Montagsdemo S 21
Was verbirgt sich hinter den Kulissen von "Schuttgart 21"?
Konzerne und ihre Politiker
Von Lothar Reinhard
S 21 ("Schuttgart 21“) entwickelt sich zu einem Trauma für die Demokratie. Ein Bürgerbegehren in Stuttgart wurde dort zwei Mal für unzulässig erklärt - trotz ausreichender Unterschriften in kurzer Zeit. Die Bahn schafft Fakten - natürlich bevor der von der neuen Landesregierung vorgesehene Volksentscheid stattfinden kann. Dem Volk soll so demonstriert werden, dass seine demokratischen Möglichkeiten nutzlos sind, denn weder Dauerdemos, noch Unterschriften, noch das Abwählen einer ganzen Landesregierung hilft.
Auch Heiner Geißlers verzweifelter Versuch, wenigstens einen Kompromiss zu finden, landete im Papierkorb der Macher von Bahn und Bund. Verheerend für das ohnehin angeknackste Vertrauen der Menschen in die Politik. Wie ein Tsunami fegen die Schuldenmacher über die Menschen hinweg, die das aber alles bezahlen müssen. Und wofür das ganze? Für das "dümmste Großprojekt“ wie es sogar die SZ nannte…
NRhZ-Archiv
Stuttgart ist eine der schönsten deutschen Städte (noch!) und eine der reichsten. Immobi-lienhaie wie ECE und große Baufirmen sind dort die treibenden Kräfte, bei denen dann die Politiker im Wort sind. Wie die Wirtschaftswoche schon im Oktober 2010 wußte, vertraut der Hamburger Shoppingcenter-Betreiber ECE darauf, dass S21 endlich in Gang kommt. ECE wolle zusammen mit dem Immobilienentwickler des Baukonzerns Strabag und der Bayerischen Bau und Immobiliengruppe rund 500 Millionen Euro in ein gigantisches Einkaufszentrum investieren. Geplant seien drei über Brücken verbundene Gebäude mit 500 Wohnungen, einem Hotel, Restaurants und 150 bis 200 Einzelhandelsgeschäften.
"Ein Baustopp wäre verheerend für ECE", so die WiWo. "Alle Wirtschaftlichkeitsrechnungen für das Projekt basieren auf den veränderten Besucherströmen rund um den geplanten unterirdischen Bahnhof. Sollte daraus nichts werden, müsste wohl auch das Shoppingquartier deutlich abgespeckt werden, der Zeitplan wäre kaum zu halten. Eigentlich sollten die Bauarbeiten im Frühjahr 2012 starten, drei Jahre später der Gebäudekomplex stehen." (1)
Dem öffentlichen Image von ECE dient die von dem Konzern betriebene Stiftung "Lebendige Stadt“. In deren 45-köpfigen Stiftungsrat sitzen viele hochrangige Politiker und Konzernchefs wie Herrmann, Platzeck, Lienenkämper, Özkan, Eon-Chef Teyssen, Deutsche Bank Vorständler Lamberti, Bahn-Vorstand Hahn usw., aber auch OBs wie Roters (Köln), Pass (Essen) und der grüne Salomon (Freiburg). Im neunköpfigen Kuratorium dann neben dem Vorsitzenden und ECE-Chef Alexander Otto u.a. der grüne Vesper, der schwarze Carstensen und die "roten" Scholz und Tiefensee, und im achtköpfigen Vorstand der „Lebendigen Stadt“ u.a. der politisch mausetote Kölner Ex-OB Schramma. Unter ihnen finden sich auch einige nette honoris-Titel wie Prof. h.c und Dr. h.c.. Bei soviel honoris wird die causa glatt zur Nebensache, oder? Doch Scherz beiseite.
ECE-Chef Alexander Otto NRhZ-Archiv
Über den Erfolg von Bahn AG, Bundesregierung, SPD und CDU in Stuttgart mit Hilfe des wirklichkeitsfremd und undemokratisch durchgeführten "Streßtest"-Gutachtens der Züricher SMA freut sich natürlich vor allem der Hamburger Shoppingcenter-Betreiber, der zusammen mit dem Immobilienentwickler des Baukonzerns Strabag und der Bayerischen Bau und Immobiliengruppe rund 500 Millionen Euro in ein gigantisches Einkaufszentrum investieren will. Geplant sind drei über Brücken verbundene Gebäude mit 500 Wohnungen, einem Hotel, Restaurants und 150 bis 200 Einzelhandelsgeschäften. Ein Baustopp wäre verheerend für ECE: Alle Wirtschaftlichkeitsrechnungen für das Projekt basieren auf den veränderten Besucherströmen rund um den geplanten unterirdischen Bahnhof. Sollte daraus nichts werden, müsste wohl auch das Shoppingquartier deutlich abgespeckt werden, der Zeitplan wäre kaum zu halten. Eigentlich sollten die Bauarbeiten im Frühjahr 2012 starten, drei Jahre später der Gebäudekomplex stehen.
"Neue Beteiligungskultur"
Vom 9. bis 11. November veranstaltet nun die ECE-Stiftung "Lebendige Stadt“ ihren dreitägigen Riesen-Kongress unter dem schönen Titel "DIE NEUE STADT – Neue Nutzungen – Neue Infrastruktur – Neue Beteiligungskultur“ Am Mittwoch, dem 9. November, verleiht und prämiert die "Lebendige Stadt“ ihren Jahrespreis 2011 unter dem diesjährigen Titel "Die unverwechselbare Stadt: Identität –Heimat – Marke“. Hauptförderer des Wettbewerbs ist? Wer rät es? Richtig! Die DB.
Cartoon: Kostas Koufogiorgos
Irgendwie ein Hohn, wenn man an Stuttgart 21 denkt, oder? Ein Glück, dass bei der Verleihung des Preises im Signal Iduna Park (früher Westfalenstadion und -park) u.a. auch BVB-Trainer Klopp eine der Ansprachen unter dem Titel "Heimatgespräch“ halten soll. Das haucht dann dem Ganzen doch vielleicht etwas Leben ein, wo schon die "Lebendige Stadt" geladen hat. Wer sich zu dem hochrangig besetzten Kongress anmelden will, kann dies unter www.lebendige–stadt.de tun. Kostet "nur“ 235 € plus MWSt, ohne Übernachtung für Nicht-Referenten, Nicht-Stiftungsräte, Nicht-Kuratoren und Nicht-ECE-Vorstand, versteht sich.
Ausgerechnet am Freitag, dem 11.11., wenn in Köln der Karneval beginnt, geht es im "Dortmunder U" (auch ein Projekt mit wahnwitzigen Kostensprüngen) um „Neue Beteiligungskultur“. In der Ankündigung fragt die "Lebendige Stadt“ passend zu diesem Termin: „Entscheidungen werden immer komplexer … Ist mehr und frühere Bürgerbeteiligung hierauf eine Antwort oder vergrößert sie nur die Probleme? Ist echte Bürgerbeteiligung überhaupt möglich oder nur eine Utopie? Und wo bleibt zwischen Wutbürger und Berufsbürger eigentlich der Normalbürger?“
„Die sind bekloppt!“
Der letzte Satz entlarvt dann doch einiges, und da wären wir wieder bei den Vorgängen um S 21. Man sollte den vielen Honoratioren dieses Kongresses vorschlagen, von Dortmund auch mal in das nahe Mülheim zu fahren und sich von beliebigen "Normalbürgern“ den Niedergang einer einst reichen und schönen Stadt durch das Durchpeitschen des "Strategieprojekts Ruhrbania“ beschreiben und erklären zu lassen, bevor evtl. "Berufsbürger" (wer oder was auch immer das ist) erklären würden, wie dort die Bürgerbeteiligung schon früher bürokratisch und systematisch ausgehebelt wurde. Die Mehrheit der Bürger durfte auch in Mülheim nicht entscheiden, denn dann wäre viel Ungemach vermieden worden. Sie wollten nämlich überwiegend nicht mit dem Projekt "Ruhrwahnia" beglückt werden! "Wutbürger“ (ein gräßlicher Begriff) werden die Herrschaften in Mülheim nicht (mehr) finden, dafür viel Resignation, Sarkasmus und Apathie. Helge Schneider fand im WAZ-Interview vergangene Woche dazu klare Worte: „Die sind bekloppt!“ (2)
Doch das alles interessiert ECE oder DB wohl weniger. Die haben halt eine völlig andere Vorstellung von Heimat, aber auch vom Geldausgeben als der überwiegende Teil der Bevölkerung - zumindest wenn es um das Verballern öffentlicher Gelder geht! (PK
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