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Berlin, Flohmarkt Nähe Straße des 17. Juni, 1. August 2009. Nikon D 90 mit Sigma VR 18-200 mm f/3,5-6,3 bei 200 mm. JPEG (8 Bit) Fein. ISO 320. 1/2000 sec f/6,3 bei Programmautomatik, mittenbetonter Messung und Belichtungskorrektur -0,3 LW. Bearbeitung: Corel PhotoImpact X3. Tonwertkorrektur: Gamma 1,2. Nachschärfen des auflösungsreduzierten Bildes 20/100.



RAF-Mord

Wer schoss auf Buback – Becker oder Wisniewski?

Von D. Banse und U. Müller 28. August 2009, 18:11 Uhr

Am 7. April 1977 wurde Siegfried Buback von der RAF ermordet. 32 Jahre später scheint eine Aufklärung des Falls möglich. Die Ex-RAF-Terroristin Verena Becker ist dringendem Verdacht der Behilfe in Untersuchungshaft. Doch selbst mit Beckers Verhaftung ist die Suche nach dem Buback-Schützen noch nicht vorbei.

Damit hatte Verena Becker nicht gerechnet: Am Donnerstag wurde die ehemalige RAF-Terroristin in Berlin verhaftet. BKA-Beamte brachten die 57-Jährige zunächst in das Gebäude des Landeskriminalamtes, anschließend wurde sie nach Karlsruhe geflogen. Dort verlas ihr ein Richter den Haftbefehl und ordnete den Vollzug der Untersuchungshaft an. Die Bundesanwaltschaft hält Becker für dringend verdächtig, als Mittäterin am Mord an Generalbundesanwalt Siegried Buback und zwei seiner Begleiter im April 1977 beteiligt gewesen zu sein.

Schon einmal hatten die Bundesanwälte gegen Becker wegen dieses Tatvorwurfes ein Ermittlungsverfahren geführt und sogar einen Haftbefehl erwirkt. Allerdings wurde das Verfahren im März 1980 eingestellt. Damals gab es keine Beweise. Nun aber gelang es, die DNA von Becker an Briefumschlägen nachzuweisen, in denen seinerzeit die Bekennerschreiben versandt worden waren. Zudem fanden sich auf Computern von Becker Hinweise auf ihre mögliche Mittäterschaft.

Was die neue Entwicklung in dem Fall besonders brisant macht, erklärt sich mit einem Rückblick auf den März 1982. Damals erhielt die Bundesanwaltschaft einen wichtigen Hinweis auf den vermeintlichen Todesschützen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilte auf informellem Weg mit, eine Quelle habe neue Erkenntnisse zu dem Verbrechen preisgegeben. Der Generalbundesanwalt war mit seinem Fahrer und einem Begleiter fünf Jahre zuvor in seinem Dienst-Mercedes getötet worden. Der Mörder hatte als Sozius auf einem Motorrad gesessen und mehrere Schüsse aus einem Gewehr abgefeuert.

27 Jahre später gewinnt der Hinweis, der einst die Bundesanwälte elektrisiert hatte, wieder an Bedeutung. Am Donnerstag vergangener Woche ist in Berlin die Wohnung jener Frau durchsucht worden, die damals die Quelle des Verfassungsschutzes war. Es handelt sich um niemand anderes als um Verena Becker, die bereits 1977 wegen mehrfachen versuchten Polizistenmordes rechtskräftig verurteilt worden war.

Becker hatte 1982 in Haft gegenüber einem Mitarbeiter des Nachrichtendienstes das RAF-Mitglied Stefan Wisniewski als Mörder von Buback genannt. Eine offizielle Aussage dazu will sie allerdings bis heute nicht machen. Die Hoffnung der Bundesanwälte besteht wohl darin, dass sie in Haft unter dem Druck der neuen belastenden Indizien ihr Schweigen brechen wird. Die Frage ist, ob sie 1982 gegenüber dem Verfassungsschutz Wisniewski ins Spiel brachte, weil er der Schütze war – oder um von sich selbst abzulenken.

Die jüngste Entwicklung muss Stefan Wisniewski beunruhigen. Er lebt nach Informationen dieser Zeitung heute im Kölner Raum und galt einst als eines der skrupellosesten Mitglieder der RAF und als einer ihrer besten Schützen. Seine Anwältin Edith Lunnebach sagte WELT ONLINE noch am Mittwoch: „Mein Mandant und ich sehen den neuen Entwicklungen im Fall Buback gelassen entgegen.“

Der 56-jährige Wisniewski war bereits 1981 wegen der Entführung und Ermordung des Arbeitergebenpräsidenten Hanns Martin Schleyer zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Seit zehn Jahren ist er in Freiheit. Im Mordfall Buback ist gegen ihn nie Anklage erhoben worden. Der Hinweis von 1982 reichte nicht einmal aus, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Denn die geheime Becker-Aussage gegenüber dem Verfassungsschutz darf juristisch nicht genutzt werden.

Erst im April 2007 konnte gegen Wisniewski ein Verfahren wegen des Verdachts des Mordes an Buback eingeleitet werden. Anlass dafür war eine Aussage des ehemaligen RAF-Terroristen Peter-Jürgen Boock. Er behauptet ebenfalls, Wisniewski habe die tödlichen Schüsse abgegeben. Allerdings gilt Boock als wenig glaubwürdig. Trotzdem dauern die Ermittlungen gegen Wisniewski an.

Seine Anwältin sagt dazu: „Die Auswertung aller bislang verfügbaren Spuren hat keinen Tatverdacht gegen Herrn Wisniewski ergeben.“ Seine DNA wurde nach Informationen dieser Zeitung mit Spuren abgeglichen, die an einem Motorradhelm, einer Motorradjacke und einem Motorradhandschuh der Suzuki gefunden worden waren. Die Auswertung erbrachte tatsächlich keine beweiskräftigen Treffer. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine an der Motorradjacke gesicherte sogenannte Mischspur mit dem genetischen Material von Wisniewski übereinstimmt.

Die damalige Verfassungsschutzquelle Becker, die wegen des Buback-Mordes ebenfalls nie angeklagt worden ist, hatte 1982 gegenüber dem Nachrichtendienst drei Tatbeteiligte benannt. Demnach soll Günter Sonnenberg das Motorrad gefahren, Christian Klar das Fluchtauto gesteuert und Stefan Wisniewski geschossen haben. Alle haben eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt.

Entgegen Beckers Version war 1980 das RAF-Mitglied Knut Folkerts wegen des Mordes an dem Generalbundesanwalt und seiner Begleiter zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt worden. Fünf Jahre später ergingen wegen des Anschlags auch Urteile gegen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt. Das Verfahren gegen den mutmaßlichen Motorradfahrer Sonnenberg, den Richter bereits wegen zweifachen versuchten Polizistenmordes verurteilt hatten, wurde wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes eingestellt. Die Frage, wer geschossen hatte, blieb in den Prozessen unbeantwortet.

Trotz der Verhaftung gilt nach Informationen von WELT ONLINE bislang auch Verena Becker nicht als Schützin. Die Bundesanwaltschaft hatte im April 2008 die 1980 schon einmal eingestellten Ermittlungen gegen sie wegen der möglichen Tatbeteiligung am Buback-Mord wieder aufgenommen. Da sie niemals wegen des Mordes verurteilt worden ist, kann Becker auch vor Gericht gestellt werden. Die Spurenauswertung ergab bislang allerdings keinen Beweis für ihre Anwesenheit am Tatort.

Dass Becker im Februar dieses Jahres in einem abgehörten Telefonat darüber sprach, ihre Erinnerungen aufschreiben zu wollen, weckte großes Interesse bei den Bundesanwälten. Sie warteten ein halbes Jahr und beschlagnahmten dann vergangene Woche drei Computer, einen Laptop und einen USB-Stick Beckers. Eine Woche später klickten die Handschellen.
Mitarbeit: Michael Behrendt, Sven Felix Kellerhoff, Steffen Pletl

http://www.welt.de/politik/deutschland/article4418716/Wer-schoss-auf-Buback-Becker-oder-Wisniewski.html

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