Ritorna alla lista
Die gefiederte Braut

Die gefiederte Braut

41.682 23

Garrulus glandarius


Premium (Pro), Hannover

Die gefiederte Braut

Vor vielen, vielen Jahren lebte einmal in einem weit abgelegenen Häuschen irgendwo in den Bergen ein junges Mädchen. Es lebte dort ganz allein, denn seine lieben Eltern waren schon früh verstorben. Nicht viel gab es dort, womit das Mädchen seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte und so war es den lieben langen Tag emsig damit beschäftigt, Beeren und Pilze im Wald zu sammeln und den Gemüsegarten zu bestellen, damit es am Abend eine Mahlzeit hatte. In dem Garten gab es auch einige Blumenbeete, welche die Mutter einst mit viel inniger Hingabe gepflegt hatte. Das Mädchen kümmerte sich um die Blumen wann immer es Zeit fand und hielt alles in schönster Ordnung und in liebevoller Erinnerung. Ebenso fleißig versorgte es die lieben Tauben des Vaters, die in einem Schlag hinter dem Häuschen ihre Bleibe hatten und worin es tagein, tagaus auf das Fröhlichste flatterte und gurrte.
Von dem wenigen Brot, welches das Mädchen sich buk (sie verkaufte bis in den späten Sommer hinein ihre schönsten Blumen auf dem Markt, um sich Mehl zu besorgen), gab es auch den Tauben, die sich zutraulich zeigten und kaum jemals von seiner Seite wichen.
Eines sonnigen Nachmittages im Frühling trug es sich zu, dass eine von vier Pferden gezogene Kutsche vor dem Gartenzaun des bescheidenen Häuschens Halt machte. Ihr entstieg ein vornehm gekleideter Jüngling, der seinem Kutscher befohlen hatte anzuhalten, da er die bunte Blütenpracht aus der Nähe betrachten wollte. Während er ganz gefangen von dem bezaubernden Anblick und dem betörenden Duft der vielen bunten Blumen an den Zaun gelehnt dastand, wurde er sich mit einem Male des Mädchens gewahr, dass dort zwischen den Rosen kniete und erstaunt zu ihm her blickte. In der Hand hielt es eine kleine Harke um das Unkraut in den Beeten zu jäten und um es herum trippelten die Täubchen, die bald hier und bald dort etwas von der Erde aufpickten oder sich gurrend an seine Schürze schmiegten.
Dieser Anblick inmitten des frühlinghaft blühenden Gartens bereitete dem Jüngling eine solche Wonne, dass er mit einem Satz über den Zaun sprang und auf das Mädchen zueilte. Dicht vor ihm blieb er stehen, ging in die Hocke und schnitt eine Rosenblüte vom Strauch. Diese nahm er und während er zwischen der Blüte und dem Mädchen abwechselnd hin und her blickte, sprach er „Du bist so wunderschön wie diese Rose und noch nie zuvor habe ich etwas vergleichbares in der Welt gesehen. Obgleich ich weit gereist bin, ist mir nie etwas so liebreizend Anmutiges begegnet. Ich will Dich zu meiner Frau nehmen und mich jeden Tag an Deinem Anblick erfreuen. Doch zuvor muss ich heim. Ich lebe dort gleich hinter den Bergen, deren schneebedeckte Gipfel Du in der hellen Frühlingssonne weiß glitzern siehst. Ach, so lang war ich auf Reisen! Im Winter will ich zurückkommen. Wenn der erste Schnee in weichen Flocken vom Himmel herab fällt und diesen herrlichen Garten wie ein sanftes Laken im Schlafe bedeckt, dann will ich zu Dir kommen und stets an Deiner Seite bleiben, ganz so treu und Dir von Herzen zugetan wie Deine glücklichen Tauben.“
Das Mädchen lauschte schweigend den Worten des Jünglings. Vor lauter Verwunderung viel ihm nichts Rechtes ein, das es hätte erwidern können. Doch taten seine Worte ihm wohl und so lächelte es zaghaft. Das reichte dem Jüngling als Zustimmung aus und er beugte sich noch ein Stück näher zu ihm hin und steckte ihm die Rosenblüte in sein langes Haar während er sprach „Also abgemacht. Beim ersten Schnee des kommenden Winters will ich wieder mit meiner Kutsche vor Deinem Gartenzaun halten. Und Du sollst mich in Deinem Hochzeitskleid erwarten. Dann fahren wir sogleich zu der kleinen Kirche im Dorf, wo wir uns das Jawort geben wollen!“
So sprach also der Jüngling und als er geendet hatte, machte er erneut einen beschwingten Satz über den Zaun, bestiegt seine Kutsche und rief dem Kutscher zu, dass er die Fahrt fortsetzen solle. Dieser schnalzte mit der Zunge und die Pferde setzten sich in Bewegung. Während das Mädchen noch darüber nachsann, was ihm soeben widerfahren war, trabte und rumpelte das Gespann von dannen.
Das Jahr verging dem Mädchen wie im Fluge, da es so viel Arbeiten zu erledigen gab und weil seine Gedanken beständig um diese Begebenheit kreisten. Dass es bald nicht mehr ganz allein sein sollte, wie es seit dem Tod der Eltern so lange gewesen war, erfüllte sein Herz mit Trost, Vorfreude und Aufregung. Doch als die Tage schon kürzer, die Morgen trüb und neblig wurden und es an der Zeit war, Kastanien und Eicheln zu sammeln, da fiel dem Mädchen ein, dass es gar bald so weit sein würde und es zur Hochzeit abgeholt werde. Doch was sollte es anziehen? Der Jüngling erwartete, dass seine Braut im Hochzeitskleid am Gartentor seiner Ankunft harrte. Sie besaß nur einfache Kleider, die gerade für die Haus- und Gartenarbeit taugten. Als dem Mädchen klar wurde, dass es darin doch nicht heiraten könne, wurde es sehr traurig. Wie es das schon als kleines Kind getan hatte, wenn ihm etwas Schweres auf der Seele lastete, flüchtete es sich in den Taubenschlag zu seinen gefiederten Freunden. Dort kauerte es nieder, schlug die Hände vor das Gesicht und weinte bitterliche Tränen.
Die Tauben sahen dies, steckten die Köpfchen zusammen und gurrten leise miteinander. Auch ihnen tat es leid, dieses Kind, von dem sie zeitlebens nur Gutes erfahren hatten, nun so aufgelöst und niedergeschlagen zu sehen. Da steckten sie alle ihre Schnäbel in das Gefieder und begannen damit, sich jede so viele weiche, weiße Daunen auszuzupfen, wie sie meinten entbehren zu können. Da sie so zahlreich waren, dauerte es nicht lange, bis auf dem Boden des Taubenschlags ein stattlicher Haufen von Daunenfedern gewachsen war, den das Mädchen durch ihre tränenverschleierten Augen sah. Voller Freude rief es aus „Meine lieben Vöglein! So ein schönes und wertvolles Geschenk macht Ihr mir? Dann will ich daraus das herrlichste Hochzeitskleid machen, das je eine Braut getragen hat!“
Den ganzen Herbst hindurch saß das Mädchen des Abends in der Stube und nähte unermüdlich Feder an Feder zu einem prachtvollen weißen und bauschigen Brautkleid zusammen. Und als der erste Schnee fiel, glitt es hinein, lief in den Garten hinaus und setzte sich unweit des Gatters zum Gartentor auf eine Bank, um den Bräutigam zu erwarten.
Die Stunden vergingen, die Flocken tanzten wild in der eisigen Luft und nach einiger Zeit schloss eine dicke Decke aus Schnee Gräser und Sträucher, Beete und Wege von der Außenwelt ab. Das Mädchen fror furchtbar trotz des warmen Federkleides, denn es war ja nur ein Mensch und ihm wuchsen die Daunen nicht so dicht aus der Haut wie den Tauben. Es wollte aber auch nicht hineingehen in seine warme Stube, da es befürchtete sonst die Ankunft des Liebsten zu verpassen. So saß es nun dort, Stunde um Stunde und der eisige Wind wehte und die kalten weißen Flocken deckten es zu, ganz so wie den Garten. Als der Morgen graute lag der Schnee schon so hoch, dass von dem Mädchen auf seiner Bank nur noch die Umrisse zu erkennen waren und als in der folgenden Nacht die Temperatur noch weiter sank, gefror alles zusammen zu einer undurchdringlichen Schicht aus Eis. Bald lag der Schnee so hoch, dass auch die Fenster des Häuschens ganz zugeschneit, Beete und Wege nicht mehr voneinander zu unterscheiden waren und das Dach unter der weißen Last einstürzte.
Mit den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings begann es zu tauen. Die ersten Krokusse streckten keck ihre Köpfchen dem Licht entgegen und im Garten begann neues Leben. Das Mädchen jedoch hat niemals jemand wiedergesehen. Als die Bank, auf der es gesessen hatte von Schnee und Eis befreit war, fanden sich nur ein paar weiche Daunen, die sich aus seinem Hochzeitskleid gelöst hatten.
In besonders kalten Winternächten aber, wenn der Wind frostig weht und die Schneeflocken tanzen, wollen einige Dorfbewohner ab und zu eine Taube gesehen haben, die mit einer roten Rose im Schnabel den Berggipfeln zugeflogen sei. Ihr beständiges Rufen „Hu-hu-huuuh“ habe für manchen geklungen, als riefe diese Taube „Wo-bist-Duuu?“…
Gg
Mein erster Beitrag zur 163. DigiArt-Challenge „Wintermärchen“
http://www.fotocommunity.de/upload?sectionId=21032
Alles eigene Zutaten:
Taube: auf meinem Balkon fotografiert,
Berglandschaft: erstellt mit Artbreeder,
Blume: gerendert mit Incendia Next
Alles andere gemalt mit Flame Painter.
Zusammengedröselt mit PSE 8 und aufgehübscht mit Paintshop Pro.

Commenti 23