Die Welt ist aus China
Sie sass da, im Schneidersitz, und mit der Welt in ihrem Schoss. Die wirkte so klein dort und machte Lust auf Reisen mit dem Zeigefinger. Da wanderte sie nach Afrika, nach Australien und China, bis ihr schwindelig wurde. Manchmal hielt sie die Welt in ihrer Hand, mit dem Daumen im Atlantischen Ozean und den anderen Fingern im Pazifik. Dort gab es dann Dellen und sie fragte mich, ob es da wohl gerade stuermte. Dann stellte sie die Welt auf den Kopf und betrachtete die Antarktis und den blauen Fleck im Eis. Sie ueberlegte, ob die Welt das merkt, dass sie schief steht und wartete, aber nichts ruehrte sich.
Und wenn sie die Welt drehte, immer schneller, dann begann sie manchmal zu weinen. Ich habe nie verstanden, was das bedeutete und warum sie die vielen kleinen Laender so intensiv betrachtete. Einmal sagte sie nur, „die Welt ist aus China, und dort moechte ich mal hin“. Ein anderes Mal erklaerte sie, dass der Welt die Luft ausgeht, und fragte: „Hoerst du das denn nicht?“
Spaeter war sie verschwunden, und ich wusste, dass es fuer immer war. Und am Boden lag die Welt, alleine und ohne Luft, weil der Stoepsel gezogen war. Ich setzte mich hin und pustete sie wieder auf, und nahm sie in meinen Schoss. Ich fuhr mit meinem Finger ueber jedes einzelne Land und ueber jeden Ozean und fragte mich, wo das Maedchen gerade war. Und wartete, aber nichts ruehrte sich.
Falkes F 26/06/2006 17:34
wirklich farblich, lichtlich sehr schön eingefangen, gefällt gut!