Luftunruhe oder Seeing
Sie tauchen im Pool unter und schauen durch das Wasser die Sonne am Himmel an. Durch die Bewegung des Wassers erscheint die Sonne dann ganz zappelig. Ähnlich schaut der Himmelsbeobachter durch das Luftmeer auf die Sterne und stellt einen vergleichbaren Effekt fest. Von blossem Auge ist lediglich das bekannte Sternfunkeln zu sehen, das sind Helligkeitsschwankungen, hervorgerufen durch die Lichtbrechung in der Atmosphäre. Wird mit dem Fernrohr, also vergrössert beobachtet, so zeigt sich das am Anfang erwähnte Zittern des Sternes. Es handelt sich um ständige seitliche Bewegungen innerhalb von Sekundenbruchteilen.
Weil Astrofotos Belichtungszeiten von mehreren Minuten bis Stunden erfordern, verschmiert sich die Sternabbildung jeweils auf eine der Luftunruhe entsprechend grosse Scheibe. Je länger die Aufnahmebrennweite ist, desto stärker fällt dieses Zittern auf. Natürlich ist auch die Stärke der Luftunruhe entscheidend. Bei stabilen Hochdrucklagen ist der Effekt eher klein, bei turbulenter Luft entsprechend gross.
Daten zur Aufnahme:
Ort: CH- Matt Weissenberge Kt. GL. 1250 MüM
Datum Uhrzeit: 27.7.07, 01:45 Uhr
Aufnahmeoptik: Newton 306/2060 mm, Lichtstärke 6.7
Kamera: Canon EOS 20Da
Belichtung: 800 ASA, 1 Minute lang mit eingeschalteter Nachführung, dann ca. 25 Sek. ohne Nachführung.
Ohne Nachführung ziehen die Sterne infolge der Erdrotation über das Aufnahmefeld der Kamera. Die Aufnahme zeigt die volle Bildgrösse, der dunkle Mittelteil ist eine ca. 3-fache Ausschnittvergrösserung.
Nur die hellen Sterne hinterlassen eine Strichspur auf dem Sensor. Die lichtschwachen Sterne vermögen in der Bewegung die Kamerapixel nicht ausreichend zu sättigen und bleiben in der Spur deshalb unsichtbar.
(Dies ist ja gerade der Grund warum die oft lichtschwachen Himmelsobjekte lange Belichtungszeiten erfordern, dann natürlich mit kompensierter Erdrotation, damit das Licht stets am gleichen Ort auf den Sensor trifft.)
Hobby - und Berufsastronomen sind diesem Effekt (fast) gleichermassen unterworfen, lediglich Fernrohre im Weltraum sind davon ausgenommen.
Ich weiss, etwas viel Geschreibsel zu diesem Versuchsbildchen!
Hella H. 23/03/2008 17:39
Das ist durchaus nicht "zuviel Geschreibsel". Ich lese mir die Informationen zu so speziellen Bildern immer gerne durch und finde sie hochinteressant.Silvi Mohr 24/08/2007 16:36
Hi Sepp,das ist echt eine tolle Präsentation und die Beschreibung super! :)
LG Silvi
Volker B. 21/08/2007 18:45
Hallo Josef,über das von dir hier genannte und rechnerisch dargelegte habe ich mir noch nie einen Kopf gemacht. Zwar kenne ich die Auswirkungen des Seeings und der damit einhergehenden Refraktion, aber rechnersiche Beispiele i.V.m. Brennweite und Pixelgröße waren mir fremd.
Aber um diese Erscheinung zu umgehen (Mond-Planeten) muss man halt eine Cam benutzen, welche eine "sehr hohe" Framerate aufzeichnen kann. Und das noch ohne jegliche Komprimierung.....am besten USB2.0 oder eben firewire. So sind in sehr kurzer Zeit sehr viele Einzelbilder auf Platte und zwischen denen sehr viele, welche man in der Lücke des "schlechten" Seeings aufgenommen hat und verwendbar sind. Diese setzt dann RegiStax zusammen....fertig!
Natürlich kann man noch verschiedene Filter mit bestimmten Durchlasskurven verwenden. Das minimiert das Seeing auch noch in bestimmter Größenordnung.
VG
Volker
PS: ....bei wiki habe ich gerade eine Seite über die Astronomische Refraktion gefunden.
Josef Käser 18/08/2007 11:37
Anmerkung:Die vielen Reaktionen, (hätte ich nie erwartet, da es je keine eigentliche Astroaufmahne ist) auf dieses Bild haben mich zu folgender Ergänzung veranlasst.
Das Seeing bewegt sich bei uns im Bereich von 1 Winkelsekunde, ein sehr guter und entsprechend seltener Wert, bis zu schlechten ca. 6 Winkelsekunden.
Meist werden es um die 2“- 4“ sein.
Der Beobachter sieht die Auswirkungen auf den ersten Blick und wird entsprechende Okulare einsetzen. Der Fotograf kann mit entsprechender Brennweite das Seeing austricksen.
Bei 4“ bedeutet das (jeweils mit Pixelgrössen von 0.0064 mm gerechnet.
Brennweite in mm // Sternscheibchen in Pixel
100 // 0.3
300 // 0.9
500 // 1.5
1000 // 3.0
2000 // 6.0
10000 // 30.2
Für 3“ einfach den obigen Wert durch 4 x 3 rechen.
Es zeigt sich also, auch bei mässigen Luftbedingungen treten bis 500 mm Brennweite überhaupt keine nennenswerten Beeinträchtigungen in folge des Seeings auf.
Die „Langbrennweitigen“ (Mond -, Sonne - und Planetenspezialisten) mit Brennweiten im 10 m Bereich stehen dagegen am Rand der Verzweiflung.
Peter Knappert 18/08/2007 0:13
Hallo Sepp,das hast Du ganz toll erklärt ! Ich würde sagen einmal eine Astroaufnahme bei der das nicht vorhandene Guiding keinesfalls stört ! Gutes Seeing ist halt für die
astronomische Beobachtung unerläßlich. Man muß neuerdings immer mehr Höhenmeter machen, um dem Dunst zu entkommen.
LG Peter
Claus-Dieter Jahn 17/08/2007 22:54
das hast Du sehr gut dokumentiert mit dem größten Übel der Astronomen und natürlich der Amateurastronomen:-))Gruß Cl.-D.
Sebastian Lyschik 17/08/2007 18:17
Hallo Josef,jaja dieses doofe Seeing ... aber dieses Jahr kann man ja schon fast zufrieden sein wenn man überhaupt mal was zu sehen bekommt vom Nachthimmel ... bei diesen Wetterlagen wird das Seeing dann fast schon zur Nebensache ... eigentlich traurig aber wahr ...
dunkler Himmel, zu Neumond mit Spitzenseeing ???? und dann noch frei und Zeit !!!! äääääh ja ... das hatte ich das letzte mal .... ähh .... mmmh ... äh .... ich glaube in einem früheren Leben isses gewesen ;-)
danke für deine anschauliche Präsentation zum Thema
LG Sebastian
Ruth U. 17/08/2007 9:40
Also, Deine Erklärungen finde ich immer höchst interessant und ich lese sie auch jedes Mal komplett. Ich, als Laie, würde sagen Du hast ein paar Sternschnuppen fotografiert. Ich weiß, darüber kannst Du nur müde lächeln, aber wenn ich Deine Erklärung nicht gelesen hätte. ;-)Auf jeden Fall bin ich wieder sehr beeindruckt und kann es kaum fassen, dass man so wunderbare Aufnahmen machen kann.
LG Ruth
Manfred Kretschmer 17/08/2007 9:13
Hallo JosefDu hast Ideen :). Eine gelungene Interpretation des Feindes Nummer eins eines Astro Beobachter. Richtig gutes Seeing ist leider sehr Rar.
Cs Manni
Daniela Behr 17/08/2007 7:20
Hallo Sepp, sehr schön, wie du deine Aufnahmepräsentierst und auch erklärst!
LG Dani
Volker B. 17/08/2007 7:14
Zitat: .....was macht man nicht alles wenn das Mondlicht stört?Antwort: .......ich stehe da für gewöhnlich auf und banne es auf den Chip......es wird dadurch ja schwächer, da genau diese Menge an Licht dann ja fehlt. Leider habe ich nur 6" zur Lichtsammlung und es bleibt ne Menge Restlicht übrig..... :-)
VG
Volker
(......aber Mondfotografen haben es mit der beschriebenen Problematik des Seeing schwerer....)
Helmut - Winkel 17/08/2007 0:18
Du zeigst uns eine wirklich anschauliche Präsentation, verbunden mit einer, wie ich finde, verständlichen Beschreibung dieser Problematik, Josef!LG Helmut
Sighard Schraebler 17/08/2007 0:13
Du triffst den Nagel auf den Kopf. Wenn man fast alles beherrscht, worauf es in der Astrofotografie ankommt, wie z.B. das Objekt finden, das Teleskop richtig aufstellen, richtig fokussieren, die Nachführung korrigieren, richtig belichten, etc...... Zwei Effekte kann man kaum abstellen und das sind namentlich die Luftunruhe und das Streulicht. Da hilft nur ein Ortswechsel, am besten ins Weltall. Und da ja Hubble-Aufnahmen das einzige sind, was die Leute von heute kennen, hat man es wirklich schwer, diesen Standard noch zu toppen.
Am leichtesten geht das mit dem Mond, der ist zu groß für Hubble und mit All-Sky-Aufnahmen (viel zu groß für Hubble).
Was musste ich mir neulich anhören? Google sei das beste Teleskop? Schneub! So jemand bekommt den Strom wohl aus der Steckdose und Schultüten wachsen natürlich auf Bäumen, wo sonst?
LG Sighard
Moni R 16/08/2007 22:31
ein tolles foto...........und die erklärung hab ich sogar einigermaßen verstanden:)lg moni
Josef Käser 16/08/2007 22:23
@ Christianwas macht man nicht alles wenn das Mondlicht stört.
LG Sepp