_RA22646-2 "Der Weg nach Norden"

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Die „Bestia de Hierro“ kommt bestenfalls 2 Mal am Tag vorbei. Wann, weiss niemand, denn die Fahrpläne werden ständig geändert. Banden und Kartelle lassen die Züge entgleisen und stehlen die Fracht. Tonnenweise. So wie sie aus den Büschen kamen, verschwinden sie wieder mit dem Diebesgut und hinterlassen hohe Schäden. So gilt es vor der „Estancia González y Martínez“ abzuwarten. In der sengenden Gluthitze unter dem einzigen, streng aromahalitig harzabscheidenden Baum „Pirul“ den tröstenden Schatten zu suchen den man im Auto nicht finden kann. Man unterhält sich, nickt ein. Eine hungrige Fliege ärgert vehement und lässt sich nicht vertreiben. Zu kostbar ist der Schweiss auf der Stirn. Ab und an kommt eine scheppernde Pic Up der Polizei den Sandweg hoch. Als ob sie es absichtlich machen, die Räder durchdrehen und uns im rüberwehenden beigen feinen Staub versinken lassen. Sie wollen wissen was wir da machen, im Staub… „Con Cuidado, es peligroso“. Ja, das denken wir uns, dass es gefährlich ist hier mit unseren Kameras herumzulungern. Dann geht alles schnell. Martín's geschultes Ohr hört das ferne Brummen der Dieselloks zuerst, springt mit seinen verschlissenen Kniegelenken vom Hocker und ruft die Helfertruppe zusammen: 2 Alte Damen und 2 Kinden, keine 10 Jahre alt kommen aus dem Schuppen. Sie bringen Plastiktüten mit Lebensmittel mit, Brot, chiles, Flasche Wasser und was noch gespendet wurde an die Gleise. Martín zündet eine Zigarette, presst sie zwischen die Lippen, winkt zuversichtlich das Zündholz aus und blinzelt rüber: „Listos??“ Wir stellen uns knapp an das Gleis. Er hat 2 Plastikbeutel in der Hand und wippt als ob er das Gewicht abschätzt und den Wurf üben wollte. Der Zug kommt aus der Kurve, noch ein km. Die Gleise summen immer lauter, das Signalhorn weist uns aus dem Weg zu gehen. Mit knapp 50 Klamotten donnern die 3 schweren Diesellokomotiven vorbei. Es bebt und rattert.Die Bestie schafft sich durch das Hochland Richtung Norden. Und da! Die ersten Köpfe lugen aus den Güterwaggons hervor. Sie wissen aus den sozialen Medien dass Martín wie ein Leuchtturm da ist und ihnen was zu Essen zuwerfen wird. Er nimmt die Beutel und wirft sie hoch. Sie fallen den Migranten mit einer frappierenden Präzision in die Hände. Andere die tiefer mitfahren Strecken die Arme aus und greifen nach den Tüten. Es muss auf anhieb klappen. Und das tut es.