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Kaffraria - Heckteil, zu sehen am Otterndorfer Elbdeich

Kaffraria - Heckteil, zu sehen am Otterndorfer Elbdeich

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Peter Schillhofer


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Kaffraria - Heckteil, zu sehen am Otterndorfer Elbdeich

Dieses Heckteil mit Ruderblatt des englischen Dampfers "Kaffraria" liegt ausgestellt am Otterndorfer Elbdeich.
Dokumentation:
Am 7. Januar 1891 wurde der englische Dampfer 'Kaffraria', an der Außenkante des Schutzhöftes vom Cuxhavener Hafen liegend, von dem Schlepper 'Borkum' und von dem Fischdampfer 'Platessa' gerammt. Die Vertauungen der 'Kaffraria' brachen, und sie trieb, wegen schweren Eisgangs manövrierunfähig, mit dem Flutstrom elbaufwärts über das Grodener Stack. (Stack: Ein rechtwinklig zum Stromverlauf ins Flußbett eingebauter Steinwall, um Uferauswaschungen zu verhindern.) Dabei erhielt sie schwere Beschädigungen am Schiffsboden und konnte nur mit Mühe kurz vor dem Sinken in der Nähe von Otterndorf beim Glameyer- Stack auf Grund gesetzt werden. Es gelang nicht, das Schiff dort abzubergen. Am 13. Januar 1891 brach es auseinander und sank kurz darauf bis zu den Anbauten weg.
Ein Großteil der aus Kohlen und Manufakturwaren bestehenden Ladung wurde vorher teils legal - überwiegend aber illegal, abgeborgen.
Noch heute befinden sich Reste des ehemaligen Diebesgutes (Teller, Terrinen, Fleischplatten, Bestecke, Nussknacker, Gläser) im Besitz Otterndorfer Familien.
1984 ließ das Wasser- und Schiffahrtsamt Cuxhaven das Wrack der "Kaffraria" räumen, weil es der Kleinschiffahrt im Wege lag und damit eine Gefahr darstellte.
Soweit zu der von mir gefundenen Dokumentation.
Hierzu möchte ich noch folgende Ergänzung zu der u.a. von der in Otterndorf tätigen Heimatkundlerin Erna Kaiser zusammengetragenen Texte über die Wrackplünderung wiedergeben:
"Diese Nachricht sprach sich unter den Hadler Bürgern und Bauern natürlich sehr schnell herum.
Das Schiff wurde erstmal gnadenlos geplündert, wie es seit jeher Brauch war an der Küste.
Klauen? Nein, man klaute doch nicht!
Kleine Souvernirs nahm man sich höchstens heimlich...und wenn die Frauen gerade das eine oder das andere gebrauchen konnten von der reichhaltigen Dampferladung...besser als wenn alles im Wasser oder an Land im Schnee verkam...
Nee, wirklich nicht, man hatte ja nur´n bißchen geholfen und so´n büschen aufbewahrt, was da gerade herumlag...(noch Jahre später liefen die Jungs auf der Konfirmation mit riesigen Taschentüchern mit schwarzem Trauerrand auf ihrem Gesangbuch herum und die Mädchen trugen unter ihren langen schwarzen Kleidern kunstvoll
im Pfauenmuster gestrickte weiße Baumwollunterröcke; und auch die Herren der Schöpfung glänzten in neuer Pracht:
Auf den folgenden Sommerfesten alle in feinstem englischen Zwirn, alle im Pfeffer- und Salzmuster...
war ja wohl gerade Mode, in dem Jahr, nicht?
Alsbald wurde aus Hamburg von der Reederei ein Revisor nach Otterndorf entsandt, der diese Versicherungsangelegenheit prüfen und abwickeln sollte, Als er endlich nach langem Wege und an einem trübem Wintertage mit dem Zug in Otterndorf ankam, und am Bahnhof höchst ehrerbietig begrüßt wurde...wirklich...schick war er angezogen! Mit schwarzgrauen Paletot, Melone, Goldkneifer,
zarten Stiefelchen und silbergrauen Gamaschen darüber. Das passte in den Plan. So hatte man es sich erhofft! Der Revisor wurde anschließend in eine offene zugige Kalesche gezwängt, und dann bei stürmischem gräßlichstem Winterwetter kilometerweit über rumpelige matschige Feldwege
an eine entlegene Stelle am Deich gekarrt, weit entfernt vom Wrack, von wo aus man dieses in weiter nebliger Ferne unklar erblicken konnte...und überall war nur Matsch und Dreck und Schlick und Watt...da war wohl offenbar kein Rankommen mehr an das sowieso längst geplünderte Schiffswrack, so wie es den Anschein hatte.
Es blieb dem Revisor nichts übrig. mit seinen total verdorbenen Hosenbeinen, durchweichten Stiefelchen und seiner entflogenen Melone hier aufzugeben und dann, bibbernd vor Kälte, seine Lebensgeister wieder mit vielen Grogs zu beleben und mit angewärmten Ziegelsteinen in einem großen Federbett diese Angelegenheit in Vergessenheit zu bringen.
Hier kommt jetzt ein plattdeutscher Text dazu bzw. ein Lied (Ich singe es nach der Melodie von "Die Lippischen Schützen" in der Version von Liederjan):
"De Kaffraria de keem vun Hull
mit ne ganze Ladung vun feinste Wull.
All de Schippers wern jo gliks so dull
no de bannig feine englische Wull.
Dor geev´t ook Bänner un Spitzen.
kunn de Fruenslüd sik mit putzen.
Dor geev´t dat ok geelen Käs,
dat wär den Buern ganz wat Neeis..."
Mir gefällt die Geschichte sehr,
ich hoffe euch allen auch.
Gruß
Peter


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Commenti 2

  • Peter Schillhofer 15/09/2008 14:43

    Danke für die nette Kommentierung...eine "Beschaulichkeit" ist mit dieser Geschichte sicherlich gegeben, zumal sie historisch und "echt" ist; auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob hier ein "Besinnen auf die übergeordneten Regeln des menschlichen Zusammenlebens" erfolgt...;-))
    Ich fand die Story einfach erzählenswert und witzig.
  • † werner weis 15/09/2008 12:44

    Die Erzählung ist wunderbar
    und dieses wundersame Rostteil...
    wer hätte es nicht gerne in seinem Garten?!
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    Das Foto hierzu gelang Dir gut, es zeigt radikal nur den Ausschnitt mit dem Wrackteil, doch die frische Athmosphäre der Gegend kommt an ihm vorbei auch zum Betrachter durch.
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    Die Kombination von Foto und Erzählung
    erzeugt eine Beschaulichkeit
    und Besinnlichkeit.
    Ein Besinnen auf die übergeordneten Regeln des menschlichen Zusmamenlebens.