Hier und da und da und hier

Hier und da und da und hier

Foto von Frau Fleck am 25.11.2007 mit meiner Pentax K 10 D - Danke



Dazu eine neue Geschichte

Hotelperspektive

Wir streifen unsere Kreditkarten von den Körpern ab und legen sie auf die Nachtschränkchen. Frau Röber knipst ihre Reiseschuhe von den Füßchen und seufzt halblaut. Sie breitet die Arme auf der Matratze aus. Ich schaue aus dem schlecht geputzten Fenster. Eine Straßenbahn kreischt durch die fremde Stadt. Das Zimmer ist hell und freundlich. Frau Röber ist dunkel gekleidet. So, wie ich sie aus dem Büro kenne.

Knapp grüßend jeden Morgen an mir vorbei. Harsch und spröde, dabei würdevoll. Der Kopf gehoben, die strenge Frisur leicht aufgelockert mit Frühstücksjazz. Auf dem Hotelbett trägt sie die Haare offen. Zwanghaft vergewissere ich mich, ob die Keykarte vorhanden ist. Ich nehme sie zwischen die Finger.

„Ja, diese modernen Zeiten – so unsinnlich!“, sagt Frau Röber. Ich nicke und greife zum Telefon: „Champagner und zwei Gläser, aber möglichst diskret!“

„Herr Krawittel, sie sind mir ja einer!“, schnurrt sie. Ich schaue an mir herunter und vergewissere mich meiner Singularität.
„Ja Einer!“, antworte ich. Sie teilt meinen Humor nicht.

Die Welt da draußen lässt uns völlig allein. Wir müssen so erwachsen tun, wir verlorenen Seelen. Wir sind Dienstreisenklischeemäuler.

„Ich kann in solchen Hotels nie richtig essen!“, jammere ich.
„Geben sie dem Pagen nicht zuviel Trinkgeld!“, mahnt Frau Röber. Das passt zu ihr, sie macht die Buchhaltung bei uns in der Firma.

„Wollen wir währenddessen zum „DU“ übergehen?“ Diese Frage liegt mir auf dem Herzen.
„Wenn wir danach wieder zum „SIE“ zurückkehren, gerne!“, antwortet Britta, legt die dunkle Kleidung ab und wirft sie mir ordentlich gefaltet vor die Füße.


25. November 2007