Eisenach, April 1992
Vor 25 Jahren haben wir Lok 38 2267 in Meiningen nach der HU abgeholt und hier im Bw Eisenach kurzfristig abgestellt. Bevor die Lok nach Dahlhausen überführt wurde, sollten wir Personale uns erst einmal mit der Lok etwas vetraut machen und gleichzeitig für einige der ehemaligen Betreuer mit einer Rundfahrt durch den Thüringer Wald ein Dankeschön für die aufopfernde Pflege gesagt werden.
Hier in Eisenach war meine erste Fahrt am Regler dieser Lok. Ungewollt zwar, aber gerade darum voller Ehrfurcht und Respekt, um nicht zusagen voller Angst. Und das kam so:
Neben der Lok sind drei Personenwagen gekauft worden, die nun ebenfalls auf die Reise gehen sollten. Alles Gepäck von uns wurde in einem Wagen verstaut und die Lokmanschaft des Aw Meiningen setzte die Lok an den Zug und drückte die Fuhre vom Aw in den Bahnhof. Hier ließ man zwei von uns schon mit auf den Führerstand, da konnten wir uns schon mal an den Führerstand gewöhnen. Die Fahrt von Meiningen nach Eisenach verlief ruhig. Ungewöhnliches habe ich jedenfalls nicht bemerkt. In Eisenach stellte man die Wagen in irgend ein Gleis und die Lokmanschaft fuhr nach einigem hin- und hersägen ins Bw. Auf einem freien Gleis blieb die Lok stehen. Die Manschaft speiste noch etwas Wasser in den Kessel und stieg dann gemütlich, aber ohne ein Wort zu sagen, von der Lok und ging in Richtung Drehscheibe. Mein Kollege und ich schauten uns etwas verdutzt an, Die werden sicher fragen, wo die Lok abgestellt werden soll, war unsere Vermutung für dies ungewöhnliche Verhalten. Aber da hatten wir uns getäuscht. Es kam niemand zurück, um die Lok auf ihren Abstellplatz zu fahren. Stattdessen schallte ein lauter Ruf zu uns rüber. "Fahrt, euren Teekessel da weg, ihr versperrt das ganze Bw!" Als wir herausgefunden hatten, wo dieser Ruf herkam und was es damit auf sich hatte, war klar, die Lok muß auf die Scheibe und dann in die Ecke. Aber wer fährt sie. Denn eines hatten wir inzwischen spitzgekriegt, die Meininger Personale hatten die Lok quasi mit Ruhe im Feuer hinterlassen. Das heißt, Kesseldruck knapp 7 bar und Wasserstand des Schauglases bis in die Mutter. Sch......, jetzt Wasserreißen und der Lokschuppen hat am anderen Ende einen neuen Ausgang. Wir knobelten, wen das Schicksal trifft. Ich hatte verloren und mußte die Lok auf die Scheibe bewegen.
Die Lok noch ganz sanft angebremst halten und den Regler ganz behutsam öffnen, dann sachte die Bremse lösen und siehe da... die Lok bewegte sich ganz langsam. In Schleichfahrt bewegte ich sie auf die Drehscheibe. Der Wärte drehte uns und ich konnte die Lok dann eben so sanft (ich hatte ja jetzt "Übung") an den Prellbock setzen.
Das war meine erste wenn auch unfreiwillige Fahrt am Regler der P8. Wie viele noch folgten? Ich hab sie nicht gezählt, Aber keine Fahrt war so aufregend wie diese.
Mit Volldampf voraus 12/03/2017 19:39
Eine sehr schönes Foto, von einer sehr gepflegten P8 und interessante Geschichte dazu.Viele Grüße Oskar
Roststab 10/03/2017 22:12
Daß wir uns damals über den Weg gelaufen sind, ist möglich. Die ganze Sache ist ja nicht unter höchster Geheimhaltung gelaufen, Durch die öffentlich ausgeschriebene Rundfahrt haben wir ja letzlich alle Interessenten eingeladen.Aber dieses Bild ist nicht angelockt worden. Ich habees beim Suchen eines Mottenkistenfotos in meinem Schuhkarton gefunden, Und da ist es jetzt!
Übrigens sollte mit der Überführung nach Dahlhausen zwei Tage später ein ganz anderes Drama laufen. Wenn ich dazu ein Foto finde (das ich nicht selbst gemacht habe), dann erzähle ich davon.
BR 45 10/03/2017 1:15
Hallo HeinzSchön das Du nun endlich mal von Eurer ersten Fahrt auf der 38 2267 hier
einen Bericht ablieferst.
"Angelockt" hatte ich Dich mit diesem Foto
ja schon vor ner ganzen Weile, erinnerst`e Dich ;-)) ?
Die Aufnahme von oben inmitten dieser "Ludmillaversammlung"
ist heute schon der Hammer, gut das Du sie damals gemacht hattest.
Vielleicht sind wir uns damals "unbekannter Weise" schon über`n Weg gelaufen ?
Grüße Andy
Roststab 09/03/2017 22:06
Hallo Zusammen und ein Dankeschön für euer Lob.Einem falschen Eindruck möchte ich aber energische widersprechen. Beim Lesen meines Textes kann tatsächlich der Eindruck entstehen, die beiden Meininger Kollegen seien stur gewesen. Nein beleibe nicht, sie waren freundlich und antworteten auf alle unsere Fragen. Merkwürdig war nur, sie waren mit einem mal weg. Doch dafür habe ich eine durchaus plausible Erklärung. Sie mußten zurück nach Meiningen und das ging nur mit einem planmäßigen Zug. Vom Bw bis zum Bahnhof ist es noch ein ordentliches Stück Weg. Und wenn die Abfahrtszeit schon nahe ist, dann muß man sich eben sputen.
Heinz Hülsmann 09/03/2017 19:27
Bravo, interessantes Foto und der Text ein echter ,,Roststab''!VG Heinz
tennschter 09/03/2017 14:56
Hallo Heinz,schöne Sachen die die Meininger so nebenbei mit den ungeübten Lokpersonalen veranstalteten.
BG vom tennschten
makna 09/03/2017 10:51
Ein aufregendes Erlebnis ... wenn da plötzlich Wasserreißen angesagt gewesen wär' ... ;-)... doch mit Deinem "ruhig Blut" und natürlich auch der Erfahrung ging ja alles glatt !!!
In jedem Fall: Ein spannendes erstes Bewegen Eurer P 8 ... die Meininger hingegen
hatten ja wirklich die Ruhe weg ... und einen gepflegt-höflich-kollegialen Umgang
wohl noch nie gelernt - Sachen gibt's, da kann man nur den Kopf schütteln !
Das Motiv der P 8 inmitten all' der damals noch aktiven Diesel: Herrlich !!!
Heutzutage ist das Bw ja in privater Hand (Adam) ...
... und der Lokbestand sieht ganz anders aus !
BG Manfred
Thomas Jüngling 08/03/2017 23:10
'Modellbahn' war auch mein erster Gedanke. Die Geschichte dazu ist wirklich abenteuerlich - man kann sich die Sache lebhaft vorstellen. Ein schönes Dokument in Wort und Bild!Gruß Thomas
Dieter Jüngling 08/03/2017 22:21
Hallo Heinz,das ist eine Geschichte, wie man sie nicht besser hätte erleben und erzählen können!
Feine Aufnahme aus meiner Thüringer Heimat.
Danke und
Gruß D. J.
Insel.NOK 08/03/2017 22:06
Sieht aus wie eine Modellbahn. Schönes Foto und dazu wieder eine herrliche Story aus dem Alltag, klasse gemacht.VG
Ingo