Stäbe

Stäbe

"Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein."

Dieses Gedicht von Rainer Maria Rilke heißt zwar "Der Panther", aber ich glaube, es traf zu der Zeit, als er es schrieb (1902), auch für Löwen und andere Großkatzen in Gefangenschaft zu.
Heute ist die Raubtierhaltung Gott bzw. den Zooleitungen sei Dank, ganz anders, jedenfalls in den fortschrittlichen Zoos.
Das Foto habe ich heute im Neuwieder Zoo vom derzeitigen Zuchtkater "Schröder" geschossen. Da die Anlage vergittert ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Stäbe einfach zum Thema zu machen. Aber ich konnte auch beobachten, wie er nach dem "Shooting" mal ganz nebenher seine Auserwählte deckte, als ob er sagen wollte, ich soll bloß keinen Scheiß schreiben von wegen "arme Kreatur". Ich könnte schwören, er hat mir nach dem Akt zugezwinkert ;-)

Ich glaube, ich muss hier im Nachhinein nach dem Lesen einiger Anmerkungen mal was klarstellen: Es ist ja nicht das Gitter, das die Gefangenschaft bedeutet. Auch Glasscheiben sind Gitter, nur durchsichtig. Dem Tier ist es egal, aus welchem Stoff die Begrenzung ist. Glas ist nur wichtig für uns Besucher und Fotografen. Für die Tiere bedeutet das Gitter oft eine vierte Dimension,die sie nutzen können (z.B. Kletterkünstler wie Affen). Das fällt bei Glas einfach weg und verkleinert so die Gehegegröße. Auch daran sollten wir denken, wenn wir schimpfen, dass wir durch die blöden Gitter die Affen kaum fotografieren können.