unsere Beweggründe, unsere Erklärungsversuche..
Warum veröffentlichen wir diese Bilder?
Ja, ..warum?
Darf die Fotografie nur genutzt werden, um tausende von jungen schönen Menschen mit wohlgeformten Körpern zu veröffentlichen?
Muss jedes Bild ästhetisch sein?
Darf ein Foto kritisch sein?
Darf ein Foto den Betrachter mit der ungeschönten Wahrheit konfrontieren?
Darf ein Foto zum Nachdenken anregen?
Darf ein Foto auch unangenehme Gefühle auslösen?
Es geht es uns unter anderem darum, anderen Betroffen zu zeigen, dass man sich nicht verstecken muss. Wir wollten hier ein Stück „aufklären“, und auch den unbeteiligten den Betrachter für das Thema sensibilisieren.
Wir wollen zwischenmenschliche Barrieren ein wenig kleiner machen, wir wollten „Hemmungen“ nehmen.
Warum habe ich als Fotograf diese Bilder gemacht, warum habe ich diese Bilder hier in der FC veröffentlicht?
Dafür muss ich ein wenig weiter ausholen.
Johanna ist für mich eine Arbeitkollegin in einer Betriebsstelle mit ca. 100 Mitarbeitern, man sieht sich regelmäßig und macht „Smalltalk“ wie mit den meisten Mitarbeitern, mit denen man nicht unmittelbar zusammen arbeitet. Johannas Krankheit sprach sich schnell herum, auch die Brust OP mit anschließender Chemotherapie war für mich kein Geheimnis. Johanna war lange arbeitsunfähig, und es bestand kein „persönlicher“ Kontakt zwischen uns. Mitte November feierten wir -in einem größerem Rahmen- mit allen Mitarbeiter unsere Weihnachtsfeier. Beim Gang zum Buffet stand sie dann unvermittelt vor mir in der Schlange. Ich begrüßte sie freundlich, sie lachte mich an, war lebensfroh, gut gelaunt. Ich erkannte Ihre Perücke und mir verstummten die Worte, ich war befangen, sprachlos.
Worüber redet man mit einer Krebspatientin?
Spricht man das Thema an?
Oder besser nicht?
Und wie wird sie reagieren?
Die Frage: „wie geht es Ihnen“, wollte ich mir verkneifen. Bei meiner inneren Suche nach den richtigen Worten, verstrich die Zeit und ich brachte kein Wort heraus. Und so schwieg ich! Wir kamen dem Buffet immer näher und die für mich „unangenehme“ Situation, war schnell wieder vorüber! Erleichterung machte sich breit, aber später wurde ich nachdenklich! Wie kann es geschehen, dass ich nicht in der Lage war 2-3 vernünftige Sätze mit Johanna zu wechseln. Die „Selbstzweifel“ verfolgten mich über einen längeren Zeitraum.
1-2 Wochen später sah ich Johanna wieder, dieses mal trug sie ein Kopftuch. Ich fasste den Entschluss sie anzusprechen. Ich fragte sie, ob sie schon einmal mit dem Gedanken gespielt hat sich mit dieser Krankheit fotografieren zu lassen. Sie klang wenig überrascht und willigte sofort ein. Sie hatte sich auch schon mit dem Gedanken beschäftigt. Ich konfrontierte sie mit dem Gedanken die Bilder anschließend zu veröffentlichen. Auch hier signalisierte sie sofort ihre Zustimmung. Ich bat Johanna dieses eine Nacht zu überschlafen und es mit ihrem Partner zu besprechen. Wenn sie am nächsten Tag immer noch Interesse hätte sollte sie mich bitte anrufen. Am nächsten morgen um 10.00 Uhr klingelte mein Handy!
Wir sprachen über Terminplanung. Sie wollte die Zeit zwischen der Chemotherapie nutzen. In dieser Zeit geht es ihr gut. Mitte Januar besuchte sie mich (unaufgefordert) und wir vereinbarten einen verbindlichen Termin.
Warum habe ich als Fotograf diese Bilder gemacht, warum habe ich diese Bilder hier in der FC veröffentlicht?
Ich habe das Gefühl etwas Gutes zu tun, Johanna und ich sind uns einig; wenn wir nur einen Betrachter dazu bringen sich einer Krebsvorsorge zu unterziehen, dann haben wir etwas bewegt! Wenn wir nur einen Betrachter dazu bewegen offener und selbstverständlicher mit betroffenen kranken Mitmenschen umzugehen, dann haben wir etwas bewegt.
Die Bilder füllten sich für mich erst mit Johannes Text mit Emotionen, Johanna hat mir Ihren Text handschriftlich gegeben. Ich musste ihn abtippen, erst hier wurde mit die ganze „Tiefe“ der Emotionen verdeutlicht. Mich hat Johanna und die Krankheit sehr bewegt, euer emotionales Feedback, hat mir immer wieder die Tränen in die Augen getrieben.
Und noch zwei Dinge zum Abschluss dieser letzen Bilder.
- Für mich ist das „Projekt“ beendet. Am Wochenende habe ich „Urlaub“ und nächste Woche widme ich mich wieder anderen Aufgaben. Für Johanna ist es ihr Leben. Sie wird das Projekt nie beenden können.
- Diese emotional intensive Zeit hat mir gezeigt, dass es wichtigeres gibt im Leben, als seine Zeit damit zu verbringen, sich darüber zu streiten welches „Eichhörnchen“ in die Galerie darf und welches nicht. Auch ich habe mich hier an einigen Diskussionen beteiligt die mir nun, vor diesem Hintergrund, lächerlich vorkommen.
Manchmal braucht man einen Anstoß von außen um sein Weltbild, wenigstens für eine kurze Zeit, wieder gerade zu rücken.
Danke Johanna.
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