Hinterhofkulisse
Eines meiner Lieblingsbilder aus Berlin.
Als verwöhntes Wessikind bin ich 1990 mit Freunden nach Berlin gefahren. Der Vater meiner Freundin war dort vor dem Krieg Lehrer am Prenzlauer Berg.
Wie angewurzelt standen wir damals in der Immanuelkirchstraße und ihren Hinterhöfen und verstanden die Welt nicht mehr.
An diesem Tag haben wir ein klein wenig begriffen, WAS eigentlich Solzialismus war - DDR - das Wort, was wir 1000 mal gelesen und gehört hatten, und doch nicht begriffen. So ganz können wir das wohl immer noch nicht.
Wir waren jung und das Leben war Farbe und Fun. Hier gab es nichts davon. Alles war tot, die paar Trabbis in der Straße hatten auch keine Farben. Für mich war es, als stünde ich im Krieg. Alles trostlos, grau-braun, Einschußlöcher überall. Mein einziger Gedanke war: Mein Gott, hier lebten Menschen...(viele waren zu diesem Zeitpunkt nicht dort, nicht sichtbar...es kam mir vor wie eine Geisterstadt.
Dieses Bild hätte auch 1990 entstanden sein können. Ausser dem Baum, der war auch nicht da seinzerzeit...für mich ein Herzensbild, eines was mich bewegt hat seinerzeit und nun konnte ich es machen. Es ist gut, dass das ein Ende hat, obgleich ich froh bin, dieses Bild noch machen zu können. Liebe Ostberliner: Es mag etwas sensationslüstern anmuten, aber es ist etwas anderes, was mich immer wieder an diese Orte zieht. Es ist dieses Gefühl, ein Stück Geschichte miterlebt zu haben. Sehr ergreifende Geschichte (ein Fach, für welches ich mich NIE interessiert habe zu Schulzeiten) und eine aufregende Entwicklung, die sicherlich in den Bauwerken positiv aussieht, aber für alle politisch sicherlich nicht die Wendung genommen hat, die wir uns alle erhofft haben.
Dies ist einfach ein kleiner, sentimentaler Eindruck von West nach Ost. Ich würde mich freuen, wenn Ihr Eure Eindrücke hier ergänzt, gerne auch kritisch.
Ich muß dazu sagen, ich mußte es suchen. Es ist beindruckend, was in dieser Zeit geleistet wurde.
Einziger Wehmutstropfen sind die Sprayer, die fast alle - wirklich wunderbar restaurierte Gebäude - erbarmungslos vollschmieren...
Bär Tig 03/04/2005 11:19
Ja, so habe ich die DDR bei drei Besuchen (1975, 1980 und 1990) auch kennen gelernt. Nur leider habe ich damals keine Fotos davon gemacht ... doch, ein paar in Rostock. Aber wo die jetzt sind ...?! Jedenfalls sollte man nie vergessen, was der Sozialismus, der real existierende und nicht funktionierende, an maroden Strukturen zurückgelassen hat - Altlasten, an denen wir wahrscheinlich noch lange zu knabbern haben. Aber, und das meine ich ehrlich und keineswegs sarkastisch, dafür dass ich jetzt in Dresden die wiederaufgebaute Frauenkirche besuchen kann, die abgestürzten Kreidefelsen auf Rügen oder die Bernburg an der Saale, nehme ich das gerne in Kauf. Der Preis der Einheit ist hoch aber wir hatten dazu keine Alternative.Chris Meier 12/10/2003 13:37
weniger schönJoerg Haarmann 17/06/2003 21:04
Beeindruckendes Foto. Als ich Deinen Text gelesen habe kam mir in den Sinn, daß ich 1990 Verwandte in Leuna besucht habe. Von dort sind wir nach Leipzig gefahren und sind dort an total verwahrlosten Häuserblöcken vorbei gefahren, in denen augenscheinlich auch noch Menschen gewohnt haben. Ich habe es mir nicht vorstellen können, auch ich hatte den Eindruck, daß dort nach dem Krieg noch nicht viel passiert ist, um die Häuser wieder instand zu setzen.Gruß, Jörg
Hildegard S. 17/06/2003 14:02
Ich bin von dem Foto genauso beeindruckt wie von deinem Text.Gute Dokumentation!
Liebe Grüße,
Greta
Gerd R. 17/06/2003 13:59
Oh ja, tolle Perspektive und bestes Motiv, welches die nie vergessenen Eindrücke wiederspiegelt. Ganz tolle Doku, die du hier im Moment ablieferst. :-)l.g. gerd