Der tödliche Biss der Spinnenfrau
Anders als bei dem „Duell“ Zitterspinne / Hauswinkelspinne* ist der Ausgang der Begegnung zwischen der Sektorspinne (Zygiella x-notata) und der Gewöhnlichen Fettspinne (Steatoda bipunctata) keineswegs so sicher. Beider Lebensraum liegt sehr eng beeinander, beide leben synanthrop, beide sind nachtaktiv – beide können sich folglich immer mal wieder ins Gehege kommen.
Die Sektorspinne ist eine Radnetzspinne, die im Sommer reif wird, sich im Oktober paart und die Eikokons anlegt und unter günstigen Bedingungen bis weit in das nächste Frühjahr überleben kann. Ihr Netz zeichnet sich durch zwei fehlende Sektoren aus, deren Radial- zu einem Signalfaden umfunktioniert ist und an dessen Ende sie auf verräterische, Beute oder interessierte Männchen versprechende Zeichen wartet. Tagsüber lauert sie in ihrem Versteck, oft unter Festerbrettern, in Fensterecken (gelegentlich auch innen) und anderen geeigneten Orten an Gebäuden, nachts klettert sie in das Zentrum ihres Netzes und wartet dort.
Die Fettspinne aus der Familie der Kugelspinnen fertigt ein scheinbar irreguläres Netz meistens unter Fensterbrettern, unter denen es sehr dunkel ist – man kann sie als wirklich lichtscheu bezeichnen. Diese Netze sind mit Stolperfäden ausgerüstet, die reißen, sobald ein an der Wand laufendes Insekt dagegen stößt. Klebtropfen sorgen für die nötige Haftung, das Insekt wird in das Fangnetz geschleudert und dort überwältigt.
Das Bild stammt vom 3. September 2021. Das Fettspinnen-Männchen hatte gerade die Reifehäutung vollzogen und war wohl auf der Suche nach dem Netz eines Weibchens. Dabei kam es mit dem eng an der Wand anliegenden Netz der (weiblichen) Sektorspinne in Berührung. Deren Reifehäutung lag schon zwei, drei Wochen zurück, ein Männchen hatte sich zur Kopulation, die erst im Oktober vollzogen wird, noch nicht eingefunden.
Eine einzige Berührung des fremden Netzes kann ausreichend sein – über lange und extrem bewegliche Becherhaare (Trichobothrien) im Zusammenspiel mit den Spaltsinnesorganen (lyraförmige Organe, Sinnesspalten) auf den Beinen kann die Sektorspinne Richtung, Entfernung und wahrscheinlich auch die ungefähre Größe des Verursachers feststellen. Ganz sicher bekommt sie sofort heraus, ob es ein paarungsbereites Männchen ist, denn das müsste sich mit einem artspezifischen Zupf-Code an den Netzfäden ankündigen, andernfalls fällt es ins Beuteschema.
Der Zweikampf hätte durchaus anders verlaufen können, aber das Männchen, das üblicherweise im eigenen Netz auf Beute lauert, war wohl strikt auf Partnersuche fixiert. Die hatte die Sektorspinne gar nicht auf dem Plan, so dass klar war: alles, was ins Netz kommt, ist Beute. Zumindest ist dieser Zweikampf dann doch eine ungleicher.
*https://www.fotocommunity.de/photo/david-gegen-goliath-weisswolf/45905025
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