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Gestatten, 41 1303!

Gestatten, 41 1303!

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F. Paul


Premium (Basic), Mainz

Gestatten, 41 1303!

Da habe ich doch am 08.10.1982 den längsten Lokumlauf erwischt, welchen unsere kleine Einsatzstelle zu bieten hat! Lz irgendwann um 02:00 nach Güsten, ziemlich müde wirken die Bewegungen des Meisters, mit denen er mich an die schon am Bahnsteig wartenden sechs Dreiachser bugsiert und die des Heizers, welcher das Feuer in meinem Bauch mit ein paar Schippen Kosakenkies am Laufen hält, um die Kühle der Oktobernacht aus den im schummrigen Dunkel liegenden Wagen zu vertreiben. Stille, nur kurz durch eine den Rangierbahnhof in Richtung Magdeburg Buckau mit einer schweren Wagenschlange verlassenden Taigatrommel unterbrochen. Aber dann - gegen 03:00 kehrt der Rechtsaußen mit zwei Bechern Kaffee zurück, was die Kraft der Schaufelbeweguingen seines Mitarbeiters vervielfacht! Und als der Zeiger der Bahnsteiguhr auf 03:24 springt und der Regler geöffnet wird, poltern wir über die Ausfahrweichen in die Nacht hinaus. Nichts besonderes, die sechs Schachteln, unterbrochen durch mehrere Halte, den Berg nach Blankenheim hoch zu befördern und nach dem rauchgeschwängerten Tunnel läßt man mir bergab nach Sangerhausen die Zügel los. Bin ich verpflichtet, auf die Höchstgeschwindigkeit zu achten oder ist es der Lokführer? Na, jedenfalls geht alles gut, kein Gedränge herrscht auch am dortigen Wasserkran und an der Drehscheibe, keine der wenigen hier beheimateten 52'er läßt sich blicken, so daß wir recht schnell wieder am Zug sind, der jetzt P 3222 heißt. Und während sich der Meister zum Kaffee- und Brötchenholen in die Kantine verfügt, entfacht der Linksaußen ein wahres Höllenfeuer! Vorsichtiger Blick nach hinten: Nein, da stehen weiterhin nur die sechs kurzen Wagen, kein langer Güterzug ist die Blankenheimer Rampe hinauf zu befördern! Nun ist es aber gut! Ein Warnschuß über das Sicherheitsventil und der Linksaußen läßt die Schaufel erst einmal sinken. Ein Klacks für mich ist dann die pünktlich um 05:39 in Angriff genommene Blankenheimer Rampe hinauf in Richtung Güsten, wo wir kurz nach 07:00 ankommen, während sich der Himmel im Osten passend zu den Laubbäumen langsam rot färbt. Herrlich, so macht das Fahren Spaß und ich lasse die Dampfpfeife einfach einmal jubilieren! Erschrocken schauen sich die beiden Schwarzen an: Was war das? Hat eben doch eine Seele, so eine Dampflok...... Zweiundzwanzig Minuten Zeit, in der normalerweise neues Lokpersonal das Führerhaus erklimmt, aber außer dem Kollegen Personalmangel entert heute keiner die Trittstufen. Ja, die Reichsbahner haben schon Disziplin und halten den Laden am Laufen und mir ist's egal. So dampfen wir weiter mit unzähligen Verkehrshalten, so daß die einlösigen Bremsen glühen, über Köthen und Dessau nach Lutherstadt Wittenberg, an 10:55. Abkuppeln, Drehen, Kohle und Wasser nehmen, wieder an den Zug für zwei Stunden Pause. Jeder verdrückt sich auf seinen Sitz, die Mütze ins Gesicht gezogen und eingeschlafen. Um 13:10 dann wummert ein Rangierer von außen an mein Türblech, Aua! Wir sollen ins Hauptgleis umsetzen und Platz machen für den nächsten Zug. Wortlos geschieht das, nur Triller- und Dampfpfeife der Beteiligten haben sich etwas zu sagen. Noch ein Kaffee für beide Schwarzen, das Ergebnis können Sie auf dem beigefügten Bild betrachten. Es macht mir jedenfalls Mut, daß wir die drei Stunden nach Güsten mit P 3495 / P 9514 auch noch schaffen werden, 17:12 sollen wir dort eintreffen und nach einer kurzen Lz-Fahrt stehe ich dann gegen 18:00 auf dem Kanal. 16 Stunden Ausbleibezeit für ca 300 Kilometer Loklauf mit ca 150 Tonnen Anhängelast, eigentlich nichts besonderes. Eben der ganz normale Wahnsinn.
Mehr von dem Zug am 08.10.1982:
http://www.eisenbahnwelt.com/BildArchiv/19821008/411303_19821008.html

Commenti 1

  • Ralf Göhl 18/10/2017 10:42

    Dein stimmungsvolles Bild Frank mit den authentischen Text bilden ein fantastische harmonische Einheit.
    Dampfgeschichten vom feinsten die ich so oder so ähnlich auch erlebt habe. :-)
    Gruß Ralf Göhl