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Nach Bahrenfeld im Bus

Nach Bahrenfeld im Bus

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Nach Bahrenfeld im Bus

„Und wenn wir doch auf einer Wiese heiraten, wir beide ganz allein“, sage ich und trinke aus der Wasserflasche.

Und drei Minuten später frage ich dich: „Wenn ich dich zum Lachen bringe und dir dabei ein Schmetterling in den Mund fliegt, hast du dann als Vegetarierin versagt?“
„Ich bin Veganerin“, sagst du.
„Ah ja, genau.“ Ich bringe dich trotzdem zum Lachen, imitiere im Sitzen eine Ballerina.
„Lach doch auch mal“, sagst du.
„Ich lache nicht“.
„Niemals?“
„Immer nicht“, antworte ich.
Ich schließe die Augen und lasse dich vor. Du siehst die Dinge schneller kommen.

Irgendwann schlafen wir ein.
Der Bus fährt trotzdem weiter. Denn als ich zwischendrin aufwache, hat sich die Landschaft verändert. Das ist das Schöne an der Welt: dass sie auch alleine weitermacht.

Ich denke über den Namen eines Ortes nach, der noch acht Kilometer entfernt ist. Als er nur noch vier Kilometer weit weg ist, macht sein Name irgendwie keinen Sinn mehr und ich drifte weg. Ich sollte dich noch schnell anschauen, denke ich, aber dann bin ich auch schon eingeschlafen.

Die Landschaft wird verrückt.
Aha, denke ich zwischendurch. Aber wir leben noch, weil der Himmel immer noch genauso weit weg ist. Außerdem höre ich dich atmen.

Als du erwachst, suche ich gerade nach einem Haushaltsgerät mit neun Buchstaben, beginnend mit einem B.
„Du?“
„Ja“, sag ich.
„Du“, sagst du nochmal, und dann: „Ich“, sagst du, „ich. Ich...". Eine Himmelsrichtung mit zwei Buchstaben. Du.
"Ich glaube, ich lieb dich nicht mehr. Ich...“

Love is just a four letter word.

Ich sage gar nichts. Aber scheinbar gucke ich dumm aus der Wäsche. Weil du versuchst, es mir zu erklären.
„Ich weiß ja auch nicht, ich verstehe es selber nicht so recht, es ist irgendwie...“
„Okay“, sag ich. „Du brauchst nicht zu denken, dass ich dauernd solche Kreuzworträtsel mache, echt nicht. Eigentlich finde ich das scheiße, ist was für Hausfrauen. Mir war doch nur etwas langweilig.“
„Damit hat das doch nicht das geringste zu tun, verdammt.“
„Ja, das bin ich.“
So rede ich manchmal. Als würde ich nichts ernst nehmen.
„Ich wollte das nicht“, sagst du. „Aber ich bin aufgewacht und es war da; oder vielmehr, es war nicht mehr da.“
„Komm wir steigen aus und nehmen den Bus in die entgegengesetzte Richtung.“
„Hey, hör doch bitte auf damit.“
Du weinst.

„Willst du auch einen Apfel?“
„Nein.“

Ich gehe noch weiter. Noch weiter zurück. Ich muss einen Fehler begangen haben. Ich frage dich aus. Ich frage nach allem, was mir einfällt. Ich will alle Wörter wissen, die du gedacht hast. Aber du siehst aus dem Fenster.

„Okay, irgendwann werde ich sterben, in 50 Jahren oder so. Egal, wann genau und auch scheißegal, woran ich verrecke, du wirst schuld daran sein. Du bist schuld daran.“
„Bitte hör auf“, sagst du.

„Ich hab so ein Zucken im Gesicht. Unter der Haut, unter dem rechten Auge, da zuckt etwas. Mir wird beinahe übel davon.“
Du schaust mich an. Ich bin wieder interessant für dich. Du wunderst dich, warum ich nicht zu reden aufhöre. Wir sitzen in einem Bus. Es sitzen auch noch andere Leute im Bus. Aber ich möchte dir sagen, dass ich mich total einsam fühle.

„Wo fährst du hin?“, frage ich dich. Du hast schon lange nichts mehr gesagt. Ich denke ans Heiraten und möchte weinen. Ich möchte weinen, damit du vielleicht Mitleid hast; oder doch lachen, damit du mich großartig findest. Aber ich glaube, du suchst mich gar nicht mehr.

Die Ampel schaltet endlich auf Grün. Und ich tu so, als würd ich einen Trip einschmeissen. Ich will die Welt so sehen, wie sie wäre, wenn es dich nicht geben würde: Die Bäume wären kleiner. Weil der Himmel unendlich weit weg wäre dann. Die Autos wären schneller. Weil die Welt viel kleiner und kürzer wäre. Ich könnte mit dem Fahrrad Weltkrieg machen.
Ich fasse mir ins Gesicht und denke, dass ich keine Augenbrauen hätte, wenn es dich nicht geben würde.
Wenn es dich nicht geben würde, hätte ich Griffe an den Hüften und demnächst wieder einen Termin beim TÜV. Ohne dich würden Feuerzeuge oben am Himmel fliegen und mit Flugzeugen würde man sich die Zigaretten anstecken. Ohne dich bin ich nur ein Idiot, der Bus fährt.

„Ohne dich bin ich nur ein Idiot, der Bus fährt.“
„Warum sagst du sowas?“
„Ich weiß nicht. Weil ich hab ja nicht mal den Führerschein.“

„Und was, wenn ich dich aber immer noch liebe?“
„Dann wär das wunderbar. Aber nicht jetzt. Erst wenn ich, oder wenn wir später mal darauf zurückblicken können.“
„Weißt du, ich war noch nie so traurig.“

Der Busfahrer hat gekündigt. Und es sind neue Leute hier eingezogen. Haustiere sind immer noch nicht erlaubt. Seltsam ist nur, dass es hier keine Kinder gibt. Ich glaube, es wird nicht mehr miteinander geschlafen.
Ich geh ins Bett.

Der Wecker klingelt. Ich stehe auf und tanze im Mittelgang. Michael Stipe rettet mein Leben. no one can see you cry. Plötzlich rauche ich eine Zigarette. Plötzlich habe ich ein Gedicht geschrieben. Plötzlich werde ich von allen geliebt. Plötzlich habe ich getanzt. imitation of life. Und außerdem bin ich umwerfend:

Nachbarin fällt im Bus.














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