Matthias von Schramm


Premium (World), Hamburg

Himmels Vaterfahrtag

Und der Herr sprach zu seinem Sohn. „Nimm wenigstens die Lockenwickler ab bei Tisch!“

Ja, die Generationskonflikte haben sich verändert. Früher gereichte eine Kleinigkeit, dass die Väter ihre Autorität mittels Zucht und Bedienung durchsetzen konnten. Heute ist es eher eine Bitte und die Antworten der Söhne sind viel verständiger, pädagogischer, einfühlsamer, sanfter.

„Ja Herr, verstehe bitte, ich habe viel aufgenommen an Unrat in meinen Kiemen auf dem Weg zum Mann werden. Die Biere waren mit Limonade versetzt und Crack mit dem Einheitsbrei zum Frühstück der Mutter Mariä.“ sprach Himmel.

„Mariä?“, fragte Vater

„Sorry, für die verschmutzte Ausdrucksweise, der meisterlich entschlafenen, hochheilig gebärenden Gottes!“

„Jetzt ist aber gut, Bub!“, sprach der Herr und er schellte Himmel nur ein einziges Mal. Aber immerhinque so saftig, dass sein vom Kokain so gelbliches Antlitz sich ins bläuliche verfärbte und weltliches Blut gerann.

Dann schwiegen Sohn und Vater. Draußen spielten Kinder auf dem Spielplatz der anschließenden Kindertagesstätte. Der blaue Himmel über ihren verwegenen Wintermützchen, da der Sommer noch nicht Einzug in ihre Herzen gehalten hatte. Mädchen wie Buben spielten so grob und fein miteinander, dass man um die Zukunft der Menschheit doch noch keine akute Furcht haben brauchte, näch.

Der Mischraum war nach dem Erbsen und Möhrenprinzip eingerichtet, damit sich die Besucher ihrer Lieben hier wohl fühlten. Eine weiß gekleidete dunkelhäutige Pflegerin betrat den Besucherraum des Pflegeheims und reichte den beiden Tee. Der des Vaters war mit allen möglichen Pulvern zur Ruhigstellung nahezu geschmacksneutral.

„Unglaublich, was die hier alles reinmanschen, die Schweine!“, sprach der Herr.

Himmel nickte und warf einen fragenden Blick der Pflegekraft nach.

„Sie kommt aus Umbuktu und heißt Umuhulukumbulumuk!“, sprach der Herr. Aus dem Silberpapier der von Himmel mitgebrachten Schokolade formte er ein Kreuz. Die Suppe des Hauses war unberührt geblieben. Sie war einfach nicht genießbar.

Dann nahm man sich die Hände, ganz fest und warm. Es war wieder einmal Zeit zum Fingernägel schneiden.


29. Mai 2014

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