Die Lindenallee
...im botanischen Garten Dortmund.
Angepflanzt im Jahre 1822!
Unweit des Eingangs zu meinem Paradies behauptete sich seit Menschengenerationen die vergangenheitsbeladene, mit geometrischer Genauigkeit und Sorgfalt angepflanzte Lindenallee.
Fast zwei Jahrhunderte hatte sie beinahe schadlos zu überdauern gewußt.
Sie hatte die sommerliche Hitze ebenso oft ertragen wie den unbarmherzigen, manchmal beißenden Frost.
Sie hatte Stürmen von großer Kraft und Intensität standgehalten, lange Perioden dürrender Trockenheit klaglos über sich ergehen lassen und auch die ungezählten, messerscharfen Klingen der nur nach Verewigung trachtenden Liebespaare hatten ihr niemals den Lebensmut abschneiden können.
Sie hatte leise, wundervolle Zeiten des Friedens, aber zwischendurch auch immer wieder die grauenhaften Episoden des Menschenhasses kennengelernt.
Ja, auch den scheinheiligen, widersinnigen Krieg kannte sie zur Genüge und es gab schon lang nichts mehr, was sie noch hätte überraschen können.
Sie hatte Legionen und aber Legionen meiner Brüder und Schwestern gesehen, die sich an ihren Bäumen beinchenhebend oder aber hinhockend Erleichterung verschafft hatten und sie hatte all das zärtliche Flüstern und Liebkosen belauscht, das doch seit allen Zeiten so ehrlich war und glückselig machte.
Und bestimmt hatte sie von all dem nichts, nicht das Wenigste vergessen.
aus: "Fragmente eines Hundedaseins"
(c) 1987 Herbert Goeken
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