Es ist alles nicht so leicht, ein bisschen elektrisch, und sehr, sehr traurig...
[…] Das Tier ist festgebunden an sein Hier und Heute, mit all seinen Sinnen, der Mensch aber kann sich losreißen, erinnern, mit anderen fühlen, sich deren Gemütsverfassung, deren Empfindungen vorstellen – was, zum Glück, nicht stimmt. Bei derlei Versuchen, uns in andere hineinzuversetzen, in ihre Haut zu schlüpfen, gewinnen wir nur ein nebelhaftes, verschwommenes Bild von uns selbst. Was würde mit uns geschehen, wenn wir wirklich mit anderen Mitleid zu haben, mit ihnen zu fühlen, an ihrer Statt zu leiden vermöchten? Daß sich die menschlichen Schmerzen, Ängste, Leiden mit dem Tod des Einzelnen auflösen, daß nichts bleibt von den Höhenflügen, Niederlagen, Orgasmen und Torturen, ist ein rühmenswertes Geschenk der Evolution, die uns den Tieren ähnlich gemacht hat. Wenn jeder Unglückliche, jeder Gepeinigte auch nur ein Atom seiner Gefühle hinterließe, wenn solcherart das Erbe von Generationen anwüchse, wenn auch nur ein Fünkchen von einem Menschen zum anderen überspringen könnte, wäre die Welt erfüllt von einem mit Macht sich den Därmen entreißenden Schmerzensgebrüll.
Wir sind wie die Schnecken, jeder klebt an seinem Blatt. Ich suche Zuflucht bei meiner Mathematik und wiederhole mir, wenn mir das nicht genügt, diesen letzten Absatz aus einem Swinburne-Gedicht:
From too much love of living,
From hope and fear set free,
We thank with brief thanksgiving,
Whatever gods may be
That no man lives forever;
That dead men rise up never;
That even the weariest river
Winds somewhere safe to sea.*
Zakopane, Juni 1967
Krakow, Dezember 1967
[…]
*Aus zu viel Liebe zum Leben,
Von Hoffnung und Furcht befreit
Danken wir mit kurzem Gebet
Göttern, wer immer sie sein mögen,
Daß niemand ewig lebt,
Daß Tote niemals auferstehen,
Daß selbst der müdeste Fluß
Irgendwo sich ins Meer findet.
Aus: „Die Stimme des Herrn“ (Stanislaw Lem)
http://www.youtube.com/watch?v=fTb0rDxooJA
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