Burkhard Bartel


Premium (World), Stuttgart

There is a crack in everything

"There is a crack, a crack in everything
That's how the light gets in"
Leonard Cohen, Anthem

Eine von 10.654 Terrakotta-Figuren, die modelliert wurden von Jochen Meyder, und dann ausgestellt in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb bei Münsingen. Das ist der Ort, wo vom 8. Januar bis zum 13. Dezember 1940 in der ersten Gaskammer der Nationalsozialisten 10.654 geistig behinderte und physisch erkrankte Kinder, Frauen und Männer aus Heil und Pflegeeinrichtungen Süddeutschlands im Rahmen der "Aktion T4" ermordet wurden, die meisten gleich am Tag ihrer Einlieferung. Dieser Vernichtung von sogenanntem "lebensunwerten Leben" sollten bald noch viel größere Verbrechen folgen.
Dies ist die letzte der 10654 Figuren. Sie steht auf einem großen Steinblock in der Gedenkstätte.

In Grafeneck sind 10.654 Opfer bekannt. Hinter jeder Zahl steht die Lebensgeschichte und das Schicksal eines einzelnen Menschen.
Jochen Meyder gab jeder Figur ein individuelles Gesicht. Jede Figur wurde einzeln modelliert. Dafür benötigte der Künstler etwa eine Stunde. Er schaffte ca. 30 Figuren pro Woche. Um die Zahl 10.654 zu erreichen waren also fast sieben Jahre erforderlich.

Jochen Meyder schrieb über diese Arbeit:
"Es ist mir ein Anliegen, jedem der Opfer eine Figur zu widmen. Dabei geht es nicht darum möglichst viele Figuren in kurzer Zeit zu produzieren, ich möchte beim Modellieren ganz bei der Figur sein, möchte dem Geschehenen nachsinnen. Mit der Zeit werden 10654 Figuren, stellvertretend für die Opfer, im Dokumentationszentrum Grafeneck einen Platz finden. Die Menge der Opfer wird physisch erlebbar, wenn die gesamte Glaswand im Eingangsbereich durch Figuren geschlossen ist, die dann den Raum verdunkeln. Die Besucher der Gedenkstätte werden nun eingeladen eine fertig modellierte und gebrannte Figur mit nach Hause zu nehmen, sie können so ein Opfer posthum adoptieren, ihm symbolisch wieder eine „Heimat“ geben und damit helfen die Erinnerung zu bewahren. Licht kommt wieder in das Gebäude, wenn die Figuren als Botschafter für ein friedliches Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichen Lebensentwürfen in die Welt gehen."

Jeder Mensch hat, ganz unabhängig von einer erbrachten Leistung, seine Würde, die unantastbar ist.

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