Der alte „Adler“ hat einen Zwilling
Friesenhausen (uk) Nur für wenige Tage steht jetzt im Frühjahr der Magnolienstrauch am Wohnhaus der Familie Gleichmann in üppiger Blütenpracht. Das Haus ist aber nicht nur wegen der Magnolie eine Augenweide, sondern die grafische Gestaltung der Fassaden ist eine Besonderheit.
Das in roten und gelben Backsteinen gemauerte Wohnhaus, dessen Ecksteine aus heimischen Sandsteinen ausgeführt sind, war früher einmal die Gaststätte „Zum Adler“ von Johann Michael Gleichmann und hat eine abwechslungsreiche Baugeschichte aufzuweisen. Auf der Wetterfahne auf dem Dachgiebel des zweigeschossigen Hauses steht das Baujahr: 1900.
Der ehemalige Dorfgasthof war sogar mit einigen Fremdenzimmern im Dachgeschoss ausgestattet. Vor allem Handlungsreisende, wie zum Beispiel die Meerrettich-Händler aus Forchheim oder fremde Korbwaren- und Schuhverkäufer übernachteten in Friesenhausen. Der Warennachschub wurde dann über den Bahnhof in Hofheim abgewickelt. Altbauer Dieter Gleichmann kann sich noch gut an die entsprechenden Erzählungen seiner Eltern und Großeltern erinnern.
Der ursprüngliche Hauseingang befand sich im erkerförmigen angelegten Anbau an der östlichen Giebelseite. Den Abschluss bildet am Dachgeschoss ein kleiner Erkerbalkon. Die Maurer gaben sich früher große Mühe, die Fassaden des Hauses mit geometrischen Mustern zu verzieren, indem sie die zweifarbigen Backsteine nach einem bestimmten Muster verbauten. Einmal erwischten die Handwerker allerdings offenbar einen schlechten Tag, denn das geometrische Rautenmuster im Bereich des obersten Erkerfensters ist auf der rechten Seite ziemlich missglückt. Auf der anderen Seite des Fensters ist das Muster perfekt gelungen.
Vor dem Erker im kleinen Vorgarten steht noch ein alter Hoftor-Pfosten aus Sandstein, in dem der Name von Johann Michael Gleichmann eingemeißelt sind.
Was interessant ist: Ein praktisch baugleiches Wohnhaus wie in Friesenhausen steht auch in Lendershausen. Der alte „Adler“ hat also einen Zwilling. Anfang des vergangenen Jahrhunderts sei ein Familienangehöriger der Gleichmanns im heutigen Hofheimer Stadtteil ansässig geworden, erinnert sich Dieter Gleichmann. Es wurde dann einfach nach den bewährten Plänen der Friesenhäuser Wirtschaft „Zum Adler“ am westlichen Ortsausgang von Lendershausen ein Neubau errichtet, weiß Gleichmann noch aus den Erzählungen der Großeltern zu berichten. Nur auf den Erkeranbau an der Giebelseite wurde in Lendershausen verzichtet. Geld für eine neue Planung wurde auf jeden Fall gespart.
An einem Nebengebäude in Friesenhausen ist an der Außenwand ein alter Gedenkstein mit der Jahreszahl 1863 eingemauert. Er stammt von der vormaligen Fachwerkscheune, die zuvor an dieser Stelle stand und einem Neubau weichen musste. Irgendwie war es ihm damals viel zu
schade, den historischen Stein einfach zusammenzuschlagen, meint Gleichmann, denn der mit Schmuckelementen gestaltete Sandstein ist ein kleines Kunstwerk.
Der alte Haupteingang der Dorfwirtschaft wurde im Jahr 1927 zugemauert und auf die Hofseite verlegt. Heutzutage ist er noch an der eingemauerten ehemaligen, deutlich abgewetzten Eingangsstufe aus Sandstein unschwer zu erkennen.
Im Jahr 1967 wurde der Wirtshausbetrieb dann von der Familie Gleichmann aufgegeben und man konzentrierte sich auf die Landwirtschaft. Trotz des steten Strukturwandels in der Landwirtschaft führt jetzt Sohn Martin im Haupterwerb die Landwirtschaft im Aussiedlerhof mit Feldanbau und einem Stall voller Milchkühe weiter.
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