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Bielefeld, Lange Nacht der Museen. Dr. Oetker-Welt. Anstehen für die Verwandlung von Pulver und Wasser zu Pudding und dessen Ausgabe durch die Große Galetta.


Resurrectio
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Religion und Moderne
Glauben ja, aber nicht an Gott

Vorstellungen wie Gott und Jenseits verhindern eine moderne Religiosität. Die großen Religionen sollten sich endlich von ihrem metaphysischen Ballast befreien. von Daniel Herbstreit

17. Oktober 2014

Kleines Gedankenexperiment: Die katholische Kirche ist basisdemokratisch organisiert und kämpft entschieden für die Rechte von Ohnmächtigen und Benachteiligten, egal ob arm, politisch unterdrückt oder transsexuell. Konzepte wie Gott und ein Leben nach dem Tod haben ihre zentrale Stellung in der Lehre verloren und werden liberal gehandhabt. Jeder Katholik darf sich darunter vorstellen, was er möchte, ablehnen darf er sie natürlich auch. Priester müssen nicht mehr zölibatär leben und bieten unter anderem Kurse in Kontemplation an, offen für Anhänger aller Weltanschauungen. Unrealistisch, finden Sie? Unsinnig?

Für die meisten von uns ist der Gegensatz von Religion und säkularer Kultur heute selbstverständlich. Zu lange her sind Aufbruchsbewegungen aus den Kirchen selbst heraus, wie das Zweite Vatikanische Konzil, oder prominente Versuche, das theologische Nachdenken über Gott an die Philosophie der Gegenwart anzuschließen, Versuche, wie sie zum Beispiel Paul Tillich und Dietrich Bonhoeffer um die Mitte des 20. Jahrhunderts unternommen haben. Die maßgeblichen religiösen Institutionen, christliche ebenso wie jüdische und muslimische, sind fest in der Hand von Konservativen oder sogar Reaktionären.

Dabei sollte man Religion auf keinen Fall den Antimodernen überlassen, auch nicht allein den Gläubigen. Denn in den religiösen Traditionen finden sich Haltungen zur Welt, Ideen und Techniken für den Umgang mit sich und anderen, die nicht nur enorm hilfreich für das Überleben in der späten Moderne sein können, sondern auch emanzipatorisches Potenzial bergen. Und im Grunde funktionieren sie auch ohne Bezug auf metaphysische Vorstellungen wie Gott oder ein Leben nach dem Tod.

Ein Beispiel dafür sind Techniken wie Yoga und Achtsamkeitsmeditation, ursprünglich kontemplative Praktiken, die längst ihren festen Platz im Freizeitangebot westlicher Großstädte gefunden haben. Bekanntlich eignen sich Meditation und Yoga ganz gut dafür, den Griff des dauernden Wollenmüssens ein wenig zu lösen, den Selbstverwirklichungszwang der neoliberalen Lebenswelt. Aus kontemplativer Sicht sind solche Entspannungstechniken aber nur Handwerkszeug, das man anwendet, um eine bestimmte Haltung zum Leben zu kultivieren oder zumindest anzustreben. Es ist eine Haltung, die, vereinfacht gesagt, eine größtmögliche Liebe zu sich selbst, zum Leben und zu allen Lebewesen versucht, allem Unguten und Schrecklichen zum Trotz. Man kann diese Haltung religiös nennen, muss es aber nicht.

Die Idee einer atheistischen Religiosität ist radikal und wegweisend

Entspannung der Willenskräfte, Kontemplation, Liebe und Mitgefühl, das alles kennen natürlich nicht nur Buddhismus und Hinduismus. Mit Praktiken wie Yoga und Achtsamkeitsmeditation greifen wir in Europa insgeheim auch auf das kontemplative Wissen in Christentum, Judentum und Islam zu – warum dann nicht gleich offen und direkt? Warum sollten sich religiöse Ideen und Praktiken nicht in eine Kultur verpflanzen lassen, die sich als säkular versteht?

Ganz neu sind solche Ansätze nicht, ähnliche haben in den letzten Jahren vor allem zwei britische Autoren ins Spiel gebracht: aus nichtreligiöser Perspektive der Populärphilosoph Alain de Botton, aus buddhistischer der ehemalige Mönch Stephen Batchelor. Während Alain de Botton sich für einen funktionalistisch-säkularen Zugriff auf die religiösen Traditionen ausspricht, geht Batchelor noch weiter. Er lebt einen Buddhismus vor, der auf Karma, Götter und Wiedergeburt verzichtet, also all die Vorstellungen, für die säkulare Geister höchstens Kopfschütteln übrig haben.

Batchelors Ansatz einer postmetaphysischen, atheistischen Religiosität ist ebenso radikal wie wegweisend. Und sollte unbedingt auf andere Religionen übertragen werden. Was bliebe wohl von den christlichen Lehren übrig, wenn sie konsequent von ihren Bezügen auf Gott und Jenseits gelöst würden? Sicher mehr, als wir uns heute vorstellen können. Nächstenliebe jedenfalls ist nicht notwendig an göttliche Instanzen gebunden.

Religionen von ihrem metaphysischen Ballast zu befreien, könnte für moderne Gesellschaften ein Weg sein, sich das Religiöse zurückzuerobern, ohne deshalb von der intellektuellen Tradition der Aufklärung abzurücken. Einen Versuch wäre es allemal wert. Denn auf Religion als seelischen und ethischen Echoraum sollten wir nicht verzichten. Auf Gott aber schon.

http://www.zeit.de/community/2014-10/religion-ohne-gott-moderne-atheismus

https://www.youtube.com/watch?v=y8GbhMxiAgk

Commenti 118

  • Jadugaar 21/03/2020 15:31

    Wie entspannend zu wissen,
    dass der Sinn des Lebens
    allein schon im Genuss
    eines Puddings bestehen kann. :))
    HG Jadugaar
    • E. W. R. 22/03/2020 9:04

      Das ist nicht so ganz trivial. Nimm den Leuten den Pudding, das Fußballspiel und die sonstigen Trivialitäten des Lebens, und nach acht Wochen hast Du vielleicht die Revolution. Darauf sind ja selbst die Braunen und Roten nicht gekommen. Ich hoffe, dass das nur Satire ist. HG, E.
  • manfred.art 23/08/2017 16:55

    diese bildaufteilung, die groessenunterschiede, ich meine pudding und mensch, es hält mich irgendwie fest, immer noch! glg manfred
  • E. W. R. 06/02/2016 17:49

    Eine Stunde Anstehen und dann ein tobendes Gewitter auf dem Rückweg mussten für dieses Bild in Kauf genommen werden. ;-) HG, E.
  • Ruth U. 05/02/2016 18:47

    Das Bild finde ich sehr gut gelungen, klasse ist der Blick von oben und die Spiegelung dazu ist super.
  • E. W. R. 14/09/2015 20:45

    Etwas Überschau tut bei Götzenwesen und Götterspeise immer gut. ;-) HG, E.
  • Markus Novak 14/09/2015 20:10

    auf jeden Fall ein klasse Standpunkt, den da ausgesucht hast!!
    LG markus
  • E. W. R. 05/08/2015 14:22

    Wenn die Religionen zugäben, dass sie Veranstaltungen des Glaubens, Meinens und Ahnens sind, wäre bereits viel gewonnen, wobei mittlerweile aber die christlichen Religionen diesbezüglich fortschrittlicher sind als die bekannten anderen, die uns im Moment so viel Sorgen machen. HG, E.
  • Max Stockhaus 05/08/2015 0:04

    für herrn oetker war pudding fortune
    ob subito
    weiß ich nicht
    gott ist wie pudding
    kaum fassbar
    manche mögen ihn nicht
    den pudding
    diejenigen
    die für sich beanspuchen
    gott näher zu kennen
    und meinen über ihn "predigen" zu müssen
    richten meistens nur unheil an
    bei denen
    die zuhören
    und
    der predigt glauben schenken
    -
    die schafe wollen verführt werden
    das ist so
    und wird wohl noch ein weilchen so bleiben
    leider

    lgm

    Schönes Foto,
    vor allem die Puddigspiegelung auf dem Pflaster



  • E. W. R. 12/07/2015 9:16

    Wollen wir's hoffen, dass ER nicht doch einmal die Nase voll von uns hat. HG, E.
  • Rumtreibär 12/07/2015 6:38

    Mag sein dass es Menschen gibt die auf Gott verzichten können - nur gut, dass Gott nicht auf die Menschen verzichtet. Das Bild hat Tiefenwirkung. HG Dieter
  • E. W. R. 22/06/2015 15:27

    Showtime ... die wirklichen Puddingmaschinen dürften so technisch aussehend sein wie die alten Geräte in einem kleinen Museum bei Oetker. In der realen Produktion hat ja mal der "Vorkoster" schnuppern dürften, was auch nicht selbstverständlich bei vergleichbaren Firmen ist. HG, E.
  • Andreas Denhoff 21/06/2015 15:40

    Mein Gott,ist das ein großes Pud-Ding...
    LG Andreas
  • E. W. R. 14/06/2015 19:18

    @ Uli: Lieber Uli, wichtig ist auf jeden Fall, was letztlich "hinten herauskommt", also als moraliteit einer Gesellschaft. Denn letztlich ist das Eine wie das Andere ein Glaube. HG, E.
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