Es könnte auch das Ruhrgebiet sein....
Weg von dem Theaterdonner letzter Woche mit all seinen Spielchen aus der unendlichen Trickkiste der Lokpersonale.
Keine Meter hohe schwarze Qualmwolken schießen gen Himmel mit Teufelsgewalt.
Alles läuft normal, Eisenbahnbetrieb eben, der täglich über die Gleise der Deutschen Reichsbahn rollt, nichts besonders im Jahr 1979.
Kaum einer der einheimischen Leute schaut hin, was da so vorbei kommt.
Höchstens ein paar der sogenannten Eisenbahnfreunde, ein bunt gemischtes Völkchen aus aller Welt, die wie auch immer mitbekommen haben, daß Saalfeld noch eine Hochburg des Dampfbetriebes ist.
Freitag, den 10. August 1979 stand „Große Ruhe“ in meinen Plan. Jetzt werden einige von Euch Fragen warum schreibe ich „Große Ruhe“?
Ein heutiger Lokführer wird das gar nicht mehr kennen.
Ja, es ging anders zu bei der alten Bahn, als heute. Viel menschlicher, ebenso in der Arbeitswelt derer die vorn auf ihrer Lok standen.
- Große Ruhe, sie bestand aus drei Tagen hintereinander „Frei“.
In meinem Fall war es Freitag bis Sonntag, ehe ich dann mit meiner 01 0533 am Montag 8.45 Uhr Plan E 802/805 nach Leipzig und zurück fuhr.
Drei Tage Frei, da kann man eine Fettschicht (Sonderschicht) von 12 Stunden gut verkraften die besonders den Geldbeutel mehr Inhalt bringt.
Mit dem richtigen Heizer dazu wird nebenbei der Spaßfaktor enorm gesteigert.
44 0567 stand für uns bereit um mit ihr Mal einen leeren Rungenwagen Zug, der rechts im Bildrand gerade noch sichtbar ist, für die Maxhütte von Saalfeld nach Unterwellenborn zu schrubben. So zu sagen gleich am Anfang schon kribbeln im Bauch.
Als Lz (Lok allein), - dabei hatte ich schnell in der Fahrt das Foto hier geschossen, fuhren wir gemächlich Tender voraus zurück nach Saalfeld um einen Dg (Durchgänger) nach Camburg zu bespannen. Mit einen eben solchen Dg, jedoch vorher einer angemessener Pause, ging es den Feierabend im Auge voran. In dem wir der 44er die Zügel locker ließen um sobald wie möglich dann wieder in Saalfeld zu landen.
Zu unserem heutigen Foto, es könnte auch irgendwo bei meinen Freund Heinz (E. Roststab) damals im Ruhrgebiet entstanden sein. Wenn die 44er ihre Herkunft durch die hoch liegenden Windleitbleche sich nicht selbst verraten würde.
Ein unwiederbringliches Foto allerdings, wobei sich die Abläufe zu der Ruhrgebiet Zeit versetzt sehr ähnlich sind.
Die Industrie Kulisse für mein Foto bildet die Maxhütte Unterwellenborn die zu dem Zeitpunkt noch voll intakt war.
Inzwischen ist davon nichts mehr übrig geblieben. Die Hochöfen sowie Anlagen die dazu gehörten, wie z.B. die hochgelobte neuer Möllerung rechts im Bild, alles geschliffen.
Stahl gekocht wird schon lange nicht mehr, nur ein Walzwerk hat sich an den alten Standort angesiedelt.
Obwohl die 44 0221 ihren Zug, bestimmt mit Höchstlast 1 200 t Dg am Zugharken hat, sieht man ihr an das es für so einen Kraftprotz keine Hürde bedeutet den Zug in Schwung zu halten.
Aus Saalfeld heraus, daß schlimmste die Rampe, hat die 44er überwunden. Da der Bahnhof Unterwellenborn in einer Ebene liegt kommt das ganze Geschäft gut ins rollen. Bis Könitz steigt es noch einmal, dann kann der Heizer vorerst alles dicht machen. Seine Beine hoch legen, für ihn ist Pause angesagt. Nur der Meister wird nun gut mit bremsen beschäftigt, welche er da zum ersten Mal auf ihre Wirksamkeit testen kann.
Zur Sache geht es, wenn der Bahnhof Pößneck meine alte Heimatstadt durchfahren ist. Ab Oppurg beginnt erneut die Steigung, die sich hinzieht bis Triptis.
In Gera oder eher wenn es die Zeit erlaubt, werden sich sicher die Kollegen mal ihrer Speisepumpe annehmen, wo die Stopfbuchse stark undicht zu sein scheint.
Ansonsten, - daß lebensnahe Bild auf sich wirken lassen, denn dabei gibt es noch so einiges zu entdecken.
Ralf
KA Mera 23/10/2007 19:18
Ja Ralf....Was soll ich sagen (besser schreiben...) - da ist man mal eine Woche nicht hier und dann stellst Du ein Bild ein, das in mir die Heimatgefühle weckt....
Da bin ich aufgewachsen (nein, nicht wirklich, es war eben "tief im Westen, wo die Sonne verstaubt").
Onkel bei Thyssen, Opa, anderer Onkel und zwei Vettern aufm Pütt. Der dritte Onkel wohnte gegenüber Tor 18 von der Kokerei in Oberhausen...
Und die Rheinische Strecke führte fast an meinem Elternhaus vorbei - das war noch ganz lange ne Paradestrecke für die Jumbos.
Und dann....
Nein, es ist schon gut so, glaube ich, das diese Zeiten vorbei sind. Denn es war Knochenarbeit. Es war schmutzig und es war ungesund.
Ja, ich weiss auch, das sehr viele Menschen davon gelebt haben, das heute sehr viele Menschen darunter leiden, das es diese Arbeit so immer seltener gibt.
Dennoch...
Ein wunderbares Bild Ralf, nicht nur unter dem historischen Blickwinkel.
So schaut man von den Öfen runter:
Hans Niemann 20/10/2007 18:31
Es ist schon alles gesagt. Schön.LG Hans
Michael Levermann 20/10/2007 7:06
Ein tolles Bild und eine schöne Geschichte dazu !Einfach super !
Könnte tatsächlich auch der auch der Ruhrpott sein, Duisburg oder Oberhausen usw...
Gruß
Micha
Klaus Kieslich 20/10/2007 1:06
Was soll ich hier noch schreiben...es ist wieder eine fantastische Präsentation von Dir !Gruß Klaus
Steffen°Conrad 19/10/2007 21:56
Max...braucht heut kein Schrott, kein Wasser mehr,
vor 3 Jahren sah ich den einsamen Rest eines Hochofens..
Was für Lebendigkeit strahlt Dein Bild noch aus,
wieviel Menschen hatten dort Arbeit, Brot Auskommen-
und eben auch im Ruhrpott...
Und eben die Wärme und Menschlichkeit im Berufsleben, die hat man in Erinnerung, die nimmt uns keiner,
heutzutage...
Schönes WE
der Funkenkutscher
conni
Anja Pfeifer 19/10/2007 19:06
Ralf, das Bild ist ein Traum. Nicht nur vom Motiv her, sondern auch, weil ich so gerne Mal eine 44 durchs Ruhgebiet fahren sehen würde ... auch wenn es nicht mehr so sein wird, wie auf dieser Aufnahme ...Und jetzt geh ich mit Deiner Geschichte im Kopf in dem Bild erst mal wieder spazieren :-)
LG Anja
Jan-Henrik Sellin 19/10/2007 17:51
Das passt einfach perfekt zusammen: Die 44er mit der Kulisse der Maxhütte in Unterwellenborn. Ein tolles Bild! Grüße an Dich, Jan