† Rudi L.


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Im Abendlicht

Heringsdorfs historische Seebrücke wurde 1893 erbaut und mit Erlaubnis ihrer Majestät Kaiser-Wilhelm-Brücke genannt. Somit war das Seebad also auf dem Schifffahrtswege gut erreichbar. Ein Jahr später erfolgte dann außerdem noch ein Eisenbahnanschluss: Heringsdorf war endlich an den Rest der Welt angebunden, die verkehrstechnische Infrastruktur komplett.
Aufwendig und luxuriös dekoriert soll die alte Seebrücke gewesen sein, u. a. mit Türmchen und Kolonnaden, um den hohen Ansprüchen der vielen vornehmen Urlauber gerecht zu werden. Missgünstige Witterungsverhältnisse, allgemeine Vernachlässigung und Brände trugen schließlich dazu bei, dass sie 1958 endgültig in die Brüche ging. Dabei kam allerdings niemand zu Schaden.Danach war Heringsdorf fast 40 Jahre eine seebrückenfreie Zone. Zur Zeit des real existierenden Sozialismus legte man wenig Wert darauf, ein Bauwerk zu erneuern, dass doch ursprünglich für elitäre aristokratische Urlauber errichtet wurde. Und vielleicht hätte eine intakte Seebrücke auch noch zur Republikflucht verholfen!

Nach 1990 entdeckte man den Wert einer Seebrücke als touristische Attraktion wieder. Auch Heringsdorf erhielt eine neue, mehr als 10 Millionen Euro teure Seebrücke, die 1995 eingeweiht wurde. Gegenüber ihrer Vorgängerin wurde sie um rund 50 m versetzt und um 50 m verlängert: Einen halben Kilometer misst sie nun und ist damit die längste ihrer Gattung in Deutschland. Der Seesteg, der auf mit Sand gefüllten, 6 m tief in den Boden reichenden Stahlpfeilern ruht, ist sogar überdacht. Das wird wohl hauptsächlich darin seinen Grund finden, dass man auch bei unvorteilhaftem Wetter das Restaurant am Brückenende trockenen Fußes erreichen kann. In die Brückenkopfbauten sind ein Muschelmuseum, ein Wachsfigurenkabinett, ein Kino, weitere gastronomische Betriebe, Geschäfte aller Art und Ferienwohnungen integriert. Außerdem lädt das Büro einer Reederei zu Ausflügen mit Schiffen in die anderen Seebäder und ins benachbarte Polen ein.

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