LONDON BC (Before Corona) - 89 - Globe Theatre (reconstructed 1997)
The Globe!
Was ein Theater...!
Was eine Zeit! Die Zeit Shakespeares,
als das Londoner Kulturleben auf die Überholspur ging...
Schon der erste Akt, die erste Szene ist bestes Drama...
In einer eiskalten Dezembernacht 1598 triff sich ein bunter Haufen
von Schauspielern und Handwerkern vor dem "Theatre", dem ersten Londoner Theater.
Die Schauspieler haben sich mit dem Eigentümer überworfen und sind bereit,
ihr Problem auf einfache Art und Weise zu lösen: Der solide Holzbau wird im Schutz
der Dunkelheit auseinander genommen und Balken für Balken über die zugefrorene Themse (!)
auf das Südufer geschafft, nach Southwark ["sassak"]
Dort sind die Theaterleute quasi im "Ausland" und ihre Beute in Sicherheit.
Und tatsächlich: Eine Woche später haben die Zimmerleute aus dem Altholz
eine nagelneue Spielstätte geschaffen, ein großes, nach oben offenes Oval,
The GLOBE...
Die Londoner Obrigkeit verabscheut Theater, diese Brutstätten gottlosen, sündhaften Treibens.
Die Londoner Bevölkerung liebt sie von Jahr zu Jahr mehr.
Bereits am Nachmittag rudern Hunderte von Ferrymen als Flusstaxis
ihre vergnügungssüchtige Kundschaft rüber zum ANDEREN UFER und seinen Verlockungen:
Unterhaltung - Brutalität - Sex!
...findet man hier im Globe und im Rose Theatre, umgeben von kleinen Arenen
mit blutigen cockfights, bull baiting und bear baiting.
Dazu die Bordelle auf dem Grund und Boden des Bischofs von Winchester.
In London selber, auf dem Nordufer: Alles verboten...
Das Globe zieht die Leute magisch an, sowas Riesiges hat man noch nie gesehen.
Der große Bau (bis zu 2000 Zuschauer) ist das eine, die großartige Stimmung das andere.
Nichts ist hier feierlich, gesittet, würdevoll. Von wegen Shakespeare. Von wegen Hohe Kunst.
Dafür sorgen schon "die auf den billigen Plätzen". Also auf den Stehplätzen im Parterre.Hier stehen sie
dicht an dicht - bei jedem Wetter, und das Globe ist ja nach oben offen! - Hunderte von "Groundlings" -
Handwerker, Tagelöhner, Halbstarke, leicht entflammbar und auf Krawall gebürstet.
Sie haben 1 Penny Eintritt bezahlt [viel Geld!] und nehmen dafür einiges in Anspruch:
a) Sie kommen in ihren Arbeitsklamotten (natürlich) und sie riechen ziemlich streng (klar).
b) Das Stück kommentieren sie lautstark und wann immer es ihnen passt.
c) Bei Langeweile - worst case - reagieren sie un-gehalten und um-werfend:
mit Eier, verfaultem Obst und Gemüse oder auch mal mit einer toten Ratte.
Leserseufzer: "Schrecklich. Da geht's ja zu wie auf dem Rummel. Schlimmer!"
Genau. Es geht auch nicht um Kunst. Es geht um deftige Unterhaltung.
Aber wenn sich andeutet, dass Julia nicht mehr aufwachen wird, und wenn Romeo
den Gifttrank an die Lippen setzt - dann ist es im weiten Rund mucks-mäuschen-still...
Das schafft sie eben doch - die Kunst.
Tassos Kitsakis 17/06/2021 9:57
Ich kenne das Sathak unserer Zeit, irgendwo im Inneren lebt der Geist Deiner Beschreibung weiter.Lieben Gruss
Tassos
MarianneWogeck 25/05/2021 17:11
Deine Kamera hat 'gute Augen', so scharf wie die Zuschauer zu erkennen sind. Mir gefällt die Dame, die du im Vordergrund positioniert hast ebenso wie die Bildgestaltung. Man denkt sich zurückversetzt in die gute alte Zeit, die wir natürlich nicht so erlebt haben. Feines Bild, feines Erzählkino. .Zream 04/05/2021 7:29
Manchmal wünsche ich mir die Zeiten Shakespeare zurück, in denen sie offener agierten, obwohl sie mehr zu verlieren hatten.Du zeigst in dem zeitverlorenen Bild mit deiner wie immer genauen Beschreibung der Zeitumstände ein lebendiges London.
Thanks a lot
Martina Raß 29/04/2021 9:09
*....es geht auch nicht um Kunst. Es geht um deftige Unterhaltung - gefällt mir* LG MartinaxDreamer 25/04/2021 22:43
Mal wieder ein schöner Einblick in die Geschichte Londons! Prima Beitrag zum Projekttag!VG Detlef
GwenDalina 25/04/2021 19:24
Holla die Waldfee, da ging es ja zu wie bei den Hottentotten bei Sodom und Gomorra! Aber wie sagte Shakespeare schon zu Lebzeiten: Ein tiefer Fall führt oft zu hohem Glück…. Und Humor ist eines der besten Kleidungsstücke, die man in Gesellschaft tragen kann. In diesem Sinne. Wieder ein humorvoller Text zu einen wunderbarem Foto!n i n a 24/04/2021 19:58
sehr gut, mit der die zuschauer betrachtenden person im vordergrund.ich erinnere mich noch, wie cool ich das fand, als es wieder aufgebaut wurde (1997, nicht 1598 ;-)). hatte ein paar jahre zuvor ein paar krimis gelesen, die im schauspielermilieu der shakespeare-zeit spielten und fand das alles ungeheuer interessant!
und wiedereinmal vielen dank für diese tolle kleine geschichtsstunde! :-)
lg nina
Georges Vermeulen 24/04/2021 18:49
Klasse in diesem Licht..Gr Georges
Caroluspiel 24/04/2021 11:18
ein feiner Blick ins Theaterrund. Klasseciao Philipp
Werner Buschette 23/04/2021 23:39
Bild und Text lohnen eine längere Betrachtung !Liebe Grüsse und ein schönes Wochenende Werner
s. monreal 23/04/2021 21:19
Wieder einmal großartig!VG Stephan
B.Hermann 23/04/2021 20:53
Eine klasse Perspektive Dieter, kombiniert mit nicht zu unterschätzender Unterhaltung.VG Bernd
Axel Krivohlavek 23/04/2021 19:34
Klasse!VG Axel
Torsten TBüttner 23/04/2021 15:46
eine gut gewählte Perspektive und schöne detailsRullma 23/04/2021 15:25
Eine Geschichte, die sich zum Roman auswachsen könnte mit Spannung pur. Allein dein Text fasziniert neben dem Bild bzw. im Zusammenklang überzeugend.LG Marie