen Sachen erhielt jeder von uns ein Pappschildchen mit einer Nummer darauf, die von diesem Zeitpunkt an den Namen zu ersetzen hatte. Ich bekam die Nr. 290. So wurden wir auf eine einfache Weise zu Nummern.
Nach einiger Zeit gab man uns die Kleidungsstücke zurück und trieb uns auf den Hof, wo wir dann in Fünferreihen aufgestellt wurden. Zwei von uns, die gut deutsch konnten, wurden zu Dolmetschern gemacht. Ihre erste Aufgabe war es, uns mitzuteilen, dass wir von diesem Zeitpunkt an so genannte Schutzhäftlinge geworden waren, die zum lebenslänglichen Aufenthalt im Konzentrationslager Auschwitz verurteilt waren.
Und was das ist, ein Konzentrationslager, sollten wir bald erfahren…

(Quelle: Magazin „Der Spiegel“ Ausgabe Nr. 6 vom 05. Februar 1979)

Schwarzer Winkel = Asoziale
Grüner Winkel = Berufsverbrecher

Bevor in Deutschland erstmalig das Buch : Anus Mundi. Fünf Jahre Auschwitz von Wieslaw Kielar erschien, gab es im Magazin „Der Spiegel“ eine sechs-teilge Vorveröffentlichung.
Wislaw Kielar saß im ersten Häftlingstransport der am 14. Juni 1940 zusammen mit 728 weiteren Mithäftlingen aus dem Gefängnis in Tarnow, das Konzentrationslager Auschwitz erreichte.
Bereits zuvor (20. Mai 1940) brachte SS Scharfüher Gerhard Palitzsch 30 deutsche Kriminelle Häftlinge, die auf Veranlassung von Rudolf Höß zuvor aus dem KZ Sachsenhausen ausgesucht wurden, mit nach Auschwitz. Diese wurden zu so genannten Funktionshäftlingen ernannt. Ihre Aufgabe: Die Häftlinge in brutaler Weise im Lager sowie in den Arbeitskommandos zu beaufsichtigen.

Commenti 7

  • Karin.M 25/11/2016 19:47

    Bedrückend und grausam!Es darf nie wieder passieren!!!!
    LG karin
  • Brigitte Specht 23/11/2016 21:06

    ...wie immer besonders mit dem Text sehr ausdrucksstark gezeigt!
    L.G.Brigitte
  • Rumtreibär 23/11/2016 12:40

    wieder sehr mahnend und eindrucksvoll
    carpe lucem * HG Dieter
  • Urs V58 22/11/2016 22:10

    Bild und Text sind ein eindrückliches Zeitzeugnis ...
    LG Urs
  • Mary.D. 22/11/2016 18:59

    Schlimm war diese Zeit...dein Foto zeigt ein Relikt der schlimmen Zeit!
    Wir müssen aufpassen,daß sich nicht wieder solch schreckliche Taten wiederholen!
    LG Mary
  • Küster Petra 22/11/2016 14:05

    Ein schrecklicher Ort... LG Petra
  • Joachim Irelandeddie 22/11/2016 12:24

    Eine schlimme brutale und grausame Geschichte! Man kann und will es nicht glauben zu welchen Taten Menschen fähig sein können. diese Zeiten waren an Grausamkeiten nicht zu überbieten... obwohl ich glaube, sie sind noch immer nicht vorbei, nicht unbedingt hier bei uns, aber irgendwo auf der Welt gibt es immer noch solche oder ähnliche Situationen. Die Bearbeitung passt sehr gut zu dieser Geschichte

    lg eddie

    lg eddie

Informazioni

Sezione
Cartelle Auschwitz-Birkenau
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Pubblicato
Lingua
Licenza

Exif

Fotocamera NIKON D5100
Obiettivo ---
Diaframma 5.6
Tempo di esposizione 1/40
Distanza focale 55.0 mm
ISO 200

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